Normen
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 20. November 1990 wurde der Beschwerdeführer wegen verschiedener Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung zu Geldstrafen verurteilt. Dieser Bescheid wurde seinem anwaltlichen Vertreter am 23. November 1990, einem Freitag, zugestellt. Die Berufungserhebung dagegen erfolgte verspätet. Deshalb stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, in welchem er vorbrachte, sein Vertreter sei am 23. November 1990 berufsbedingt nicht in der Kanzlei gewesen und habe daher erst am Montag, dem 26. November 1990, sowohl die Post dieses Tages als auch des vorangegangenen Freitags (23. November 1990) von seiner Kanzleileiterin in Empfang genommen. Er habe deshalb nicht realisieren können, welche Poststücke am vorangegangenen Freitag und welche am Montag in der Kanzlei eingelangt seien. Durch einen auch nachträglich nicht aufklärbaren und einmaligen Bedienungsfehler des Eingangsstempels habe jedenfalls das Straferkenntnis das unrichtige Eingangsdatum 26. November 1990 aufgewiesen. Seine beiden Angestellten seien seit 15 Jahren bei ihm und hätten noch nie eine Fristversäumung zu verantworten gehabt.
Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 27. Jänner 1992 wurde dem Wiedereinsetzungsantrag vom 21. Mai 1991 nicht Folge gegeben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. Februar 1992 wies die Steiermärkische Landesregierung die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen unter Wiederholung des den Wiedereinsetzungsantrag tragenden Vorbringens aus, gemäß § 71 Abs. 1 lit. a (richtig: Z. 1) AVG 1991 sei gegen die Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft mache, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe. Nach ständiger Rechtsprechung stelle das Versehen eines Kanzleibediensteten für einen Rechtsanwalt und für die vertretene Partei nur dann ein derartiges Ereignis dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Angestellten hinreichend nachgekommen sei. Für die richtige Beachtung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall in einer Rechtsanwaltskanzlei sei stets der Anwalt verantwortlich und habe die Einhaltung im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Tue er dies nicht oder unterlaufe ihm dabei ein Versehen, ohne daß er dartun könne, daß die Fristversäumnis auf einem ausgesprochenen weisungswidrigen Verhalten eines Kanzleiangestellten beruhe bzw. in seiner Person nur ein minderer Grad des Versehens vorliege, so treffe ihn ein Verschulden, das sich gegen die von ihm vertretene Partei auswirke. In diesem Sinne müsse der Rechtsanwalt nach der ständigen Rechtsprechung selbst die Rechtsmittelfrist festsetzen und sich daher auch über ihren Beginn ausreichend vergewissern. Er dürfe sich diesbezüglich nicht auf seine Kanzleiangestellten verlassen; dies gelte auch bei zuverlässigen Kanzleikräften hinsichtlich der Einstellung des Eingangsstempels. Daraus folge, daß sich ein Anwalt persönlich (oder bei Abwesenheit durch einen Vertreter) vom tatsächlichen Zustelldatum behördlicher Schriftstücke in seiner Kanzlei überzeugen müsse. So sei ein Rechtsanwalt wohl angehalten, seine Post entweder persönlich oder durch einen Vertreter am Tag der Einbringung durchzusehen, wobei das falsche Eingangsdatum des Kanzleistempels auffallen müßte. Wenn nun der Rechtsanwalt mangels Vertretung hiezu nicht in der Lage sei, werde er wohl mit der Möglichkeit falscher Stempeleinstellungen rechnen und daher im Zweifel vom frühestmöglichen Zustelldatum ausgehen müssen. Die datumsmäßige Erfassung der Zustellpost stelle jedenfalls wegen ihrer eminenten Wichtigkeit für die Festsetzung der Rechtsmittelfrist keinen rein kanzleitechnischen Vorgang dar, der den Kanzleikräften überlassen werden dürfe, weshalb ein diesbezüglicher Aufmerksamkeitsfehler wohl mehr als ein geringfügiges Versehen darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt im wesentlichen unter Wiederholung seines Vorbringens im Antrag auf Wiedereinstzung die Meinung, es sei dem Rechtsvertreter und daher ihm keine Fahrlässigkeit anzulasten. Es könne dem Vertreter, wenn ihm nach seiner Abwesenheit am Freitag, dem 23. November 1990, am Montag, dem 26. November 1990, die Post beider Tage vorgelegt werde, eine weitere Prüfung nicht zugemutet werden.
Mit diesem Vorbringen vermag er jedoch keine zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit darzutun.
Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung die durch die Novelle BGBl. Nr. 357/1990 (in Kraft seit 1. Jänner 1991) erfolgte Neufassung des § 71 AVG zugrunde gelegt, wonach im Falle des Abs. 1 lit. a (nunmehr Abs. 1 Z. 1) die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht nur dann zu erfolgen hat, wenn die Partei überhaupt kein Verschulden trifft, sondern auch dann, wenn ihr nur ein minderer Grad des Versehens zur Last fällt. Da das zugrundeliegende Strafverfahren jedoch am 1. Jänner 1991 anhängig war, ist für den Beschwerdefall noch die bisherige Rechtslage anzuwenden (vgl. Art. IV Abs. 2 BGBl. Nr. 357/1990 und Art. II Abs. 2 BGBl. Nr. 358/1990 sowie das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1991, Zlen. 91/02/0137, 0138). Danach ist Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung, daß die Partei überhaupt kein Verschulden trifft. Auf den Grad des Verschuldens kommt es nach der noch anzuwendenden Rechtslage nicht an.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ausführungen der belangten Behörde, wonach ein der Partei zur Last fallendes Verschulden nicht ausgeschlossen werden kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Fristenkontrolle bezüglich Rechtsmitteln vom Rechtsvertreter ein besonderes Augenmerk zu widmen (vgl. z.B. die
hg. Beschlüsse vom 20. Juli 1988, Zl. 88/01/0184, und vom 31. Jänner 1989, Zl. 88/05/0256, und das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1991, Zl. 91/05/0182). Dabei unterliegt auch das Zustelldatum einer besonderer Prüfungspflicht, zumal es ein wesentlicher Umstand für das Ende der Rechtsmittelfrist ist. Der Rechtsanwalt hat daher die eingehende Post täglich der erforderlichen Kontrolle zu unterstellen, um Unzukömmlichkeiten bei der Anmerkung des Zustelldatums zu vermeiden. Ist er, wie im vorliegenden Fall behauptet wurde, überhaupt einen ganzen Tag dienstlich abwesend, so hat er, sofern er nicht einen Vertreter betraut hat, am darauffolgenden Arbeitstag die Fristen betreffenden Poststücke einer besonders sorgfältigen Prüfung hinsichtlich des Tages des Einlaufes zu unterziehen. Mit der Behauptung, es habe sich bei den Angestellten des Rechtsanwaltes um langjährige erfahrene Kräfte gehandelt, ist nichts zu gewinnen, zumal den Rechtsanwalt eine besondere Überwachungspflicht trifft, aber in keiner Weise dargelegt wurde, daß und wie er dieser Verpflichtung konkret nachgekommen ist.
Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
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