Normen
AuslBG §4 Abs1 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs1 idF 1991/684;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist praktischer Arzt in Wien. Er stellte am 11. Jänner 1993 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste - Gastgewerbe den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die "jugoslawische" Staatsbürgerin D.R. als Reinigungsfrau für seine Ordination. In einem Begleitbrief zu diesem Antrag wies er darauf hin, daß seine bisherige (ausländische) Putzfrau wegen eines schweren Unfalls nicht mehr für ihn arbeiten könne; weiters stellte der Beschwerdeführer ausführlich dar, daß sich bei ihm bereits 36 Personen wegen der Stelle vorgestellt hätten, mit welchen es aber aus den verschiedensten Gründen zu keinem Dienstvertrag gekommen sei. D.R. hingegen entspreche den Anforderungen des Beschwerdeführers und genieße auch das für die Betreuung einer Ordination erforderliche Vertrauen.
Diesen Antrag lehnte das Arbeitsamt mit Bescheid vom 16. Februar 1993 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab, weil der Vermittlungsausschuß die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet und "das Ermittlungsverfahren" ergeben habe, daß keine der im § 4 Abs. 6 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
Versuche einer Ersatzkraftstellung durch das Arbeitsamt sind nicht aktenkundig; im erstinstanzlichen Bescheid wird auf § 4 Abs. 1 AuslBG nicht Bezug genommen.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer neuerlich darauf hin, daß sich im November 1992 herausgestellt habe, daß seine bisherige (jugoslawische) Reinigungsfrau wegen der Folgen ihres schweren Unfalles nicht mehr für ihn arbeiten könne. Versuche einer Vermittlung durch das Arbeitsamt seien deprimierend verlaufen. Schließlich sei ihm privat D.R. empfohlen worden, die seit 1991 in Österreich lebe und dem Beschwerdeführer zuverlässig und geeignet erscheine. Vom Arbeitsamt sei ihm empfohlen worden, den Antrag um Beschäftigungsbewilligung für D.R. erst im Jänner 1993 zu stellen, weil zu Jahresende "die Kontingente bereits überschritten" seien. Bis zur Antragstellung seien dem Beschwerdeführer 46 Bewerberinnen vermittelt worden, wobei keine auch nur annähernd den Anforderungen entsprochen hätte. Der Beschwerdeführer machte ausdrücklich das Vorliegen des in § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG genannten besonders wichtigen Grundes (dringender Ersatz für eine ausgeschiedene ausländische Arbeitskraft) geltend und führte in seiner Berufung abschließend aus, daß er nicht bereit sei, "eine der (ihm) vermittelten Stellenbewerber/innen einzustellen, weil nach wie vor D.R. die einzige mögliche Lösung zu sein scheint".
Die belangte Behörde gab ohne aktenkundige weitere Verfahrensschritte dieser Berufung mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. Juli 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge und bestätigte den Bescheid des Arbeitsamtes.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales für 1992 und 1993 festgelegten Landeshöchstzahlen seien seit Beginn dieser Kalenderjahre weit überschritten. Es seien daher bei Anträgen um Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen neben den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 auch jene des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. D.R. gehöre nicht dem nach § 4b AuslBG begünstigt zu behandelnden Personenkreis an. Derzeit sei eine Ersatzkraftstellung durch nach dieser Gesetzesstelle begünstigte Personen möglich, doch habe der Beschwerdeführer eine Ersatzkraftstellung durch solche Personen in seiner Berufung von vornherein abgelehnt. Durch sein Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung habe sich der Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Das Argument, bei D.R. handle es sich um einen Ersatz für einen ausgeschiedenen ausländischen Mitarbeiter, komme im strengen Überziehungsverfahren gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG bei "Kontingentüberschreitung" erst dann zum Tragen, wenn nach vorangehender Prüfung gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, was aber gemäß den vorangegangenen Ausführungen nicht der Fall sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Antrag, "für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der Behandlung der Beschwerde möge der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof abtreten". Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe würde die Abweisung der Beschwerde rechtfertigen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde nur mehr auf im § 4 Abs. 1 AuslBG gelegene Gründe für ihre Entscheidung Bezug genommen und ausdrücklich ausgeführt, daß es eines Eingehens auf eine Prüfung der Voraussetzungen des gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerten Verfahrens für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht mehr bedürfe, weil die Beschäftigungsbewilligung bereits gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG zu versagen sei.
Nach dieser Gesetzesstelle ist die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an zwei Voraussetzungen geknüpft, nämlich
1. daran, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und
2. wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Bei Fehlen auch nur eines dieser beiden Tatbestandselemente ist den Arbeitsämtern die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung verwehrt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, Zl. 93/09/0039) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben.
Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. in diesem Sinne die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1987, Zl. 87/09/0012, vom 25. November 1987, Zl. 87/09/0164, u.v.a.).
Im Beschwerdefall glaubte die belangte Behörde aus der im Sachverhalt wörtlich wiedergegebenen Schlußformel der Berufung des Beschwerdeführers ableiten zu können, dieser lehne die Stellung von Ersatzkräften von vornherein und grundlos ab. Wie in der Beschwerde dazu zutreffend ausgeführt wird, stellt diese Formulierung in der Berufung jedoch keinesfalls eine ausreichende Grundlage für die von der belangten Behörde getroffene - streitentscheidende - Annahme dar. Der Beschwerdeführer hat unwiderlegt vorgebracht, er habe schon vor, aber auch nach der Antragstellung zahlreiche Stellenbewerber empfangen, doch habe sich unter ihnen keine seinen Anforderungen entsprechende Arbeitskraft befunden. Wenn er dazu abschließend in seiner Berufung bemerkt, er sei nicht bereit, eine dieser Personen einzustellen, vielmehr erscheine ihm nach wie vor D.R. als die einzige mögliche Lösung, so hat er damit nur auf die BIS DAHIN bei ihm erschienenen Bewerber Bezug genommen, aber nicht mit der für eine darauf gestützte Abweisung seines Antrags erforderlichen Eindeutigkeit zu verstehen gegeben, im vorliegenden Verfahren auch für die Zukunft keine Ersatzkraftstellung mehr zu wünschen. Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht davon Abstand genommen, dem Beschwerdeführer konkrete Ersatzkräfte anzubieten, wozu noch kommt, daß den vorgelegten Akten auch nicht zu entnehmen ist, welche beim Beschwerdeführer bis dahin erschienenen Stellenwerber überhaupt auf Grund einer Vermittlungstätigkeit des Arbeitsamtes aufgetreten sind und aus welchen Gründen der Beschwerdeführer solche Ersatzkräfte nicht aufgenommen hat. Die diesbezüglichen Hinweise des Beschwerdeführers selbst vermögen fehlende Ermittlungen und Feststellungen der Behörden über versuchte Ersatzkraftstellungen und deren Ergebnis nicht zu ersetzen. Erst in der Gegenschrift enthaltene Ausführungen über eine allenfalls unberechtigte Ablehnung von bestimmten Ersatzkräften sind keinesfalls ausreichend.
Es steht daher im Beschwerdefall auf Grund einer rechtlich unrichtigen Vorgangsweise der belangten Behörde noch nicht fest, ob für die gewünschte Beschäftigung ein inländischer Arbeitssuchender oder ein diesem gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten Bedingungen auszuüben. Erst entsprechende Ermittlungen werden die Beurteilung der allfälligen Berechtigung oder Nichtberechtigung einer Ablehnung gestellter Ersatzkräfte durch den Beschwerdeführer ermöglichen.
Da die belangte Behörde somit infolge einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung von einer ausreichenden Prüfung der Voraussetzungen für eine Abweisung des Ansuchens des Beschwerdeführers abgesehen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG als inhaltlich rechtswidrig.
Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigte sich ein weiteres Eingehen auf den vom Beschwerdeführer gestellten (verfehlten) Antrag, die Beschwerde dem Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft vom Beschwerdeführer verzeichnete, aber für seine Rechtsverfolgung entbehrliche Stempelgebühren.
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