VwGH 92/03/0134

VwGH92/03/013411.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Kremla, Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Klagenfurt-Stadtwerke, vertreten durch den Bürgermeister, gegen den Bescheid des BMöWV vom 2. April 1992, Zl. 242.637/1-II/4/92, betreffend Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie (mP: Bund, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung), zu Recht erkannt:

Normen

KflG 1952 §4 Abs1 Z3;
KflG 1952 §4 Abs1 Z4;
KflG 1952 §4 Abs1 Z5 litb;
KflG 1952 §4 Abs1 Z3;
KflG 1952 §4 Abs1 Z4;
KflG 1952 §4 Abs1 Z5 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. Jänner 1991 erteilte der Landeshauptmann von Kärnten der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Ansuchens vom 16. Februar 1990 gemäß §§ 1, 3 und 4 Kraftfahrliniengesetz 1952 (KflG) die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie "Klagenfurt/Heiligengeistplatz - Hörtendorf" auf einer näher beschriebenen Strecke. In der Begründung stellte die Behörde erster Instanz den im Verwaltungsverfahren gegen die Konzessionserteilung seitens der mitbeteiligten Partei (mP) erhobenen Einwendungen vor allem entgegen, daß auf den in Konkurrenz zur nunmehr konzessionierten Kraftfahrlinie stehenden Kraftfahrlinien der mP, bei denen es sich im übrigen um Fernverkehrslinien handle, lediglich eine geringe Einnahmenminderung zu erwarten sei und daß durch die neue Kraftfahrlinie eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des Nahverkehrsbereichs Hörtendorf zu erwarten sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. April 1992 gab die belangte Behörde nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung der mP Folge und wies das Konzessionsansuchen der Beschwerdeführerin gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 und Z. 5 lit. b KflG im Zusammenhalt mit § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, im Fall der Erteilung der angestrebten Konzession wäre der Schutz der von der mP zwischen den Haltestellen "Windischkaserne" bzw. "Hasnerstraße" einerseits und "Hörtendorf/Abzw." bzw. "Hörtendorf/Ort" andererseits betriebenen Kraftfahrlinien 5356 Klagenfurt - Eisenkappel, 5358 Klagenfurt - Tainach, 5360 Klagenfurt - Klopeiner See, 5364 Klagenfurt - Lavamünd und 5368 Klagenfurt Bbf - Hörtendorf (Ort) - Völkermarkt - Wolfsberg/Bbf durch keinerlei Auflagenvorschreibung möglich, da zum Schutz der Postautolinien zielführende Auflagen den Sinn einer innerstädtischen Kraftfahrlinie durch Einschränkungen des Verkehrs zunichte machen würden. Ermittlungen durch Fragebogen hätten ergeben, daß eine Einrichtung von Kursen weder nachmittags an Samstagen noch montags bis samstags zwischen 19,30 und 22,30 Uhr eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Frage kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleisten würde. Es sei daher davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin einen Betrieb in einem etwa gleichen zeitlichen und quantitativen Umfang führen müßte wie die mP auf den von ihr auf der Gleichlaufstrecke betriebenen Kraftfahrlinien. Dies hätte eine Vermehrung der insgesamt angebotenen Kurse und damit einen Rückgang der Anzahl von durch die mP beförderten Fahrgästen zur Folge. Die damit verbundenen Einnahmenausfälle würden angesichts der bestehenden Kostenunterdeckung aller in diesem Bereich in Betracht kommenden, von der mP betriebenen Kraftfahrlinien zu einer Gefährdung der Bewältigung der infrastrukturellen Aufgaben dieser Kraftfahrlinien führen und die wirtschaftliche Betriebsführung der Postautolinien noch mehr in Frage stellen. Im Fall der Erteilung der Konzession an die Beschwerdeführerin wäre noch zu berücksichtigen, daß unter Zugrundelegung eines stündlichen Betriebes zwischen 6,00 und 19,00 Uhr die von der mP angegebenen Frequenzzahlen von 8,3 bzw. 6 Personen pro Kurs auf der Strecke Klagenfurt - Hörtendorf/Ort bzw. 2,7 und 2,4 Personen pro Kurs auf der Strecke Klagenfurt - Hörtendorf/Abzweigung angesichts des Gleichlaufes der weiterhin erforderlichen Postautolinien nicht einmal annähernd erreicht werden könnten. Selbst die angegebenen Frequenzen ließen aber eine wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses nicht zu. Mit einer Konzessionerteilung an die Beschwerdeführerin wäre lediglich ein Einsatz öffentlicher Mittel verbunden, dem kein neuer Nutzen gegenüberstünde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich "in ihrem Recht, nach ordnungsgemäßer Durchführung eines Verwaltungsverfahrens und rechtsrichtiger Anwendung des Kraftfahrliniengesetzes 1952 eine beantragte Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie erteilt zu erhalten", verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mP eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 Kraftfahrliniengesetz 1952, BGBl. Nr. 84, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle 1992, BGBl. Nr. 128/1993, kann die Konzession erteilt werden, wenn die Art der Linienführung eine zweckmäßige und wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses gewährleistet. Gem. § 4 Abs. 1 Z. 5 lit. b leg. cit. liegt ein der Erteilung einer Kraftfahrlinienkonzession engegenstehender Ausschließungsgrund vor, wenn der beantragte Kraftfahrlinienverkehr die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die Verkehrsunternehmer, in deren Bereich die neue Linie ganz oder teilweise fällt, zu gefährden geeignet ist.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1989, Slg. 12.236, wurde § 4 Abs. 1 Z. 3 KflG mit Ablauf des 30. November 1990 als verfassungswidrig aufgehoben. In diesem Erkenntnis führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, daß § 4 Abs. 1 Z. 4 KflG - nach Aufhebung der vorangehenden Z. 3 - keine isolierte Beachtung des Verkehrsbedürfnisses, sondern lediglich dessen Mitberücksichtigung erlaube. Die Behörde sei nach Aufhebung der Z. 3 nicht mehr ermächtigt, allein wegen des mangelnden Verkehrsbedürfnisses die Konzession zu verweigern; vielmehr habe sie bei der Konzessionsverleihung dafür zu sorgen, daß das Verkehrsbedürfnis möglichst zweckmäßig und wirtschaftlich befriedigt werde; nicht das "Ob", sondern das "Wie" habe nun die Behörde zu prüfen. Sie habe zur Erreichung dieser Ziele die Details der Linienführung zu untersuchen und beispielsweise darauf Bedacht zu nehmen, daß die Halte- und Umsteigstellen für das Publikum möglichst zweckmäßig gewählt würden. Dieser Rechtsansicht schließt sich der Verwaltungsgerichtshof wie bereits in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 1994, Zl. 92/03/0082, an.

Eine Gefährdung der Erfüllung von Verkehrsaufgaben liegt dann vor, wenn ein Verkehrsunternehmer in der Führung seiner Linien einschneidend beeinträchtigt wird, im allgemeinen also dann, wenn er einen eine wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet.

Anhaltspunkte für die Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Ausschlußgrundes nach § 4 Abs. 1 Z. 5 KflG ergeben sich aus Ermittlungen und Feststellungen über den Fahrgastausfall, der im Bereich einer konzessionierten Linie durch die Erteilung einer neuen Kraftfahrlinienkonzession zu erwarten ist (vgl. abermals das angeführte hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1994 mit weiteren Judikaturhinweisen).

Die belangte Behörde hat ihren abweislichen Bescheid insbesondere damit begründet, daß im Fall einer Konzessionserteilung die wirtschaftliche Betriebsführung der bereits derzeit mit Kostenunterdeckungen belasteten Postautolinien durch den zu erwartenden Einnahmenentfall noch mehr in Frage gestellt wäre. Hiebei hat sich die belangte Behörde auf von der mP ins Verfahren eingebrachte Ergebnisse von Berechnungen über Einnahmenentfall und Vermehrung der Kostenunterdeckung bei den einzelnen von der mP betriebenen Kraftfahrlinien für den Fall der Konzessionserteilung gestützt. Diese im Bescheid wiedergegebenen Berechnungsergebnisse weisen für die in Konkurrenz zu der angestrebten Kraftfahrlinie stehenden Linien der mP jährliche Einnahmen von insgesamt S 19.883.645,-- bei einer Kostendeckung von durchschnittlich 66,87 % aus. Für den Fall der Konzessionserteilung für die beantragte Kraftfahrlinie sei diesen Unterlagen zufolge ein Einnahmenentfall von insgesamt S 600.000,-- zu erwarten. Daraus folgt, daß sich die durchschnittliche Kostendeckung um 3,04 % und die Gesamteinnahmen dieser mit ihrer gesamten Streckenlänge in Betracht zu ziehenden Kraftfahrlinien der mP bei Konzessionserteilung an die Beschwerdeführerin sich um 3,02 % vermindern würden. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann eine Minderung des Betriebsergebnisses einer Kraftfahrlinie in einem derart geringen Ausmaß nicht als Einnahmenentfall gewertet werden, der eine wirtschaftliche Betriebsführung sichtlich in Frage stellte. Somit kann auch nicht davon die Rede sein, daß unter solchen Gegebenheiten ein Verkehrsunternehmen in der Führung seiner Linien einschneidend beeinträchtigt würde.

Die belangte Behörde hat somit die der mP im Fall der Konzessionierung der beantragten Kraftfahrlinie erwachsenden Mindereinnahmen rechtsirrtümlich als einen Nachteil qualifiziert, der die Erfüllung der Verkehrsaufgaben durch die mP als Betreiberin der konkurrenzierten Kraftfahrlinien gefährde.

Soweit die belangte Behörde eine wirtschaftliche Befriedigung des in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses unter Hinweis auf das geringe Fahrgastaufkommen verneint hat, übersieht sie die durch die Aufhebung des § 4 Abs. 1 Z. 3 KflG gestaltete Rechtslage. Auf Grund des Wegfalles dieser Bestimmung kommt eine isolierte Beachtung des Verkehrsbedürfnisses nicht mehr in Frage. Dies bedeutet, daß auch unter Heranziehung des § 4 Abs. 1 Z. 4 KflG der Mangel eines Verkehrsbedürfnisses nicht mehr allein für die Versagung einer Kraftfahrlinienkonzession ausschlaggebend sein kann. Daß aber andere Gründe eine Versagung der angestrebten Kraftfahrlinienkonzession unter Zugrundelegung der zuletzt angeführten Gesetzesstelle gebieten würden, hat die belangte Behörde nicht dargetan.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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