VwGH 93/03/0065

VwGH93/03/006521.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 19. Jänner 1993, Zl. UVS 30.5-150/92-6, betreffend Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes - Straße, zu Recht erkannt:

Normen

ADR 1973 Rn2002 Abs3;
ADR 1973;
GGSt §22 Abs1 Z7 lita;
GGSt §42 Abs1 Z1;
ADR 1973 Rn2002 Abs3;
ADR 1973;
GGSt §22 Abs1 Z7 lita;
GGSt §42 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer namentlich genannten GmbH, somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ, zu verantworten, daß diese mit einer aus Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger bestehenden Beförderungseinheit am 6. Mai 1991 um 22.25 Uhr auf der Inntalautobahn, A 12, im Gemeindegebiet von Imst in westlicher Richtung Gefahrengut der Klasse 3 Ziffer 3 b ADR, "UN Nr. 70", Gefahrennummer 33 (Äthylalkohol) transportiert habe, obwohl dem Lenker der Beförderungseinheit nicht die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere vollständig übergeben worden seien, weil der Stoffname "Äthylalkohol" gefehlt habe. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs. 1 Z. 7 a des Gefahrengutbeförderungsgesetzes - Straße, BGBl. Nr. 209/1979 (GGSt), in Verbindung mit dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, BGBl. Nr. 522/1973 (kurz: ADR), Rn. 2301 und 2314 begangen, weshalb gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 GGSt eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt wurde. Zur Begründung wird ausgeführt, im Transportbetrieb der GmbH sei es üblich, daß der Lenker einer Beförderungseinheit am Sitz der GmbH einen Frachtbrief erhalte, auf welchem Versender und Empfänger des Transportgutes sowie Art und Menge des Gutes angeführt seien. Die genaue Bezeichnung des Transportgutes, nämlich den genauen Stoffnamen, trage sodann aber erst der Versender in den Frachtbrief ein, und zwar bei Übergabe des Transportgutes. Im gegenständlichen Fall habe der Lenker der Beförderungseinheit von der GmbH an deren Betriebsstandort einen Frachtbrief erhalten, auf welchem die "Verladefirma" sowie die "Übernahmefirma" aufgeschienen, ein Stoffname des Transportgutes aber nicht eingetragen gewesen sei. Die weiteren Eintragungen betreffend das beförderte Gut seien vom Absender vorgenommen worden, wobei der Stoffname mit "Kirschwasser" bezeichnet worden sei. Der Lenker habe von der GmbH kein anderes Papier als diesen Frachtbrief erhalten. Der Lenker habe aber angegeben, daß er noch ein "Gefahrengutblatt" mit dem Vermerk "Flammpunkt unter 21 Grad, Alkoholanteil über 71 %" sowie Zollpapiere, in denen das beförderte Gut mit Äthylalkohol oder Äthanol bezeichnet gewesen sei, mitgeführt habe. Es stehe somit fest, daß das dem Lenker von der GmbH zur Verfügung gestellte Begleitpapier eine ADR-konforme Bezeichnung des beförderten gefährlichen Gutes nicht aufgewiesen habe und der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als strafrechtlich verantwortliches Organ der GmbH in keiner Weise durch irgendwelche Kontrollmaßnahmen im organisatorischen Ablauf sichergestellt habe bzw. dafür Vorsorge getroffen habe, daß dem Lenker der Beförderungseinheit vor Durchführung der Beförderung dem ADR entsprechende Beförderungspapiere übergeben worden wären. Die vom Beschwerdeführer beantragte Einvernahme des Meldungslegers zur Behauptung, daß in einem Begleitpapier die ADR-konforme Bezeichnung des beförderten Gutes eingetragen gewesen sei, sei nicht vorzunehmen, weil feststehe, daß nicht die GmbH dem Lenker andere Papiere als den Frachtbrief übergeben habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 7 lit. a GGSt darf ein gefährliches Gut nur befördert werden, wenn dem Lenker für jede Beförderungseinheit die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere übergeben worden sind.

Gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 GGSt begeht, wer als Beförderer ein gefährliches Gut entgegen § 22 Abs. 1 GGSt befördert, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 600.000,-- zu bestrafen.

Rn. 2002 Abs. 3 ADR (Anlage A) in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautet:

"Für jede durch diese Anlage geregelte Beförderung von Gütern ist ein Beförderungspapier erforderlich. Der Absender muß dem Beförderer die in das Beförderungspapier einzutragenden Vermerke, wie sie für jede Klasse im II. Teil dieser Anlage in den Abschnitten 2. B. vorgesehen sind, schriftlich mitteilen. Dieses Papier kann auch ein solches sein, das bereits durch andere geltende Vorschriften verlangt wird. Jedes Gut, dessen Beförderung durch die Anlage geregelt ist, muß im Beförderungspapier nach Abschnitt B der besonderen Vorschriften für die einzelnen Klassen bezeichnet sein. Die in das Beförderungspapier einzutragenden Vermerke sind in einer amtlichen Sprache des Versandlandes abzufassen und, wenn diese Sprache nicht englisch, französisch oder deutsch ist, außerdem in einer dieser Sprachen, wenn nicht internationale Tarifvereinbarungen über die Beförderung auf der Straße oder Abkommen zwischen den von der Beförderung berührten Staaten etwas anderes vorsehen. Dem Beförderungspapier müssen erforderlichenfalls Weisungen über das Verhalten bei Unfällen beigegeben sein (siehe Anlage B. Rn. 10185). Das Beförderungspapier ist bei der Beförderung der gefährlichen Güter mitzuführen."

Gemäß Rn. 2314 ADR muß die Bezeichnung des Gutes im Beförderungspapier gleich lauten wie eine der in Rn. 2301 durch Kursivschrift hervorgehobene Benennungen.

Rechtsirrig ist die Ansicht des Beschwerdeführers, nicht der Beförderer, sondern der Absender, allenfalls der Lenker habe für die dem ADR entsprechende Bezeichnung des beförderten Gutes im Beförderungspapier Sorge zu tragen. Die Gebotsnorm des § 22 Abs. 1 GGSt richtet sich nämlich an den Beförderer. Der durch den Beförderer gesetzte Verstoß gegen diese Norm wird in § 42 Abs. 1 Z. 1 GGSt zur Verwaltungsübertretung erklärt. Da im gegenständlichen Fall der Beförderer eine GmbH ist, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch sie gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer strafrechtlich verantwortlich.

Wenn allerdings in § 22 Abs. 1 Z. 7 lit. a GGSt normiert wird, ein gefährliches Gut dürfe nur befördert werden, wenn dem Lenker die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere übergeben worden sind, so bedeutet dies nicht, daß dieser Verpflichtung nicht auch dann entsprochen wäre, wenn nicht der Beförderter, sondern ein anderer dem Lenker die entsprechenden Begleitpapiere übergeben hat.

Rn 2002 Abs. 3 ADR legt keine Formvorschriften für das Beförderungspapier fest, sondern räumt vielmehr ein, daß dieses Papier auch ein solches sein könne, das bereits durch andere geltende Vorschriften verlangt werde. Auch die Zollpapiere, auf die der Lenker und der Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren hingewiesen haben, können daher als Beförderungspapier im Sinne des ADR gelten.

Der Vorschrift des § 22 Abs. 1 Z. 7 lit. a GGSt ist entsprochen, wenn dem Lenker - von wem immer - dem ADR entsprechende Begleitpapiere übergeben worden sind. In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde unterlassen festzustellen, ob die Zeugenaussage des Lenkers, er habe Zollpapiere mit einer ADR-konformen Bezeichnung des gefährdenden Gutes mitgeführt, der Wahrheit entspricht.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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