VwGH 91/13/0196

VwGH91/13/01964.9.1992

Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde 1) des Ing. D und

2) der B, beide in R, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld, Berufungssenat X, vom 24. 6.1991, Zl. GA 6/4 - 4031/91 - 02, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1987 und 1988, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1151;
ABGB §1152;
ABGB §1175;
BAO §167 Abs2;
BAO §25;
EStG 1972 §20 Abs1 Z4;
EStG 1972 §4 Abs1;
ABGB §1151;
ABGB §1152;
ABGB §1175;
BAO §167 Abs2;
BAO §25;
EStG 1972 §20 Abs1 Z4;
EStG 1972 §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermitteln, führen einen Weinbaubetrieb in der Form einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Bis zum Jahr 1986 wurden die gemäß § 188 BAO festgestellten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft den beiden Gesellschaftern jeweils zur Hälfte zugerechnet.

Erstmals in den am 18. April 1988 beim Finanzamt eingelangten Abgabenerklärungen für das Kalenderjahr 1987 haben die Beschwerdeführer ihrem Sohn eine Gewinnquote in Höhe von 20 % des Gesamtgewinnes eingeräumt. Als Absolvent der Weinbauschule Klosterneuburg arbeitet er im elterlichen Betrieb mit und lebt auch mit den Beschwerdeführern im gemeinsamen Haushalt.

Im Zug einer die Jahre 1986 bis 1988 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß der Eintritt des Sohnes in die Gesellschaft der Eltern dem Finanzamt erst an Hand der Abgabenerklärungen nach Ablauf der entsprechenden Veranlagungszeiträume zur Kenntnis gebracht worden sei. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei diese Neuerung nach außen nicht ausreichend zum Ausdruck gekommen, weshalb ihr für die Streitjahre die Anerkennung versagt werden müsse. Die Aufteilung der Gewinne habe weiterhin zwischen den Ehegatten im Verhältnis 50 % zu 50 % zu erfolgen.

Gegen die auf Grundlage des Prüfungsergebnisses erlassenen Feststellungsbescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Auf Ersuchen der belangten Behörde um Vorlage sämtlicher im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Sohnes schriftlich oder mündlich getroffener Vereinbarungen teilten sie mit, daß über das Arbeitsverhältnis weder ein Gesellschaftsvertrag noch eine andere Abmachung geschlossen worden sei. Zunächst hätten die Beschwerdeführer beabsichtigt, ihren Sohn, der einmal den landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen solle, als Dienstnehmer zu beschäftigen. Nachdem aber eine Anmeldung zur Versicherung nach dem ASVG von der zuständigen Gebietskrankenkasse abgelehnt worden war, hätten die Beschwerdeführer nur mehr die Möglichkeit gesehen, ihn bei der Bauernkrankenkasse zu versichern und als Gesellschafter am Betriebsergebnis zu beteiligen. Ob die Behörde den zur Deckung seines Lebensunterhaltes tatsächlich ausbezahlten Betrag von S 1.000,-- pro Woche als Gewinnanteil oder in Form von Lohnaufwendungen als Betriebsausgabe berücksichtige, liege in ihrem Ermessen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und führte begründend aus, für die Annahme eines Gesellschafts- oder Dienstverhältnisses fehle es an einer nach außen in Erscheinung tretenden Vereinbarung, die geeignet sei, für das Vorliegen des behaupteten Vertragsverhältnisses Beweis zu liefern. Für den privaten Charakter der Arbeitsleistungen spreche im übrigen die geringe Höhe der Vergütungen, die daher als in der familienhaften Beistandspflicht begründet auch als Lohnaufwendungen nicht abzugsfähig seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Bescheidaufhebung aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhalts und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; die Beschwerdeführer erklären sich in ihrem Recht auf Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes (§§ 114 und 115 BAO) und ihrem Recht auf Anerkennung bezahlten Arbeitslohnes als Betriebsausgabe verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Ausführungen der Beschwerde zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gehen insoweit ins Leere, als sie mit dem Vorbringen, der zur Verneinung des behaupteten Gesellschaftsverhältnisses führende Sachverhalt sei unter Verletzung der Bestimmungen der §§ 114 und 115 BAO ermittelt worden, den Beschwerdepunkt verlassen, welcher die Behauptung der Verletzung ihres Rechtes auf eine dem Gesellschaftsverhältnis entsprechende Gewinnfeststellung gerade nicht enthält, sondern sich auf die Verletzung des Rechtes auf Anerkennung bezahlten Arbeitslohns als Betriebsausgabe beschränkt. Soweit die Verfahrensrüge auf diese Frage Bezug nimmt, wirft sie der belangten Behörde außerhalb der im nachstehenden zu behandelnden Bekämpfung ihrer Beweiswürdigung eine konkrete Verletzung von Verfahrensvorschriften einsichtig nicht vor.

Als inhaltlich rechtswidrig rügen die Beschwerdeführer die Beurteilung der ihrem Sohn geleisteten Zahlungen als nicht abzugsfähiges Taschengeld. Dieser Qualifikation der Zahlungen liegt erkennbar die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 zugrunde, wonach - unter anderem - freiwillige Zuwendungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten, noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen. Die Beschwerdeführer treten dem behördlichen Standpunkt über die Freiwilligkeit ihrer wöchentlichen Zahlungen an ihren Sohn mit der Auffassung entgegen, daß sich die Annahme der Unentgeltlichkeit der vom Sohn geleisteten Dienste verbiete, weil dieser seine ganze Arbeitskraft ihrem Unternehmen gewidmet habe und auf das erhaltene Entgelt zur Deckung seines Lebensunterhalts angewiesen gewesen sei.

Streitentscheidend ist nach dem Beschwerdepunkt die Frage, ob das Leistungsverhältnis zwischen den Beschwerdeführern und ihrem Sohn als Dienstverhältnis angesehen werden kann. Die belangte Behörde hat dies mit dem Hinweis auf die von der verwaltungsgerichtlichen Judikatur entwickelten Grundsätze zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen und auch deswegen verneint, weil der wöchentlich verausgabte Betrag in zu geringer Höhe liege und zudem als Lohn weder aufgezeichnet, noch erklärt worden sei. Die Beschwerde bezeichnet die geringe Höhe des Lohns als "familiär bedingt", auf das behördliche Argument, daß Verbuchung und Erklärung der Zahlungen als Lohnaufwand unterlassen wurden, weiß sie nichts zu erwidern.

Damit ist die Beschwerde zur Erfolglosigkeit verurteilt. Ob die Absicht von Parteien eines in Frage stehenden Rechtsgeschäftes darauf gerichtet war, dieses Rechtsgeschäft abzuschließen, ist für die abgabenrechtliche ebenso wie für die zivilrechtliche Beurteilung des Eintritts der mit dem Geschäftsabschluß verbundenen Rechtsfolgen eine Tatfrage, deren Lösung auf der Ebene der Beweiswürdigung gefunden werden muß, gleich ob die Parteien der behaupteten Vereinbarung zueinander im Angehörigenverhältnis stehen oder nicht. Denn auch die von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestellten Anforderungen an Veranbarungen zwischen nahen Angehörigen sind Ausfluß der Beweiswürdigung. Der dem Verwaltungsgerichtshof - von der Verfahrensprüfung abgesehen - über die behördliche Beweiswürdigung allein aufgetragenen Schlüssigkeitskontrolle (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 1992, 90/13/0139) hält der angefochtene Bescheid stand:

Der von den Beschwerdeführern unwidersprochen gebliebene Umstand, daß sie die ihrem Sohn geleisteten Zahlungen als Lohnaufwand weder verbuchten, noch in ihren Abgabenerklärungen als Betriebsausgabe geltend machten, fügt sich mit ihrem im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt zusammen, mit dem sie geltend machten, daß der Abschluß eines Dienstvertrages mit ihrem Sohn nicht möglich und der einzig offen gebliebene Weg steuerlicher Berücksichtigung der Arbeit ihres Sohnes daher jener der gesellschaftsrechtlichen Einbindung gewesen sei. Erstmals in ihrer im Berufungsverfahren erstatteten Vorhaltsbeantwortung boten die Beschwerdeführer als Eventualantrag die rechtliche Lösung des Abzugs ihrer Zahlungen als Betriebsausgabe an. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage zur Feststellung gelangte, daß eine auf die Begründung eines Dienstverhältnisses gerichtete Parteienabsicht nicht vorgelegen sei, kann ihrer Beweiswürdigung Unschlüssigkeit nicht mit Erfolg vorgeworfen werden. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß die außerhalb des Beschwerdepunktes gelegene Unschlüssigkeitsrüge in bezug auf die Verneinung eines rechtsgeschäftlichen Willens zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages ebensowenig tragfähig gewesen wäre:

Schon das Fehlen eines Zusammenhanges der wöchentlichen Zahlungen mit dem tatsächlich erwirtschafteten Betriebsergebnis hätte es verhindert, die erkennbare behördliche Beweiswürdigung als unschlüssig anzusehen, daß sich die wöchentlichen Zahlungen als Form der Gewinnverteilung nicht verstehen ließen und daher ein - sei es auch nur konkludent zum Ausdruck gekommener - Parteiwille zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages nicht festzustellen sei.

Der belangten Behörde ist somit beizupflichten, wenn sie in ihrer Gegenschrift zum Ausdruck bringt, daß die Beschwerdeführer mit der von ihnen gewählten Gestaltung der Leistungsbeziehungen zu ihrem Sohn der Behörde keine andere Wahl ließen, als die dem Sohn zufließenden wöchentlichen Gelder rechtlich als freiwillige Zuwendung nach § 20 Abs. 1 Z. 4 EStG 1972 zu qualifizieren. Wenn die Beschwerdeführer diesem Ergebnis einen Verstoß gegen das Leistungsbeziehungen generell innewohnende Entgeltlichkeitsprinzip vorwerfen, übersehen sie, daß für Leistungen im Familienverband aktuelle Entgeltserwartungen die Ausnahme sind. Die rechtliche Grundlage für Leistungen im Familienverband liegt regelmäßig nämlich nicht in unmittelbar aktualisierbaren Entgeltsvorstellungen, sondern in anderen Beweggründen, sei es das Erbringen des eigenen Beitrags zur Befriedigung der Familienbedürfnisse und der Förderung der Familieninteressen, sei es der Erwerb der Erfahrung und der Erweis der Tauglichkeit für die erwartete Position als künftiger Nachfolger in der Führung des elterlichen Unternehmens. Dies hat die zivilrechtliche ebenso wie die abgabenrechtliche Judikatur zumal - aber keineswegs nur - für den landwirtschaftlichen Bereich immer wieder erkannt (vgl. die zu ENr. 54 ff zu § 1152 ABGB in MGA 233 wiedergegebene Rechtsprechung sowie etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1956, 453/55, Slg. Nr. 1369/F, vom 22. November 1960, 1756/56, vom 11. Februar 1980, 3132/78, vom 21. Oktober 1986, 86/14/0042, und vom 13. September 1989, 88/13/0042).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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