Normen
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §69 Abs1 lite idF 1987/028;
BauO Wr §69 Abs1 litf idF 1987/028;
BauO Wr §87 Abs7;
BauRallg;
BauO Wr §134 Abs3;
BauO Wr §69 Abs1 lite idF 1987/028;
BauO Wr §69 Abs1 litf idF 1987/028;
BauO Wr §87 Abs7;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aufgrund einer Baubewilligung aus dem Jahre 1885 waren auf dem Grundstück K-Gasse 8, in W, zwei Gebäude, nämlich ein Straßentrakt und ein Hoftrakt mit je 3 Stockwerken errichtet worden. In zwei nach Straßen- und Hoftrakt getrennten Verfahren ersuchte die mitbeteiligte Partei als Bauwerberin, den Ausbau des vorhandenen Altbestandes durch Dachgeschoßausbauten und Lifteinbauten zu bewilligen. Die Baubehörde erster Instanz hat dem Antrag des Beschwerdeführers auf Verbindung der beiden Verfahren nicht Rechnung getragen und gesondert für den Straßentrakt und für den Hoftrakt jeweils den Bauausschuß der Bezirksvertretung des 4. Bezirks mit der Bewilligung zur Abweichung von Bebauungsvorschriften befaßt, die dieser auch erteilt hat. Aufgrund von Berufungen des Beschwerdeführers hat die Bauoberbehörde für Wien mit Berufungsbescheid vom 22. Oktober 1992, Zl. MD-VfR - B IV - 13/92, den bewilligenden Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung den Hoftrakt betreffend aufgehoben.
Die Berufung des Beschwerdeführers betreffend den Straßentrakt wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid jedoch als unbegründet abgewiesen.
Aus dem angefochtenen Bescheid geht hervor, daß der Bauausschuß der Bezirksvertretung für den 4. Bezirk in seiner Sitzung vom 7. Juli 1992 gemäß § 69 Abs. 1 lit. e und l der Bauordnung für Wien die Bewilligung zur Abweichung von den Bebauungsvorschriften insofern erteilt hat, als durch die Errichtung von einem Aufzugsschacht (Zubau) im Hofbereich die gesetzliche Beschränkung der baulichen Ausnützbarkeit des Bauplatzes überschritten werden und der Fußboden der im zweiten Dachgeschoß zu schaffenden Aufenthaltsräume maximal 0,55 m über der für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebenden Ebene liegen darf.
Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer der Liegenschaft EZ 67 KG Y, die im Westen punktförmig an die Liegenschaft EZ 343 angrenzt, auf welcher die Bauführung stattfinden soll. Die Berufung des Beschwerdeführers gegen die mit Bescheid vom 7. Juli 1992 erteilten Bewilligungen zur Abweichung von den Bauvorschriften richtete sich einerseits dagegen, daß die Verfahren betreffend die beiden Gebäude nicht verbunden wurden, obwohl durch den Ausbau BEIDER Gebäude eine übermäßige Bebauungsdichte erreicht werde. In bezug auf das gegenständliche Gebäude wurde noch ausgeführt, die Bewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. l der Bauordnung für Wien sei zu Unrecht erfolgt. Die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers begründet die belangte Behörde damit, daß dem Nachbarn hinsichtlich der Lage des Fußbodens von Aufenthaltsräumen kein Mitspracherecht eingeräumt sei. Durch die bekämpfte Ausnahme werde ein subjektiv-öffentliches Recht des Beschwerdeführers nicht berührt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichterteilung von Ausnahmegenehmigungen gemäß § 69 der Wiener Bauordnung mangels Geringfügigkeit und mangels sachlicher Rechtfertigung, auf Einhaltung des zulässigen Maßes der Ausnützung eines Baugrundes und auf gesetzmäßige Handhabung des Planungsermessens verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Gesetzeslage ist vorerst darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Dezember 1991, G 74/90-6, G 178/90-6, § 69 Abs. 1 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987, aufgehoben hat. Die Aufhebung trat mit 30. November 1992 in Kraft. Im Hinblick darauf war im gegenständlichen Fall diese Vorschrift in ihrer Fassung vor der Aufhebung anzuwenden. § 69 Abs. 1 der Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987, trägt die Überschrift "Unwesentliche Abweichungen von Bebauungsvorschriften" und sieht vor, daß in sachlich gerechtfertigten Ausnahmefällen für das einzelne Bauvorhaben Abweichungen von Bebauungsvorschriften zu bewilligen sind, wenn der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes nicht überschritten wird, öffentliche Rücksichten nicht entgegenstehen oder öffentliche Interessen für die Abweichung sprechen und die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des Nachbarn nicht vermindert wird. Die unter diesen Bedingungen zulässigen Abweichungen von den Bebauungsvorschriften waren in den lit. a bis o des § 69 Abs. 1 leg. cit. im einzelnen bestimmt.
Gemäß § 134 Abs. 3 BO sind im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien; ferner sind die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen; hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.
In seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.317/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt ist, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ist sohin ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zusteht.
Die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde war im vorliegenden Fall auf jenen Themenkreis eingeschränkt, in dem dem Beschwerdeführer ein Mitspracherecht zusteht. Durch die Bewilligung, daß der Fußboden der im zweiten Dachgeschoß liegenden Aufenthaltsräume innerhalb des zulässigen Gebäudeumrisses maximal 55 cm über der für die Beurteilung der zulässigen Gebäudehöhe maßgebenden Ebene liegen darf, wurde jedenfalls der Umfang einer unwesentlichen Abänderung des Flächenwidmungs- bzw. des Bebauungsplanes nicht überschritten. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, steht dem Nachbarn auf die Einhaltung der Bestimmung des § 87 Abs. 7 BO (Anordnung der Fußböden aller Aufenthaltsräume) kein Mitspracherecht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1982, Zlen. 82/05/0036, 0037). Da durch die vom Beschwerdeführer mit Berufung bekämpfte Ausnahmebewilligung gemäß § 69 Abs. 1 lit. l BO eine größere als die sonst zulässige Gebäudehöhe nicht zugelassen wurde, dem Beschwerdeführer aber ein Mitspracherecht hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmung des § 87 Abs. 7 BO, die der Ausnahmebestimmung gemäß § 69 Abs. 1 lit. l entspricht, nicht zusteht, und die Wiener Bauordnung in der hier anzuwendenden Fassung keine Bestimmungen betreffend eine "Bebauungsdichte" zum Schutz der Nachbarschaft enthält, hat die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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