Normen
AuslBG §2 Abs1;
AuslBG §28 idF 1990/450;
VStG §27;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs1;
VStG §9;
AuslBG §2 Abs1;
AuslBG §28 idF 1990/450;
VStG §27;
VStG §44a Z1;
VStG §51 Abs1;
VStG §9;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 25. April 1991 wurde der Mitbeteiligte (mP) zu einer Geldstrafe von insgesamt S 418.000,-- verurteilt, weil er es
"... als handelsrechtlicher Geschäftsführer der als Arbeitgeberin fungierenden P Gesellschaft m.b.H. zu verantworten (habe), daß diese Firma mit Standort in Wien, K-Gasse nn, am 30.8.1990 um 8.45 Uhr auf der Baustelle des Bauunternehmers Ing. W in B, A-Gasse xx, 19 Ausländer mit Bauarbeitertätigkeiten beschäftigte, ohne daß eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden war;"
(es folgt die Nennung der Namen von 19 Polen) und er dadurch gegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) verstoßen habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die mP gemäß der darin enthaltenen Rechtsmittelbelehrung Berufung an die nunmehr belangte Behörde, die dieses Rechtsmittel jedoch gemäß § 6 AVG zuständigkeitshalber an den Unabhängigen Verwaltungssenat Niederösterreich weiterleitete.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich wiederum stellte mit Bescheid vom 20. Jänner 1993 fest, daß er gemäß § 51 Abs. 1 VStG zur Entscheidung über die Berufung der mP nicht zuständig sei, weil die erstinstanzliche Strafbehörde (zutreffend) vom Wiener Firmensitz der Gesellschaft m.b.H. als Tatort ausgegangen sei. Zuständig zur Erledigung der Berufung sei daher die belangte Behörde.
Gegen diesen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Niederösterreich erhob das Landesarbeitsamt Wien gemäß § 28a AuslBG Amtsbeschwerde, die der Verwaltungsgerichtshof mit seinem den Parteien des nunmehrigen Verwaltungsverfahrens bekannten Beschluß vom 18. März 1993, Zl. 93/09/0046, zurückwies, weil dem Landesarbeitsamt Wien die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Niederösterreich fehle. In diesem Beschluß, auf dessen Begründung im übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof auch klargestellt, daß es im Falle einer Abtretung nach § 6 Abs. 1 AVG der Partei, welche die Rechtsmeinung der abtretenden Behörde nicht teilt, freistehe, auf der Erledigung ihres Antrages durch diese zu beharren, wodurch sie deren - durch die Abtretung nach § 6 Abs. 1 AVG vorerst erloschene - Entscheidungspflicht wieder auslöse. Auch im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren sei das Landesarbeitsamt Wien als Partei des bei der belangten Behörde durch die Berufung der mP anhängig gemachten Verfahrens nicht gehindert, auf einer bescheidmäßigen Erledigung dieser Berufung zu beharren, gegen welche ihm sodann das Beschwerderecht gemäß § 28a AuslBG offenstehe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. März 1993 hat die belangte Behörde nunmehr auch ihrerseits festgestellt, daß sie zur Entscheidung über die Berufung der mP örtlich nicht zuständig sei. Das Straferkenntnis des Magistrates hätte im Sinne des § 51 Abs. 1 VStG ausgesprochen, daß die der mP vorgeworfenen Taten in "B" und damit im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates Niederösterreich begangen worden seien. Mit dem Spruchelement "Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der als Arbeitgeberin fungierenden P Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese Firma mit Standort in Wien, K-Gasse nn, (...)" sei hingegen von der Behörde erster Instanz bloß ausgesprochen worden, daß die mP auf Grund der genannten Funktion die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit treffe und daß die genannte Gesellschaft m.b.H. ihren Sitz in Wien, K-Gasse nn, habe. § 51 Abs. 1 VStG garantiere dem Beschuldigten das Recht der Berufung an jenen Unabhängigen Verwaltungssenat, in dessen Sprengel die Tat nach dem Ausspruch der Erstinstanz begangen worden sei. Damit setze das Gesetz voraus, daß für den Beschuldigten aus dem Spruch eines erstinstanzlichen Straferkenntnisses erkennbar sein müsse, in welchem Sprengel die Tat begangen worden sei. Örtlich zuständige Berufungsbehörde sei daher nach Maßgabe des erstinstanzlichen Spruches der Unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich.
Gegen diesen Bescheid hat das Landesarbeitsamt Wien unter Bezugnahme auf § 28a AuslBG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit Beschwerde erhoben. Gleichgültig, wo die ausländischen Arbeitskräfte eingesetzt würden, habe immer der Arbeitgeber vom Sitz der Unternehmensleitung aus dafür Sorge zu tragen, daß die ausländischen Arbeitskräfte über entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen verfügten. Es habe daher die Behörde erster Instanz mit Rücksicht auf den Firmensitz der Gesellschaft m.b.H. in Wien, zu Recht ihre Zuständigkeit in Anspruch genommen und zutreffend in ihrer Rechtsmittelbelehrung auf die belangte Behörde als Berufungsinstanz verwiesen. Entgegen der von der belangten Behörde geäußerten Befürchtung habe dies auch die mP nicht mißverstanden und ihre Berufung richtigerweise bei der belangten Behörde eingebracht. Aus dem erstinstanzlichen Bescheid gehe hervor, daß die ausländischen Arbeitskräfte von der in Wien etablierten Gesellschaft m.b.H. beschäftigt worden seien. Die Angabe, daß diese Ausländer in Baden eingesetzt worden seien, diene nur als Sachverhaltselement im Sinne des § 44a VStG. Die belangte Behörde hätte daher erkennen müssen, daß die Behörde erster Instanz vom Tatort Wien ausgegangen, und daß daher ihre Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung über die Berufung der mP gegeben sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und unter Hinweis auf die Gegenschrift zur Zl. 93/09/0152 von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.
Die mP hat sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der belangten Behörde ist eingangs darin Recht zu geben, daß sie bei der gegebenen Verfahrenslage über die Berufung der mP bescheidmäßig zu erkennen hatte; dazu sei lediglich noch einmal auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Beschluß vom 18. März 1993, Zl. 93/09/0046, verwiesen. Die belangte Behörde hat aber dessenungeachtet mit der Feststellung ihrer Unzuständigkeit die Rechtslage verkannt.
Auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung (§ 2 Abs. 1 AuslBG) ausländischer Arbeitskräfte eingegangen, bzw. wäre von dort aus die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0377). Dies hat die in den Beschwerdefällen eingeschrittene Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz auch richtig erkannt: Sie hat ihre örtliche Zuständigkeit bejaht, den Firmensitz der Gesellschaft m.b.H. in den Spruch ihres Straferkenntnisses aufgenommen und auch in der Rechtsmittelbelehrung auf die belangte Behörde als Berufungsinstanz verwiesen. Es ist dies auch von der berufungswerbenden mP nicht mißverstanden worden.
Gemäß § 51 Abs. 1 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Diese Bestimmung hatte die belangte Behörde ungeachtet ihrer inzwischen mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1992, G 103-107/92 u.a., erfolgten Aufhebung bei der Erlassung der beiden angefochtenen Bescheide anzuwenden, zumal die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof gemäß dessen Ausspruch erst mit Ablauf des 30. September 1993 in Kraft tritt (siehe dazu auch BGBl. Nr. 755/1992), und die vorliegenden Beschwerdefälle keine Anlaßfälle im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG darstellen.
Nach dem Gesagten folgt der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung des beschwerdeführenden Landesarbeitsamtes dahin, daß der Hinweis auf den Firmensitz der Gesellschaft m.b.H. im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides als Nennung des Tatortes ausgereicht hat und auch verständlich war, während die Angabe des Ortes, wo die illegal beschäftigten Ausländer ihre Arbeitsleistungen erbrachten, nur der näheren Individualisierung der der mP vorgeworfenen Tathandlungen diente. Es reichte also - anders als die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Zl. 93/09/0152 meint - vollkommen aus, daß sich aus dem Spruchelement "diese Firma mit Standort in Wien, K-Gasse nn" der Firmensitz des Unternehmens ablesen läßt, für welches die mP gemäß § 9 VStG einzustehen hat.
An dieser Rechtslage vermögen auch die aus Gründen der Verfahrensökonomie von der belangten Behörde (in ihrer oben erwähnten Gegenschrift) erhobenen Einwendungen (befürchtete "Migrationsbewegungen" von Zeugen und Amtssachverständigen aus anderen Bundesländern) nichts zu ändern. Im übrigen stößt auch die von der belangten Behörde offenbar angestrebte Lösung, wonach als Tatort jeweils der Ort anzusehen sei, an dem die ausländischen Arbeitskräfte ihre Leistungen für den jeweiligen Arbeitgeber erbringen, auf nicht unerhebliche rechtliche und praktische Bedenken. Dies vor allem deshalb, weil der so ermittelte Beschäftigungsort während der Tatzeit ständig gewechselt werden und häufig - etwa im Transportgewerbe - mehrere Bundesländer oder auch das Ausland umfassen kann, was trotz der Regeln des § 27 VStG über die örtliche Zuständigkeit im erstinstanzlichen Verfahren die Feststellung der zuständigen Berufungsbehörde gemäß § 51 Abs. 1 VStG äußerst problematisch machen könnte.
Im Beschwerdefall wurde aber, wie bereits ausgeführt, nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die der mP angelasteten Taten am Sitz der Gesellschaft m.b.H., also in Wien, begangen, weshalb die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre Zuständigkeit zur Erledigung der Berufung der mP zu Unrecht abgelehnt hat. Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
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