VwGH 92/17/0170

VwGH92/17/017023.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der XY-Holding in Luxembourg, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Finanzen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Erteilung einer Bankkonzession gemäß § 42 Abs. 4 VwGG idF. BGBl. Nr. 330/1990, zu Recht erkannt:

Normen

AktG §34 Abs1;
AVG §58;
AVG §8;
AVG §9;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art132;
B-VG Art144 Abs1;
FBG 1991 §15 Abs2;
FBG 1991 §22;
KWG 1979 §4;
KWG 1979 §9;
VwGG §27;
AktG §34 Abs1;
AVG §58;
AVG §8;
AVG §9;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art132;
B-VG Art144 Abs1;
FBG 1991 §15 Abs2;
FBG 1991 §22;
KWG 1979 §4;
KWG 1979 §9;
VwGG §27;

 

Spruch:

Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. Mai 1990 auf Erteilung einer Bankkonzession für die Z-AG wird gemäß § 4 Abs. 1 und 2 des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 63/1979, in Verbindung mit § 8 AVG zurückgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 29. Mai 1990 stellte der Beschwerdevertreter "namens und auftrags" seiner Klientin, der Beschwerdeführerin, an die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung einer Bankkonzession gemäß § 4 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) "für die Z-AG (dzt. in Gründung)" zum Betrieb näher genannter Bankgeschäfte gemäß § 1 Abs. 2 KWG. In dem Schriftsatz wird unter anderem ausgeführt, die Rechtsform der Bank werde eine AG sein. Die "mehr als 2/3 Eigentümer der Gründungsgesellschaft" XY-Holding seien zwei namentlich genannte gebürtige Österreicher.

Mit Schriftsatz vom 19. Juli 1991 legte der Beschwerdevertreter eine ihm von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht vor. Am 1. und 20. August 1991 richtete er (ebenso wie zuvor schon am 19. Juli 1990) weitere Eingaben "namens der Konzessionswerberin" an die belangte Behörde.

Da die belangte Behörde bis dahin über den gegenständlichen Antrag nicht entschieden hatte, erhob die Beschwerdeführerin am 10. Juni 1992 vorliegende Säumnisbeschwerde mit dem Antrag, gemäß § 42 "Abs. 5" (richtig: Abs. 4 idF. BGBl. Nr. 330/1990) VwGG in der Sache selbst zu entscheiden und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bankkonzession vollinhaltlich stattzugeben.

In ihrer hiezu erstatteten Gegenschrift machte die belangte Behörde im wesentlichen geltend, sie sei erst am 16. April 1992 von Tatsachen in Kenntnis gesetzt worden, die für den Ausgang des Konzessionsverfahrens von Bedeutung seien. Dabei handle es sich um die in Zeitschriftenartikeln gegen die Eigentümer der Konzessionswerberin erhobenen Anschuldigungen und den Verdacht der Begehung strafbarer Handlungen von Vorständen von Firmen, die sich auf Grund der Identität der handelnden Personen im Einflußbereich der Beschwerdeführerin befänden. Weiters heißt es dort wörtlich:

"Die Erteilung einer Bankkonzession an eine Gesellschaft, die Glied einer mehrere Holding-Konstruktionen umfassenden Firmenvernetzung ist, deren Mehrheitseigentümer in ein Privatanklageverfahren verwickelt sind, das sich auch mit dem Vorwurf der Schädigung von Anlegern befaßt, das auch zum Nachteil des Privatanklägers enden kann, kann der österreichischen Volkswirtschaft zum Nachteil gereichen, wenn die Konzession vor rechtskräftiger Beendigung und vor zweifelsfreier Rehabilitierung der Privatankläger erteilt wird."

Gleiches gelte für das anhängige Strafverfahren gegen den C-Vorstand J. Hier stehe der Verdacht im Raum, daß von der C-AG, einer Firma, die dem Einflußbereich der hinter der Beschwerdeführerin stehenden Personen zuzurechnen sei, gegen fundamentale Bestimmungen zum Schutz der Anleger verstoßen worden sei. Diese für das Konzessionsverfahren relevanten Vorfragen seien als Hauptfragen von den Gerichten zu klären. Eine schuldhafte Verzögerung durch die Behörde liege dann nicht vor, wenn sie berechtigt gewesen wäre, das Verfahren gemäß § 38 AVG zu unterbrechen. Es werde sohin beantragt, die Säumnisbeschwerde mangels schuldhafter Verzögerung durch die Behörde zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin replizierte; auch die belangte Behörde erstattete unaufgefordert einen weiteren Schriftsatz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aus den Bestimmungen des Art. 132 B-VG und des § 27 VwGG ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß das Recht zur Einbringung einer Säumnisbeschwerde dann nicht besteht, wenn zureichende Gründe für die Nichterledigung des Parteienbegehrens innerhalb von sechs Monaten vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher der Übergang der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof nicht von einer schuldhaften Verzögerung der Behörde abhängig. Auch wenn die Nichterledigung eines Antrages innerhalb der dort genannten Frist der Behörde nicht als Verschulden angerechnet werden kann, besteht beim Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf eine sachliche Erledigung der Säumnisbeschwerde (vgl. hiezu die hg. Beschlüsse vom 30. Mai 1985, Zl. 85/16/0011, und vom 14. April 1989, Zl. 88/17/0240).

Fehl geht in diesem Zusammenhang der Hinweis der belangten Behörde auf die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1969, Slg. Nr. 7632/A, und vom 20. September 1983, Zl. 83/11/0087, wonach eine schuldhafte Verletzung der Entscheidungspflicht der Behörde dann nicht vorliegt, wenn die säumige Behörde berechtigt gewesen wäre, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen. Die belangte Behörde übersieht, daß sich diese Rechtsprechung lediglich auf die Vorschrift des § 73 Abs. 2 AVG betreffend den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (Devolution), nicht jedoch auch auf den Fall einer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bezieht (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Slg. Nr. 12.088/A).

Da die belangte Behörde über den vorliegenden Antrag nicht innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 27 VwGG entschied, ist die Säumnisbeschwerde daher zulässig. Die versäumte Entscheidung wurde von der belangten Behörde auch nach Einbringung der Beschwerde nicht fristgerecht nachgeholt. Dadurch ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen. Da auch in der Folge keine Nachholung des versäumten Bescheides durch die belangte Behörde erfolgte, hatte der Verwaltungsgerichtshof über den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Bankkonzession zu entscheiden.

Gemäß § 4 Abs. 1 KWG bedarf der Betrieb von Bankgeschäften der Konzession des Bundesministers für Finanzen. Die Konzession ist bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erteilen; sie kann mit entsprechenden Bedingungen oder Auflagen versehen werden.

Nach Abs. 2 erster Halbsatz dieser Gesetzesstelle hat der Antrag auf Erteilung einer Konzession alle zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Angaben zu enthalten.

Gemäß § 9 erster Satz leg. cit. dürfen eine Bank und jede nach den §§ 4 und 8 konzessions- oder bewilligungspflichtige Veränderung in das in Betracht kommende öffentliche Register nur dann eingetragen werden, wenn die entsprechenden rechtskräftigen Bescheide in Urschrift oder beglaubigter Abschrift (Kopie) vorliegen.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Partei ist derjenige, der an die Behörde das Verlangen nach Durchführung eines Verfahrens IN SEINER EIGENEN SACHE zur Begründung oder Feststellung eines Rechtes stellt oder gegen den die Behörde ihrerseits ein Verfahren durchführt (vgl. Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren8 I, 109; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 276). Zwar begründet nicht erst der bereits festgestellte, sondern schon der behauptete Rechtsanspruch die Parteistellung, dies jedoch nur dann, wenn die Behauptung MÖGLICHERWEISE RICHTIG sein kann (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, 48, Rz 124 f; Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 204).

Die Konzession nach § 4 KWG ist ein Bescheid im Sinne der §§ 58 ff AVG und der Art. 130, 144 B-VG. Das zur Konzessionserteilung führende Verfahren ist ein durch den Bundesminister für Finanzen durchzuführendes Verwaltungsverfahren, für das das AVG gilt. Partei im Sinne des § 8 AVG ist regelmäßig NUR der Konzessionswerber (Fremuth-Laurer-Pötzelberger-Ruess, Handkommentar zum Kreditwesengesetz2, S. 74). Zwar entstehen in der Regel juristische Personen erst mit der Eintragung in das Firmenbuch (§ 34 Abs. 1 Aktiengesetz in Verbindung mit Art. XXII des Bundesgesetzes über das Firmenbuch, BGBl. Nr. 10/1991), jedoch ergibt sich aus der oben wiedergegebenen Vorschrift des § 9 erster Satz KWG, daß der in Gründung befindlichen Bank auch schon vor dem in § 15 Abs. 2 BGBl. Nr. 10/1991 genannten Zeitpunkt Parteifähigkeit im Konzessionsverfahren zukommen muß (vgl. Fremuth-Laurer-Pötzelberger-Ruess, a.a.O., Seite 79 und FN 13a ebendort; Arnold, Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand und Gewerbeberechtigung, GesRZ 1991, 18, FN 13).

Daraus folgt, daß im Beschwerdefall NUR der Z-AG in Gründung Parteistellung im Verfahren um Erteilung einer Bankkonzession an sie zukommen kann, nicht jedoch auch der Beschwerdeführerin, die im Konzessionsantrag ohne nähere tatsächliche oder rechtliche Darlegungen als "Gründungsgesellschaft" bezeichnet wird. Zwar ist in den Akten des Verwaltungsverfahrens (9. Einlageblatt zu Zl. 23 5000/42-V/13/90) davon die Rede, "direkter Eigentümer" des Z-AG sei die Beschwerdeführerin. Aber selbst wenn damit gemeint sein sollte, daß die Beschwerdeführerin sämtliche Aktien der zu gründenden Z-AG zu übernehmen beabsichtige, so würde dies doch nur ein wirtschaftliches und kein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an der Erteilung einer Bankkonzession an die Z-AG begründen. Bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen jedoch keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (vgl. Walter-Mayer aaO. 46, Rz 120). Angesichts der klaren und unmißverständlichen Formulierung im Antrag vom 29. Mai 1990 ("Namens und

auftrags ... der XY-HOLDING") sowie der Vorlage IHRER Vollmacht

kann auch trotz der später wiederholt verwendeten Formulierung "namens der Konzessionswerberin" nicht davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdevertreter den gegenständlichen Antrag in Wahrheit etwa namens der Z-AG in Gründung einbringen wollte.

Der namens der Beschwerdeführerin für eine dritte Person gestellte Konzessionsantrag war daher zurück- (und nicht etwa ab-)zuweisen, weil er nicht in eigener Sache gestellt wurde und der behauptete Rechtsanspruch daher nicht gegeben sein konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Fälle des § 55 Abs. 2 oder 3 VwGG liegen nicht vor. Die belangte Behörde hat nicht behauptet, daß sie der Beschwerdeführerin VOR Einbringung der Säumnisbeschwerde die Gründe bekanntgegeben hätte, die nach ihrer Auffassung ihr eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich gemacht hätten. Es ist auch aus der Aktenlage nicht erkennbar, daß die Verzögerung der behördlichen Entscheidung ausschließlich (oder auch nur zum Teil) auf das VERSCHULDEN der Beschwerdeführerin zurückzuführen war. Vielmehr geht aus dem Akteninhalt hervor, daß seit 5. Mai 1992 keinerlei behördliche Tätigkeit in dieser Angelegenheit mehr entfaltet, sondern der Akt "eingelegt" wurde. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil eine Verhandlung nicht stattgefunden hat.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte