VwGH 92/08/0137

VwGH92/08/013721.12.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Lh von OÖ vom 22. April 1992, Zl. SV-324/11-1992, betreffend Formalversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG (mP: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

GSVG 1978 §14 Abs1;
GSVG 1978 §2 Abs1;
HKG 1946 §3 Abs2;
GSVG 1978 §14 Abs1;
GSVG 1978 §2 Abs1;
HKG 1946 §3 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Dezember 1990 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt gemäß § 194 GSVG in Zusammenhalt mit § 410 ASVG fest, daß der Beschwerdeführer vom 24. Oktober 1983 bis 31. Dezember 1990 nach § 14 GSVG in der Kranken- und Pensionsversicherung formalversichert sei.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht Einspruch.

Mit Bescheid vom 22. April 1992 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, daß die Kammer der gewerblichen Wirtschaft mit Schreiben vom 23. Juli 1991 bzw. 22. November 1991 mitgeteilt habe, daß für den Beschwerdeführer in der strittigen Zeit eine Mitgliedschaft zur Handelskammer nicht bestanden habe. Da gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG nur Personen in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert seien, die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft seien, sei spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen subjektiven Rechten insoferne verletzt, als die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgehe, daß eine Pflichtversicherung gemäß § 2 GSVG nicht vorliege und er sohin nicht versichert sei.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt erstattete keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, daß die belangte Behörde ihre Entscheidung ausschließlich auf die beiden Schreiben der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich stütze, wonach in der strittigen Zeit eine Mitgliedschaft zur Handelskammer nicht bestanden habe. Unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1985, Zl. 85/08/0111, führt der Beschwerdeführer aus, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Kammermitgliedschaft, auf die § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG abstelle, von der Befugnis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes abhänge. Der Nachweis, daß er im Mitgliederkataster nicht geführt werde, sei völlig irrelevant.

Bei der Beurteilung dieses Einwandes ist davon auszugehen, daß gemäß § 14 Abs. 1 GSVG dann, wenn der Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung unterliegenden Person den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlich Pflichtversicherten in der Pensionsversicherung für 6 Monate (in der Krankenversicherung für drei Monate) ununterbrochen die Beiträge unbeanstandet angenommen hat, ab dem Kalendermonat, für den erstmals die Beiträge entrichtet worden sind, eine Formalversicherung besteht. Der Nichtbestand der Pflichtversicherung stellt somit eine von mehreren Tatbestandvoraussetzungen für den Bestand der Formalversicherung dar. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG sind in der Kranken- und Pensionsversicherung Personen pflichtversichert, die Mitglieder der Kammer der gewerblichen Wirtschaft sind. Gemäß § 3 Abs. 2 des Handelskammergesetzes hängt die Kammermitgliedschaft von der Befugnis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes ab. Die Kammermitgliedschaft tritt unabhängig von der tatsächlichen Erfassung durch die Kammer ein (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 10. Oktober 1985, Zl. 85/08/0111, Slg. 11903/A, vom 19. Februar 1991, Zl. 89/08/0210, und vom 14. Mai 1991, Zl. 89/08/0182). Da die belangte Behörde die Kammermitgliedschaft ausschließlich von der Erfassung in der Mitgliederdatei der Handelskammer abhängig machte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Begehren auf Ersatz von Stempelgebühren war zufolge der diesbezüglich bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 46 GSVG) abzuweisen.

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