VwGH 92/09/0107

VwGH92/09/010725.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 26. Februar 1992, Zl. 632.239/2-2a/92, betreffend Nichterteilung eines Befreiungsscheines nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §3 idF 1990/450;
VwRallg;
AuslBG §15 Abs1 Z1 idF 1990/450;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §3 idF 1990/450;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte das im Devolutionswege angerufene Landesarbeitsamt Wien mit Bescheid vom 23. August 1991 den Antrag des Beschwerdeführers vom 27. August 1990, in dem er sich als freiberuflich tätiger Kolporteur der Tageszeitung "KURIER" bezeichnete, auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 i.d.F. des BGBl. Nr. 450/1990 (AuslBG), mit der Begründung abgewiesen, die genannte Gesetzesstelle stelle auf eine Beschäftigung des Ausländers im Bundesgebiet gemäß diesem Bundesgesetz ab und verweise dabei auf § 2 Abs. 2. Nach der zuletzt zitierten Bestimmung gelte als Beschäftigung, soweit für die Beschwerde von Bedeutung, die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis oder
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt werde.

    Selbst wenn der Beschwerdeführer seit 17. Juni 1981 in Österreich aufhältig und freiberuflich als Zeitungskolporteur tätig sein sollte, so seien die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Befreiungsscheines nicht erfüllt. Die Tätigkeit eines Kolporteurs sei keine Beschäftigung im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Es liege weder ein Arbeitsverhältnis noch ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vor. Aus diesem Grunde würden auch keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt. Auch gebe es im Ausländerbeschäftigungsgesetz keine Ausnahmen oder Sonderregelungen für diese Tätigkeit.

Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführers, in der er sich unter Hinweis auf Arb. 10.019 als arbeitnehmerähnliche Person qualifizierte, gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG keine Folge und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG aus, Grundlage für die Erteilung eines Befreiungsscheines nach dieser Bestimmung könne nur eine behördlich genehmigte und nicht eine tatsächliche Beschäftigung sein. Als Beschäftigung gelte gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG ua die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, nicht aber eine selbständige Tätigkeit. Als Beschäftigungszeiten i.S.d. § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG könnten somit weder Zeiten einer selbständigen Tätigkeit noch solche einer Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis ohne Einhaltung der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und 2 AuslBG, wonach eine Beschäftigung durch einen Ausländer nur angetreten und ausgeübt werden dürfe, wenn für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitze, angesehen werden. Im Beschwerdefalle lägen solche Beschäftigungszeiten nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Gerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in dem Recht auf Ausstellung eines Befreiungsscheines verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe in ihrer Entscheidung keinen Bezug auf § 2 Abs. 1 ArbGG genommen. Diese Bestimmung sei jedenfalls zu berücksichtigen bei der Beurteilung, ob es sich bei der von ihm ausgeübten Beschäftigung um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt. Mit der Arbeitnehmerähnlichkeit seiner Beschäftigung setze sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinander. Die belangte Behörde hätte Feststellungen darüber treffen müssen, warum ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis in der von ihm ausgeübten Beschäftigung nicht zu erblicken sei. Zudem leide der angefochtene Bescheid an wesentlichen Begründungsmängeln.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß dem zur Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides erhobenen § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG ist einem Ausländer auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn der Ausländer während der letzten acht Jahre vom Zeitpunkt der Antragseinbringung zurückgerechnet mindestens fünf Jahre im Bundesgebiet gemäß diesem Bundesgesetz beschäftigt (§ 2 Abs. 2) war.

Der Gesetzgeber bedient sich in dieser Bestimmung jener Rechtsetzungstechnik (arg.: "... ist auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen ..."), mit der in der Gesetzessprache typischerweise eine Behördenzuständigkeit zur Entscheidung im Rahmen gesetzlicher Gebundenheit zum Ausdruck gebracht wird. Nach dem sohin jeden Zweifel ausschließenden Wortlaut dieser Gesetzesstelle erwächst dem Antragsteller unter der rechtserheblichen Voraussetzung, daß die Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) mit den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Einklang stand (arg.: "gemäß diesem Bundesgesetz beschäftigt"), einen Rechtsanspruch auf Stattgebung seines Antrages.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, daß eine der von § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG geforderten rechtserheblichen Tatsachen nicht gegeben ist, weil die Beschäftigung des Beschwerdeführers nicht behördlich genehmigt war. Sie verneint damit die rechtliche Möglichkeit, auf der Grundlage des Gesetzes den beantragten Befreiungsschein zu erteilen.

Diese Auffassung der belangten Behörde erweist sich als nicht rechtswidrig.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Dezember 1986, VwSlg. 12.353/A, eingehend dargelegt hat, folgt aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen der §§ 3 und 15 AuslBG, daß Grundlage für die Erteilung eines Befreiungsscheines NUR EINE BEHÖRDLICH GENEHMIGTE BESCHÄFTIGUNG des Ausländers sein kann.

Die belangte Behörde geht daher im angefochtenen Bescheid zu Recht davon aus, daß die Voraussetzungen für die Erteilung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG nicht vorgelegen sind, weil die bisherige Beschäftigung des Beschwerdeführers als Zeitungskolporteur behördlich nicht genehmigt war. Dieser den angefochtenen Bescheid stützenden Sachverhaltsannahme vermag der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Im Rahmen seiner im Administrativverfahren abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 13. Feber 1992 brachte der Beschwerdeführer zum diesbezüglichen Vorhalt der belangten Behörde überhaupt nichts vor. Da es sohin an einer gemäß § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG rechtserheblichen Tatsache als Voraussetzung für die Erteilung eines Befreiungsscheines gebricht, kann das weitere Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe sich mit der arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit eines Zeitungskolporteurs (vgl. dazu VwSlg. 6646/A) nicht auseinandergesetzt, unerörtert bleiben, weil nur eine erlaubte und nicht eine tatsächliche unselbständige Tätigkeit (Beschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 2 AuslBG) Tatbestandsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. für die Erteilung eines Befreiungsscheines ist.

Der in der Beschwerde geltend gemachte Begründungsmangel, dem angefochtenen Bescheid sei der Grund für die Ablehnung nicht zu entnehmen, ist nicht gegeben.

Damit erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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