Normen
EStG 1972 §3 Z11 lita;
EStG 1972 §78 Abs1;
VwRallg;
EStG 1972 §3 Z11 lita;
EStG 1972 §78 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
In den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erliegt eine Anfrage an das Bundesministerium für Finanzen, der folgender Entwurf einer Betriebsvereinbarung angeschlossen war:
"Betriebsvereinbarung
über die vorzeitige Auszahlung des Jubiläumsgeldes, abgeschlossen entsprechend der Empfehlung der Kollektivvertragspartner gemäß § 97 Abs. 1 Ziff 15 ArbVG zwischen der ..., vertreten durch die Geschäftsleiter einerseits und dem Betriebsrat der ..., andererseits.
1. Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter
der ..., die spätestens am 31.12.1988 20 bis 24 Dienstjahre
in der genannten ... verbracht haben.
2. Die im Pkt. 1 genannten Mitarbeiter haben das Recht bis
längstens 31. Oktober 1988 an die Geschäftsleitung einen
Antrag zu stellen, das ihnen gemäß § 20 des
Kollektivvertrages für die Angestellten der ... bei einer
25-jährigen Betriebszugehörigkeit zustehende Jubiläumsgeld
vorzeitig auszuzahlen.
3. Die Auszahlung erfolgt mit dem Dezembergehalt, soferne die
Mitarbeiter folgende Erklärung abgeben:
a) Der Mitarbeiter nimmt zur Kenntnis und ist damit
einverstanden, daß ihm das gemäß § 20 KV für die
Angestellten der ... nach 25-jähriger
Betriebszugehörigkeit zustehende Jubiläumsgeld von
1 1/2 Monatsgehältern vorzeitig ausbezahlt wird und
daher bei Erreichen von 25 Dienstjahren kein
Jubiläumsgeld mehr gebührt.
- b) Mitarbeiter die vor Vollendung des 25. Dienstjahres
aus dem Dienst der ... ausscheiden, sind verpflichtet,
das vorzeitig ausbezahlte Jubiläumsgeld zurückzuzahlen.
- 4. Die Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung ist mit 31.12.1988 befristet."
Das Bundesministerium für Finanzen vertrat in einer Mitteilung vom 5. September 1988, GZ. Ö 46/23/1-IV/7/88, mit näherer Begründung die Auffassung, die vorzeitige Auszahlung von Jubiläumsgeldern könne nicht zu einer steuerlichen Begünstigung führen.
Bei einer im Jahre 1991 bei der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Lohnzahlungszeiträume vom 1. Jänner 1986 bis 31. Dezember 1990 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, daß Arbeitnehmer, die im Jahre 1989 ihr 25- oder 35-jähriges Dienstjubiläum feierten, Jubiläumsgelder bereits 1988 "vorgezogen" bekamen. Dabei sei die Steuerbegünstigung nach § 3 Z. 11 EStG 1972 in Anspruch genommen worden. Der Prüfer versagte diese Begünstigung und forderte Lohnsteuer im Ausmaß von S 959.889,-- nach.
In der Berufung gegen den entsprechend dem Ergebnis der Lohnsteuerprüfung erlassenen Haftungsbescheid wurde ausgeführt, einzige Voraussetzung der Steuerbegünstigung sei der Zusammenhang der Festgabe mit einem zumindest 20-jährigen Arbeitnehmerjubiläum. Die Auszahlung in - wenn auch nur einmaliger - Abkehr von der bisherigen Anspruchsregelung könne nicht schädlich sein. Im Hinblick auf das "Auslaufen" des § 3 Z. 11 EStG 1972 sei es zu einer Auszahlung der Festgabe bereits im 24. bzw. 34. Dienstjahr gekommen. Dieser Weg sei gesetzeskonform, weil die Begünstigung für jeden Arbeitnehmer ohnedies nur einmal vorgesehen sei und das Gesetz im Hinblick auf den Regelungszweck nur eine Untergrenze normiert habe.
Die Berufung wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid betreffend "Nachforderung an Lohnsteuer, an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Vorschreibung eines Säumniszuschlages auf Grund der Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum 1. Jänner 1986 bis 31. Dezember 1990" (richtig: Haftung für Lohnsteuer) als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde verwies in ihrer Begründung im wesentlichen auf die vom Bundesministerium für Finanzen erteilte Rechtsauskunft.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen
inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem ersten Halbsatz des - letztmalig auf Lohnzahlungszeiträume, die vor dem 1. Jänner 1989 endeten (vgl. § 125 Z. 2 EStG 1988), anzuwendenden - § 3 Z. 11 lit. a EStG 1972 waren Jubiläumsgeschenke an Arbeitnehmer steuerfrei, wenn sie
anläßlich eines Arbeitnehmerjubiläums gegeben werden und
- aa) 12.000 S nicht übersteigen und deshalb gegeben werden, weil der Arbeitnehmer insgesamt 20 bis 29 Jahre bei dem Arbeitgeber beschäftigt war,
- bb) 15.000 S nicht übersteigen und deshalb gegeben werden, weil der Arbeitnehmer insgesamt 30 bis 39 Jahre bei dem Arbeitgeber beschäftigt war,
- cc) 18.000 S nicht übersteigen und deshalb gegeben werden, weil der Arbeitnehmer insgesamt mindestens 40 Jahre bei dem Arbeitgeber beschäftigt war.
Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, daß es nach dieser Gesetzesstelle den jeweils in Betracht kommenden Vertragspartnern eines Dienstverhältnisses bzw. einer arbeitsverfassungsrechtlichen Vereinbarung freisteht, innerhalb der in den einzelnen sublitterae genannten Zeiträumen ein bestimmtes Jahr als Jubiläumsjahr auszuwählen. Auch gegen eine Änderung des jeweiligen Jubiläumsjahres bestehen an sich keine Bedenken. Im Streitfall ist jedoch davon auszugehen, daß durch die in Rede stehende Betriebsvereinbarung eine Änderung des im Kollektivvertrag vereinbarten Jubiläumsjahres gar nicht eingetreten ist, zumal sie für alle Mitarbeiter galt, die bis zum 31. Dezember 1988 20 bis 24 (30 bis 34) Dienstjahre aufwiesen. Vielmehr war für die Leistung des Jubiläumsgeschenkes - unverändert im Verhältnis zu den Vereinbarungen im Kollektivvertrag - das Erreichen einer Dienstzeit von 25 bzw. 35 Jahren kausal. Dies geht unzweideutig daraus hervor, daß in der Betriebsvereinbarung von einer vorzeitigen Auszahlung des nach 25- (35-)jähriger Betriebszugehörigkeit zustehenden Jubiläumsgeldes die Rede ist und daß bei einem Ausscheiden vor dem 25. (35.) Dienstjahr eine ausdrückliche Verpflichtung zur Rückzahlung des "vorzeitig ausbezahlten Jubiläumsgeldes" bestand. Aus diesen Bestimmungen der Betriebsvereinbarung folgt damit weiters, daß es sich bei den streitgegenständlichen Leistungen des Arbeitgebers lediglich um Vorschüsse - somit um Geldbeträge, die jemandem vorausbezahlt werden, obgleich er erst später Anspruch darauf hat (vgl. die Entscheidung des OGH vom 26. Juni 1991, 1 Ob 557/91) - auf die erst in den Jahren nach 1988 entstehenden Ansprüche auf Leistung eines Jubiläumsgeldes gehandelt hat. Derartige Vorschüsse auf Teile des Arbeitslohnes unterliegen aber nicht bereits im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Auszahlung dem Steuerabzug vom Arbeitslohn, sondern vielmehr erst in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf den Teil des Arbeitslohnes entsteht, hier also im Zeitpunkt des Erreichens des im Kollektivvertrag vereinbarten Jubiläumsjahres.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der angefochtene Bescheid ist der Beschwerde nur im einfachen Ausmaß beizuschließen, sodaß der Ersatz der Beilagengebühr nur S 60,-- beträgt.
- 4. Die Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung ist mit 31.12.1988 befristet."
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