VwGH 92/06/0158

VwGH92/06/015817.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der H K in M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 25. Juni 1992, Zl 7/03-323075/22-1992, betreffend Ansuchen gemäß § 19 Abs.3 ROG (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
ROG Slbg 1977 §19 Abs3;
ROG Slbg 1977 §2 Abs1;
BauRallg;
ROG Slbg 1977 §19 Abs3;
ROG Slbg 1977 §2 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines Seegrundstückes im Bereich der mitbeteiligten Gemeinde, auf dem ein Boothaus errichtet war. Beim Versuch, dieses zu sanieren, stürzte es ein, sodaß die Beschwerdeführerin statt dessen ein neues Bauwerk errichten ließ, für das sie die baurechtlich erforderlichen Bewilligungen nicht erlangen konnte.

In der Folge suchte die Beschwerdeführerin am 23. Februar 1990 bei der mitbeteiligten Gemeinde um Einzelbewilligung gemäß § 19 Abs. 3 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 (ROG 1977) für den "Rückbau" dieses bereits errichteten Gebäudes gemäß angeschlossenen Planunterlagen an. Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde erteilte hiezu mit Beschluß vom 7. Mai 1990 die entsprechende raumordnungsmäßige Bewilligung; dieser wurde aber mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 6. Juli 1990 die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt, weil das Vorhaben dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht entgegenstehe (wird näher ausgeführt). Die dagegen von der mitbeteiligten Gemeinde erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 5. Dezember 1990 als unbegründet abgewiesen; die Landesregierung billigte die Erwägungen der Aufsichtsbehörde.

Hierauf hat die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 19. Juli 1991, gestützt auf die Erwägungen der Aufsichtsbehörde und der Landesregierung im aufsichtsbehördlichen Verfahren, dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung jener raumordnungsmäßigen Einzelbewilligung die Bewilligung versagt.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Die belangte Behörde hat im Vorstellungsverfahren ein (weiteres) raumordnungstechnisches Gutachten eingeholt, in dem es heißt:

"BEFUND

Wie aus dem Gesamtakt zu entnehmen ist, wurde die gegenständliche Holzhütte auf GP. 1638/3 unmittelbar am Seeufer des Sees gelegen, fast zur Gänze neu errichtet. Ursprünglich sollte die bestehende Bootshütte nur saniert werden. Beim Versuch für die Neupilotierung die Bootshütte zu verschieben, brach diese jedoch auf Grund des schlechten Bauzustandes seitlich zusammen. Für das neu errichtete Objekt liegt weder eine bau- noch raumordnungsrechtliche Bewilligung vor. Am 3.12.1991 fand im Beisein der Ehegatten W und H K sowie deren Rechtsvertreter, Herrn Dr. P, ein Lokalaugenschein statt. Gemäß Planvorlage betragen die Außenabmessungen der Holzhütte 8,20 x 5,70 m. An der Westseite ist über die gesamte Hausbreite ein ca. 1,80 m breiter Holzbalkon vorgelagert. An Räumlichkeiten sind im Erdgeschoß vorhanden zwei Schlafräume, eine Dusche mit WC, ein Aufenthaltsraum mit anschließender offener Küche sowie ein Abstellraum der auch von außen zugänglich ist.

Die Räumlichkeiten sind komplett eingerichtet. Unter der Wohnebene besteht die Möglichkeit zwei kleine Boote einzustellen. Weiters ist noch ein Dachraum vorhanden, welcher jedoch nur von außen über eine Leiter erreichbar ist. Die Hütte ist mit einem Walmdach mit dunkelgrauen Eternitdachsteinen eingedeckt und in Blockbauweise errichtet. Die Abwässer werden in eine neue dichte Senkgrube eingeleitet. Eine Trinkwasserversorgung ist nicht vorhanden, das Seewasser wird mittels einer Pumpe in die Hütte eingeleitet. Primär ist diese Holzhütte für Wohnzwecke geeignet.

Wie auf der Planvorlage des Altbestandes vom April 1966 ersichtlich ist, hatte die Bootshütte ursprünglich eine Größe von 8,40 x 5,70 m. Neben dem nach unten zur Wasserfläche offenen Bootseinstellraum waren nur ein kleiner Aufenthaltsraum bzw. Ruheraum, eine Sauna, eine Dusche und ein WC vorhanden. Der Bootseinstellraum war an der Westseite. Die Bootshüte war als Riegelwandkonstruktion ausgeführt und mit Holzschindeln eingedeckt. Die Räumlichkeiten wurden mit kleinen Fensteröffnungen belichtet.

Nunmehr soll die neu errichtete, nicht bewilligte Ferienhütte wieder in ein Bootshaus laut ursprünglichem Bestand rückgebaut werden.

Wie aus der Baubeschreibung und dem Einreichplan des Zimmermeisters A M vom 23.2.1990 hervorgeht, muß, um auf Erdgeschoßebene wieder zwei Einstellflächen für Boote zu schaffen, der Boden in diesem Bereich (Aufenthaltsraum, Küche, Abstellraum) sowie die Trennwand zwischen Küche und Abstellraum entfernt werden. Die Mittelwand sowie ein Querträger müßten jedoch aus statischen Gründen vorhanden bleiben und wird diese Mittelwand sogar bis zur westlichen Außenwand verlängert. Weiters muß der an der Westseite errichtete Balkon zur Gänze entfernt werden, damit wieder zwei Einfahrtsöffnungen für Boote vorhanden sind, welche mit Gittertoren verschlossen werden sollen. Ein Aufenthaltsraum mit 9,27 m2, ein Umkleideraum mit 4,70 m2 und ein WC mit Dusche mit 2,12 m2 sollen an Räumlichkeiten bestehen bleiben.

GUTACHTEN

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß die Holzhütte in konstruktiver Hinsicht völlig anders ausgeführt wurde als der Altbestand, nämlich in Blockbauweise anstelle einer Riegelwandkonstruktion. Auf Grund statischer Erfordernisse muß die Mittelwand zwischen den beiden Bootseinstellplätzen bestehen bleiben bzw. wird diese bis zur Außenwand verlängert, sodaß der ursprünglich komplett offene Bootseinstellraum nicht wieder hergestellt werden kann. Im Altbestand war nur ein Aufenthaltsraum von ca. 4,20 m2 vorhanden und soll der nunmehr rückgebaute Aufenthaltsraum eine Größe von 9,25 m2 erhalten (doppelt so groß). Hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes ist festzustellen, daß im Altbestand wesentlich kleinere und anders situierte Fensteröffnungen als bei den nunmehr errichteten Bau vorhanden waren. Das Einreichprojekt sieht diesbezüglich keine Änderungen vor. Auf Grund obiger Ausführungen wird festgestellt, daß auch durch die geplanten Rückbaumaßnahmen keine mit dem Altbestand idente Bootshütte wieder hergestellt werden kann, sodaß die gegenständliche Holzhütte als Neubau zu klassifizieren ist. Wie aus dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde hervorgeht, liegt das gegenständliche Grundstück im Grünland, zu dem noch im Landschaftsschutzgebiet.

Gemäß § 19 (3) ROG 1977 kann für ein konkretes Vorhaben eine Einzelbewilligung erteilt werden, wenn dieses nicht dem räumlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde bzw. den grundsätzlichen Planungsabsichten widerspricht.

Im räumlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde ist festgelegt, daß die Seeufer von einer weiteren Verbauung freizuhalten sind. Insbesonders im Detailkonzept (Erlebniskarte 4 - Siedlungskonzept) ist diese Uferzone des Obertrumer Sees als Neubau Bauverbotszone gekennzeichnet. Da auch die rückgebaute Bootshütte als Neubau einzustufen ist, steht das Projekt im krassen Widerspruch zum räumlichen Entwicklungskonzept sowie zu den grundsätzlichen Planungsabsichten - Flächenwidmung Grünland - und kann daher eine Einzelbewilligung aus Sachverständigensicht nicht befürwortet werden."

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde auf Grundlage dieses Gutachtens zusammenfassend ausgeführt, daß es der Beschwerdeführerin gar nicht um Sanierungsmaßnahmen und um Wiederherstellung des ursprünglichen Altbestandes gehe, sondern darum, das Objekt unter Beibehaltung des bisherigen tragenden Baukörpers in seinen bisherigen Funktionen "Wohnen" und "Boothütte" zu erhalten, wobei das vorgegebene Bauziel, durch Sanierung den ursprünglichen Altbestand zu erreichen, nach der vorliegenden Planung selbst technisch nicht zu erzielen sei. Auch rechtlich sei "das völlig erloschene, vernichtete und untergegangene Ursprungsbauwerk" nicht wieder herzustellen. Die im aufsichtsbehördlichen Verfahren dargelegten Abweisungsgründe seien daher weiterhin zutreffend.

Dagegen richtet sich vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß es sich hier rechtlich nicht mehr um eine "Sanierung" des ursprünglichen, eingestürzten Bauwerkes handelt, sondern um einen Neubau, weil der frühere Konsens mit dem Einsturz (der Beseitigung) des früheren Bauwerkes untergegangen ist. Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde hatte daher das Ansuchen auf Grundlage der Sach- und Rechtslage zu beurteilen, die bei ihrer Entscheidung gegeben war.

Nach § 19 Abs. 3 1. Satz des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1977 (ROG 1977), LGBl. Nr. 26/1977 (das ROG 1977 zuletzt idF LGBl. Nr. 22/1991, § 19 Abs. 3 1. Satz idF LGBl. Nr. 52/1984), können die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß § 19 Abs. 1, wenn es sich nicht um Apartmenthäuser, Feriendörfer oder Wochenendsiedlungen oder um Einkaufszentren handelt, für bestimmte Grundflächen von der Gemeindevertretung auf Ansuchen des Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht und bei Vorhaben für Wohnbauten (ausgenommen bei überwiegend landwirtschaftlichen Zwecken dienenden Bauten) eine Gesamtgeschloßfläche von 200 m2 nicht überschreitet.

Da im räumlichen Entwicklungskonzept der Gemeinde festgelegt ist, daß die Seeufer von einer weiteren Verbauung freizuhalten sind und diese Uferzone als Neubaubauverbotszone gekennzeichnet ist, hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß der beabsichtigte Neubau - als solcher ist das Vorhaben, wie bereits ausgeführt, in rechtlicher Hinsicht anzusehen - sowohl im Widerspruch zum räumlichen Entwicklungskonzept als auch zur grundsätzlichen Planungsabsicht steht, womit es an den Voraussetzungen für die Erteilung einer Einzelbewilligung gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 mangelt. An diesem Ergebnis - Verbot eines Neubaues - vermag weder der Umstand etwas zu ändern, daß in der Nähe des streitgegenständlichen Bauwerkes zwei weitere Bauwerke bestehen, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, noch daß an der fraglichen Stelle bereits zuvor jenes (nun nicht mehr bestehende) Bootshaus stand. Demnach war es entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde nicht den Schlußfolgerungen des Ortsplaners der mitbeteiligten Gemeinde folgte (wonach die Rückführung des Objektes in die ursprüngliche Nutzung als Bootshütte im wesentlichen dem Entwicklungsziel und der Planungsabsicht der Gemeinde entspreche, weil es sich unter diesen Voraussetzungen im wesentlichen um die bauliche Sanierung eines Bestandes handle), sondern dem weiteren (oben wiedergegebenen) Gutachten folgte. Dem steht auch nicht entgegen, daß in den Gutachten der Sache nach (auch) Rechtsfragen angeschnitten werden; entscheidend ist, daß das Gutachten, auf das sich die belangte Behörde gestützt hat, schlüssig ist und daß die daraus von der Behörde abgeleiteten rechtlichen Schlußfolgerungen zutreffend sind.

Da somit die Abweisung der Vorstellung zutreffend war, mußte die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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