Normen
AVG §39 Abs2;
B-VG Art11 Abs1 Z4;
StVO 1960 §82 Abs5;
StVO 1960 §84 Abs3 idF 1964/1963 ;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVONov 1964;
AVG §39 Abs2;
B-VG Art11 Abs1 Z4;
StVO 1960 §82 Abs5;
StVO 1960 §84 Abs3 idF 1964/1963 ;
StVO 1960 §84 Abs3;
StVONov 1964;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schreiben vom 19. Juni 1992 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der Bewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960 für die Anbringung von drei Hinweistafeln in Pfeilform (Ausmaß je 115 cm x 31 cm) mit der Aufschrift "Dr. A, praktischer Arzt" an näher bezeichneten Standorten an der Z-Straße und an der B-Straße außerhalb von Ortsgebieten.
Gegen den Bescheid, mit dem die Bezirkshauptmannschaft die Erteilung der Bewilligung versagte, legte der Beschwerdeführer Berufung ein. Das Errichten der Hinweisschilder, dem im übrigen die Tiroler Ärztekammer zugestimmt habe, diene dem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer, weil die Leistung von erster Hilfe und medizinischer Erstversorgung von Verletzten bedeutsam sei. Eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs würden die beantragten Hinweistafeln nicht darstellen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die Tiroler Landesregierung der Berufung keine Folge. Die Hinweistafeln, die auf die Arztpraxis des Beschwerdeführers aufmerksam machen sollen, stellten Ankündigungen im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO 1960 dar. Sie dienten aber weder einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer noch seien sie für diese von erheblichem Interesse. Die Hinweistafeln stellten nämlich bloß Erleichterungen in besonderen medizinischen Fällen, wenn ärztliche Hilfe schnell benötigt werde, dar - dies zeige auch der in der Berufung enthaltene Hinweis auf ein bei einem Unfall verletztes Kind, welches wegen der Ortsunkenntnis der Betroffenen erst nach eineinhalb Stunden in die Ordination des Beschwerdeführers gelangt sei - und dienten damit lediglich den Bedürfnissen einzelner Straßenbenützer. Daher sei eine Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 nicht zu gewähren, ohne daß es eines Eingehens auf weitere Tatbestandsmerkmale dieser Gesetzesbestimmung bedürfe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 sind außer den in Abs. 1 dieser Gesetzesstelle angeführten Fällen (diese liegen gegenständlich nicht vor) außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbandrand verboten. Gemäß § 84 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde Ausnahmen von dem in Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist.
Nicht im Recht ist der Beschwerdeführer mit seinen Ausführungen über die Unzuständigkeit der belangten Behörde. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich bei der Erteilung von Bewilligungen nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 nicht um eine Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung. Aus § 84 Abs. 3 iVm § 82 Abs. 5 StVO 1960 ergibt sich, daß es sich um eine Regelung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr und somit um eine Angelegenheit der Straßenpolizei im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG handelt (vgl. hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1987, Zl. 87/02/0007). Es war daher im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der Tiroler Landesregierung zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegeben.
In der Sache selbst vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, aufgrund der Gefahren und Risken des Straßenverkehrs könne es täglich zu Situationen kommen, in denen rasche ärztliche Hilfe geboten ist. Der Hinweis auf eine Arztordination sei daher für Straßenbenützer von erheblichem Interesse.
Unbestritten ist, daß im gegenständlichen Fall die beantragten Hinweistafeln auf eine nicht leicht auffindbare Arztpraxis aufmerksam machen sollen.
Die belangte Behörde verwies im angefochtenen Bescheid zu Recht darauf, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 dann nicht zu erteilen ist, wenn die Ankündigung lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenützer anzusprechen geeignet ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1972, Slg. 8296/A). Andererseits ist aber nicht erforderlich, daß eine Ankündigung im Interesse sämtlicher Straßenbenützer liegt; bei einer derart einschränkenden Auslegung des § 84 Abs. 3 StVO 1960 könnten nämlich Ausnahmebewilligungen überhaupt nicht erteilt werden, weil Ankündigungen wohl nie im Interesse aller Straßenbenützer liegen (vgl. Dietrich-Stolzlechner, StVO, § 84, Rz 31; hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1990, Zl. 89/02/0167).
Das Tatbestandsmerkmal des erheblichen Interesses für die Straßenbenützer wurde durch die StVO-Novelle 1964, BGBl. Nr. 204, in die Stammfassung des § 84 Abs. 3 StVO 1960 eingefügt. Zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmales zog der Verwaltungsgerichtshof die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur StVO-Novelle, 97 BlgNR X. GP, heran (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1988, Zl. 88/03/0053), in denen ausgeführt wird: "Die bisherige Bestimmung des § 84 Abs. 3 hat sich im Hinblick auf den stets zunehmenden Fremdenverkehr als zu streng erwiesen. Künftig sollen unter der Voraussetzung, daß eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist, auch für Ankündigungen Ausnahmen bewilligt werden dürfen, die zwar nicht einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dienen, aber doch für sie von erheblichem Interesse sind (z.B. Hinweise ohne Reklamecharakter auf Fremdenverkehrseinrichtungen oder besondere Sehenswürdigkeiten und Hinweise auf Beginnzeiten für Gottesdienste)."
Der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken, daß Ankündigungen über die Auffindbarkeit einer Arztpraxis für Straßenbenützer grundsätzlich ebenso von erheblichem Interesse sein können wie die in den zitierten erläuternden Bemerkungen aufgezählten Beispiele. Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 ist aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stets (vgl. hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1987, Zl. 87/02/0007), daß nicht bloß ein Interesse allgemeiner Natur an der Art der in der Ankündigung enthaltenen Information, sondern ein solches für die konkrete Ankündigung besteht. Es kommt daher im vorliegenden Fall darauf an, ob ein erhebliches Interesse an der Auffindbarkeit der Arztordination des Beschwerdeführers vorliegt. Entscheidend ist, ob es der Ankündigung bedarf, um in einem bestimmten Gebiet die rasche Erreichbarkeit eines Arztes für Straßenbenützer - hiezu gehören nicht nur Lenker von Kraftfahrzeugen - zu gewährleisten, weil ohne die Ankündigung weder die Ordination, auf die sie hinweisen soll, noch eine andere Arztpraxis in angemessener Zeit erreicht werden kann. Die belangte Behörde hätte daher prüfen müssen, ob an der Ankündigung der Arztordination des Beschwerdeführers im Hinblick auf die weiteren Arztordinationen, die sich im Einzugsgebiet befinden, ein konkretes Interesse in diesem Sinn besteht. Das könnte der Fall sein, wenn die schwer auffindbare Ordination des Beschwerdeführers in nicht unbeträchtlicher Entfernung zu anderen Arztordinationen gelegen ist.
Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gem. § 42 Abs. 2 Z 2 lit. b VwGG aufzuheben.
Nicht zutreffend sind die in der Beschwerde vorgetragenen weiteren Verfahrensrügen. Die schwere Auffindbarkeit der Ordination des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde nicht in Zweifel gezogen. Auch stützt die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid entgegen dem Beschwerdevorbringen auf das vom Beschwerdeführer als unzureichend beurteilte Gutachten des Baubezirksamtes Innsbruck ausschließlich hinsichtlich der vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Frage, ob die Standorte der beantragten Ankündigungen außerhalb von Ortsgebieten im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 15 StVO 1960 liegen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Beschwerde war lediglich in zweifacher Ausfertigung einzubringen, weshalb der Kostenersatz für Stempelgebühr der weiteren Ausfertigung nicht zuzusprechen war.
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