VwGH 91/17/0105

VwGH91/17/010530.10.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des Dr. NN Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. März 1991, Zl. Jv 1890-33/90, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litb idF 1989/343;
GebAG 1975 §18 Abs2;
GebAG 1975 §3 Abs1 Z2 litb;
VwRallg;
GebAG 1975 §18 Abs1 Z2 litb idF 1989/343;
GebAG 1975 §18 Abs2;
GebAG 1975 §3 Abs1 Z2 litb;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und aus dem ihr in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid geht der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt hervor:

Der Beschwerdeführer wurde in einem vom Landesgericht für Strafsachen Wien durchgeführten Strafverfahren am 19. Oktober 1989 als Zeuge einvernommen und beantragte hierauf fristgerecht die Bestimmung der Zeugengebühren mit S 3.973,65 bzw. S 3.234,03 als Entschädigung für den mit der erlittenen Zeitversäumnis (Dauer der Zeugeneinvernahme einschließlich der Fahrtzeiten: eineinhalb Stunden) verbundenen, aus dem Einkommen im Jahre 1988 unter Zugrundelegung einer jährlichen Arbeitsleistung von 47 Wochen a 40 Stunden errechneten Verdienstentgang (Stundensatz ohne Abzug der Umsatz- und Einkommensteuer von S 2.649,10 bzw. Stundensatz unter Berücksichtigung der genannten Steuern von S 2.156,02).

Mit Bescheid vom 18. Dezember 1989 bestimmte der Kostenbeamte des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die dem Beschwerdeführer zustehende Zeugengebühr mit S 312,-- (darin enthalten Reisekosten zu S 40,-- und Zeitaufwand für die halbstündige Zeugeneinvernahme gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 Gebührenanspruchsgesetz 1975 - GebAG im Ausmaß von zwei Stunden zu je S 136,--); das weitere Begehren des Beschwerdeführers wurde unter Hinweis auf § 18 Abs. 1 GebAG als unbegründet abgewiesen.

In seiner Beschwerde an den Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß der im § 18 Abs. 1 GebAG gewählte Wortlaut "tatsächlich entgangene Einkommen" naturgemäß nicht anders interpretiert werden könne, als daß dem selbständig Erwerbstätigen sein auf Stunden umgerechnetes Jahresbruttoeinkommen in dem Ausmaß zu ersetzen sei, in welchem er durch die Verrichtung seiner Zeugenpflicht an seiner Tätigkeit als selbständig Erwerbstätiger verhindert sei. Er beantragte, seiner Beschwerde Folge zu geben und ihm die Zeugengebühren im vollen beantragten Umfang zuzusprechen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde diese Beschwerde abgewiesen; dies mit der Begründung, daß gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG die Gebühr des Zeugen die Entschädigung für Zeitversäumnis umfasse, die beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen darstelle. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei unter "tatsächlich entgangenen" Einkommen nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen, vielmehr müsse auch beim selbständig Erwerbstätigen der konkrete Verdienstentgang unter entsprechender Aufgliederung behauptet werden. Die belangte Behörde wies in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 1989, Zl. 86/17/0057, hin. Daß der Beschwerdeführer durch die Abwesenheit von seiner Rechtsanwaltskanzlei eine bestimmte Tätigkeit nicht habe verrichten können und ihm dadurch ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei, sei nicht behauptet worden.

Mit Beschluß vom 17. Juni 1991, B 274/91-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erhalt einer angemessenen Entschädigung für die Zeitversäumnis, welche er als Zeuge erlitten habe, verletzt. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und erblickt diese vornehmlich in der unrichtigen Gesetzesinterpretation des § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG. Der Begründung der Urbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof läßt sich entnehmen, daß der Beschwerdeführer die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage bekämpft, wann bei einem selbständig Erwerbstätigen von einem tatsächlich entgangenen Einkommen gesprochen werden kann und wie die Höhe des erhobenen Anspruches auf Zeugengebühr zu bescheinigen ist. Der Begriff "tatsächlich entgangenes Einkommen" könne unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes nur so verstanden werden, daß dem unselbständig (richtig wohl: selbständig) Erwerbstätigen sein auf Stunden umgerechnetes Jahresbruttoeinkommen in dem Ausmaß zu ersetzen sei, in welchem er durch die Verrichtung seiner Zeugenpflicht und seiner Tätigkeit als selbständig Erwerbstätiger verhindert sei. Da das Gesetz von einer Bescheinigung des Anspruches spreche, sei es nicht erforderlich, der Behörde die volle Überzeugung von der Wahrheit einer bestimmten Tatsachenbehauptung zu verschaffen, sondern es genüge, wenn die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen vermittelt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 18 GebAG in der Fassung des Art. XXXI des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 343/1989 lautet auszugsweise wie folgt:

"Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18 (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 136 S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z. 1

  1. a) beim unselbständig Erwerbstätigen ....
  2. b) beim selbständig Erwerbstätigen DAS TATSÄCHLICH

    ENTGANGENE EINKOMMEN,

  1. c) ....
  2. d) ....

(2) Im Falle des Abs. 1 Z. 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z. 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen."

Vor der genannten Novelle hieß es inhaltlich übereinstimmend im § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG, daß die Gebühr des Zeugen die Entschädigung für Zeitversäumnis umfaßt, wobei diese beim selbständig Erwerbstätigen DAS TATSÄCHLICH ENTGANGENE EINKOMMEN betrifft.

Die dem § 18 Abs. 2 leg. cit. in der neuen Fassung entsprechende Bestimmung lautete in ihrer früheren Fassung wie folgt:

"(2) Vermag der Zeuge zwar die Tatsache eines Anspruches nach § 3 Abs. 1 Z. 2, nicht aber dessen Höhe zu bescheinigen, so gebührt ihm eine Entschädigung von 52 S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die ihm eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht."

Im Hinblick auf die gleichen Tatbestandsmerkmale in der älteren und neueren Fassung der in Rede stehenden Gesetzesstellen wird in der Literatur (vgl. hiezu Krammer, Neuerungen im Gebührenanspruchsrecht, in: Der Sachverständige, Heft 3/1989) zu Recht die Ansicht vertreten, daß für Ansprüche nach § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG in der Fassung der genannten Novelle die ganze bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG alte Fassung anwendbar bleibt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der zuletzt zitierten Gesetzesstelle (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1989, Zl. 86/17/0057, und die dort zitierten Vorerkenntnisse) ist unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, nicht aber nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den KONKRETEN Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Im besonderen sprach der Gerichtshof in dem eben zitierten Erkenntnis auch aus, die Berufung auf einen in der Regel mit Zeugeneinvernahmen verbundenen Verdienstausfall vermöge ein konkretes Vorbringen betreffend einen bestimmten Einkommensverlust nicht zu ersetzen. Es komme weder auf die Stundensätze nach den Allgemeinen Honorarrichtlinien noch auf die beim selbständig Erwerbstätigen auflaufenden Fixkosten an.

Anlaß, von dieser zu den maßgebenden Tatbestandsmerkmalen bestehenden Rechtsprechung abzugehen, bietet der vorliegende Beschwerdefall nicht. Nach dieser Rechtsprechung ist aber die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht, beim selbständig Erwerbstätigen sei "tatsächlich entgangenes Einkommen" das auf Stunden umgerechnete Jahresbruttoeinkommen, unrichtig. Zwar genügt im Sinne der Ausführungen des Beschwerdeführers zur Bescheinigung des Anspruches die Glaubhaftmachung, das Tatsachenvorbringen im Verwaltungsverfahren hat jedoch ein Vorbringen über einen KONKRETEN Verdienstentgang zu enthalten; daß der Beschwerdeführer ein solches Vorbringen tatsächlich erstattet hätte, behauptet er jedoch in seiner Beschwerde nicht. Insbesondere blieb die Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid unbekämpft, der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, daß durch die Abwesenheit von seiner Rechtsanwaltskanzlei eine bestimmte Tätigkeit nicht habe verrichtet werden können und daß dadurch dem Beschwerdeführer ein bestimmter Einkommensverlust entstanden sei.

Auf Grund dieser Erwägungen läßt schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde mußte daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden.

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