VwGH 93/13/0051

VwGH93/13/005131.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des ML in W, vertreten durch DDr. Elisabeth Steiner und Dr. Daniela Witt-Dörring, Rechtsanwälte in Wien I, Schubertring 3/2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 11. Februar 1993, Zl. 6/3 - 3429/92-05, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der seinen Beruf mit "Veranstalter" und "Autor" bezeichnet, teilte dem Finanzamt durch seinen damaligen Steuerberater mit Schreiben vom 30. Jänner 1989 mit, er habe im Zeitraum April 1985 bis Dezember 1987 für namentlich genannte Freunde Tourneen organisiert und dafür Einnahmen erzielt, die allerdings wegen der "persönlichen Momente" und "wegen der Art der Wirtschaftsführung" nicht als Einkunftsquelle, sondern als Liebhaberei zu qualifizieren seien. Er lege nunmehr dennoch "sämtliche diesbezügliche Unterlagen zur steuerlichen Würdigung vor, um nicht später einmal ... die steuerlichen Konsequenzen tragen zu müssen". Gleichzeitig brachte der Beschwerdeführer die Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1985 und 1986 ein.

Nachdem in der Folge auch die Steuererklärungen für die Jahre 1987 und 1988 eingebracht worden waren - in sämtlichen Einkommensteuererklärungen wurden Verluste ausgewiesen -, fand für die genannten Jahre beim Beschwerdeführer eine Betriebsprüfung statt, die der Prüfung der Abgabenerklärungen dienen sollte (Abgabenbescheide waren noch keine erlassen worden). Der Prüfer traf unter anderem folgende Feststellungen:

Zu Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung sei dem Prüfer zur Kenntnis gebracht worden, daß Rechnungen und Belege der Jahre 1985 bis 1988 am 18. August 1988 weggeworfen worden seien. Laufende Aufzeichnungen seien nicht geführt worden. Die Verbuchung sei nachträglich anhand der Bankkontoauszüge erfolgt. Dabei seien verschiedene Honorarüberweisungen nicht erfaßt worden. Vielfach seien Eingänge auch als Einlagen verbucht worden. Der Beschwerdeführer habe trotz mehrmaliger Aufforderung zu den Prüfungsfeststellungen nicht Stellung genommen. Die Abgabenbemessungsgrundlagen seien daher im Schätzungsweg zu ermitteln gewesen. Dabei sei wie folgt vorgegangen worden:

Den erklärten Umsätzen aus Autorentätigkeit seien die nicht erklärten Zahlungen des E-Verlages hinzugerechnet worden.

Im Bereich der Organisation von Veranstaltungen (Künstlermanagement) seien die Gesamteinnahmen unter Berücksichtigung der Bankeingänge mit S 4,300.000,-- (brutto) festgestellt und unter Hinzurechnung von Sicherheitszuschlägen mit S 4,800.000,-- geschätzt worden. Mangels anderer Anhaltspunkte sei dieser Betrag gleichmäßig auf die Jahre 1985 bis 1988, also mit netto je S 1,000.000,-- verteilt worden. Die abziehbaren Vorsteuern sowie die Betriebsausgaben seien ermittelt bzw. geschätzt und berücksichtigt worden. Der Prüfer gelangte schließlich zu nachstehenden Steuerbemessungsgrundlagen:

1985 1986 1987 1988

Umsätze 1,040.000,-- 1,500.000,-- 2,100.000,-- 1,600.000,--

Gewinne 426.809,-- 754.498,-- 674.089,-- 185.439,--

In der Niederschrift über die Schlußbesprechung wurde vom Prüfer noch darauf hingewiesen, daß in einem gerichtlichen Verfahren festgestellt worden sei, daß der Beschwerdeführer jährlich einen Umsatz von rund S 1,300.000,-- erziele.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Abgabenbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung (Schriftsatz vom 20. März 1992). Bei den vom Betriebsprüfer als Erlöse zugerechneten Bankeingängen handle es sich zum Teil um durchlaufende Posten und um Zahlungen des E-Verlages, die in den Halbjahresabrechnungen enthalten seien. Weiters seien auch Umbuchungen fälschlich als Erlöse erfaßt worden. Ebenso seien Einnahmen aus der Veranstaltung von Tourneen (ein zweites Mal) erfaßt worden, obwohl diese bereits in den erklärten Einnahmen enthalten gewesen seien. Entsprechende Detailaufstellungen und die Aufklärung dazu werde der Beschwerdeführer nachreichen. Bei dieser Gelegenheit werde er auch "die Höhe der meiner Meinung nach erzielten Einnahmen als Autor bzw. als Veranstalter bekanntgeben, wobei sich jetzt schon sagen läßt, daß die Schätzung der Einnahmen als Autor zumindest im Jahr 1987 weit überhöht ist und die Schätzung der Einnahmen als Veranstalter überhaupt jeglicher Grundlage entbehrt". Der Betriebsprüfer habe zu Unrecht Aufwendungen für Bücher, Schallplatten, Partituren und Compact-Discs nicht als Betriebsausgaben anerkannt, weil solche Aufwendungen üblicherweise der Befriedigung privater Bedürfnisse dienen. Als Herausgeber von Kulturwerken, Verfasser von musik- und literaturkritischen Arbeiten, Musik- und Theaterkritiker benötige er die genannten Wirtschaftsgüter jedoch als Arbeitsgeräte, sodaß deren Anschaffung betrieblich veranlaßt gewesen sei. Auch die Aufwendungen für das Arbeitszimmer und Büromaschinen müßten "in einem angemessenen Umfang als Betriebsausgabe Berücksichtigung finden". Die Nichtanerkennung "von Fahrtkosten, Reisespesen, Nächtigung, Geschäftsanbahnung und Werbung" sei weitgehend ungerechtfertigt. Die diesbezüglichen Belege würden nachgereicht werden.

Der Zusage, zweckdienliche Angaben zur Ermittlung der Abgabenbemessungsgrundlagen zu machen und entsprechende Belege vorzulegen, kam der Beschwerdeführer in den folgenden Monaten (ein knappes Jahr lang) nicht nach.

Die belangte Behörde wies die Berufung ab. Da der Beschwerdeführer weder im Zuge der Betriebsprüfung noch im Berufungsverfahren bereit gewesen sei, an der Ermittlung der Abgabenbemessungsgrundlagen mitzuwirken, habe diese im Schätzungsweg erfolgen müssen. Dabei seien sowohl die Bankeingänge als auch das Vorbringen des Beschwerdeführers vor Gericht, jährlich ca. einen Umsatz von S 1,300.000,-- zu erzielen, berücksichtigt worden. Betriebsausgaben habe der Prüfer "in nicht unerheblicher Höhe" angesetzt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, Bücher, Schallplatten, Partituren und Compact-Discs aus betrieblichen Gründen angeschafft zu haben, sei von ihm nicht nachgewiesen worden, obwohl ein solcher Nachweis in der Berufung in Aussicht gestellt worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst fällt auf, daß das Beschwerdevorbringen in sich widersprüchlich ist: Einerseits wird auf Seite 2 der Beschwerde behauptet, daß für den Streitzeitraum "richtigerweise keine Steuern vorzuschreiben gewesen wären", andererseits wird auf Seite 5 gesagt, daß "die Legitimation der Behörde zur Schätzung unangefochten bleiben kann". Auf Seite 7 wird schließlich die Aussage getroffen, daß sich unter Heranziehung der Unterlagen des Beschwerdeführers "ein Schätzergebnis, welches um ca. 50 % niedriger gelegen wäre" ergeben hätte. Wieso bei einem um ca. 50 % geringeren Schätzungsergebnis keine Steuern vorzuschreiben gewesen wären, ist nicht einsichtig.

Der Beschwerdeführer rügt, daß die Umsatzsteuer von den mit Bruttobeträgen geschätzten Umsätzen errechnet worden sei. Richtigerweise hätte die in den Bruttobeträgen enthaltene Umsatzsteuer herausgerechnet werden müssen, um zur Umsatzsteuerbemessungsgrundlage zu gelangen.

Die Rüge ist unberechtigt. Der Prüfer hat die Bruttoumsätze in Anlehnung an die Bankeingänge mit insgesamt S 4,800.000,-- geschätzt und nur den nach Abzug der darin enthaltenen Umsatzsteuer von S 800.000,-- verbleibenden Nettobetrag von S 4,000.000,-- als Umsatzsteuerbemessungsgrundlage erfaßt.

Einen Widerspruch glaubt der Beschwerdeführer damit aufzeigen zu können, daß einerseits von einer gleichmäßigen Verteilung der geschätzten Umsätze auf die Streitjahre die Rede sei, andererseits in Wahrheit Unterschiede von mehr als 100 % festzustellen seien.

Dazu ist zu sagen, daß laut Betriebsprüfungsbericht nur die Entgelte aus der Tätigkeit als Künstlermanager (geschätzt mit insgesamt S 4,000.000,--) gleichmäßig auf die Streitjahre verteilt wurden. Die Entgelte als Autor wurden hingegen jährlich gesondert erfaßt, weil diesbezüglich keine Globalschätzung erfolgte. Vielmehr wurden Bankeingänge bzw. Zahlungen des E-Verlages insoweit den erklärten Umsätzen zugerechnet, als sie in diesen nicht enthalten waren. Weiters wurden zehnprozentige Sicherheitszuschläge angesetzt. Wie dem Betriebsprüfungsbericht eindeutig zu entnehmen ist, sind die vom Beschwerdeführer als Widerspruch gerügten unterschiedlich hohen Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen ausschließlich auf die unterschiedlich hoch ermittelten Entgelte aus Autorentätigkeit zurückzuführen. Der behauptete Widerspruch liegt demnach nicht vor.

Eine weitere Unstimmigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde sich auf sein Vorbringen vor Gericht, jährlich einen Umsatz von ca. S 1,300.000,-- zu erzielen, stütze, im Schätzungsergebnis aber davon abweiche.

Der Beschwerdeführer übersieht, daß seine gerichtliche Aussage sowohl vom Betriebsprüfer als auch von der belangten Behörde nur als Gegenargument zu seiner Behauptung, keine steuerlich relevanten Einkünfte erzielt zu haben, herangezogen wurde. Die Schätzung selbst beruhte jedoch, wie bereits ausgeführt, im wesentlichen auf den Bankeingängen des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hält die abgezogenen Vorsteuerbeträge für zu gering. Dabei verkennt er, daß Vorsteuern grundsätzlich nur abgezogen werden können, wenn sie ordnungsgemäß von einem Unternehmer in einer Rechnung ausgewiesen sind (§ 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972). Da der Beschwerdeführer unbestritten über derartige Rechnungen nicht verfügte, und im Rahmen der Schätzung nur solche Vorsteuern berücksichtigt werden konnten, bei denen die Annahme berechtigt schien, daß sie dem Beschwerdeführer ursprünglich ordnungsgemäß in Rechnung gestellt worden waren, kann in der bloßen Divergenz zwischen geschätzten Umsätzen und geschätzten abzugsfähigen Vorsteuern keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Ein Vorbringen, mit dem glaubhaft gemacht worden wäre, daß der Beschwerdeführer die gesetzlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug in einem höheren Ausmaß erfüllt habe, wurde nicht erstattet.

Der Beschwerdeführer vermißt die Vornahme einer globalen Vermögensrechnung für den streitgegenständlichen Zeitraum. Eine solche wäre geeignet gewesen, "einigermaßen sachgerechte Ergebnisse im Rahmen der Einkommensteuerbemessung zu erzielen".

Damit verkennt der Beschwerdeführer die Aussagekraft einer Vermögensrechnung. Eine derartige Rechnung kann zwar bei Feststellung eines ungeklärten Vermögenszuwachses die Annahme rechtfertigen, daß die Vermögensvermehrung auf erzielte, aber bisher nicht erklärte Einkünfte zurückzuführen ist; umgekehrt läßt aber die Feststellung, daß das Vermögen eines Abgabepflichtigen unverändert geblieben ist oder sich nur geringfügig erhöht hat, nicht darauf schließen, daß der Abgabepflichtige keine oder nur geringe Einkünfte erzielt hat. Abgesehen davon, daß steuerlich zu erfassende Einkünfte auf verschiedenste Weise, auch in großem Ausmaß wiederum verbraucht werden können und sich daher nicht in einer Vermögensvermehrung niederschlagen müssen, kann Vermögen auch unschwer in einer für die Abgabenbehörde kaum feststellbaren bzw. verdeckten Art gebildet werden.

Schließlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde als Rechtswidrigkeit noch vor, sie habe zu Unrecht seine Aufstellung der Autorenhonorare und seine Aufwendungen für Schallplatten und Musikliteratur nicht berücksichtigt und sie habe es nicht für notwendig befunden, die Kontoauszüge vom E-Verlag zu besorgen.

Der Beschwerdeführer übersieht, daß er selbst in der Berufung die Nachreichung der Kontoauszüge des E-Verlages und verschiedene Belege betreffend Betriebsausgaben zugesagt hat, dieser Zusage aber nicht nachgekommen ist, obwohl ihm dafür ein knappes Jahr zu Verfügung gestanden ist. Unter diesen Umständen konnte die belangte Behörde unbedenklich von den Feststellungen des Betriebsprüfers ausgehen, der hinsichtlich der Autorenhonorare ohnedies die ihm vorliegenden Zahlungen des E-Verlages berücksichtigt und diese nur insoweit vervollständigt hatte, als sie in den Aufstellungen des Beschwerdeführers nicht enthalten waren. Weiters konnte die belangte Behörde die vom Betriebsprüfer anerkannten Betriebsausgaben mit Rücksicht auf deren nachstehend angeführte Höhe durchaus als ausreichend ansehen:

Betriebsausgaben 1985 1986 1987 1988

(gerundet)

Autorentätigkeit 152.000,-- 232.000,-- 776.000,-- 847.000,--

Tätigkeit als

Künstlermanager 498.000,-- 437.000,-- 350.000,-- 432.000,--

Da somit der Beschwerdeführer die von ihm behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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