Normen
AVG §69 Abs4;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §69 Abs4;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In ihrer am 22. Mai 1992 zur Post gegebenen (eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof am 25. Mai 1992), auf Art. 132 B-VG gestützten Beschwerde bringen die Beschwerdeführer vor, mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Baurechtsamt, vom 1. Februar 1990, GZ. 501/W-189/89, sei M die Änderung der im Standort B-Gasse 2, L, bestehenden gewerblichen Betriebsanlage auf "Gaststätte mit Diskothek" mit einer Änderung der Betriebszeit von 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr genehmigt worden. Sie hätten gegen die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung als Nachbarn und Wohnungseigentümer des Objektes B-Gasse 2 Einwendungen erhoben. Der vorangeführte erstbehördliche Betriebsanlagengenehmigungsbescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Die Berufungen der Nachbarn seien mit Bescheiden der Gewerbebehörde zweiter Instanz (Landeshauptmann von Oberösterreich, Bescheid vom 7. Mai 1990, Zl. Ge-7465/2-1990) und dritter Instanz (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, Bescheid vom 25. Oktober 1990, Zl. 313.380/4-III-3-90) abgewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 1991 hätten sie die Wiederaufnahme des gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG insbesondere mit der Begründung beantragt, daß neue schalltechnische Messungen zu einem anderen Ergebnis geführt hätten als jene, die dem gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid zugrunde gelegt worden seien. Über diesen Wiederaufnahmeantrag habe die belangte Behörde bis jetzt nicht entschieden. Durch die Untätigkeit der belangten Behörde seien sie in ihrem Recht auf Entscheidung verletzt worden, weshalb Säumnisbeschwerde - mit den in der Beschwerde näher bezeichneten Anträgen - erhoben werde.
In ihrer dazu erstatteten Gegenschrift brachte die belangte Behörde vor, der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag sei mit Schreiben vom 19. März 1992 an die zuständige Behörde erster Instanz abgetreten worden. Eine bescheidmäßige Erledigung sei mit Schreiben vom 12. Juni 1992 urgiert worden. Eine weitere Urgenz sei seitens des Landeshauptmannes von Oberösterreich mit Schreiben vom 4. August 1992 erfolgt. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten liege nicht vor, zumal die oberste Behörde im vorliegenden Verfahren zur Entscheidung über den eingebrachten Antrag gar nicht zuständig sei (§ 27 VwGG) und diese Zuständigkeit auch weder im Berufungswege noch im Wege der Devolution eingetreten sei. Der Landeshauptmann von Oberösterreich sei unter einem neuerlich angewiesen worden, die Behörde erster Instanz zum bescheidmäßigen Abschluß des gegenständlichen Wiederaufnahmeverfahrens zu verhalten und für die unverzügliche Vorlage der Verwaltungsakten (samt Zustellnachweisen des Bezug habenden Bescheides) zu sorgen. Es werde daher beantragt, die vorliegende Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen. In ihrem als Beilage der Gegenschrift angeschlossenen vorbezeichneten Schreiben vom 19. März 1992 hatte die belangte Behörde ihren Rechtsstandpunkt dahin zum Ausdruck gebracht, daß die Behörde, die eine Berufung rechtskräftig zurückgewiesen habe (wie im vorliegenden Fall der Landeshauptmann von Oberösterreich und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten), zur Entscheidung über eine Wiederaufnahme nur dann zuständig sei, wenn der Wiederaufnahmegrund im Verfahren über die Zulässigkeit der Berufung gelegen sei. Der behauptete Wiederaufnahmegrund liege im vorliegenden Fall keineswegs im Verfahren über die Zulässigkeit der Berufung, zumal die Wiederaufnahmewerber gar keine Berufung eingebracht hätten, sondern in einer anders lautenden Sachentscheidung der Behörde erster Instanz. In einem derartigen Fall sei aber die Behörde zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zuständig, die eine Sachentscheidung gefällt habe, somit die Behörde erster Instanz.
In ihrer daraufhin gemäß § 36 Abs. 7 VwGG aufgetragenen Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde führten die Beschwerdeführer - ohne weiteres Eingehen auf die durch die belangte Behörde dargestellten Verfahrensvorgänge - aus, sie könnten der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht beipflichten. Zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag sei nicht die Gewerbebehörde erster Instanz, sondern vielmehr die belangte Behörde zuständig, was sich schon aus der Bestimmung des § 69 Abs. 4 AVG ergebe, wonach die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zustehe, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen habe. Im gegenständlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren habe - auf Grund von Berufungen der Nachbarn - die belangte Behörde als letzte Instanz entschieden. Dementsprechend habe die Erstbehörde den gegenständlichen Verfahrensakt nach Einbringung des Wiederaufnahmeantrages auch der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt. Da über ihren Wiederaufnahmeantrag die belangte Behörde gemäß § 69 Abs. 4 AVG zu entscheiden gehabt habe, liege daher jedenfalls tatsächlich eine Säumnis der belangten Behörde im Sinne des Art. 132 B-VG vor.
Vor Übermittlung der auf das gegenständliche Beschwerdeverfahren Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Verwaltungsgerichtshof zum gegenständlichen Beschwerdeverfahren seitens der Erstbehörde sowie auch der belangten Behörde jeweils Abschriften des über den bezeichneten Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführer ergangenen abweislichen Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. September 1992 vorgelegt; nach dem Zustellnachweis erfolgte die Zustellung dieses Bescheides an die Vertreter der Beschwerdeführer am 8. Oktober 1992.
Wie sich aus den nunmehr von der belangten Behörde zur Vorlage gebrachten Verwaltungsakten ergibt, wurde mit dem in der Beschwerde als - in Rechtskraft erwachsen bezeichneten - Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1. Februar 1990 die von M beantragte Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage gemäß §§ 81, 333 und 356 GewO 1973 i. V.m. § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz gewerbebehördlich genehmigt. Dagegen erhobene Berufungen von Nachbarn - unter denen die Beschwerdeführer nicht angeführt sind - wurden mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Mai 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Grunde des § 356 Abs. 3 GewO 1973 mangels im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren erlangter Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Über dagegen erhobene Berufungen von Adressaten dieses Bescheides entschied der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 25. Oktober 1990 dahin, daß diese gemäß § 63 Abs. 3 AVG mangels begründeter Berufungsanträge als unzulässig zurückgewiesen würden.
Ungeachtet des Umstandes, daß unter Berücksichtigung der der Behörde bei Einleitung des gegenständlichen Vorverfahrens gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist der am 8. Oktober 1992 über den Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführer erlassene Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. September 1992 jedenfalls eine Klaglosstellung der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 VwGG bewirkt hätte, da das Verfahren über eine Säumnisbeschwerde wegen Klaglosstellung auch dann einzustellen ist, wenn eine unzuständige Behörde den versäumten Bescheid erlassen hat (vgl. hiezu u.a. den hg. Beschluß vom 9. Juli 1980, Slg. N.F. Nr. 10.206/A), hatte der Verwaltungsgerichtshof zunächst unter Bedachtnahme auf das Vorbringen in der Gegenschrift der belangten Behörde die Frage der Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde zu prüfen.
Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Säumnisbeschwerde ist demnach insbesondere nur zulässig, wenn die belangte Behörde verpflichtet war, über einen bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheides zu entscheiden. Die Entscheidungspflicht trifft danach nur die sachlich zuständige Behörde (vgl. hiezu sinngemäß die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1991, Zl. 92/04/0161).
Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 30. September 1985, Zl. 85/10/0067, unter Bezugnahme auf die dort weiters angeführte Rechtsprechung dargetan hat, steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens dann, wenn eine in der Sache eingebrachte Berufung von der Oberbehörde als unzulässig zurückgewiesen wurde, nicht dieser, sondern jener Behörde zu, welche den das Verfahren in meritorischer Beziehung rechtskräftig beendigenden Bescheid erlassen hat.
Nach dem vordargestellten, diesbezüglich auch seitens der Beschwerdeführer unbekämpft gebliebenen und durch die Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens gedeckten Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift erfolgte eine meritorische Sachentscheidung ausschließlich durch den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1. Februar 1990, wogegen mit den Bescheiden des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. Mai 1990 und von der belangten Behörde vom 25. Oktober 1990 lediglich über die Zulässigkeit von gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen und somit nicht in der "Sache" des erstbehördlichen Bescheides, abgesprochen wurde.
Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage erweist sich aber die vorliegende Säumnisbeschwerde in Ansehung der gegenüber der belangten Behörde geltend gemachten Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend den von den Beschwerdeführern bezeichneten Wiederaufnahmeantrag mangels Erfüllung der zufolge § 27 VwGG relevanten Tatbestandsvoraussetzungen als unzulässig, was gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zu ihrer Zurückweisung zu führen hatte.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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