VwGH 92/01/0821

VwGH92/01/082130.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juli 1992, Zl. 4.306.795/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 9. Dezember 1990, aus Ungarn kommend, in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11. Dezember 1990 einen Asylantrag. Bei seiner am 17. Dezember 1990 von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich durchgeführten niederschriftlichen Befragung gab der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes an:

Er habe keiner politischen oder militärischen Organisation angehört und in seiner Heimat seine Religion frei ausüben können. Er sei nicht politisch verfolgt worden, habe keiner Minderheit angehört und auch keine finanziellen Schwierigkeiten gehabt.

Im Oktober 1989 sei es in der Heimat des Beschwerdeführers zu einem Putsch gekommen, der allerdings fehlgeschlagen sei. Der Bruder des Beschwerdeführers, ein Leutnant der nigerianischen Armee, sei an diesem Putsch beteiligt gewesen. Er sei in das Hauptgefängnis von Lagos gebracht worden. Von diesem Zeitpunkt an habe der Beschwerdeführer jede Spur seines Bruders verloren. Er könne nicht sagen, ob sein Bruder noch am Leben oder bereits hingerichtet sei. Nach der Verhaftung seines Bruders sei es zu einer Verhaftungswelle betreffend die Angehörigen der Putschisten gekommen. Der Beschwerdeführer selbst sei jedoch nicht verhaftet wordern, habe aber bis zu seiner Flucht in ständiger Angst gelebt, verhaftet zu werden. Da er diese Situation nicht mehr habe ertragen können, habe er sich zur Flucht entschlossen. Anfang Dezember 1990 habe er sich ein ungarisches Visum besorgt und sei am 6. Dezember 1990 mit der Balkan-Air von Lagos nach Budapest geflogen.

Daraufhin sprach die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 18. Februar 1991, Zl. FrA-583/91, gemäß § 1 AsylG aus, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes und auch nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Dagegen berief der Beschwerdeführer, wobei er im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholte und hinzufügte, er habe sich, als sein Bruder verhaftet worden sei, im Hause seines Bruders aufgehalten und sei dabei von den Militärangehörigen auch gesehen worden. Er habe daraufhin sein Studium abgebrochen und sich im Haus seines Vaters versteckt.

Die belangte Behörde wies die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. In der Begründung vertrat sie nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtslage die Auffassung, das Ermittlungsverfahren, insbesondere die niederschriftliche Vernehmung des Beschwerdeführers, habe keine Anhaltspunkte für seine Flüchtlingseigenschaft ergeben. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er wäre der Gefahr der Verhaftung durch die nigerianischen Behörden ausgesetzt gewesen, erachtete die belangte Behörde als nicht glaubhaft. Hätten die nigerianischen Behörden ein Interesse an der Verhaftung des Beschwerdeführers gehabt, so wäre er wohl schon im Zuge der Verhaftung seines Bruders festgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe ja angegeben, bei der Verhaftung seines Bruders anwesend gewesen und von der Militärpolizei gesehen worden zu sein. Der Beschwerdeführer sei überdies bis zu seiner Ausreise am 6. Dezember 1990 über ein Jahr nachdem von ihm erwähnten Putsch unbehelligt geblieben, wobei der Umstand, daß er sich im Haus seines Vaters versteckt habe, für eine Polizeibehörde bei entsprechender Ermittlungstätigkeit kein wirkliches Hindernis darstellen könne, den Beschwerdeführer ausfindig zu machen und zu verhaften. Sonstige Gründe für das Verlassen seiner Heimat habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf

Asylgewährung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist zur Rüge des Beschwerdeführers, der Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichne den erstinstanzlichen Bescheid nicht, darauf hinzuweisen, daß sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig ergibt, daß sich sein Spruch auf die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 18. Februar 1991, Zl. FrA-583/91 bezieht. Da Spruch und Begründung eines Bescheides insoweit eine Einheit darstellen, haftet dem angefochtenen Bescheid diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit an.

Inhaltlich vermeint der Beschwerdeführer, konkrete Asylgründe behauptet zu haben, die durch keine gegenteiligen Beweisergebnisse widerlegt seien. Dem ist zu entgegenen, daß nach ständiger hg. Judikatur, die auch auf die seit dem 1. Juni 1992 geltende neue Rechtslage anwendbar ist, nur Nachteile des Asylwerbers selbst, nicht aber Maßnahmen, die gegen seine Angehörigen gesetzt werden, als Grund für die Asylgewährung in Frage kommen können (vgl. dazu z.B. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, Seite 28 Abs. 3 sowie in FN 70 und 71 referierten hg. Erkenntnisse). Daß dem Beschwerdeführer selbst wegen des Verhaltens seines Bruders Maßnahmen drohten, die die Annahme wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus einem der in § 1 Abs. 1 AsylG 1991 genannten Gründe rechtfertigen könnten, hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht. Es kann in diesem Zusammenhang der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie darauf hinwies, daß der Beschwerdeführer selbst bei der Verhaftung seines Bruders zugegen war und von den einschreitenden Militärangehörigen auch gesehen wurde und trotzdem unbehelligt blieb. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen keinen in seiner Person gelegenen, von § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Konventionsgrund ins Treffen führte und auch nicht die Gefahr einer sogenannten Sippenhaftung glaubhaft machte.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Da der angefochtene Bescheid schließlich auch ausreichend begründet ist und der Beschwerdeführer die von ihm behaupteten Begründungsmängel nicht näher konkretisiert hat, liegt auch die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vor und war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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