VwGH 92/18/0160

VwGH92/18/016012.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des T in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 9. März 1992, Zl. Fr-85/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs4;
AVG §63 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24. Jänner 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum 24. Jänner 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen und gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. die Schubhaft angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 24. Jänner 1991 ausgehändigt.

Bei der am selben Tag in Gegenwart einer Dolmetscherin für die türkische Sprache durchgeführten niederschriftlichen Vernehmung erklärte der Beschwerdeführer nach Rechtsbelehrung, auf Rechtsmittel gegen den Bescheid zu verzichten. Er wolle so schnell wie möglich nach Hause. In der Niederschrift wurde abschließend festgehalten, daß der Beschwerdeführer die Niederschrift und den Bescheid vollinhaltlich verstanden und keine weiteren Fragen habe und aus freien Stücken unterschreibe. Die Niederschrift wurde vom Leiter der Amtshandlung, von der Dolmetscherin und vom Beschwerdeführer unterfertigt.

2. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid vom 24. Jänner 1992 Berufung und brachte darin für den Fall, daß er auf Rechtsmittel verzichtet habe, vor, ihm sei anläßlich seiner Vernehmung erklärt worden, daß er an verschiedenen ihm gezeigten Stellen unterschreiben solle. Ihm sei jedoch nicht bewußt gewesen, welche Konsequenz die Unterschriftsleistung nach sich ziehe. Er habe niemals mit Behörden zu tun gehabt. Ihm sei der Begriff eines Rechtsmittels nicht bekannt und auch nicht bewußt gewesen, daß er fünf Jahre lang nicht mehr nach Österreich einreisen dürfe, obwohl er die Möglichkeit der Bekämpfung gehabt habe. Er habe dies als unumstößliche Konsequenz seiner "illegalen Betretung" angenommen.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (die belangte Behörde) die Berufung als unzulässig zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, sie nehme als erwiesen an, daß der vom Beschwerdeführer behauptete Willensmangel nicht vorliege. Sie stütze diese Feststellung darauf, daß die niederschriftliche Vernehmung unter Beiziehung einer Dolmetscherin durchgeführt worden sei, die zudem häufig bei Vernehmungen durch Fremdenpolizeibehörden herangezogen worden und daher geübt sei. Die Amtshandlung habe eine Stunde gedauert, sodaß von einer überhasteten Amtshandlung nicht gesprochen werden könne. Es bestehe eine Weisung, die Rechtsmittelbelehrung ausführlich zu erteilen. Der Beschwerdeführer habe seinen Verzicht in der Niederschrift sogar damit begründet, daß er so schnell wie möglich nach Hause wolle.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II.

1. Gemäß § 63 Abs. 4 AVG ist eine Berufung nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat.

Soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, liefert gemäß § 15 AVG eine gemäß § 14 aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt zulässig.

2. Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer nach dem Inhalt der Niederschrift vom 24. Jänner 1992 den Verzicht auf Rechtsmittel gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom selben Tag erklärt hat. Das von ihm in der Beschwerde erstattete Vorbringen enthält nichts, was den erklärten Rechtsmittelverzicht als unwirksam erkennen ließe.

Daß dem Beschwerdeführer klar war, daß das Aufenthaltsverbot aufgrund seines Rechtsmittelverzichtes sofort rechtskräftig ist, hat die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung ohne Verstoß gegen die Denkgesetze aus der Tatsache gefolgert, daß der Beschwerdeführer das Motiv für die Abgabe dieser Erklärung, nämlich seinen Wunsch nach möglichst schneller Heimkehr, genannt hat. Die in der Beschwerde dazu gegebene Deutung, damit sei die Rückkehr zu dem in Parndorf wohnhaften Bruder des Beschwerdeführers gemeint gewesen, überzeugt schon deshalb nicht, weil sich der Beschwerdeführer anläßlich seiner niederschriftlichen Vernehmung auch bereit erklärt hat, den Betrag von S 1.920,-- - dieser Betrag war ihm unmittelbar zuvor als Kosten für die Abschiebung genannt worden - sofort zu erlegen.

Auf die Behauptung, der Beschwerdeführer sei zur Zeit der Abgabe des Rechtsmittelverzichtes im Hinblick auf die über ihn verhängte Schubhaft unter psychischem Druck gestanden, der Angst, Verzweiflung und Heimweh mit sich gebracht habe, brauchte nicht weiter eingegangen zu werden, weil Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer durch der Behörde zuzurechnende Drohungen mit rechtswidrigem Verhalten zur Abgabe des Rechtsmittelverzichtes bestimmt wurde, nicht vorliegen und das Motiv für die Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes allein ohne Bedeutung ist (siehe das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1988, Slg. Nr. 12616/A).

3. Soweit sich die Beschwerde mit der Frage befaßt, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes berechtigt gewesen sei, brauchte auf sie nicht näher eingegangen zu werden, weil dies nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides, mit dem die Berufung gemäß § 63 Abs. 4 AVG zurückgewiesen wurde, gewesen ist.

4. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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