Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §126;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §126;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberkontrollor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Wirtschaftsabteilung der Verwaltung der Hochschule für Musik und darstellende Kunst "Mozarteum" in Salzburg.
Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die belangte Behörde am 10. April 1991 beschlossen, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 123 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979) ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Dieser Einleitungsbeschluß war wie folgt begründet worden:
"Oberkontrollor A wird beschuldigt, er habe sich in seinen an Prof. B gerichteten Schreiben vom 19. Juni 1990 und 2. August 1990 herabwürdigender beleidigender Worte bedient, dadurch gegen die Bestimmungen des § 43 BDG verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 BDG begangen. Der Disziplinarsenat ist zur Auffassung gelangt, daß die vorliegenden Unterlagen, insbesondere die vom Beschuldigten an Herrn Prof. B gerichteten Schreiben vom 19. Juni 1990 und 2. August 1990, ausreichen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Disziplinarakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht darauf verletzt, daß nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 91 und 123 BDG 1979 gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet werde. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, im bekämpften Bescheid werde lediglich angeführt, daß er sich in den beiden zitierten Schreiben vom 19. Juni und 2. August 1990 herabwürdigender, beleidigender Worte bedient habe. Worin im einzelnen konkret diese beleidigenden Worte liegen sollen, werde nicht angeführt. Im bekämpften Einleitungsbeschluß sei nicht konkretisiert, in welchen in dem beiden angeführten Schreiben enthaltenen Behauptungen der Vorwurf der Beleidigung erblickt werde. Es sei in dem angefochtenen Bescheid auch nicht begründet, warum eine solche Beleidigung eine Dienstpflichtverletzung darstellen solle. Dem angefochtenen Bescheid fehle daher jene vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderte Bestimmtheit des Inhaltes und des Anklagevorwurfes. Er sei daher auch nicht geeignet, Grundlage eines Disziplinarverfahrens zu bilden. In dem Einleitungsbeschluß müßte vielmehr konkret und genau angeführt werden, welche Sätze und welche Redewendungen als Beleidigung und dementsprechend als Dienstpflichtverletzung qualifiziert würden und aus welchem Grunde eine solche Dienstpflichtverletzung vorliegen solle. Diese Mindestvoraussetzungen seien jedoch im Beschwerdefalle nicht gegeben. Im übrigen sei die Annahme einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 durch das Gesetz nicht gedeckt. Selbst wenn dem Beschwerdeführer zu Unrecht unterstellt würde, daß nicht nur das Schreiben vom 19. Juni 1990, sondern auch jenes vom 2. August 1990 vom Beschwerdeführer stammen würde, sei festzustellen, daß beide Schreiben nicht an die Öffentlichkeit gerichtet worden wären und daher auch ohne Willen des Prof. B der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht worden seien. Dementsprechend könne keine Rede davon sein, daß durch den Inhalt der beiden Schreiben irgendeine Beeinträchtigung des Vertrauens der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beschwerdeführer eintreten habe können, sodaß eine wesentliche Tatbestandsvoraussetzung des § 43 Abs. 2 BDG 1979 von vornherein nicht vorliege.
Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen.
Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluß gemäß § 123 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig.
Da gegen den Beschluß auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens kein Rechtsmittel zulässig ist, ist damit der Instanzenzug erschöpft und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
Der Beschluß, das Disziplinarverfahren gemäß § 123 Abs. 2 BDG 1979 einzuleiten, ist nicht bloß eine prozessuale Verfügung. Der Beschluß gestaltet vielmehr das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer erhält nämlich durch den Beschluß den Status eines Beamten, gegen den ein Disziplinarverfahren eingeleitet ist, dessen Rechtsverhältnisse anders sind als die jener Beamten, gegen die kein Disziplinarverfahren eingeleitet ist (VfSlg. 4327;
VwSlg. 9168/A). Der Einleitungsbeschluß ist daher als Bescheid zu qualifizieren.
Die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darin gelegen, dem einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. Dies ist schon deshalb erforderlich, um klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1985, Zl. 84/09/0143, VwSlg. 11.938/A und vom 27. April 1989, Zl. 89/09/0014).
Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird und für dessen weiteren Gang er eine Prozeßvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen können muß, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluß begrenzt regelmäßig den Umfang einer durchzuführenden Untersuchung und des vor den Disziplinarkommissionen stattfindenden Verfahrens:
Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluß in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens war (vgl. VfSlg 5523/1967, 7016/1973). Eine selbständige, bindende Feststellung über die Schuld des betroffenen Beamten enthält der Einleitungsbeschluß nicht; er stellt nur eine vorläufige Meinungsäußerung der zuständigen Disziplinarbehörde dar, daß der Beschuldigte eines Dienstvergehens verdächtigt sei und daß bei der Schwere des Vorwurfs über Schuld und Strafe im Disziplinarverfahren entschieden werden müsse. Er ist also nicht in sich abgeschlossen, sondern - wie sein Name besagt - lediglich dazu bestimmt, das Disziplinarverfahren einzuleiten, sofern nicht schon vorher eine Einstellung erfolgt.
Dem Beschwerdeführer kann zunächst nicht in der Auffassung gefolgt werden, der angefochtene Einleitungsbeschluß werde seiner oben dargestellten Umgrenzungsfunktion nicht gerecht und sei daher keine wirksame Verfahrensgrundlage für das anschließende Disziplinarverfahren.
Der Prozeßgegenstand wird durch die Bezeichnung des Beschuldigten und die Schilderung der Tat, die dem Beschuldigten zur Last gelegt werden soll, bestimmt. Im Rahmen der Umgrenzungsfunktion muß die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat im Einleitungsbeschluß so beschrieben werden, daß praktisch unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang Gegenstand des Disziplinarverfahrens sein soll. Die umschriebene konkrete Tat muß nicht nur nach Ort und Zeit, sondern durch bestimmte Tatumstände so genau gekennzeichnet werden, daß keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Beschuldigten zur Last gelegt werden und was im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden dürfte auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses ergehenden Disziplinarerkenntnisses haben würde. Sie muß sich von anderen gleichartigen Handlungen, die der Beschuldigte begangen haben kann, genügend unterscheiden lassen.
Wie die Sachverhaltsschilderung beschaffen sein muß, um die Umgrenzungsfunktion zu erfüllen, hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab. Die Schilderung muß umso konkreter sein, je größer die allgemeine Möglichkeit ist, daß der Beschuldigte verwechselbare Dienstpflichtverletzungen gleicher Art verübt hat.
Im Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG liegt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften dann, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung derselben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn unklar bleibt, auf welchen konkreten Sachverhalt sich die Verdachtsgründe beziehen und was im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden dürfte.
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann keine Rede davon sein, daß der angefochtene Einleitungsbeschluß vom 10. April 1991 seine Umgrenzungsfunktion nicht erfüllen würde.
Die beiden dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Schreiben sind im Einleitungsbeschluß angegeben, ebenso, daß der Beschwerdeführer sich darin gegenüber Prof. B herabwürdigender und beleidigender Worte bedient habe. Daß die maßgebenden, vom Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz wiedergegebenen und in den bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Fotokopien der beiden Schreiben enthaltenen Passagen wie "Zurechnungsunfähigkeit" (Schreiben vom 19. Juni 1990) sowie
"... daß ein als Lehrer unfähiger, alter Geißbock mit vollem
Gehalt in die Pension gehen kann" und "... da ein alter
Krauterer wie Sie, zu solchen Bocksprüngen, rein medizinisch gesehen, nicht mehr fähig ist", nicht wörtlich wiedergegeben wurden, schadet rechtens nicht, weil mit dem oben wörtlich wiedergegebenen Inhalt der angefochtene Einleitungsbeschluß gerade noch seine Umgrenzungs- wie seine Informationsfunktion bezüglich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verdachtsgründe erfüllt.
Daß aber derartige, dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Äußerungen sehr wohl eine Pflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 darstellen können, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0076 und vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0070) ausdrücklich festgestellt. Ob der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Äußerungen tatsächlich verfaßt hat, wird in dem sich daran anschließenden Disziplinarverfahren (Disziplinarerkenntnis) festzustellen sein. Die Beschwerde vermochte somit keine relevante Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
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