Normen
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
FlVfGG §36;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs7;
FlVfLG Tir 1978 §36 Abs1;
GSGG §11;
GSGG §12;
GSGG §13 Z3;
GSLG Tir §16 Abs7;
GSLG Tir §16 Abs8;
GSLG Tir §19 Abs1 litc;
VwGG §23 Abs1;
VwGG §34;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §9;
FlVfGG §36;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs1;
FlVfLG Tir 1978 §35 Abs7;
FlVfLG Tir 1978 §36 Abs1;
GSGG §11;
GSGG §12;
GSGG §13 Z3;
GSLG Tir §16 Abs7;
GSLG Tir §16 Abs8;
GSLG Tir §19 Abs1 litc;
VwGG §23 Abs1;
VwGG §34;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingaben vom 14. November 1990 und vom 28. November 1991 beantragte die mitbeteiligte Partei (MP) als Mitglied der Beschwerdeführerin, die Agrarbehörde möge bescheidmäßig den Kreis der zur Benützung des S-Alpweges Berechtigten einschränken und den Kreis der Benützungsberechtigten feststellen. Die Beschwerdeführerin sei mit Bescheid der Agrarbehörde vom 12. April 1927 errichtet worden. Der Zweck der Beschwerdeführerin sei laut Satzung ausschließlich der Bau, die Erhaltung und Benützung eines landwirtschaftlichen Güterweges. Durch die Freigabe dieses landwirtschaftlichen Bringungsweges für den öffentlichen Verkehr werde ständig gegen den Satzungszweck und gegen die Bestimmung des § 5 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970 (GSLG) verstoßen, sodaß der Benützerkreis für land- und forstwirtschaftliche Produkte in den Hintergrund getreten sei, während die Einhebung einer Maut und die Ausdehnung auf den öffentlichen Verkehr im Vordergrund stünde.
Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 6. Dezember 1991 wurde dieser Antrag zurückgewiesen.
Die Agrarbehörde I. Instanz begründete ihre Entscheidung unter anderem damit, dem gesamten Vorbringen der MP sei nicht zu entnehmen, daß sich ihr Begehren auf eine Rechtsbeziehung aus dem Gemeinschaftsverhältnis gründe. Es liege daher keine Zuständigkeit der Agrarbehörde vor. Weiters sei dem Gesetz keine Bestimmung zu entnehmen, die einer Partei ein subjektives öffentliches Recht auf Regelung des Benützerkreises einräumen würde.
Gegen diesen Bescheid erhob die MP Berufung und brachte darin im wesentlichen vor, die Zurückweisung des Antrages werde damit begründet, daß die MP ihre Einwendungen weder auf eine aus dem Privatrecht ihr zukommende Rechtsposition noch auf eine konkrete, sich aus der Mitgliedschaft ergebende Rechtsbeziehung zur Bringungsgemeinschaft stütze. Entgegen der Ansicht der Agrarbehörde I. Instanz, wonach der MP kein subjektiv-öffentliches Recht auf eine bestimmte Regelung des Benützerkreises zustünde, sei anzumerken, daß der Erstbehörde bereits seit 1981, sohin seit über 10 Jahren, bekannt sei, daß die rechtliche Natur des zur Überprüfung stehenden Bringungsweges mit den tatsächlichen Benützungsverhältnissen in gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere in jenen des GSLG und in den entsprechenden Statuten keine Deckung finde. Dennoch habe die Erstbehörde contra legem diesen Zustand gebilligt und sei im Rahmen ihrer aufsichtsbehördlichen Verpflichtung nicht eingeschritten. Die MP habe entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde keinesfalls voneinander abweichende Anträge gestellt, sondern bereits im ersten Antrag begehrt, daß die Aufsichtsbehörde in Wahrung ihrer aufsichtsbehördlichen Verpflichtungen das Übereinkommen zwischen der H-Weg-Interessentenschaft und der S-Weg-Interessentenschaft (Beschwerdeführerin) wegen Gesetzeswidrigkeit aufheben wolle. In der Äußerung vom 28. November 1991 sei dieser Antrag wiederholt worden, in dem die MP anführte, die Agrarbehörde wolle im Rahmen ihrer gesetzlichen Verpflichtungen einen seit mehr als zehn Jahren gesetzwidrigen Zustand beheben und den bescheidmäßigen Kreis der zur Benützung des Güterweges Berechtigten gemäß den einschlägigen Bestimmungen einschränken. Die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes inkludiere die Aufhebung des privatrechtlichen Übereinkommens, welches sowohl den Bestimmungen des GSLG als auch den Bestimmungen der Wegstatute widerspreche. Nach dem derzeitigen gesetzwidrigen Zustand sei der Benützerkreis nicht auf den in den Bestimmungen des GSLG angeführten bzw. durch die Statuten gedeckten Benützerkreis eingeschränkt, sondern erstrecke sich derselbe durch Einhebung einer Maut auf einen unbestimmten bzw. uneingeschränkten Benützerkreis. Das der MP zukommende Bringungsrecht werde hiedurch sowohl im Bestand, Inhalt, Umfang und der Ausübung entsprechend beeinträchtigt. Auch belaste das Befahren der im Eigentum der MP stehenden Parzellen durch eine unbeschränkte Anzahl von Benützern deren Eigentum in einem erheblich größeren Außmaß als die Einschränkung auf einen Benützerkreis für land- und forstwirtschaftliche Nutzung. Die Zuständigkeit der Agrarbehörde leite sich aus dem Statut der Beschwerdeführerin vom 12. April 1927 ab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der MP Folge und behob den Erstbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. den §§ 5 Abs. 3 und 19 GSLG.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß sich der vorliegende Streit im Gegensatz zur Rechtsmeinung der Erstbehörde als Streit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 1 lit. c GSLG darstelle. Dem Mitglied einer Bringungsgemeinschaft stehe ein subjektives öffentliches Recht darauf zu, von der Bringungsgemeinschaft zu verlangen, dafür Sorge zu tragen, daß die Bringungsanlagen oder der Gemeinschaftsweg nur von den im § 5 GSLG genannten Personen benützt werde und das Benützen durch Außenstehende, nicht Bringungsberechtigte, untersagt werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid dadurch in ihrem Recht verletzt, daß derselbe unter Umgehung der Entscheidungsbefugnis der Organe der Beschwerdeführerin erlassen worden sei und zudem der MP zu Unrecht ein subjektiv-öffentliches Recht im allgemeinen Aufsichtsverfahren über die Beschwerdeführerin im Sinne des § 19 GSLG zuerkannt werde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die MP - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß ihrem Statut vom 12. April 1927 wurde die Beschwerdeführerin aufgrund des § 4 Z. 13 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. September 1921, LGBl. Nr. 126/1921 gebildet. Diese Verordnung erging zur Durchführung des Gesetzes LBGl. Nr. 81/1920, betreffend den Schutz der Alpen und die Förderung der Alpwirtschaft. Zweck der Beschwerdeführerin ist unter anderem der Bau eines Alpweges. Gemäß § 25 Abs. 3 GSLG gilt ein solcher als Bringungsanlage im Sinne dieses Gesetzes.
Die MP meint, daß die Beschwerdeführerin inhaltlich zur Einbringung der vorliegenden Beschwerde nicht legitimiert sei, da ein Antrag auf Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde in der Vollversammlung vom 27. Februar 1993 infolge zahlreicher Stimmenthaltungen abgelehnt worden sei.
Gemäß § 16 Abs. 7 GSLG hat der Obmann bei Vollversammlungen und Ausschußsitzungen den Vorsitz zu führen. Er vertritt die Bringungsgemeinschaft nach außen.
Nach § 16 Abs. 8 GSLG sind Vertretungshandlungen, die der Bringungsgemeinschaft Verbindlichkeiten auferlegen, bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit vom Obmann und einem weiteren Ausschußmitglied vorzunehmen; dies gilt auch für die Fertigung von Urkunden.
Gemäß § 4 Z. 2 (Bestimmungen über den Wegausschuß) des Statuts der Beschwerdeführerin vom 12. April 1927 vertritt der Obmann die Beschwerdeführerin nach außen. Weiters sind Ausfertigungen der Genossenschaft, welche eine Verbindlichkeit nach außen begründen, vom Obmann und einem anderen Mitglied des Wegausschusses zu fertigen.
Der Rechtsansicht der MP ist entgegenzuhalten, daß sowohl die diesbezüglichen Bestimmungen des GSLG als auch der Satzung von einer Außenvertretungsbefugnis des Obmannes schlechthin sprechen. Erhebt somit der Obmann im Namen der Beschwerdeführerin eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und betraut er mit der Vertretung einen Rechtsanwalt, so kann dies, selbst wenn dem eine gegenteilige Beschlußfassung der Vollversammlung im Innenverhältnis zugrunde gelegen ist, nicht zur Zurückweisung der Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung führen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. Mai 1980, VwSlg. 10.147/A, und vom 11. Juni 1981, VwSlg. 10.479/A). Anderes würde nur dann gelten, wenn - wie etwa nach § 35 Abs. 7 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 i.d.F. LGBl. Nr. 18/1984 bei dem Obmann einer Agrargemeinschaft - die eingeräumte Vertretungsbefugnis dadurch beschränkt ist, daß sie sich im jeweiligen (durch die Satzung bestimmten) Aufgabenbereich der Vollversammlung und des Ausschusses im Rahmen der von diesen Organen gefaßten Beschlüsse zu halten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, VwSlg. 12.594/A). Eine solche Beschränkung der Außenvertretungsbefugnis des Obmannes ist jedoch im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Die Bevollmächtigungsurkunde, mit welcher der Rechtsanwalt zur Beschwerdeerhebung beauftragt wurde, ist sowohl vom Obmann als auch von den zwei weiteren Mitgliedern des Wegausschusses der Beschwerdeführerin - somit von einem Mitglied mehr als nach der Satzung erforderlich - unterfertigt.
Gemäß § 19 Abs. 1 lit. c GSLG hat die Agrarbehörde neben den ihr in diesem Gesetz ausdrücklich übertragenen Aufgaben auf Antrag unter Ausschluß des Rechtsweges über Streitigkeiten zu entscheiden, die zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen. Wesentlich für die Zuständigkeit der Agrarbehörde ist, daß es sich um eine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis handelt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1979, VfSlg. 8682). Streitigkeiten aus dem Gemeinschaftsverhältnis sind dadurch gekennzeichnet, daß sie Rechte und Pflichten der Gemeinschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber der Gemeinschaft und Rechte und Pflichten des Mitglieds gegenüber den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft zum Gegenstand haben. Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis kann nur sein, was das Güter- und Seilwege-Landesgesetz 1970 und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Gemeinschaftsverhältnis bestimmen. Eine Streitigkeit aus dem Gemeinschaftsverhältnis liegt vor, wenn das Gemeinschaftsverhältnis für die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestimmend ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, 95/07/0048).
Ein solcher Fall liegt nun im Beschwerdefall vor. In § 2 des Statuts der Beschwerdeführerin vom 12. April 1927 sind die Genossenschaftsmitglieder und deren Beitragsleistung aufgelistet. Die Benützung des Weges steht gemäß § 3 des Statuts jedem Genossenschaftsmitglied für sich und seine Angestellten, Unternehmer und Käufer, land- und forstwirtschaftliche Produkte jederzeit zu. Mit Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 6. Dezember 1968 wurden die Genossenschaftsmitglieder und deren Beitragsbetreffnisse neu geregelt. Mitglied dieser Bringungsgemeinschaft ist auch die MP als Eigentümer der Liegenschaft "L".
Wenn nun die MP der Meinung ist, daß diesen Güterweg nur die Genossenschaftsmitglieder und entgegen einem Übereinkommen, das von der Beschwerdeführerin abgeschlossen wurde, nicht auch Außenstehende benützen dürfen, stellt sich dieser Streit als ein solcher zwischen einer Bringungsgemeinschaft und einem Mitglied aus dem Gemeinschaftsverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 1 lit. c GSLG dar. Das der MP zukommende Bringungsrecht gegenüber der Gemeinschaft wird durch die Anzahl der Benutzungsberechtigten in Umfang und Ausübung beeinflußt. Dies hat wiederum unmittelbare Auswirkung auf die Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber der Gemeinschaft.
Nach § 7 der Satzung entscheidet die Vollversammlung lediglich über Streitigkeiten unter den Genossenschaftsmitgliedern bzw. Beschwerden gegen den Obmann und Ausschuß, gegen deren Ausspruch die Entscheidung der Agrarbezirksbehörde angerufen werden kann, welche endgültig entscheidet. Wie aus den Verwaltungsakten hervorgeht, wurde die von der MP in Streit gezogene "erweiterte" Benützungsregelung des Bringungsweges von der Vollversammlung der Beschwerdeführerin beschlossen. Eine Streitschlichtung nach § 7 des Statuts ist bei dieser Streitigkeit zwischen der Vollversammlung und einem Mitglied nicht vorgesehen, sodaß die Agrarbehörde gemäß § 19 Abs. 1 lit. c GSLG auf Antrag der MP sofort angerufen werden konnte.
Der allgemein gehaltenen Rüge von Verfahrensmängeln kommt mangels Darlegung ihrer Wesentlichkeit keine Berechtigung zu.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Die Abweisung des Mehrbegehrens der MP betrifft die von ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer. Neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand für zwei aufgetragene Ausfertigungen der Gegenschrift kann ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer nicht zuerkannt werden (vgl. die bei Dolp,
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 687, wiedergegebene hg. Judikatur). Die Beilage war zur Rechtsverfolgung nicht erforderlich.
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