VwGH 92/07/0096

VwGH92/07/009627.9.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. März 1992, Zl. Wa - 300059/3 - 1992/Fo/Mül, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1 litm;
WRG 1959 §111 Abs2;
WRG 1959 §13 Abs1;
AVG §59 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1 litm;
WRG 1959 §111 Abs2;
WRG 1959 §13 Abs1;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2. Das Begehren auf Feststellung, daß Z. 19 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft vom 9. Jänner 1990 zu entfallen habe, wird als unzulässig zurückgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 9. Jänner 1990 wurde über Antrag des Beschwerdeführers die wasserrechtliche Bewilligung erteilt, die im Wasserbuch der BH eingetragene Wasserkraftanlage am M-Fluß auszubauen. Hiezu wurden unter anderem folgende Auflagen in Spruchpunkt I, der gemäß den §§ 9, 11 bis 15, 21, 38, 41, 50, 72, 98, 105, 111 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG) erlassen wurde, erteilt:

Z. 16: "Über das Fischaufstiegsbauwerk ist, sofern in der Natur vorhanden, eine ständige Dotationswassermenge von mindestens 300 l/s in die Entnahmestrecke abzugeben."

Z. 17: "Die Abgabe der erforderlichen Dotationswassermenge ist durch eine ausreichend dimensionierte Abflußvorrichtung sicherzustellen. Es muß auch baulich sichergestellt sein, daß die abzugebende Dotationswassermenge bei auftretenden Stauzielschwankungen, Vereisungen, Verklausungen und dergleichen gesichert abgegeben werden kann."

Z. 19: "Zur Überwachung der Abgabe der Dotationswassermenge ist eine dauerregistrierende Mengenmeßeinrichtung einzubauen. Die Meßstreifen sind bis auf weiteres vierteljährlich den zuständigen Dienststellen des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vorzulegen."

Auf Grund der ausschließlich gegen Z. 19 des Punktes I dieses Bescheides erhobenen Berufung erließ der Landeshauptmann von Oberösterreich (die belangte Behörde) den angefochtenen Bescheid und wies die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Begründend wurde ausgeführt, im Hinblick auf die vorgeschlagenen Änderungen der Wasserkraftanlage und die damit verbundenen Regulierungsbaumaßnahmen, welche maßgeblich die Wasserbenutzung beeinflußten (insbesondere Änderung der Fallhöhe und des Maßes der Wasserbenutzung), sei von der Erstbehörde ein neues Wasserbenutzungsrecht zu erteilen und seien damit die aus heutiger Sicht notwendigen Nebenbestimmungen zu verbinden gewesen.

Der vom Beschwerdeführer genannte Kostenaufwand für den Einbau der Meßeinrichtungen von S 100.000,-- könne - bezogen auf die Gesamtdauer des erteilten Wasserbenutzungsrechtes von etwa 30 Jahren - nicht als unverhältnismäßig angesehen werden. Außerdem sei der mit der Vornahme von Lokalaugenscheinen verbundene Amtsaufwand zu berücksichtigen. Eine gelegentliche Kontrolle außerhalb der Amtsstunden sei nur schwer durchführbar. Die Einhaltung der Restwasseranordnung, insbesondere zu Zeiten niedriger Wasserführung, müsse überprüfbar sein, und zwar nicht nur auf bestimmte Tageszeiten eingeschränkt. An der fraglichen Bescheidauflage müsse im öffentlichen Interesse festgehalten werden. Ergänzend wurde festgestellt, daß die Festlegung einer Restwassermenge von nur 300 l/s einen dem Beschwerdeführer weit entgegenkommenden Kompromiß darstelle, da laut Gutachten des Amtssachverständigen für Biologie eigentlich 800 l/s notwendig gewesen wären.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "durch die gesetzwidrige und unzumutbare Auflage zur Überwachung der Abgabe der Dotationswassermenge durch eine dauerregistrierende Mengenmeßeinrichtung sowie zur Vorlage von Meßstreifen in seinem subjektiv-öffentlichen Recht" verletzt. Er macht "unrichtige rechtliche Beurteilung" geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht zwar nicht ausdrücklich, jedoch erkennbar inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, wenn er ausführt, daß es an der gesetzlichen Grundlage zur Vorschreibung einer dauerregistrierenden Meßeinrichtung fehle. Er verweist dabei auf die Aufsichtsbefugnisse der Wasserrechtsbehörde gemäß § 133 WRG mit der Befugnis von Organen der Behörde, Grundstücke und Anlagen zum Zwecke der Vornahme der notwendigen Messungen und Unterlassungen jederzeit betreten zu können, sowie auf die korrespondierenden "Verpflichtungen des Betroffenen" gemäß § 72 WRG. Darüber hinausgehende Verpflichtungen des Anlagenbetreibers seien im Zusammenhang mit der Erhaltung der Restwassermenge dem WRG fremd. Nur im Zusammenhang mit der Reinhaltungspflicht der Gewässer könnten allenfalls dem Wasserberechtigten Messungen und Beobachtungen gemäß § 33 Abs. 3 WRG aufgetragen werden, nicht aber im Zusammenhang mit der Überprüfung des Maßes der Wasserbenutzung. § 13 Abs. 4 WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1990 habe zwar die Verpflichtung für die Vorschreibung von wasserwirtschaftlich oder ökologisch erforderlichen Restwassermengen geschaffen, nicht aber eine Verpflichtung des Wasserberechtigten, auf seine Kosten Meßeinrichtungen zu bauen.

Es trifft zu, daß die vom Beschwerdeführer zitierten Bestimmungen des WRG 1959 keine Verpflichtung zum Einbau von dauerregistrierenden Meßeinrichtungen für die Überwachung der Einhaltung der aufgetragenen Dotationswassermenge vorsehen, jedoch übersieht der Beschwerdeführer dabei, daß die belangte Behörde erster Instanz den Spruchpunkt I ihres Bescheides unter anderem auf § 105 stützt und damit begründet, daß nur bei Einhaltung sämtlicher Auflagen das öffentliche Interesse (§ 105 l.c.) nicht beeinträchtigt werde. Insbesondere wird mit der Abgabe einer bestimmten Dotationswassermenge auf die erforderliche und erzielbare Verbesserung der ökologischen Verhältnisse des M-Flusses hingewiesen. Auch die belangte Behörde begründet ihr Festhalten an Auflage 19 des Spruchpunktes I des Bescheides der Behörde erster Instanz mit dem öffentlichen Interesse.

Die Behörden geben damit zu erkennen, daß sie diese Auflage auf § 105 Abs. 1 lit. m WRG stützen. Diese Bestimmung lautet:

"Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn (lit. m) eine wesentliche Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer zu besorgen ist."

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes schließt diese Bestimmung und auch § 13 Abs. 1 letzter Satz und § 111 Abs. 2 WRG nicht aus, daß die Vorschreibung einer dauerregistrierenden Meßeinrichtung für die Überwachung der Einhaltung der vorgeschriebenen Dotationswassermenge erfolgen kann. Entscheidend für den vorliegenden Fall ist, daß die in § 105 Abs. 1 lit. m WRG genannten Voraussetzungen für eine derartige Auflage vorliegen und fremde Interessen, z.B. solche der Fischereiberechtigten, gem. § 13 Abs. 1 i.V.m. § 111 Abs. 2 WRG ausreichend berücksichtigt werden.

Wesentlich dabei ist insbesondere, daß die Auflagen zur Erreichung des angestrebten Schutzzieles "geeignet" sein müssen.

Weder im Zuge des Verwaltungsverfahrens noch im Rahmen der Beschwerde wird die Eignung der angefochtenen Auflage zur Sicherung der entsprechenden Dotationswassermenge in Zweifel gezogen.

Ihre Notwendigkeit wurde vom Amtssachverständigen für Hydrobiologie im Zuge einer mündlichen Verhandlung am 7. April 1987 in Anwesenheit des Beschwerdeführers deshalb für erforderlich erachtet, um die von ihm dargestellten ökologischen Ziele zu erreichen. Hiefür wurde eine ständige Abgabe einer bestimmten Dotationswassermenge gefordert. Dem ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

In bezug auf die Unverhältnismäßigkeit wendet der Beschwerdeführer zunächst ein, daß der Kostenaufwand für den Einbau der Meßeinrichtung wesentlich mehr als S 100.000,-- betrage und daher diesbezügliche Feststellungen der belangten Behörde aktenwidrig seien. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß der Ausbau mit Kredit finanziert werden müsse und schon die jährliche Zinsenbelastung wesentlich über dem durch eine Überprüfung seitens der Wasserrechtsbehörde entstehenden Amtsaufwand liege. Ferner entstünden zusätzliche Kosten durch die Wartung der Meßeinrichtungen, für die laufende Überprüfung durch das Eich- und Meßamt, für die Anschaffung der Meßstreifen, deren Entnahme aus der Meßanlage, durch deren Vorlage an die Wasserrechtsbehörde etc. Im Hinblick auf den geringen Umfang der Anlage und deren Ertrag seien derartige zusätzliche Kosten bei einer ohnedies an der Grenze der Wirtschaftlichkeit liegenden Anlage unzumutbar. In diesem Zusammenhang habe die Wasserrechtsbehörde den Ermessensspielraum in gesetzwidriger Weise überschritten. Außerdem verwies der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit der jederzeitigen Überprüfbarkeit der Einhaltung der Dotationswassermenge durch die Behörde sowie auf Z. 17 der Auflagen zu Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides, wonach der Beschwerdeführer die Anlage ohnedies so zu errichten habe, daß die Restwassermenge gesichert sei, sodaß es keiner zusätzlichen Meßeinrichtungen bedürfe.

Soweit der Beschwerdeführer, aber auch die belangte Behörde, Fragen der finanziellen Belastung, die aus der angefochtenen Auflage resultieren, abhandeln, ist ihnen entgegenzuhalten, daß im Vordergrund der Auflage das öffentliche Interesse an einer Verhinderung einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des M-Flusses steht, die gemäß den Sachverständigenausführungen nur dann gerade noch gegeben ist, wenn die aufgetragene Dotationswassermenge tatsächlich und ständig abgegeben wird. Angesichts der erheblichen Reduktion dieser Wassermenge im Zuge des Verwaltungsverfahrens (siehe auch Ausführungen der belangten Behörde) können finanzielle Belastungen, die aus der nach Ansicht des Amtssachverständigen erforderlichen ständigen Überwachung der abgegebenen Menge für die Aufrechterhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit resultieren, keine entscheidende Rolle spielen, insbesondere dann nicht, wenn keine, einen gleichwertigen Erfolg herbeiführenden alternativen Maßnahmen im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgebracht werden.

Die Argumente des Beschwerdeführers in bezug auf Auflage 17 des Spruchpunktes I des erstinstanzlichen Bescheides vermögen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu überzeugen, da darin lediglich die baulichen Voraussetzungen für die Ermöglichung der Abgabe der vorgeschriebenen Dotationswassermenge vorgesehen sind. Mit dieser Auflage, die im übrigen gleichfalls vom Amtssachverständigen für Hydrobiologie im Zuge seines Gutachtens vom 7. April 1987 gefordert wurde, erfolgt aber noch nicht die vom Beschwerdeführer behauptete Sicherstellung der Abgabe der festgelegten Dotationswassermenge selbst, sodaß die Beibehaltung der unter Z. 19 dargestellten Auflage durchaus ihre eigenständige Berechtigung für die nachvollziehbare Sicherstellung der Abgabe der entsprechenden Wassermengen hat.

Da sich der angefochtene Bescheid somit frei von der vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, war die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Dem Verwaltungsgerichtshof kommt keine Zuständigkeit zur Feststellung, daß die Z. 19 des Spruchpunktes I des Bescheides der Behörde erster Instanz zu entfallen habe, zu, weshalb der diesbezügliche Antrag zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG i.V.m. Art. I lit. B Z. 4 und 5 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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