VwGH 92/10/0100

VwGH92/10/010025.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der XY-GmbH in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. November 1991, Zl. 18.326/32-I A 8/91, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs4 litb;
ForstG 1975 §1 Abs4 litd;
ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §1 Abs4 litb;
ForstG 1975 §1 Abs4 litd;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. August 1990 stellte die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Forstgesetzes 1975 (in der Folge: ForstG) fest, daß bestimmte Teile von im Eigentum der beschwerdeführenden Gesellschaft befindlichen, im angeschlossenen Lageplan ersichtlichen Grundstücken (insgesamt 5,2516 ha) Wald im Sinne des § 1 ForstG seien.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 17. September 1991 keine Folge gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde auch der Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes keine Folge gegeben. Die belangte Behörde schloß sich in der Begründung ihres Bescheides vollinhaltlich den Ausführungen des Landeshauptmannes an, wonach die gegenständlichen Grundflächen vor dem Jahre 1975 - also vor mehr als zehn Jahren - mit forstlichem Bewuchs aufgeforstet worden seien, eine den forstwirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende Pflanzenanzahl verwendet worden sei und die Überschirmung 80 bis 100 % betrage; weiters wiesen die gegenständlichen Grundflächen eine Größe von mehr als 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von mehr als 10 m auf. Für die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs. 4 ForstG hätten sich im Ermittlungsverfahren keine Anhaltspunkte ergeben. Dabei wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 4 lit. b leg. cit. schon deshalb keine Anwendung finde, weil es sich bei der Grundfläche mit einem Ausmaß von über 5 ha nicht um eine Fläche "geringeren Ausmaßes" handle und darüber hinaus nach den Feststellungen des forsttechnischen Amtssachverständigen ein dichtes, über einen parkmäßigen Aufbau des Bewuchses hinausgehendes Bestandesgefüge gegeben sei. Dem Umstand, daß die beschwerdeführende Partei bei Anpflanzung des Bewuchses andere als forstliche Ziele im Auge gehabt habe, komme im Hinblick auf die genannten Gesetzesbestimmungen keine entscheidungsrelevante Bedeutung zu.

Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den VfGH erhoben, der den Antrag auf Aufhebung der §§ 1, 4, 33 und 34 des Forstgesetzes 1975 zurückwies, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abtrat, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch den Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sei.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 1, 4 und 5 ForstG lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sind mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

(2) ...

(3) ...

(4) Nicht als Wald im Sinne des Abs. 1 gelten

  1. a) unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Grundflächen, die nicht forstlich genutzt werden und deren das Hiebsunreifealter übersteigender Bewuchs eine Überschirmung von drei Zehnteln nicht erreicht hat,
  2. b) bestockte Flächen geringeren Ausmaßes, die infolge des parkmäßigen Aufbaues ihres Bewuchses überwiegend anderen als Zwecken der Waldwirtschaft dienen,
  3. c) forstlich nicht genutzte Strauchflächen mit Ausnahme solcher, die als Niederwald bewirtschaftet wurden oder für welche die Schutzwaldeigenschaft festgestellt (§ 23) oder die Bannlegung ausgesprochen (§ 30) wurde,
  4. d) Baumreihen, soweit es sich nicht um Windschutzanlagen (§ 2 Abs. 3) handelt,
  5. e) bestockte Flächen, die dem unmittelbaren Betrieb einer im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestehenden Eisenbahn dienen,
  6. f) Grenzflächen im Sinne des § 1 Z. 2 des Staatsgrenzengesetzes, BGBl. Nr. 9/1974, soweit sie auf Grund von Staatsverträgen, die die Vermessung und Vermarkung der Staatsgrenze regeln, von Bewuchs freizuhalten sind.

Die Bestimmungen der §§ 43 bis 46 sowie jene der §§ 83

und 84 finden Anwendung.

...

Neubewaldung

§ 4. (1) Grundflächen, die bisher nicht Wald waren, unterliegen im Falle der Aufforstung (Saat oder Pflanzung) nach Ablauf von zehn Jahren ab deren Durchführung, im Falle der Naturverjüngung nach Erreichen einer Überschirmung von fünf Zehnteln ihrer Fläche, den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes; die Bestimmungen des IV. Abschnittes sind jedoch bereits ab dem Vorhandensein des Bewuchses anzuwenden.

...

Feststellungsverfahren

§ 5. (1) Bestehen Zweifel, ob

  1. a) eine Grundfläche Wald ist oder
  2. b) ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutzanlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt,

    so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 2 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen. ..."

Nach Lage der Verwaltungsakten gehören sämtliche der im Bescheid angeführten Grundstücke zu einem Betriebsareal, auf welchem die beschwerdeführende Partei die industriemäßige Herstellung von Munition betreibt. Unbestritten ist, daß die beschwerdeführende Partei auf diesem Areal "aus sicherungstechnischen Gründen" vor mehr als zehn Jahren Aufforstungen durchgeführt hat. Der Sicherungszweck lag unter anderem darin, den Betrieb vor Funkenflug, einer raschen Feuerausbreitung und ähnlichem bzw. die Anrainerschaft des Betriebes vor produktionsbedingten Gefahren zu schützen.

Wenn in der Beschwerde behauptet wird, es mangle an Sachverhaltsfeststellungen, wonach es sich bei den gegenständlichen Flächen überhaupt um Wald im Sinne des § 1 Abs. 1 ForstG handle, so kann ihr dabei nicht gefolgt werden:

Bereits aus der Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz ergibt sich nämlich, daß die streitgegenständliche Fläche aus zusammenhängenden, mit forstlichem Bewuchs bestockten Flächen von (insgesamt) mehr als 1.000 m2 bei einer durchschnittlichen Breite von mehr als 10 m besteht. Daß Baumstämme keine größeren Entfernungen voneinander als 10 m ausweisen dürften, um den forstgesetzlichen Bestimmungen zu unterliegen, wie unter Hinweis auf Kalss, Forstrecht (1990), Seite 11, behauptet wird, ist dem Forstgesetz nicht zu entnehmen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 19. Dezember 1994, Zl. 93/10/0076).

In der Beschwerde wird ferner die Auffassung vertreten, die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 4 lit. b ForstG habe zu Unrecht keine Anwendung gefunden. Begründet wird dies im wesentlichen damit, die unregelmäßige Gestaltung der Flächen hätte es erforderlich gemacht, sich differenziert mit den einzelnen Flächen auseinanderzusetzen. Wären einzelne Teile davon von parkähnlichem Bewuchs, so seien diese gesondert als Flächen im Sinne des § 1 Abs. 4 lit. b ForstG zu qualifizieren. Daß die (gesamte) Grundfläche ein Ausmaß von über 5 ha aufweise und somit keine Fläche "geringeren Ausmaßes" darstelle, genüge zur Verneinung des Ausnahmetatbestandes des § 1 Abs. 4 lit. b leg. cit. nicht.

Ein parkmäßiger Aufbau des Bewuchses im Sinne der genannten Bestimmung setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen eines (von Menschenhand) - unter Zuhilfenahme verschiedener, nicht nur in der Anpflanzung von Forstpflanzen gelegener Gestaltungsmittel - angelegten "Landschaftsgartens" voraus (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Dezember 1994, Zl. 91/10/0166). Für das Vorliegen eines solchen Aufbaues des Bewuchses bieten allerdings weder das von der beschwerdeführenden Partei der Behörde erster Instanz vorgelegte Privatgutachten noch die amtlichen Sachverständigengutachten irgend einen Hinweis. Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie die Anwendung des § 1 Abs. 4 lit. b ForstG im Beschwerdefall verneinte.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die beschwerdeführende Partei vor, daß eine genaue planliche Ermittlung jener Flächen, die als Wald festgestellt worden seien, nicht erfolgt sei. Der dem Bescheid der Behörde erster Instanz angeschlossene Lageplan weise die Flächen nur skizzenhaft aus. Eine auch nur annähernd genaue Vermessung sei diesen Darstellungen nicht zugrundegelegt worden. Im amtlichen Gutachten vom 8. Jänner 1991 werde diesbezüglich von "abgerundeten Angaben" gesprochen, weil eine exakte Vermessung nur mit einem Spezialinstrument seitens eigens ausgebildeter Organe des Vermessungswesens durchgeführt werden könnte. Es sei allerdings keinesfalls einzusehen, weshalb nicht schon dem vorliegenden Bescheid derartige exakte Vermessungen zugrundegelegt worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden - in Bestätigung der Entscheidungen der Unterinstanzen - bestimmte Teile von im Eigentum der beschwerdeführenden Partei befindlichen Grundstücken als Wald im Sinne des § 1 ForstG festgestellt. Dabei hat bereits die Behörde erster Instanz die betroffenen Grundstücke nach Einlagezahl sowie Gesamt- und Waldfläche im einzelnen aufgelistet und die Waldflächen im angeschlossenen Lageplan (durch grüne Färbung) ersichtlich gemacht. Zu diesem Ergebnis gelangte sie im wesentlichen aufgrund der sachverständigen Auswertung von Luftbildaufnahmen aus dem Jahre 1987 und 1989. In den Verwaltungsakten findet sich dazu der entsprechende Lageplan (Maßstab 1 : 2000), in dem die Waldflächen auf den nach Grundstücksnummer und Einlagezahl bestimmten Grundstücken ersichtlich gemacht sind. Aus diesem Lageplan ergibt sich, daß es sich bei den als Wald festgestellten Grundflächen um durchwegs größere, zuammenhängende Flächen handelt, die bei weitem das in § 1 Abs. 1 ForstG genannte Ausmaß überschreiten. Die beschwerdeführende Partei konnte bei dieser Sachlage die Feststellungen der Behörde im einzelnen nachvollziehen und ihnen durch ein entsprechend konkretisiertes Vorbringen entgegentreten. Die von der beschwerdeführenden Partei geforderte "exakte Vermessung" war daher weder unter Gesichtspunkten des Rechtsschutzes noch im Hinblick auf die Lage der Grundstücke geboten.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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