VwGH 91/11/0101

VwGH91/11/010126.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des Franz A in S, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 14. Juni 1991, Zl. 11-39 A 9-91, betreffend Abänderung eines Bescheides in einer Angelegenheit des Kraftfahrwesens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs2;
KFG 1967 §75 Abs2;
AVG §68 Abs2;
KFG 1967 §75 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit (mündlich verkündetem) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 11. Dezember 1990 wurde unter Bezugnahme auf § 75 Abs. 2 KFG 1967 der Beschwerdeführer aufgefordert, "bis Ende Jänner 1991 sich einer weiteren amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen und dabei einen verkehrspsychologischen Befund vorzulegen". Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. März 1991 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 14. Juni 1991 wurde der genannte Berufungsbescheid vom 12. März 1991 gemäß § 68 Abs. 2 AVG in seinem Spruch dahingehend abgeändert, daß die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 11. Dezember 1990 abgewiesen, jedoch die Frist, innerhalb der er sich einer weiteren amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen und dabei einen verkehrspsychologischen Befund vorzulegen hat, bis 20. August 1991 verlängert wird.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, daß der Behauptung des Beschwerdeführers, er sei im Verwaltungsverfahren unvertreten gewesen und es sei der angefochtene Bescheid dessenungeachtet (entsprechend der Zustellanordnung) an den Beschwerdevertreter zugestellt worden, die Aktenlage entgegensteht, geht doch aus den vorgelegten Verwaltungsakten hervor, daß das Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vertreter mit Eingabe vom 12. April 1991 an die Erstbehörde, bei ihr spätestens eingelangt am 22. April 1991, ordnungsgemäß angezeigt wurde. Damit war der Vertreter des Beschwerdeführers ab diesem Zeitpunkt als Zustellungsbevollmächtigter im Sinne des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz anzusehen, sodaß der angefochtene Bescheid an ihn rechtswirksam zugestellt wurde und jedenfalls als erlassen zu gelten hat.

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG, wonach von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, unter anderem von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, aufgehoben oder abgeändert werden können. Von diesem Recht darf nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn damit keine Verschlechterung der Rechtsstellung einer Partei verbunden ist, weshalb eine solche Vorgangsweise, wenn dadurch die Rechtslage der Partei ungünstiger als durch den ursprünglichen (aufgehobenen oder abgeänderten) Bescheid gestaltet wird, gesetzwidrig ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1979, Slg. Nr. 9769/A, vom 13. Juni 1979, Slg. Nr. 9875/A, und vom 27. Februar 1989, Zl. 88/12/0201).

Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12. März 1991 eingebrachte Beschwerde mit Beschluß vom 4. Juni 1991, Zl. 91/11/0041, unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung zurückgewiesen und dies damit begründet, daß dieser Bescheid - im Hinblick darauf, daß eine darauffolgende Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 75 Abs. 2 zweiter Satz KFG 1967 mangels Möglichkeit der Befolgung der Aufforderung infolge Ablaufes der darin gesetzten Frist nicht in Betracht kam - keine rechtlichen Auswirkungen zu zeitigen vermag und daher der Beschwerdeführer durch diesen Bescheid auch nicht in seinen Rechten verletzt sein konnte. Das bedeutet aber auch, daß der Beschwerdeführer die Rechtsstellung wiedererlangt hat, die er vor Erlassung des Aufforderungsbescheides vom 11. Dezember 1990 hatte, ebenso wie wenn dieser Bescheid nie erlassen worden wäre. Durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abänderung des Berufungsbescheides vom 12. März 1991 ist diese Rechtsstellung des Beschwerdeführers zu seinen Ungunsten verändert worden, weil dieser Bescheid (anders als der abgeänderte Bescheid) geeignet war, die im § 75 Abs. 2 KFG 1967 vorgesehene Rechtsfolge für den Fall der Nichtbefolgung einer derartigen Aufforderung nach sich zu ziehen. In die Rechtsstellung des Beschwerdeführers hätte nur mittels neuerlicher Erlassung eines erstinstanzlichen Aufforderungsbescheides eingegriffen werden dürfen. Damit hat die belangte Behörde, die auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet hat, die Rechtslage verkannt.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Stempelgebühren insgesamt nur S 390,-- (S 360,-- für die dreifach einzubringende Beschwerde und S 30,-- für den in einer einzigen Ausfertigung vorzulegenden angefochtenen Bescheid) zu entrichten waren.

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