Normen
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
Spruch:
Die beiden Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund für jeden der beiden verbundenen Beschwerdefälle Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- (insgesamt somit S 6.070,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof hat die vorliegenden beiden Beschwerdefälle wegen ihrer völlig gleichartigen Lagerung zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Beschwerdeführerin stellte am 16. September 1992 beim Arbeitsamt Bau-Holz zwei Anträge auf Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen für den slowakischen Staatsbürger M (hg. Zl. 92/09/0393) und für den kroatischen Staatsbürger A (hg. Zl. 92/09/0394) als Anlernlinge in ihrem Gerüstverleihbetrieb.
Diese beiden Anträge wies das Arbeitsamt mit seinen Bescheiden vom 2. Oktober 1992 gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab. Begründend führte das Arbeitsamt aus, auf Grund der Ergebnisse "des Ermittlungsverfahrens" sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Bauhelfer Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen; es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligungen. Außerdem habe der Vermittlungsausschuß die Erteilung dieser Bewilligungen nicht befürwortet, und es habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihren dagegen erhobenen, in beiden Fällen völlig gleichlautenden Berufungen machte die Beschwerdeführerin geltend, sie habe ständig einen Vermittlungsauftrag beim Arbeitsamt vorgemerkt. Die ihr vermittelten Personen seien jedoch nicht bereit, ein Dienstverhältnis einzugehen, und würden offenbar lieber weiterhin Arbeitslosengeld beziehen. Das AuslBG müsse dahin ausgelegt werden, daß zu vermittelnde Personen, die nicht wirklich bereit seien, einer Beschäftigung nachzugehen, gegenüber arbeitsbereiten Ausländern nachrangig seien. Die beiden von der Beschwerdeführerin gewünschten Ausländer seien bereit und willens, ab sofort ihre Tätigkeit aufzunehmen.
Diesen Berufungen gab die belangte Behörde ohne weitere Verfahrensschritte mit den beiden nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 12. November 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und 6 sowie § 13a AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge.
Dazu führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen aus, für das Kalenderjahr 1992 sei die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. November 1991, BGBl. Nr. 598/1991, festgesetzte Landeshöchstzahl für Wien seit Beginn des Jahres 1992 weit überschritten. Es seien daher die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligungen nach § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Werde ein Ausländer mit geringerem Integrationsgrad als gemäß § 4b AuslBG beantragt, sei zu prüfen, ob vorrangige Arbeitskräfte in der dort normierten Reihenfolge zur Verfügung stünden. Eine Überprüfung der Lage auf dem relevanten Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte aus der vorerwähnten Personengruppe zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes der Beschwerdeführerin zur Verfügung stünden. Somit sei gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG die Bewilligung im Hinblick auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht zulässig, wobei die in den Berufungen erwähnten mißlungenen Vermittlungsversuche schon im Hinblick darauf, daß solche Vermittlungen an die Beschwerdeführerin in anderen Fällen erfolgreich gewesen seien, am Vorhandensein geeigneter Ersatzarbeitskräfte nichts zu ändern vermöchten. Eine weitere Ersatzkraftstellung aus dem Personenkreis des § 4b AuslBG sei jederzeit realisierbar. Dazu komme, daß im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG gesetzliche Ausnahmebestimmungen anzuwenden seien, doch seien weder "im Ermittlungsverfahren" Gründe festgestellt noch in den Berufungen von der Beschwerdeführerin vorgebracht worden, die unter einen berücksichtigungswürdigen Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zu subsumieren gewesen wären. Die Voraussetzungen zur Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligungen seien daher nicht erfüllt.
Gegen diese beiden Bescheide richten sich die vorliegenden, wörtlich übereinstimmenden Beschwerden. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung der beiden beantragten Beschäftigungsbewilligungen verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und zu jeder der beiden Beschwerden eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die angefochtenen Bescheide auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG in der in den Beschwerdefällen anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerden.
Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber in der Regel einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer einen Befreiungsschein besitzt. Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG im allgemeinen zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes iSd § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistung aus der Arbeitslosenversicherung etc.) vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179).
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
- 1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
- 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
- a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
- b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
- c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
- d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
- 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
- 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Sowohl das Arbeitsamt als auch die belangte Behörde haben festgestellt, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist und somit die Voraussetzungen für die Anwendung des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG vorliegen. Dagegen hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren, insbesondere auch in ihren Berufungen, nichts vorgebracht. Sie wäre aber, weil durch die im Verordnungswege festgesetzte Landeshöchstzahl der ohne weiteres vertretbare Anteil von Ausländern begrenzt ist, gehalten gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im ERSCHWERTEN Verfahren des § 4 Abs. 6 AuslBG maßgebend hätten sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0284).
In ihren Beschwerden führt die Beschwerdeführerin zur Anwendung des § 4 Abs. 6 AuslBG aus, die belangte Behörde habe das Parteiengehör zweifach verletzt, weil sie der Beschwerdeführerin keine Gelegenheit gegeben habe, zur Beschlußfassung des Vermittlungsausschusses Stellung zu nehmen bzw. das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG nachzuweisen. Dieser Vorwurf geht schon deshalb ins Leere, weil bereits das Arbeitsamt in erster Instanz seine ablehnenden Bescheide auf die fehlende Befürwortung des Vermittlungsausschusses und auf das Fehlen der in § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen gestützt, und die Beschwerdeführerin die Gelegenheit versäumt hat, dazu in ihren Berufungen ein zielführendes Vorbringen zu erstatten. Auch in ihren Beschwerden läßt die Beschwerdeführerin nicht erkennen, was sie zur Beschlußfassung des Vermittlungsausschusses vorzutragen verabsäumt hätte. Erstmals in den Beschwerden bringt die Beschwerdeführerin vor, § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG müsse weit ausgelegt werden, "d.h. die beantragte Hilfskraft ist für die Erhaltung der Arbeitsplätze im Betrieb der Antragstellerin unbedingt erforderlich"; durch die Vorgangsweise der eingeschrittenen Behörden sei der Betrieb der Beschwerdeführerin konkret gefährdet und allenfalls zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens gezwungen. Auf dieses im Verwaltungsverfahren verabsäumte Tatsachenvorbringen kann der Verwaltungsgerichtshof jedoch infolge des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG herrschenden Neuerungsverbotes nicht eingehen. Ebensowenig vermag der in den Beschwerden aufgezeigte Umstand, daß Konkurrenzbetriebe sich durch Nichteinhaltung der Bestimmungen des AuslBG wirtschaftliche Vorteile verschafften, in rechtlicher Hinsicht die fehlenden Voraussetzungen für die beantragten Beschäftigungsbewilligungen zu ersetzen.
Die von der belangten Behörde bestätigte Ablehnung der beiden Anträge der Beschwerdeführerin erweist sich daher im Grunde des § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzgemäß, weshalb es eines weiteren Eingehens auf das von der Beschwerdeführerin zu § 4 Abs. 1 AuslBG, insbesondere zur Frage der Ersatzkraftstellung, erstattete Vorbringen nicht mehr bedurfte.
Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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