Normen
ABGB §914;
ABGB §915;
ABGB §916;
AlVG 1977 §12 Abs3 lita;
ASVG §11 Abs3 lita;
ASVG §4 Abs2;
VwRallg;
ABGB §914;
ABGB §915;
ABGB §916;
AlVG 1977 §12 Abs3 lita;
ASVG §11 Abs3 lita;
ASVG §4 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem gemäß § 73 Abs. 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde das der Beschwerdeführerin gewährte Arbeitslosengeld ab 6. Februar 1991 ein.
Ihrer Entscheidung legte die belangte Behörde folgende Feststellungen zugrunde:
Die Beschwerdeführerin habe am 2. Mai 1988 ein Dienstverhältnis mit dem Arbeitgeber P. GmbH begründet. Am 6. Februar 1991 habe sie beim Arbeitsamt einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Hinsichtlich der behaupteten Beendigung des Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der P. GmbH habe letztere folgende Vereinbarung vom 4. Februar 1991 vorgelegt:
"Vereinbarung zwischen der P. GmbH einerseits und Dienstnehmer andererseits
wird im Zusammenhang der derzeit wirtschaftlichen Notlage (vertragsloser Zustand) zu den Versicherungen folgendes vereinbart:
Mit Zustimmung der einzelnen Dienstnehmer kann ein Aussetzungsvertrag, befristet in der Höchstdauer von drei Monaten mit sofortiger Wirkung, vereinbart werden.
Bei Wiedereintritt innerhalb des vereinbarten Zeitraumes gelten alle vorgehenden Dienstzeiten bzw. auch die Aussetzungszeiten als eine ununterbrochene Dienstzeit. Wenn die vereinbarte Frist von drei Monaten aufgrund der wirtschaftlichen Notlage eine Wiedereinstellung nicht gewährleistet, so muß der Dienstgeber ordnungsgemäß und nach den Richtlinien des Kollektivvertrages bzw. der einschlägigen Gesetze, das Dienstverhältnis aufkündigen (Quartal- sowie Kündigungsfristen).
Sofern Sie von der von der Firma angebotenen Wiedereinstellung nicht Gebrauch zu machen wünschen, werden Ihre Ansprüche wie bei einer Dienstgeberkündigung berechnet."
Dazu sei ein Schreiben der P. GmbH ergangen, wonach sie aufgrund der der Beschwerdeführerin bekanntgegebenen wirtschaftlichen Situation gezwungen sei, ihr Dienstverhältnis zur "Auflassung" zu bringen, wodurch es am 6. Februar 1991 ende. Die P. GmbH habe weiters bekanntgegeben, daß die Modalitäten des Aussetzungsvertrages mit den Dienstnehmervertretern vorverhandelt und von den einzelnen Mitarbeitern akzeptiert worden seien. Urlaubsabfindungen bzw. -entschädigungen sowie Abfertigungsvereinbarungen seien nicht getroffen worden. Am 4. März 1991 sei die Wiederaufnahme der Beschäftigung durch die Beschwerdeführerin bei der P. GmbH erfolgt.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde diesen Sachverhalt nach Zitierung der §§ 7 und 12 Abs. 1 AlVG wie folgt:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gebühre im Falle einer Karenzierung des Arbeitsverhältnisses kein Arbeitslosengeld. Das gelte auch für den Fall eines Aussetzungsvertrages, wenn nach dem Inhalt seiner Vereinbarung und seinem wirtschaftlichen Gehalt ein einheitliches Arbeitsverhältnis vorliege. Dabei sei von Bedeutung, ob die Ansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses liquidiert worden seien bzw. ob das nach dem Aussetzungszeitraum begonnene Arbeitsverhältnis tatsächlich einen Neubeginn darstelle oder ob der Arbeitnehmer so behandelt werde, wie wenn das Arbeitsverhältnis nicht unterbrochen worden wäre. Liege bloß ein "Aussetzen" der beiderseitigen Rechte und Pflichten vor, so handle es sich um einen Karenzurlaub. Nach der Vereinbarung vom 4. Februar 1991 sei eine "Aussetzung" für höchstens 3 Monate vorgesehen gewesen. Bei Wiederbeginn der Beschäftigung sei ein ununterbrochenes Dienstverhältnis anzunehmen gewesen. Daß die Dienstverhältnisse nicht gelöst worden seien, zeige auch der Passus (in der Vereinbarung vom 4. Februar 1991), daß erst bei Fortdauer der wirtschaftlichen Notlage die Aufkündigung des Dienstverhältnisses (Quartals- und Kündigungsfristen) habe erfolgen sollen. Die "Auflassung" des Dienstverhältnisses vom 6. Februar 1991 sei daher keine Kündigung gewesen, weil das Angestelltenverhältnis der Beschwerdeführerin laut Kollektivvertrag für die Privatspitäler durch Quartalskündigung frühestens zum 30. Juni 1991 hätte beendet werden können. Weiters hätte bei ordnungsgemäßer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit 6. Februar 1991 die P. GmbH alle Ansprüche der Beschwerdeführerin aus dem Arbeitsverhältnis befriedigen müssen. Laut Mitteilung der P. GmbH vom 13. August 1991 seien aber weder die Abfertigung noch eine Urlaubsabfindung oder Urlaubsentschädigung gezahlt oder von der Beschwerdeführerin geltend gemacht worden. Zusammengefaßt sei daher die Rechts- und Sachlage dahingehend zu beurteilen, daß im Beschwerdefall ein Aussetzen ohne rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgelegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt.
Gemäß § 7 Z. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer (unter anderem) arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Die belangte Behörde hat die "Einstellung" (entsprechend dem Sachverhalt richtig: die Nichtentstehung eines Anspruches auf Arbeitslosengeld) damit begündet, daß das Beschäftigungsverhältnis der Beschwerdeführerin mit der P. GmbH nicht mit 6. Februar 1991 beendet und am 4. März 1991 wieder begründet, sondern im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 20. April 1993, Zl. 91/08/0184, und vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0047, mit weiteren Judikaturhinweisen) im maßgeblichen Zeitraum nur ausgesetzt worden sei.
Dagegen wendet die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Nachstehendes ein:
In der von der P. GmbH der Beschwerdeführerin zur Unterfertigung vorgelegten und von ihr unterfertigten Urkunde (ohne Datum) werde lediglich ausgeführt, daß "aufgrund der Ihnen bekanntgemachten wirtschaftlichen Situation wir gezwungen sind, Ihr Dienstverhältnis zur Auflassung zu bringen" wodurch es am 6. Februar 1991 ende. Damit habe die P. GmbH eindeutig zu erkennen gegeben, daß das bisher bestandene Dienstverhältnis ab 6. Februar 1991 nicht mehr bestehe, wobei die "Auflassung" des Dienstverhältnisses einseitig durch die P. GmbH erklärt worden sei. Ab 6. Februar 1991 sei die Beschwerdeführerin daher in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr gestanden. Die belangte Behörde habe weder behauptet noch bewiesen noch sei ein derartiger Umstand vorgelegen, daß die Beschwerdeführerin ab dem genannten Zeitpunkt weiterhin Dienstnehmerin der P. GmbH gewesen sei. Die Gedankengänge und Überlegungen der belangten Behörde, wonach ein "einheitliches Arbeitsverhältnis" vorliege, seien für die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar, seien ihr vor der Bescheiderlassung nicht nachweislich zur Kenntnis gebracht worden und auch mit dem bisherigen Akteninhalt nicht in Einklang zu bringen. Das gleiche gelte hinsichtlich der Feststellung, daß eine "Aussetzung" für "höchstens 3 Monate" vorgesehen gewesen sei. Dieser Inhalt könne der Erklärung (ohne Datum) nicht entnommen werden. Auch die Feststellung, daß erst "bei Fortdauer der wirtschaftlichen Notlage" die Aufkündigung des Dienstverhältnisses habe erfolgen sollen, sei nicht mit dem bisherigen Akteninhalt in Einklang zu bringen. Die Erklärung (ohne Datum) führe nämlich ausdrücklich aus: "... es endet daher am 05.02.1991". Deshalb sei unerheblich, ob "bei der durch die Erkärung (ohne Datum) folgenden Sachlage" die Beschwerdeführerin Ansprüche gegen die P. GmbH geltend gemacht habe. Tatsächlich habe sie dies nicht getan und daher auch keine Zahlungen für den maßgeblichen Zeitraum erhalten.
Bei der Lösung der zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittigen privatrechtlichen Vorfrage, ob im Beschwerdefall eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses der Beschwerdeführerin mit der P. GmbH im Zeitraum vom 6. Februar bis 4. März 1991 oder eine bloße (den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht berührende) Aussetzung vorlag, kommt es auf den nach den §§ 914 ff ABGB zu ermittelnden Inhalt der zwischen den Arbeitsvertragspartnern abgeschlossenen Vereinbarung (Vereinbarungen) an (vgl. die schon zitierten Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0047, und vom 20. April 1993, Zl. 91/08/0184).
Diesbezüglich hat sich die belangte Behörde - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht nur auf das undatierte Schreiben der P. GmbH, mit der die "Auflassung" des Dienstverhältnisses ausgesprochen wurde, sondern auch auf die Vereinbarung zwischen der P. GmbH und "Dienstnehmer andererseits" vom 4. Februar 1991 gestützt und ist aufgrund einer Interpretation des nicht datierten Schreibens über die "Auflassung" in Verbindung mit dieser Vereinbarung vom 4. Februar 1991 sowie der Nichtliquidierung der aus einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche (die freilich für sich allein nicht aussagekräftig wäre: vgl. u.a. das Erkenntnis vom 16. Oktober 1986, Zl. 86/08/0129 bis 0138) zum Ergebnis gelangt, daß das Arbeitsverhältnis der Beschwerdeführerin mit der P. GmbH nicht beendet, sondern nur ausgesetzt worden sei. Darin vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Denn nach der (entsprechend der Aktenlage auch von der Beschwerdeführerin unterschriebenen) Vereinbarung vom 4. Februar 1991 sollte der in Aussicht genommene Aussetzungsvertrag zur Überbrückung der derzeitigen wirtschaftlichen Notlage der P. GmbH dienen, jedoch, wie sich insbesondere aus der Vereinbarung über die Verpflichtung der P. GmbH zur Aufkündigung des Dienstverhältnisses im Falle einer Nichtwiedereinstellung innerhalb von 3 Monaten eindeutig ergibt, das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin mit der P. GmbH nicht beenden. Wenn die belangte Behörde, ausgehend von dieser Vereinbarung, das nicht datierte Schreiben der P. GmbH an die Beschwerdeführerin, das ebenfalls von ihr unterschrieben wurde, als Realisierung der in Aussicht genommenen Aussetzung des Dienstverhältnisses interpretierte, so kann ihr nicht entgegengetreten werden.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, es seien ihr "die Gedankengänge und Überlegungen der belangten Behörde, wonach ein "einheitliches Arbeitsverhältnis" vorliege, ... vor der Bescheiderlassung nicht zur Kenntnis gebracht" worden, ist aktenwidrig. Die belangte Behörde hat vielmehr der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 11. Februar 1992 den Inhalt der Vereinbarung vom 4. Februar 1991, "die von den einzelnen Mitarbeitern akzeptiert wurde", vorgehalten, die von der belangten Behörde daraus und den sonstigen (auch im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen) Momenten gezogene Schlußfolgerung, daß die Absicht der Vertragspartner nicht auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf eine möglichst baldige Fortsetzung desselben gerichtet gewesen sei, mitgeteilt und ihr die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gewährt. Davon hat die Beschwerdeführerin aber nicht Gebrauch gemacht.
Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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