Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer waren Gesellschafter einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (in der Folge: GesBR), die mit 31. März 1977 aufgelöst wurde.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 1991 wies die belangte Behörde die von der GesBR ua gegen die Wiederaufnahme- und Sachbescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1972 bis 1977 erhobene Berufung mit der Begründung als unzulässig zurück, diese Bescheide hätten keine Rechtswirkungen entfaltet, weil sie an eine zum Zeitpunkt ihrer Erlassung nicht mehr existente Personengemeinschaft ergangen seien.
In der Folge erließ das Finanzamt neue Bescheide ua betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1976 und 1977. Für die Jahre 1972 bis 1975 hingegen sah das Finanzamt im Hinblick auf die gemäß § 209 Abs 3 BAO zwischenzeitig eingetretene Verjährung von der Erlassung entsprechender Bescheide ab.
Die Beschwerdeführer beantragten je für sich mit der Begründung, wegen der nicht rechtswirksamen Zustellung der Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1972 bis 1975 fehle den nach § 295 Abs 1 BAO abgeleiteten Einkommensteuerbescheiden die Rechtsgrundlage, die Ausfertigung von Abrechnungsbescheiden gemäß § 216 BAO. Die Einkommensteuerfestsetzungen seien auf dem jeweiligen Abgabenkonto gutzuschreiben.
Das Finanzamt wies die Anträge als unbegründet ab. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufungen.
Die belangte Behörde wies diese Anträge ebenfalls als unbegründet ab, wobei sie im wesentlichen die Ansicht vertrat, die Beschwerdeführer machten eine Rechtswidrigkeit der Einkommensteuerbescheide, nicht hingegen eine widersprüchliche Auffassung über die kassenmäßige Durchführung der Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1972 bis 1975 geltend. Selbst wenn den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1972 bis 1975 die Grundlagenbescheide fehlten und diese wegen der zwischenzeitig eingetretenen absoluten Verjährung nicht mehr hätten erlassen werden dürfen, folgten daraus noch keine fehlerhaften Verbuchungsvorgänge iSd § 216 BAO. Die Beschwerdeführer hätten nicht bestritten, die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1972 bis 1975 seien ungeachtet des Zustellmangels in den Feststellungsverfahren betreffend die GesBR an sie rechtswirksam zugestellt worden. Rechtswirksam erlassene und demzufolge dem Rechtsbestand angehörende Steuerbescheide, die in Rechtskraft erwachsen seien und in der kassenmäßigen Gebarung Niederschlag in Form von Zu- und Abschreibungen (Lastschriften und Gutschriften) zu finden hätten, seien ungeachtet ihrer materiellen Richtigkeit zu verbuchen. Nach Stoll, BAO-Handbuch, 535, habe sich das Abrechnungsbescheidverfahren gemäß § 216 BAO lediglich damit zu befassen, ob die Anlastungen der Abgabenfestsetzung und die Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden hätten. Im Abrechnungsbescheidverfahren dürfe die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung nicht mehr überprüft werden. Zweck des § 216 BAO sei die Überprüfung der abgabenbehördlichen Gebarung, somit im wesentlichen die Verrechnung der Zahlungen und Gutschriften, die Durchsetzung von Abgabenzahlungsweisungsrechten und sonstigen tilgungswirksamen Vorgängen in der kumulativen kontokorrentmäßigen Gebarungsverrechnung, um darüber bestehende Meinungsverschiedenheiten austragen zu können. Diese Voraussetzungen für die Erlassung von Abrechnungsbescheiden lägen jedoch nicht vor.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerden gegen die im Spruch dieses Erkenntnisses genannten Bescheide mit Beschluß vom 22. März 1993, B 2021/92, B 2053/92, B 2054/92, B 2055/92, B 2067/92, ab und trat sie antragsgemäß nach Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
In den iSd § 34 Abs 2 VwGG ergänzten Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführer jeweils in ihrem Recht auf Abrechnung nach § 216 BAO verletzt und machen insoweit Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auf Grund des engen persönlichen und sachlichen Zusammenhangs verbundenen Beschwerden erwogen:
Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde gemäß § 216 BAO darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid).
Strittig ist, ob die den Beschwerdeführern auf ihrem jeweiligen Abgabenkonto vorgeschriebenen Beträge an Einkommensteuer für die Jahre 1972 bis 1975 wieder gutzuschreiben sind, weil - so deren Ansicht - auf Grund der rechtsunwirksamen Zustellung der Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften der GesBR für die Jahre 1972 bis 1975 die (abgeleiteten) Einkommensteuerbescheide ihre Rechtsgrundlage verloren haben.
Diese Frage stellt keine Meinungsverschiedenheit zwischen den Beschwerdeführern und der Abgabenbehörde bezüglich des Erlöschens von Zahlungsverpflichtungen durch Erfüllung bestimmter Tilgungstatbestände dar, welche in einem Verfahren gemäß § 216 BAO auszutragen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Rechtmäßigkeit einer wirksamen Abgabenfestsetzung - hinsichtlich derer der Rechtsschutz durch deren Bekämpfbarkeit gewährleistet ist - im Abrechnungsbescheidverfahren nicht mehr geprüft werden. Dieses Verfahren hat sich vielmehr lediglich damit zu befassen, ob die Abgabenfestsetzungen und die entsprechenden Gutschriften in der kassenmäßigen Gebarung ihren richtigen Ausdruck gefunden haben. Mit dem Abrechnungsbescheid wird darüber entschieden, ob eine bestimmte Zahlungsverpflichtung erloschen ist, somit wirksam gezahlt, verrechnet, aufgerechnet, erlassen oder verjährt ist (vgl das hg Erkenntnis vom 5. Dezember 1991, 89/17/0186, mwA). Hingegen wird durch das Abrechnungsbescheidverfahren eine bescheidmäßig erfolgte Abgabenfestsetzung nicht berührt; dies auch dann nicht, wenn die Festsetzung zu Unrecht erfolgt ist oder der die Abgaben festsetzende Bescheid zu Unrecht besteht. Die Abgabenbehörde kann sich im Abrechnungsbescheid hinsichtlich bescheidmäßig festgesetzter Abgaben nur auf rechtswirksame Bescheide stützen, ohne dabei das rechtmäßige Zustandekommen (vgl das hg Erkenntnis vom 17. April 1970, 1072/68, mwA) oder das rechtmäßige Bestehen dieser Bescheide überprüfen zu dürfen.
Die Abweisung der Anträge der Beschwerdeführer auf Ausfertigung je eines Abrechnungsbescheides durch die belangte Behörde steht daher mit der Rechtslage im Einklang.
Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
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