VwGH 93/13/0088

VwGH93/13/008820.6.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der G KG in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. April 1993, GZ GA 7 - 647/93, betreffend Haftung gemäß § 14 Abs. 1 BAO für Umsatzsteuer 1987, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1409;
BAO §14 Abs1 lita;
BAO §14 Abs1;
BAO §14;
HGB §25;
UStG 1972 §4 Abs7;
ABGB §1409;
BAO §14 Abs1 lita;
BAO §14 Abs1;
BAO §14;
HGB §25;
UStG 1972 §4 Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den Akten erliegen Abschriften von zwei Rechnungen des Transportunternehmers Siegfried K. an die beschwerdeführende Kommanditgesellschaft. Die Rechnung vom 5. März 1987 betraf die Lieferung eines gebrauchten Lastkraftwagens der Type F 12/49 mit einem Rechnungsbetrag von brutto S 180.000,--. Die Rechnung vom 6. März 1987 hatte folgenden Wortlaut:

"1 LKW Scania Pritsche LB 141, Bj. 79 öS 80.000,--

1 LKW MAN 16240 m. Kofferaufbau, Bj. 80

ohne Motor (hatte Motorschaden) " 90.000,--

1 LKW Mercedes 1113, Bj. 72 " 15.000,--

1 Sattelanhänger mit Kofferaufbau

Ackermann-Gebken Bj. 83 " 185.000,--

1 Sattelanhänger Kässbohrer SBN 2537

luftgefedert Bj. 82 " 100.000,--

1 Sattelanhänger Kässbohrer SB 10-22 L,

luftgefedert Bj. 84

1 3-achs Hänger Kässbohrer D 17 L, Bj. 84

beide zusammen " 320.000,--

(die letzten beiden Fahrzeuge sind bei

der Firma Kässbohrer unter Eigentumsvorbehalt)

45 Stk. gebrauchte Reifen in den Dimensionen

von 11-22,5, 12-22,5, 3.15-80.22.5 und

andere

20 Stk. Steilschulterfelgen

div. Werkzeug in der Werkstätte, sowie

Schneeketten für die übergebenen

Fahrzeuge, Decken und Gurte

1 Stk. Kompressor in der Werkstätte

1 Stk. Schweißgerät

2 Stk. Stufengeher AATA

1 Stk. Olivetti Fernschreiber TE 431

1 Stk. elektr.Schreibmaschine Rank Xerox 610

1 Stk. Rechenmaschine Olivetti OGOS 58

1 Neudörfler Schrankwandverbau

1 Stk. drehbare Ordnersäule mit KIK-Step

1 Stk. Elin Einbauküche

3 Stk. Schreibtische

2 Stk. Maschinschreibtische

1 Stk. Tisch f. Fernschreiber

150 Stk. gebrauchte Europaletten gesamt öS 560.000,--

---------------

öS 1.350.000,--

20 % Mwst " 270.000,--

---------------

öS 1.620.000,--

===============

(in Worten: einemillionsechshundertzwanzigtausend)

Aus obigem Betrag sind zwecks Freistellung bei der Firma K.,

Salzburg, öS 56.731,-- zu bezahlen und uns die Zahlung

nachzuweisen.

Der Restbetrag von öS 1.563.269,-- ist zur teilweisen Deckung unserer überfälligen Verbindlichkeiten bei der A.-Bank zu bezahlen.

Mit zahlungsbefreiender Wirkung auf unser dortiges Konto. Zahlungstermin 12.3.1987."

Weiters erliegt in den Akten ein Schreiben des steuerlichen Vertreters des Siegfried K. an dessen zuständiges Finanzamt zur Erläuterung der Bilanz 1989 vom 16. November 1990. Danach habe Siegfried K. im Jahre 1986 ausschließlich mit Mitteln der A-Bank einen Betrieb in R. errichtet. Da die Finanzierung über seine Verhältnisse gegangen sei, habe er sich um Käufer umsehen müssen. Als damals Siegfried K. erkrankte, sei Josef Peter G.

Mit Haftungsbescheid vom 15. April 1992 nahm das Finanzamt die Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 14 BAO als Haftungspflichtige in Anspruch. Begründet wurde der Haftungsbescheid damit, daß das Unternehmen des Siegfried K. im ganzen an die Beschwerdeführerin übereignet worden sei. Zur Berechnung der Umsatzsteuer für 1987 wurden (allein) die genannten Veräußerungen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens berücksichtigt. Außer den Rechnungen an die Beschwerdeführerin vom 5. März 1987 (S 150.000,--) und vom 6. März 1987 (S 1,350.000,--) wurden folgende Rechnungsbeträge zur Ermittlung des Haftungsbetrages an Umsatzsteuer 1987 herangezogen:

Gutschriften "A-Bank" 12.3.1987 966.800,--

Gutschriften "A-Bank" 12.3.1987 577.320,--

Gutschriften "A-Bank" 12.3.1987 654.717,50

Gutschriften "A-Bank" 12.3.1987 428.598,33

Gutschriften "A-Bank" 12.3.1987 115.067,50

Gutschriften "A-Bank" 13.3.1987 174.866,67

Gutschriften "A-Bank" 16.3.1987 968.283,33

Gutschriften "A-Bank" 17.3.1987 281.013,33

Gutschriften "A-Bank" 20.5.1987 125.000,--

Gutschriften "A-Bank" 11.5.1987 193.615,83

Gutschriften "A-Bank" 17.3.1987 257.353,33

Hinsichtlich der Haftung für Umsatzsteuer 1989 verwies das Finanzamt auf die am 10. Februar 1989 verrechnete Veräußerung der Betriebsliegenschaft in R. an Josef Peter G.

In der Berufung gegen den Haftungsbescheid wurde die Auffassung vertreten, es sei weder ein ganzes Unternehmen noch ein gesondert geführter Betrieb im Ganzen übernommen worden. Die Beschwerdeführerin habe mit den Rechnungen vom 5. und 6. März 1987 nur vier Lastkraftwagen und vier Anhänger sowie diverses Kleinmaterial übernommen. Die Beschwerdeführerin habe zwar auch kurz danach von der A-Bank etwa 25 Lastkraftwagen, zahlreiche Anhänger und diverse Kleingeräte um insgesamt S 2,830.764,33 erworben. Diese Fahrzeuge seien aber im Eigentum der A-Bank gestanden und seien daher Betriebsvermögen der Bank gewesen. Es sei daher auch die Umsatzsteuer von der A-Bank in Rechnung gestellt worden. Der Tatbestand des Unternehmenserwerbes könnte nur von der A-Bank erfüllt worden sein. Ein wesentlicher Bestandteil des Betriebsvermögens des Siegfried K. habe aus dem Grundstück in R. bestanden. Dieses sei aber von Josef Peter G. "als Privatperson" erworben worden. Auch wenn dieser Kommanditist der Beschwerdeführerin sei, könne dieser Kauf nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet werden. Außerdem sei der Kauf der Liegenschaft erst 1989 realisiert worden. Die "Fa. K." sei ferner noch nach dem 6. März 1987 im Transportgeschäft tätig gewesen und habe über zehn Konzessionen verfügt. Die Lastkraftwagen seien von der N.L. GmbH in W. geleast worden.

Nach Abweisung der Berufung mit Berufungsvorentscheidung wurde im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz unter anderem ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Jahre 1987 von den 15 Konzessionen des Siegfried K. nur fünf übernommen, während sich dieser zehn Konzessionen selbst zurückbehalten habe. Siegfried K. sei auch nach dem Verkauf der Lastkraftwagen mit Hebebühne für die Fa. R. gefahren. Außerdem habe er mit den zehn Konzessionen eine neue GmbH gegründet. Diese wirtschaftliche Tätigkeit spreche gegen eine Betriebsaufgabe im Jahre 1987 oder 1989. Die Beschwerdeführerin habe außerdem keinen einzigen Kunden von Siegfried K. übernommen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben. Die Haftung wurde auf den Betrag von S 1,248.527,16 (also die Umsatzsteuer 1987) beschränkt. In der Begründung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, wesentliche Grundlage eines Transportunternehmens sei der Fuhrpark, der dem Betriebsübernehmer die Fortführung des Betriebes ermögliche. Die Beschwerdeführerin habe am 5. und 6. März 1987 acht Fahrzeuge von Siegfried K. erworben. Wenn auch das Eigentum am restlichen Fuhrpark infolge des Eigentumsvorbehaltes der A-Bank nicht direkt vom Betriebsvorgänger erworben worden sei, so habe die Beschwerdeführerin dennoch "zumindest dessen dingliches Anwartschaftsrecht" erworben. Überdies habe die Beschwerdeführerin vom Betriebsvorgänger fünf Konzessionen erworben.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 14 Abs. 1 lit. a BAO in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen.

Eine Übereignung eines Unternehmens bzw. eines im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes im Ganzen liegt vor, wenn der Erwerber ein lebendes bzw. lebensfähiges Unternehmen übernimmt. Dabei müssen nicht alle zum Unternehmen gehörigen Wirtschaftsgüter übereignet werden, sondern nur jene, welche die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bilden und den Übernehmer mit der Übernahme in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzuführen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1991, 89/13/0169). Die Frage, welche Wirtschaftsgüter die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden, ist dabei in funktionaler Betrachtungsweise nach dem jeweiligen Unternehmenstyp zu beantworten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1990, 90/14/0122 mwH).

Wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt wurde, ist als wesentliche Grundlage eines Transportunternehmens der Fuhrpark anzusehen, der dem Betriebsübernehmer die Fortführung des Betriebes ermöglicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1983, Zl. 81/14/0058). Im Streitfall hat die Beschwerdeführerin zunächst in zwei aufeinanderfolgenden Vorgängen vom 5. und 6. März 1987 zusammen vier Lastkraftwagen und vier Anhänger sowie Zubehör der Fahrzeuge und schließlich auch Einrichtungsgegenstände des in R. unterhaltenen Büros unmittelbar vom Transportunternehmer Siegfried K. erworben. Nach dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren wurden gleichzeitig fünf Transportkonzessionen von Siegfried K. übernommen. Weiters wurde der restliche Fuhrpark dieses Unternehmers in unmittelbarer zeitlicher Abfolge auf Grund von Rechtsgeschäften der Beschwerdeführerin mit der A-Bank, in deren Vorbehaltseigentum die übrigen ca. 25 Lastkraftwagen des Unternehmers Siegfried K. standen, erworben. Mit diesen von Siegfried K. einerseits und von der A-Bank andererseits erworbenen Teilen des Unternehmens hat die Beschwerdeführerin die wesentlichen Grundlagen dieses Unternehmens erworben, mit denen die Erwerberin in die Lage versetzt wurde, das Unternehmen des Siegfried K. fortzusetzen.

Wenn in der Beschwerde eingewendet wird, Siegfried K. habe seinen gesamten Kundenstock zurückbehalten, so steht dies mit dem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens in Widerspruch, wonach Siegfried K. nach der Veräußerung der Lastkraftwagen mit einem ihm zur Nutzung überlassenen Fahrzeug für ein (einziges) bestimmtes Unternehmen gefahren sei. Auch der Umstand, daß die Liegenschaft der Betriebsstätte in R. von Siegfried K. (zunächst) zurückbehalten worden ist, spricht nicht gegen die Folgerung der Behörde, daß mit dem Fuhrpark ein Unternehmen im Ganzen übereignet wurde.

Da es darauf, ob der Erwerber das Unternehmen fortführt, aus der Sicht des § 14 BAO nicht ankommt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, Rz 7 zu § 14 und die angeführte Judikatur), geht auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihren "riesigen Fuhrpark" ins Leere.

Daß Siegfried K. in weiterer Folge eine (neue) GmbH begründete und in diese die von ihm zurückbehaltenen Konzessionen einbrachte, ist bei dieser Sachlage nicht weiter von Bedeutung. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift, "möglicherweise" habe Siegfried K. einen Teil seines Unternehmens in die GmbH eingebracht und einen Teil des Fuhrparks veräußert, steht mit dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, wonach der gesamte Fuhrpark des Siegfried K. von der Beschwerdeführerin erworben worden ist, nicht im Einklang. In der Berufungsschrift wurde von der Beschwerdeführerin selbst angegeben, die von Siegfried K. neu gegründete GmbH habe ihre Tätigkeit mit geleasten Fahrzeugen ausgeübt.

Der Umstand, daß die Übernahme des Fuhrparks des Siegfried K. nicht mit einem einzigen, sondern vielmehr im Zuge mehrerer aufeinanderfolgender Rechtsgeschäfte erfolgt ist, steht der Annahme einer Übereignung im Sinne des § 14 BAO nicht entgegen (vgl. in diesem Sinne das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1991, 89/13/0169). Ebensowenig kommt es darauf an, ob dabei Vertragspartner der primäre Abgabenschuldner oder ein Dritter ist, weil sich die Haftung auf Abgaben bezieht, die objektiv auf den Betrieb zurückgehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1994, 94/16/0095). Vielmehr war im Hinblick auf die unmittelbare zeitliche Abfolge der in Rede stehenden Vorgänge des Jahres 1987 davon auszugehen, daß der gesamte Fuhrpark des Siegfried K. - einschließlich der im Sicherungseigentum der A-Bank stehenden Kraftfahrzeuge, was auf ihre Zurechnung zum Unternehmen des Siegfried K. gemäß § 24 Abs. 1 lit. a BAO keinen Einfluß haben konnte (vgl. insbesondere Stoll, BAO-Kommentar 301) - zusammen mit den angeführten weiteren Wirtschaftgütern des Anlagevermögens im Ganzen übereigenet worden ist, sodaß der Haftungstatbestand im Sinne des § 14 Abs. 1 lit. a BAO erfüllt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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