Normen
AlVG 1977 §17 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs2 litc;
AlVG 1977 §33 Abs4;
AlVG 1977 §36;
AlVG 1977 §38;
B-VG Art130 Abs2;
NotstandshilfeV §6 Abs4;
VwRallg;
AlVG 1977 §17 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs2 litc;
AlVG 1977 §33 Abs4;
AlVG 1977 §36;
AlVG 1977 §38;
B-VG Art130 Abs2;
NotstandshilfeV §6 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der seit mehreren Jahren im Bezug der Notstandshilfe stehende Beschwerdeführer beantragte am 20. Oktober 1987 per 22. Oktober 1987 neuerlich die Gewährung von Notstandshilfe.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 1987 sprach das Arbeitsamt Versicherungsdienste aus, daß dem Beschwerdeführer ab 22. Oktober 1987 Notstandshilfe in der Höhe von täglich S 183,70 gebührte.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß die Vorschriften betreffend die Anrechnung der Notstandshilfe eines Gatten erst mit 1. Juli 1987 in Kraft getreten und somit auf die von ihm bereits seit 21. März 1983 bezogene Notstandshilfe nicht anwendbar seien. Weiters machte er geltend, daß er vor seiner unverschuldeten Arbeitslosigkeit ein Bauvorhaben in Auftrag gegeben habe und dafür monatliche Darlehensraten von S 3.400,-- zu entrichten habe.
Die Entscheidung darüber oblag dem Leiter der belangten Behörde. Die Zuständigkeit des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides hätte auf § 56 Abs. 3 AlVG 1977, BGBl. Nr. 609 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 61/1983, beruht. Diese Gesetzesbestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 28. Juni 1991, G 295/90 und Folgezahlen, über Antrag des Verwaltungsgerichtshofes (auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdeverfahrens) als verfassungswidrig aufgehoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab das Landesarbeitsamt Wien (die belangte Behörde) der Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Die belangte Behörde zitierte die angewendeten Gesetzesbestimmungen und legte die unbestrittenen Sachverhaltsannahmen ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde. Diesbezüglich vertrat sie der Sache nach die Auffassung, daß die Anrechnung der Notstandshilfe der Gattin des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 6 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973, in der Fassung der am 29. August 1987 in Kraft getretenen Verordnung BGBl. Nr. 417/1987, die auf Grund des (mit der am 1. Juli 1987 in Kraft getretenen Novelle, BGBl. Nr. 290/1987) dem § 36 Abs. 2 AlVG angefügten Satzes erlassen worden sei, zu Recht vorgenommen worden sei. In diesem Gesetz seien keine Übergangs- bzw. Ausnahmebestimmungen enthalten, sodaß es für alle Normadressaten seither verbindlich sei. Da der Beschwerdeführer eine Wohnung besitze, stelle "die Errichtung seines Wohnhauses keinen primären Wohnbedarf" dar, weshalb eine Erhöhung der im § 6 Abs. 3 NHV angeführten Freigrenzen abgelehnt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den Bescheid aus diesem Grund aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet mit Recht nicht mehr die grundsätzliche Zulässigkeit der Anrechnung der Notstandshilfe seiner Gattin unter dem Gesichtspunkt des zeitlichen Geltungsbereiches des § 6 Abs. 4 NHV. Der Abspruch über Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung ist zeitraumbezogen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, Zl. 91/08/0036, betreffend Notstandshilfe). Daher hatte die belangte Behörde die im jeweiligen Zeitraum der Leistungsgewährung geltende Fassung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609, bzw. der Notstandshilfe-Verordnung, BGBl. Nr. 352/1973, anzuwenden.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen ihm gemäß § 6 NHV in Verbindung mit § 36 AlVG zukommenden Rechten verletzt. Bei der Anrechnung des Einkommens seiner Gattin sei der Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 4 NHV gegeben. Die belangte Behörde hätte daher die Anrechnung dergestalt vornehmen müssen, daß für die monatlichen Rückzahlungsraten von S 3.400,-- für das Bausparkassendarlehen die 50 %ige Erhöhung der im Abs. 3 der vorzitierten Verordnungsstelle angeführten Einkommensgrenzen bei der Ermittlung seines Notstandshilfebezuges zugrunde gelegt werde. Auf seiner ererbten Liegenschaft habe er im August 1982 die Errichtung eines Einfamilienhauses in Auftrag gegeben. Die Finanzierung erfolge durch ein Bausparkassendarlehen von insgesamt S 980.000,--, wofür er monatliche Rückzahlungsraten in Höhe von S 3.400,-- zu bezahlen habe. Er bewohne derzeit mit seiner Gattin eine Untermietwohnung mit einer Fläche von ca. 50 m2, die sowohl im Hinblick auf die Rechtsnatur einer Untermiete als auch auf Grund ihrer Größe für die Gründung einer Familie völlig unzureichend und ungeeignet sei. Die Meinung der belangten Behörde, daß die Errichtung seines Wohnhauses keinen primären Wohnbedarf darstelle, sei unzutreffend. Das Land Niederösterreich habe ihm die Wohnbauförderung bewilligt, wobei Bedingung für die Erteilung einer derartigen Bewilligung sei, daß die Errichtung des Eigenheimes zur Schaffung eines Hauptwohnsitzes diene, wie dies auch tatsächlich der Fall sei. Seine Gattin sei Geburtsjahrgang 1957 und daher durchaus in der Lage, Kinder zu gebären. Für seine Familiengründung sei daher die Benützung der Untermietwohnung auf Dauer unzumutbar. In der Gegenäußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer dazu ergänzend aus, daß eine Untermiet- oder Mietwohnung kein eigenes Obdach im Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und der Notstandshilfeverordnung sei. Das eigene Obdach werde ja gerade erst geschaffen, daher habe die Einstellung der Zahlungsverpflichtungen den Verlust des in Errichtung befindlichen eigenen Obdaches zur Folge.
Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen.
§ 6 Abs. 4 NHV in der anzuwendenden Stammfassung lautet:
"(4) In berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Krankheit in der Familie, Aufwendungen aus Anlaß einer Schwangerschaft oder einer Niederkunft, Aufwendungen aus Anlaß von Todesfällen in der Familie, Rückzahlungsverpflichtungen für Darlehen, die aus Anlaß der Gründung eines Hausstandes oder zur Beschaffung einer Wohnung aufgenommen worden sind, besondere Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens, können die im Abs. 3 angeführten Einkommensgrenzen bis zu 50 v.H. erhöht werden."
Die Berücksichtigungswürdigkeit nach § 6 Abs. 4 NHV gestattet keine Ermessensentscheidung. Es handelt sich hiebei vielmehr um einen sogenannten unbestimmten Gesetzesbegriff, der Gebundenheit der Behörde nach sich zieht. Liegt daher Berücksichtigungswürdigkeit vor, ist die Möglichkeit zur Erhöhung der Freigrenze gegeben, wobei es - erst hier - im Ermessen der Behörde steht, ob bei Geltendmachung erhöhter Aufwendungen die Freigrenze um 50 % oder darunter erhöht wird. Für das Ausmaß der Erhöhung ist die Höhe der berücksichtigungswürdigen Aufwendungen maßgebend. Wenn diese Aufwendungen 50 % der Freigrenze übersteigen, kann nur maximal um 50 %, andernfalls höchstens um den Betrag der Aufwendungen erhöht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 92/08/0011). Die Aufzählung der berücksichtigungswürdigen Fälle ist nur demonstrativ, sie gibt aber doch auf Grund der Art der angeführten Beispiele das Maß für die Auslegung dieses Begriffes. Auch der Zweck der Notstandshilfe ist hiebei zu berücksichtigen. Wie sich aus § 33 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit § 33 Abs. 4 AlVG ergibt, hat die Notstandshilfe - anders als das Arbeitslosengeld - den Charakter einer subsidiären Leistung, die nur dann gebührt, wenn dem Arbeitslosen (nach Maßgabe der auf Grund des § 36 AlVG erlassenen NHV) - unter Zugrundelegung der tatsächlichen Verhältnisse - die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Untermietwohnung im Ausmaß von ca. 50 m2 die notwendigen Lebensbedürfnisse des Beschwerdeführers und seiner Gattin befriedigen. Auf die mögliche Gründung einer Familie kann hiebei noch nicht Rücksicht genommen werden. Die Wortfolge des § 33 Abs. 4 AlVG "notwendigen Lebensbedürfnisse" (die Not wenden ) sowie die im § 6 Abs. 4 NHV aufgezählten Umstände zeigen, daß auf aktuelle Anlässe abgestellt wird. Zukünftige, möglicherweise eintretende Umstände sind hiebei nicht zu berücksichtigen. Rückzahlungsverpflichtungen für Darlehen, die - bei Vorhandensein einer geeigneten Untermietwohnung - für die Errichtung eines Eigenheimes aufgenommen worden sind, stellen somit keine berücksichtigungswürdigen Fälle im Sinne des § 6 Abs. 4 NHV dar.
Da der angefochtene Bescheid somit weder mit der geltend gemachten noch mit einer allenfalls vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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