VwGH 91/18/0175

VwGH91/18/01754.10.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Degischer und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Michael T in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. April 1991, Zl. MA 70-11/143/91/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 15. April 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 12. Dezember 1989 gegen 18.55 Uhr in Wien 10., Himberger Straße - Oberlaaer Straße, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt zu haben, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Über den Beschwerdeführer wurde daher eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt.

Die Berufungsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, es sei aktenkundig, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt gewesen sei, wobei er anläßlich der Sachverhaltsaufnahme "einen sehr müden Eindruck" gemacht habe, "kaum ansprechbar" gewesen sei, "hin und her wackelte" und "unsichere Bewegungen" gehabt habe. Auf Grund dieser Symptome sei ein Alkotest durchgeführt worden, wobei sich das Röhrchen bis zur Markierung verfärbt habe. Bei der anschließenden amtsärztlichen Untersuchung sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer Alkohol und ein stark wirksames Beruhigungsmittel in höherer Dosis zu sich genommen und dies eine solche Beeinträchtigung ergeben habe, daß er nicht fahrtüchtig gewesen sei. Der Meldungsleger habe anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme angegeben, daß der Beschwerdeführer während der gesamten Amtshandlung zeitlich und örtlich nicht orientiert erschienen sei. Sein schwankender Gang, Geruch nach Alkohol aus dem Mund und eine undeutliche Aussprache seien auffallend gewesen. Im Nachtragsgutachten des Amtsarztes sei ausgeführt worden, daß zwar schon allein die Einnahme des Medikamentes eine Verminderung des Reaktionsvermögens nach sich gezogen habe, dies aber durch den Konsum von Alkohol verstärkt worden sei. Die Berufungsbehörde ging ferner davon aus, daß ein Fahrzeuglenker den Tatbestand nach § 5 Abs. 1 StVO auch dann verantworte, wenn seine Fahruntüchtigkeit unabhängig von der Menge des genossenen Alkohols auf Grund irgendwelcher zusätzlicher Komponenten, z.B. Medikamente, eingetreten sei. Der Beschwerdeführer habe selbst zugegeben, Alkohol zu sich genommen zu haben. Durch die Einnahme der Medikamente sei dies, "wenn möglicherweise auch besonders durch diese", derart verstärkt worden, daß der Beschwerdeführer fahruntüchtig gewesen sei. Damit erfülle er aber immer noch die Tatbestandsmerkmale der angelasteten Verwaltungsübertretung. Die Alkoholangaben des Beschwerdeführers seien überdies nicht glaubwürdig, da ein halber Liter Bier einen Wert von ca. 0,4 Promille ergebe, welcher zum Zeitpunkt des Alkotestes, sieben Stunden nach der Konsumation, auf alle Fälle abgebaut gewesen wäre. Dies stehe aber im Gegensatz zum abgelegten Alkotest, bei welchem sich das Teströhrchen bis zur Markierung verfärbt habe, was bedeute, daß in der Atemluft des Beschwerdeführers Alkohol vorhanden gewesen sei. Dieser habe dann in Verbindung mit den Medikamenten zu der vom Amtsarzt festgestellten Fahruntüchtigkeit im Zeitpunkt der Tat geführt. Der Beschwerdeführer müsse demzufolge den Alkohol entweder später oder in größerer Menge als angegeben konsumiert haben. Es sei auch nicht auszuschließen, daß beide Umstände zugetroffen hätten. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten mangelnden Alkoholisierungssymptome sei auf die Ausführungen des Meldungslegers in der Anzeige zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer kaum ansprechbar gewesen sei, einen müden Eindruck gemacht habe und "hin und her wackelte". Allein diese Symptome würden ausreichen, um eine Alkoholbeeinträchtigung zu vermuten, weshalb der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen sei, sich dem Alkotest zu unterziehen. Für diese Verpflichtung sei nicht entscheidend, ob der Fahrzeuglenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt sei, sondern nur der Umstand, ob die Straßenaufsichtsorgane vermuten können, daß sich der Lenker bei der Beanstandung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinde. Diese Vermutung rechtfertige z.B. eine unsichere Fahrweise, langsames Sprechen und ein sehr langsames Reaktionsvermögen. Auch ohne die vom Meldungsleger erst in seiner Aussage angeführten zusätzlichen Symptome sei die Durchführung des Alkotests gerechtfertigt gewesen und habe ein Ergebnis erbracht, welches diese Vermutung erhärtet habe. Der Beweisantrag auf ergänzende zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers und des Amtsarztes sei abzuweisen gewesen, da dies einer Beweiswiederholung gleichkäme, weil der Meldungsleger über alle relevanten Punkte schon zeugenschaftlich einvernommen worden sei und der Amtsarzt als Sachverständiger ein Nachtragsgutachten erstellt habe, weswegen dessen zeugenschaftliche Einvernahme nicht erforderlich gewesen sei.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, darf zufolge § 5 Abs. 1 StVO 1960 ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Eine Person, die ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, obwohl sie vorher Alkohol getrunken hat, verantwortet den Tatbestand nach dieser Bestimmung auch dann, wenn ihre Fahruntüchtigkeit unabhängig von der Menge des genossenen Alkohols auf Grund irgendwelcher zusätzlicher Komponenten (wie z.B. Einnahme von Medikamenten) eingetreten ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1984, Zl. 84/03/0041). Die Strafbarkeit ist also auch dann gegeben, wenn die genossene Alkoholmenge für sich allein noch keine Fahruntüchtigkeit bewirkt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1977, Slg. N.F. Nr. 9654/A).

Der Beschwerdeführer hat in der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde ausdrücklich zugestanden, daß er zur Tatzeit "durch Medikamente" in seiner "Reaktion beeinträchtigt" gewesen sei, wobei ein "zusätzlicher geringfügiger Alkoholkonsum die Reaktionsbeeinträchtigung verstärkte". Damit ist aber bereits klargestellt, daß die Reaktionsfähigkeit des Beschwerdeführers jedenfalls nicht nur durch die Einnahme von Medikamenten, sondern auch durch den Genuß von Alkohol beeinträchtigt war, wobei auf Grund des nach einer Untersuchung des Beschwerdeführers erstatteten ärztlichen Gutachtens davon auszugehen ist, daß diese Beeinträchtigung ein derartiges Ausmaß erreicht hat, daß der Beschwerdeführer "nicht fahrtüchtig ist". Die vom Beschwerdeführer vermißte Feststellung, "inwieweit die verstärkende Wirkung" des genossenen Alkohols tatsächlich vorgelegen gewesen sei, ist nicht von Bedeutung, solange als erwiesen anzunehmen ist, daß die zur Tatzeit gegebene Fahruntüchtigkeit des Beschwerdeführers nicht ausschließlich auf die Wirkungen des Medikamentes zurückzuführen war. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer die zur Tatzeit infolge des Genusses von Alkohol bestandene "Reaktionsbeeinträchtigung" ausdrücklich zugestanden hat, erübrigen sich Erörterungen zu der Frage, ob die belangte Behörde die Angaben des Beschwerdeführers über die Menge des von ihm getrunkenen Alkohols sowie den Zeitpunkt des Alkoholgenusses zu Recht als unglaubwürdig angesehen und angenommen hat, daß diese Alkoholmenge im Tatzeitpunkt jedenfalls abgebaut gewesen wäre. Unter diesen Umständen kann der belangten Behörde auch keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen werden, wenn sie - entgegen den diesbezüglichen Anträgen des Beschwerdeführers - keine ergänzende Befragung des Meldungslegers hinsichtlich der "Alkoholisierungsmerkmale" des Beschwerdeführers durchgeführt hat. Ebensowenig vermag der Gerichtshof eine in diesem Sinne erhebliche Mangelhaftigkeit der im wesentlichen bereits wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides zu erkennen.

Die belangte Behörde hat das Verhalten des Beschwerdeführers sohin zu Recht unter die Bestimmungen der §§ 5 Abs. 1 und 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 subsumiert und dem Beschwerdeführer daher wegen des auch auf die Einwirkung durch Alkohol zurückzuführenden Zustandes der Fahruntüchtigkeit zutreffend keine Übertretung des § 58 Abs. 1 leg. cit. angelastet.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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