VwGH 93/06/0231

VwGH93/06/023114.4.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der C in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den BM für wirtschaftliche Angelegenheiten, betr Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich des Kostenersatzes in einem Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz 1971 (weitere Verfahrenspartei: Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den LH von Tirol), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1004;
ABGB §1152;
AHR;
AVG §35;
AVG §74 Abs2;
BStG 1971 §20 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EisbEG 1954 §44;
RAO 1868 §17 Abs1;
RAO 1868 §28 Abs1 litf;
RAO §17 Abs1;
RAT §1 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
ABGB §1004;
ABGB §1152;
AHR;
AVG §35;
AVG §74 Abs2;
BStG 1971 §20 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EisbEG 1954 §44;
RAO 1868 §17 Abs1;
RAO 1868 §28 Abs1 litf;
RAO §17 Abs1;
RAT §1 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG sowie in Anwendung des § 62 Abs. 2 VwGG wird der Berufung der Beschwerdeführerin Folge gegeben, der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 21. November 1989, Zl. IId1 - B - 1465/9 - 1989, gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Rechtssache zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung und zur neuerlichen Entscheidung an den Landeshauptmann von Tirol zurückverwiesen.

Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. Oktober 1989 hat der Landeshauptmann von Tirol näher bezeichnete Liegenschaften der Beschwerdeführerin gemäß § 20 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 286/1971, zugunsten des Bundes, Bundesstraßenverwaltung, enteignet und die Enteignungsentschädigung mit (zunächst) S 2,997.327,--, mit Bescheid vom 23. November 1989 gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigt auf S 2,718.327,--, festgesetzt.

Aufgrund des vom Beschwerdevertreter rechtzeitig vorgelegten Kostenverzeichnisses über Vertretungskosten der Beschwerdeführerin in der Höhe von insgesamt S 116.789,40 erließ der Landeshauptmann von Tirol einen weiteren Bescheid vom 21. November 1989, mit welchem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Vertretungskosten im Enteignungsverfahren abgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. September 1990 abgewiesen wurde.

Die Beschwerdeführerin erhob Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0188, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 1990, soweit damit die Berufung der Beschwerdeführerin im Kostenpunkt abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat dies wie folgt begründet:

"Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Nach § 74 Abs. 2 leg. cit. bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Der Kostenersatzanspruch ist so rechtzeitig zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann.

Im Geltungsbereich des AVG gilt also hinsichtlich der Kosten des Verwaltungsverfahrens der Grundsatz der Selbsttragung, ein Kostenersatz zwischen den Beteiligten findet nur dort statt, wo er in den Verwaltungsvorschriften geregelt ist.

§ 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, welche Bestimmung auch im Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz (vgl. § 20 Abs. 1 erster Satz BStG 1971) anzuwenden ist, lautet:

"Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen wurden vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten."

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211, ausführlich mit der auch hier maßgebenden Rechtsfrage auseinandergesetzt, sich im Ergebnis der nunmehr für das gerichtliche Entschädigungsverfahren vom Obersten Gerichtshof in einem verstärkten Senat vom 19. Dezember 1986,

EvBl. 60/1987, vertretenen Rechtsauffassung angeschlossen und demgemäß die Meinung vertreten, daß zu den Kosten des Enteignungsverfahrens im Sinne des § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes auch jene der rechtsfreundlichen Vertretung zählen (vgl. unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG die Ausführungen in dem genannten hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates).

Ausgehend von dieser Rechtslage hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung von Vertretungskosten zu Unrecht abgewiesen. Im Hinblick auf die Besonderheiten des gegenständlichen Enteignungsverfahrens (u.a. vereinbarte Naturalrestitution und Abbruch eines Gebäudes) kann nicht davon gesprochen werden, daß es sich um durch ungerechtfertigtes Einschreiten der Partei verursachte (und daher vom Enteignungswerber nicht zu bestreitende) Kosten anwaltlicher Vertretung gehandelt hat. Der angefochtene Bescheid ist daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet."

Am 18. November 1993 langte beim Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Beschwerde ein, in der die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zufolge Nichterledigung der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung (im zweiten Rechtsgang) geltend macht.

Mit Verfügung vom 23. November 1993 wurde der belangten Behörde die Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Die belangte Behörde hat - ohne Nachholung des Bescheides - mit Schreiben vom 25. Jänner 1994 die Verwaltungsakten vorgelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Folge mit Verfügung vom 3. Februar 1994 den Landeshauptmann von Tirol aufgefordert, die Verwaltungsakten, betreffend das Enteignungsverfahren der Beschwerdeführerin, vorzulegen. Der Landeshauptmann ist diesem Ersuchen fristgerecht nachgekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Das die Beschwerdeführerin betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1993, 90/06/0188, wurde der belangten Behörde am 1. April 1993 zugestellt. Die der belangten Behörde gemäß § 73 Abs. 1 AVG offenstehende Frist von sechs Monaten zur Erlassung des Bescheides ist am 1. Oktober 1993 abgelaufen. Die am 18. November 1993 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Säumnisbeschwerde ist daher gemäß Art. 132 B-VG in Verbindung mit § 27 VwGG zulässig, sodaß der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst, d.h. über die Berufung der Beschwerdeführerin vom 1. Dezember 1989 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 21. November 1989 zu entscheiden hat, wobei er an die - oben wiedergegebene - Rechtsauffassung des Vorerkenntnisses vom 11. Februar 1993 gebunden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darin - wie auch im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211 -, ausgesprochen und näher begründet, daß zu den Kosten des Enteignungsverfahrens im Sinne des § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 auch jene der rechtsfreundlichen Vertretung zählen. Diese Kostenersatzpflicht beruht nicht auf dem Erfolgsprinzip; Kosten sind nur insoweit nicht zuzusprechen, als sie durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen wurden. Ein ungerechtfertigtes Einschreiten im Sinne dieser Gesetzesstelle liegt dann vor, wenn es nach objektiven Maßstäben kein geeignetes Mittel für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung sein kann, wobei dies für jede (kostenpflichtige) Rechtshandlung des Enteignungsgegners jeweils gesondert zu prüfen ist (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1973, Zl. 279/73).

Der vorliegende Beschwerdefall gibt dem erkennenden Senat - erstmals - Anlaß zur Untersuchung der Frage, bis zu welcher Höhe Kosten der Partei zu ersetzen sind bzw. nach welchem Maßstab sich diese Kosten bemessen.

1. Zunächst sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß Gegenstand des Ersatzes jene Kosten der anwaltlichen Vertretung sind, die der PARTEI entstehen, das heißt, die sie dem Rechtsanwalt aufgrund der mit ihm getroffenen Vereinbarungen schuldet. Für den Kostenersatz gemäß § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 (EEG), ist daher

- grundsätzlich - jene Sach- und Rechtslage von Bedeutung, die zwischen der Partei und ihrem Rechtsanwalt gilt; dies jedoch mit folgenden Einschränkungen:

Zunächst kann § 44 EEG nicht der Inhalt unterstellt werden, der (unabhängig vom Ausgang des Verfahrens jedenfalls) ersatzpflichtige Enteignungswerber wäre hinsichtlich der Höhe der zu ersetzenden Kosten in jeglicher Hinsicht der Willkür der (von ihm nicht beeinflußbaren) vertraglichen Einigung zwischen Partei und Rechtsanwalt unterworfen. Eine Regelung, die einer Partei eine solche, erfolgsunabhängige Kostenersatzpflicht aufbürdete, wäre dem Verdacht der Unsachlichkeit und damit der Verfassungswidrigkeit (Art. 7 Abs. 1 B-VG) ausgesetzt. Bei verfassungskonformer Interpretation des § 44 EEG hat der Enteignungswerber daher nur ANGEMESSENE KOSTEN der Partei zu ersetzen. Es ist zu prüfen, welchen Kostenersatzanspruch der Parteienvertreter hätte, wenn eine (allenfalls überhöhte) Kostenvereinbarung nicht getroffen worden wäre. Gemäß § 17 RAO in Verbindung mit den §§ 1004 und 1152 ABGB gebührt dem Rechtsanwalt grundsätzlich eine angemessene Entlohnung für seine Mühewaltung, einschließlich des "notwendigen und nützlich gemachten Aufwandes" (§ 1014 ABGB), soweit das Maß der Entlohnung nicht durch Tarif geregelt wird (§ 17 Abs. 1 RAO).

Da das Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG), BGBl. Nr. 189/1969 idgF gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. nur für das Zivilverfahren und das Privatanklageverfahren (sowie für die Privatbeteiligung im Strafverfahren) gilt, ist der Rechtsanwaltstarif im Enteignungsverfahren UNMITTELBAR AUFGRUND DES RATG nicht anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 lit. f RAO obliegt dem Wirkungskreis des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer u.a. die Erstattung von Gutachten über die Angemessenheit des Honorars und die Vergütung für Dienstleistungen des Rechtsanwaltes, sowie die angesuchte gütliche Beilegung des Streites über selbe (§ 19). Die Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages hat im Hinblick auf diese Gutachtenstätigkeit des Kammerausschusses Richtlinien beschlossen, welche von den Rechtsanwaltskammern Österreichs im Falle einer Begutachtung der Angemessenheit von Entlohnungen für rechtsanwaltliche Tätigkeiten gemäß § 28 Abs. 1 lit. f RAO als angemessene Entlohnung im Sinne der vorgenannten Gesetzesbestimmungen betrachtet werden (Autonome Honorarrichtlinien - AHR, siehe Schuppich-Tades, Rechtsanwaltsordnung, MGA 34, Seite 125 ff). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 4. März 1983, Zl. 81/17/0110 (im Zusammenhang mit Verteidigungskosten in Strafsachen) ausgesprochen hat, stellen die Autonomen Honorar-Richtlinien (AHR) des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages für die Ermittlung der angemessenen Entlohnung des Rechtsanwaltes (bei Fehlen eines Tarifes) eine maßgebliche Erkenntnisquelle dar. Der erkennende Senat hält an dieser Rechtsauffassung auch im Zusammenhang mit der Entlohnung von Rechtsanwälten für die Mühewaltung in Enteignungsverfahren iSd § 20 BStrG 1971 fest.

2. Soweit die AHR in der Frage der Angemessenheit der Entlohnung dem Rechtsanwalt eine gewisse Bandbreite zugestehen, wird auch die Ausschöpfung dieser Bandbreite jedoch der behördlichen Kontrolle der Angemessenheit unterliegen und nur in besonders gelagerten Fällen, die einen vom üblichen Enteignungsverfahren deutlich abweichenden Mehraufwand erfordern (soweit dieser nicht ohnehin im zeitlichen Ausmaß der Inanspruchnahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bereits berücksichtigt ist) in Betracht kommen.

3. Für Enteignungssachen sehen die AHR in § 5 Z. 10 als Bemessungsgrundlage den "geltend gemachten Entschädigungsbetrag", mindestens jedoch S 30.000,-- vor. Der Oberste Gerichtshof hat in SZ 60/269 ausgesprochen, daß es dem Grundsatz der Einseitigkeit der Kostenersatzpflicht entspreche, den Kostenersatzpflichtigen nicht mit jenen Kosten zu belasten, die durch ein ungerechtfertigtes Mehrbegehren verursacht wurden. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser Auffassung - auch aus den bereits oben dargelegten, allgemeinen Überlegungen zum Umfang der Kostenersatzpflicht - an: Im Falle eines erfolgsunabhängigen Kostenersatzanspruches hätte das Abstellen auf (jeglichen) geforderten Entschädigungsbetrag für die stets ersatzpflichtige Seite des Enteigungswerbers nach oben praktisch unbegrenzbare Kostenersatzverpflichtungen zur Folge. Die Geltendmachung eines überhöhten Entschädigungsanspruches ist daher insoweit als Fall des ungerechtfertigten Einschreitens anzusehen, sodaß in diesem Umfang ein Kostenersatzanspruch nicht besteht. Als Bemessungsgrundlage kommt daher - soweit nicht eine niedrigere Bemessungsgrundlage geltend gemacht wurde - höchstens der tatsächlich gebührende (das ist in der Regel der von der Behörde zuerkannte) Entschädigungsbetrag in Betracht.

4. Hinsichtlich der einzelnen Honoraransätze sieht § 6 AHR vor, das Honorar unter SINNGEMÄßER ANWENDUNG des Rechtsanwaltstarifgesetzes in seiner jeweiligen Fassung zu errechnen, insbesondere durch Anwendung der Bestimmungen über den Einheitssatz und die Tarifposten 1 bis 3 und 5 bis 9 RATG.

Gemäß § 8 Abs. 3 AHR ist für Verhandlungen kontradiktorischen Charakters der Honoraransatz gemäß TP 3A RAT angemessen. Dies gilt im wesentlichen auch für Schriftsätze.

In Enteignungssachen ist gemäß § 8 Abs. 4 AHR für die Zeit, in der über die Enteignungssache der eigenen Partei verhandelt wird, mindestens jedoch für die Dauer von 2/2 Stunden das Honorar gemäß TP 3A RAT, für die übrige, notwendige Zeit der Anwesenheit bei der Enteignungsverhandlung das Honorar gemäß TP 2 RAT angemessen, wenn die Wartezeit eine halbe Stunde übersteigt (RAT, Anm. 2 zu TP 2 bzw. TP 3), jedoch ohne die Begünstigung der ersten Stunde.

5. Soweit Einwendungen des Enteigungsgegners mit Schriftsatz erstattet werden, werden solche Schriftsätze - im Verhältnis zum mündlichen Vortrag dieser Einwendungen in der Enteignungsverhandlung - im allgemeinen einerseits nur dann gerechtfertigt (und damit kostenpflichtig) sein, wenn sie der Behörde so rechtzeitig zugehen, daß eine rechtzeitige Zustellung an den Enteignungswerber vor der Enteignungsverhandlung (und damit auch die Vorbereitung einer Stellungnahme) noch möglich ist oder wenn - im Hinblick auf die konkrete Sach- und Rechtslage - der notwendige Umfang und die Komplexität des (sachdienlichen) Vorbringens eine Erstattung im schriftlichen Wege als gerechtfertigt erscheinen läßt.

6. Im Beschwerdefall wurde - nach Ausweis der vorliegenden Verwaltungsakten - zumindest ein Teil des Verhandlungsaufwandes auf die Ermittlung der Enteignungsentschädigung aufgewendet (die mündliche Verhandlungen vom 13. Juli 1989 und vom 19. Oktober 1989 wurden ausdrücklich nur "hinsichtlich der Entschädigung" der Beschwerdeführerin anberaumt). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher veranlaßt, auch zu der Frage Stellung zu nehmen, ob im verwaltungsbehördlichen Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz Kosten nur für den die Enteignung betreffenden Teil dieses Verfahrens, oder auch für die - in der Regel gleichzeitig stattfindenden - Verhandlungen über die Enteignungsentschädigung zuerkannt werden können. Im in dieser Rechtssache ergangenen Vorerkenntnis vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0188, hat der Verwaltungsgerichtshof die Kosten anwaltlicher Vertretung "im Hinblick auf die Besonderheit des gegenständlichen Enteignungsverfahrens (u.a. vereinbarte Naturalrestitution und Abbruch eines Gebäudes)" als auf einem gerechtfertigten Einschreiten beruhend (und daher als kostenersatzpflichtig) angesehen; die Erwähnung der Naturalrestitution in diesem Zusammenhang zeigt, daß der Verwaltungsgerichtshof auch die Verhandlung über die Entschädigung (Naturalrestitution ist eine Form der Entschädigung) implizite als kostenpflichtig angesehen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Auffassung aus folgenden Gründen fest:

Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß der Kostenersatzanspruch im Sinne des § 44 EEG nicht mit dem Anspruch auf Enteignungsentschädigung identisch ist. Mit der (nur in der Entscheidungsfrage zulässigen) Anrufung des Gerichtes im Sinne des § 20 Abs. 3 BStG 1971 tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung "über die Höhe der Entschädigung außer Kraft", während sie im Kostenpunkte - demnach - unberührt bleibt. Dies bedeutet, daß die Kostenentscheidung im Enteignungsverfahren vor der Verwaltungsbehörde auch im Falle eines Antrages an das Gericht, die Entschädigung neu festzusetzen, nicht auf das Gericht übergeht und das Gericht auch nicht zuständig ist, über den Ersatz der Kosten, die im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde entstanden sind, abzusprechen. Würde man nun die Auffassung vertreten, daß jener Teil des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde, in dem ausschließlich Fragen der Enteignungsentschädigung erörtert wurden, von der Kostenersatzpflicht des § 44 EEG ausgenommen ist, so hätte dies zur Folge, daß dem Enteignungsgegner weder vor der Verwaltungsbehörde noch im gerichtlichen Verfahren für diesen Teil des Verfahrens ein Kostenersatzanspruch zustünde. Dies stünde mit dem Zweck des § 44 EEG im Widerspruch, wird aber auch vom Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung nicht nahegelegt:

Die dort vorgenommene (eine unterschiedliche Behandlung indizierende) Differenzierung zwischen "Kosten des Enteignungsverfahrens" und "der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung" sind vor dem Hintergrund der Systematik des Eisenbahnenteignungsgesetzes zu sehen, welches ein Verfahren zur Festsetzung der Entschädigung vor der Verwaltungsbehörde - im Gegensatz zu § 20 Bundesstraßengesetz 1971 - gar nicht vorsieht. Daher können im unmittelbaren Anwendungsbereich des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 vor der Verwaltungsbehörde Kosten der Feststellung der Enteignungsentschädigung gar nicht entstehen. Die sinngemäße Übertragung dieser Bestimmung auf die Verhältnisse nach den §§ 20 ff Bundesstraßengesetz 1971, kann daher nicht dazu führen, daß der Enteignungsgegner hinsichtlich des Aufwandes zur Feststellung der Entschädigung vor der Verwaltungsbehörde leer ausgeht, sondern es sind dann, wenn Enteignungsverfahren und Verfahren zur Festsetzung der Entschädigung vor der Verwaltungsbehörde in einem durchzuführen sind, auch die bei der Feststellung der Entschädigungshöhe entstehenden Kosten solche des Enteignungsverfahrens (so auch Kerschner in JBl. 1993, 679).

7. Das weitere Verfahren IM KOSTENPUNKT ist jedoch vom Enteignungsverfahren zu unterscheiden, weshalb auf den im Berufungsverfahren auszutragenden Kostenstreit die Bestimmung des § 44 EEG nicht mehr angewendet werden kann. Soweit sich daher an das Verwaltungsverfahren erster Instanz ein Rechtsmittelverfahren im Kostenpunkt anschließt, besteht hinsichtlich dieses zusätzlichen Aufwandes keine Kostenersatzpflicht des Enteignungswerbers im Verwaltungswege.

8. Überträgt man diese Grundsätze auf den Beschwerdefall so stünden der Beschwerdeführerin für die Dauer der tatsächlichen Verhandlung über die Enteignung bzw. die Festsetzung der Entschädigung auf der Basis eines Streitwertes von höchstens

S 2,718.327,-- Kosten nach TP 3A RAT (in der Fassung des Jahres 1989) zu; dies sind für die erste Stunde S 8.629,--, für jede weitere Stunde die Hälfte dieses Betrages. Für jene Zeit, in der über die Enteignungs- bzw. Entschädigungssache der Beschwerdeführerin nicht verhandelt wurde, der Beschwerdevertreter aber in der mündlichen Verhandlung anwesend sein mußte, gebührt der Betrag nach TP 2, d.h. die Hälfte des niedrigeren Betrages, das sind pro Stunde S 2.157,25.

Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch im Beschwerdefall derzeit nicht in der Lage, über den Kostenersatzanspruch der Beschwerdeführerin endgültig (in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG) abzusprechen: Der Beschwerdevertreter verzeichnete Kosten für die Verhandlung vom 20. Oktober 1988 in der Dauer von 5/2 Stunden, für jene vom 7. Dezember 1988 in der Dauer von 8/2 Stunden, sowie für die Verhandlungen vom 17. Jänner, 13. Juli und 19. Oktober in der Dauer von je 3/2 Stunden. Im Akt der Behörde erster Instanz findet sich zwar eine Verhandlungsschrift vom 20. Oktober 1988 (nachträglich eingefügt "und 7. Dezember 1988 und 13. Juni 1989"), aus der allerdings nicht ersichtlich ist, ob und wie lange der Vertreter der Beschwerdeführerin überhaupt in dieser Verhandlung anwesend war und ob und in welcher Dauer über die Enteignung der Beschwerdeführerin verhandelt wurde. Ob sich die am Ende dieser Niederschrift angegebene Dauer von "10/2 Stunden" auf alle drei Termine oder nur auf die erste Verhandlung (für welche die Verhandlungsschrift ursprünglich angefertigt worden war) bezieht, ist ebensowenig erkennbar. Unter dem Datum "13.7.1989" ist auf diesem Papier ferner eine Stellungnahme der Bundesstraßenverwaltung protokolliert und an deren Ende "Dauer der Verhandlung 3/2 Stunden" vermerkt, ohne daß aus dem Protokoll etwas über die weiteren Vorgänge bei dieser Verhandlung (die zur Verhandlung über die Entschädigung der Beschwerdeführerin anberaumt wurde) hervorginge, und ob der Beschwerdeführervertreter bei dieser Verhandlung anwesend war. Schließlich findet sich im Anschluß an ein Bescheidkonzept vom 20. Oktober 1989 als "Beilage zur Verhandlungsschrift" ein Formular ohne Datum und ohne Namensbezeichnung, in welchem eine Aufstellung über Entschädigungssummen enthalten und aus dem Vermerk betreffend "NE" (offenbar: Naturalentschädigung) an den eingelösten Flächen Bp. 131/1 und Gp. 1022/2 erkennbar ist, daß es sich offenbar auf die Enteignungs- und Entschädigungssache der Beschwerdeführerin bezieht.

Ferner ist aktenkundig, daß die Behörde erster Instanz die Verhandlung vom 20. Oktober 1988 auf den 24. Oktober 1988 verlegte (weshalb die Beurkundung am Beginn der Niederschrift "20.10.1988" nicht stimmen dürfte) und dazu (im Wege der Gemeinde) die "ortsansässigen Grundeigentümer" hat laden lassen. Zur Fortsetzung dieser Verhandlung am 7. Dezember 1988 wurde die Beschwerdeführerin zu Handen des Beschwerdevertreters geladen, während die Verhandlung vom 13. Juli 1989 nach dem Wortlaut der Kundmachung zum Zwecke der Ermittlung der Entschädigung der Beschwerdeführerin in der Kanzlei des Beschwerdevertreters anberaumt wurde und sich auch die Verhandlung vom 19. Oktober 1989 auf die Entschädigungssache der Beschwerdeführerin bezogen hat. Eine Verhandlung vom 17. Jänner 1989 (für welche der Beschwerdevertreter ebenfalls Kosten verzeichnete) ist überhaupt nicht aktenkundig.

Angesichts der erkennbaren Unvollständigkeit der vorliegenden Verhandlungsschriften (soweit von Verhandlungsschriften nach deren äußerem Erscheinungsbild die Rede sein kann) ist dem Verwaltungsgerichtshof eine abschließende Beurteilung des Kostenersatzanspruches der Beschwerdeführerin nicht möglich. Unter Berücksichtigung der Verfahrensgrundsätze einer möglichsten Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis hält der Verwaltungsgerichtshof die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter möglichst gleichzeitiger Beiziehung der Bundesstraßenverwaltung, der Beschwerdeführerin (bzw. des Beschwerdevertreters) und des seinerzeitigen Verhandlungsleiters zur Klärung der für die Kostenentscheidung maßgebenden Umstände (u.a. der Frage, in welchem Umfang Wartezeit und Verhandlungszeit vorlagen bzw. hinsichtlich der tatsächlichen Anzahl und Dauer der Verhandlungen) für unumgänglich. Der erstinstanzliche Bescheid war daher zur Ermöglichung dieser mündlichen Verhandlung am Ort der Betroffenen gemäß § 66 Abs. 2 AVG zu beheben und die Rechtssache an den Landeshauptmann zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff insbesondere auf § 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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