VwGH 91/14/0125

VwGH91/14/012526.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde der S Handelsgesellschaft mbH in E, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom 7. Februar 1991, Zl. 76-GA4BK-ME/89, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1986, zu Recht erkannt:

Normen

AktG 1965 §131 Abs1 B4;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6 Z3;
HGB §211 Abs1;
AktG 1965 §131 Abs1 B4;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6 Z3;
HGB §211 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH handelt mit Notproviant, den sie aus den USA importiert und für dessen Haltbarkeit

- vorgeschriebene Lagerung und Wartung vorausgesetzt - sie für 15 Jahre Gewähr leistet. Ihr Hauptabnehmer ist das Bundesheer. Die Beschwerdeführerin bildete auf Grund der Lieferung des Streitjahres an das Bundesheer eine Rückstellung für Gewährleistungsfälle im Ausmaß von 15 % des Nettorechnungsbetrages der Lieferung.

Die Abgabenbehörden anerkannten im Instanzenzug nur eine Gewährleistungsrückstellung im allgemein üblichen Ausmaß von 3 % der Lieferung, weil von einem über das allgemeine Maß hinausgehenden Risiko nicht gesprochen werden könne.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung der von ihr gebildeten Gewährleistungsrückstellung verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Grund nach ist die Bildung der Rückstellung unbestritten. Strittig ist nur die Höhe. Für diese ist entscheidend, inwieweit am Bilanzstichtag ernstlich, d.h. mit größter Wahrscheinlichkeit (hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1967, 321/67) eine Heranziehung auf Grund der Garantiepflicht zu erwarten war. Ein wirtschaftlich dieses Jahr betreffender Aufwand mußte ernsthaft, also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, voraussehbar gewesen sei, sodaß er den Erfolg dieses Wirtschaftsjahres mit künftigen Ausgaben belastet (hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1983, 1419/79 u.a.).

Die Beschwerdeführerin bringt vor, daß hinsichtlich der Haltbarkeit der von ihr gehandelten Langzeitlebensmittel keine Erfahrungen vorlägen. Es fehlt daher an Gewährleistungsfällen, die über die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens Aufschluß geben könnten. Dieser Umstand spricht jedoch nicht für die Richtigkeit der Höhe der von der Beschwerdeführer gebildeten Rückstellung, sondern gegen diese. Größere Wahrscheinlichkeiten als von der belangten Behörde zugestanden, lassen sich daraus nämlich nicht ableiten. Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Gefahr bestimmt das Ausmaß der Rückstellung. Die Unbekanntheit dieses Grades mangels entsprechender Erfahrungen ist daher kein Argument für einen höheren Ansatz, sondern verschiebt die Wahrscheinlichkeit in die Richtung einer bloßen Möglichkeit eines Gewährleistungsfalles. Die Möglichkeit eines solchen ist aber nicht der Wahrscheinlichkeit gleichzusetzen und daher für die Ausmessung der Höhe der Rückstellung nicht ausschlaggebend. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, Erfahrungsmangel berechtige zu erhöhter Rückstellung, ist somit verfehlt.

Daß die Beschwerdeführerin Wertpapiere angeschafft hat, um im Gewährleistungsfall liquid zu sein, gibt über die Höhe der ihr drohenden Gewährleistungspflichten, die das betreffende Wirtschaftsjahr belasten, keinen Aufschluß.

Für die Beantwortung der entscheidenden Frage ist es auch belanglos, ob die Beschwerdeführerin beabsichtigte, in den folgenden Wirtschaftsjahren die Rückstellung mit 1 % pro Jahr aufzulösen. Sie setzt sich im übrigen in diesem Zusammenhang durch ihre Behauptung, das Bundesheer lagere den Notproviant nicht 15 Jahre, sondern verwende ihn laufend, mit dem Schreiben des Bundesministers für Landesverteidigung vom 24. August 1989 in Widerspruch, in dem es zu Z. 2 der Anfrage des Finanzamtes heißt, "es ist beabsichtigt, die gelieferten Waren während der vollen Dauer der Gewährleistungsfrist zu lagern".

Die Beschwerdeführerin hält es für die Bemessung der Rückstellung zu Unrecht für wesentlich, daß nach den lebensmittelrechtlichen Vorschriften eine Beschlagnahme der Gesamtlieferung möglich wäre. Wie bereits ausgeführt, kommt es auf die Möglichkeit einer Beschlagnahme nicht an, sondern auf den Grad der Wahrscheinlichkeit eines Gewährleistungsfalles. Ob eine Beschlagnahme nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften die gesamte Lieferung des Streitjahres erfassen dürfte, hinge im übrigen von der Lage des Falles, also davon ab, ob der Verdacht der Abweichung des Lebensmittels von der vorschriftsmäßigen Beschaffenheit die gesamte Lieferung trifft. Daß ein solcher Fall zum Bilanzstichtag in einem Ausmaß wahrscheinlich gewesen sei, der die Höhe der von der Beschwerdeführerin gebildeten Rückstellung gerechtfertigt hätte, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan und das Ermittlungsverfahren nicht ergeben. In diesem Zusammenhang ist im übrigen darauf hinzuweisen, daß laut dem erwähnten Schreiben des Bundesministers für Landesverteidigung (zu Z. 6 der Anfrage des Finanzamtes) die Anzahl der Verpackungseinheiten verschieden ist, sodaß beim Auftreten von Mängeln verschiedenste Produkte (aufgezählt sind 14 verschiedene Lebensmittel jeweils in einer Dose) auszutauschen wären. Die Ermittlungsergebnisse haben auch keinen Anhaltspunkt dafür geboten, daß die gesamte Lieferung des Streitjahres ein und derselben Charge der Produktion entstamme und daher bei Fehlerhaftigkeit einer Dose die gesamte Lieferung des betreffenden Produktes dem Verdacht der Fehlerhaftigkeit ausgesetzt wäre.

Die sich aus den Vorschriften des Lebensmittelrechtes ergebenden Besonderheiten der Ware genügen daher zum Nachweis der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht.

Zwar kann der belangten Behörde darin nicht gefolgt werden, daß eine erhöhte Gewährleistungsrückstellung NUR dann vorzunehmen wäre, wenn die Beschwerdeführerin Informationen darüber besäße, daß die Lebensmittel z.B. nur 8 oder 10 Jahre gelagert werden könnten. Die Unrichtigkeit dieser Ansicht ändert jedoch nichts daran, daß die Beschwerdeführerin nicht dargetan hat, daß aus einem anderen Grund der Wahrscheinlichkeitsgrad einer Inanspruchnahme aus der Gewährleistung die Bildung einer höheren als von der belangten Behörde anerkannten Rückstellung gerechtfertigt hätte.

Die Beschwerdeführerin wird durch den angefochtenen Bescheid daher im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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