Normen
ABGB §1151;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
FBG 1991 §3 Z12;
GmbHG §15;
KO §25;
ABGB §1151;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
ASVG §4 Abs2;
FBG 1991 §3 Z12;
GmbHG §15;
KO §25;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.150,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 6. März 1989 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld und legte dazu eine Arbeitsbescheinigung vom 1. März 1989 seines letzten Dienstgebers der C-GmbH (in der Folge GmbH genannt), vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Z als bestelltem Masseverwalter, vor, wonach die Beschäftigung des Beschwerdeführers in der GmbH als Geschäftsführer am 19. Februar 1989 durch vorzeitigen Austritt nach § 25 KO geendet habe; Kündigungsentschädigung sei nicht gezahlt worden, weil die Dienstgeberin insolvent sei. In der Folge wurde Arbeitslosengeld bewilligt und an den Beschwerdeführer ausgezahlt.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste vom 18. Dezember 1990 wurde gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug der "Notstandshilfe" für den Zeitraum vom 6. März 1989 bis 19. Juni 1989 widerrufen und die Bemessung rückwirkend berichtigt sowie die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rückzahlung des noch offenen Restes der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von S 13.842,-- in Raten a S 1.500,-- ausgesprochen. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im angeführten Zeitraum bei der GmbH arbeitslosenversicherungspflichtig angemeldet gewesen und habe gleichzeitig die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen gerichteten Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge und begründete ihre Entscheidung nach Wiedergabe des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes und Zitierung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer sei als Geschäftsführer der GmbH nach deren Konkurs als Liquidator bis zum 19. Juni 1989 weiter beschäftigt gewesen, sein Dienstverhältnis sowie die darauf basierende Anmeldung beim Sozialversicherungsträger sei aufrecht geblieben, weshalb er im spruchrelevanten Zeitraum als nicht arbeitslos zu gelten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht. Rechtswidrigkeit des Inhaltes vermeint der Beschwerdeführer darin zu erblicken, daß die Feststellung der belangten Behörde, er sei nach dem Konkurs der GmbH als Liquidator bis 19. Juni 1989 weiterbeschäftigt gewesen, unrichtig sei. Aus dem beigelegten beglaubigten Firmenbuchauszug sei vielmehr ersichtlich, daß der Beschwerdeführer seit 6. März 1989 als Liquidator aufscheine; bis zum heutigen Tage habe sich daran nichts geändert. Die Feststellung des angefochtenen Bescheides, wonach der Beschwerdeführer (nur) bis zum 19. Juni 1989 als Liquidator tätig gewesen sei, sei somit unrichtig. Weiters werde die im angefochtenen Bescheid festgestellte Weiterbeschäftigung in Abrede gestellt. Die Behörde zweiter Instanz nehme einen unzulässigen Schluß vor, nämlich, daß die Eintragung des Beschwerdeführers als Liquidator im Firmenbuch gleichbedeutend mit einem arbeitnehmerähnlichen Dienstverhältnis sei. Dies könne aber nicht behauptet werden, da nicht jeder Liquidator zwingend in einem Angestelltendienstverhältnis stehe. Richtig sei überdies, da die Liquidationstätigkeiten zur Gänze vom Masseverwalter Dr. Z vorgenommen worden seien. Die Eintragung im Firmenbuch, der eher formale Bedeutung zukomme, sei im Rahmen eines (unentgeltlichen) freien Auftragsverhältnisses erfolgt. Bereits in der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, daß die GmbH am 17. Februar 1989 geschlossen worden sei. Aus der vom Masseverwalter Dr. Z gefertigten Arbeitsbescheinigung vom 1. März 1989 gehe das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses mit 19. Februar 1989 hervor. In diesem Zusammenhang sei auch die Bestätigung Dris. Z zu sehen, wonach nach Konkurseröffnung am 10. Februar 1989 der Beschwerdeführer keinerlei Bezüge mehr von der Gemeinschuldnerin erhalten habe und es auch zu keiner Auszahlung aus dem IESG-Fonds gekommen sei. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht der Beschwerdeführer im wesentlichen darin gelegen, daß die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides die sich allenfalls aus der Arbeitsbescheinigung des Masseverwalters Dr. Z vom 1. März 1989, wonach das Ende des Dienstverhältnisses mit 19. Februar 1989 angegeben sei, und der Abmeldung der Wiener Gebietskrankenkasse, wonach das Dienstverhältnis erst am 19. Juni 1989 durch den Masserverwalter gelöst worden sei, ergebenden Widersprüche durch ergänzende Erhebungen nicht aufgeklärt habe.
Darüberhinaus sei auch sein Recht auf Parteiengehör verletzt worden, da man ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu den vorliegenden Widersprüchen hätte geben müssen.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Z. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer
arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.
Nach § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Entsprechend dem § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos, wer in einem Dienstverhältnis steht.
Nach § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.
Nach § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
In der dem Antrag vom 6. März 1989 beiliegenden Arbeitsbescheinigung wurde vom Masseverwalter der in Konkurs geratenen GmbH bestätigt, daß das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers zur genannten GmbH bis 19. Februar 1989 gedauert habe. Im Gegensatz dazu wurde mit Schreiben vom 14. Februar 1991 der Wiener Gebietskrankenkasse bestätigt, daß "das Dienstverhältnis" des Beschwerdeführers "zur genannten Firma zum 19. Juni 1989 gemäß § 25 KO durch den Masseverwalter gelöst" worden sei und der Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt in einem sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnis gestanden sei. Aus der der Beschwerde beigelegten beglaubigten Abschrift aus dem Firmenbuch ist mit 6. März 1989 der mit Beschluß des Handelsgerichtes vom 10. Februar 1989 eröffnete Konkurs eingetragen worden mit dem Zusatz, daß Liquidator der bisherige Geschäftsführer R (der Beschwerdeführer) sei.
Die zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruches nach § 25 Abs. 1 AlVG vorerst zu beantwortende Frage ist daher, ob - entgegen anderslautender Behauptungen - der Beschwerdeführer auch über den 19. Februar 1989 hinaus für die GmbH in einem versicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnis gestanden ist bzw. wann eine rechtswirksame Auflösung dieses Beschäftigungsverhältnisses erfolgte.
Zunächst einmal ist festzuhalten, daß - ausgehend von der unbestrittenen Tatsache, daß der Beschwerdeführer bis zur Konkurseröffnung Geschäftsführer der GmbH war - dem Beschwerdeführer Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld gemäß § 1 Abs. 6 Z. 2 IESG nicht zustanden; darauf, ob der Beschwerdeführer in dem für die Geltendmachung von Insolvenzausfallgeld relevanten Zeitraum die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Z. 3 IESG erfüllt hat, kommt es nicht an. Ebensowenig bedeutsam ist es, daß mit Eintragung vom 6. März 1989 der Beschwerdeführer als Liquidator der Gemeinschuldnerin im Firmenbuch aufscheint, da die Tatsache der Eintragung des Beschwerdeführers ins Firmenbuch "als Liquidator" über die Fortdauer eines versicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnisses allein nichts aussagt. Die Tätigkeit als Liquidator für sich allein begründet auch kein neues Beschäftigungsverhältnis.
2) Daher bleibt die weitere Frage zu prüfen, wie und zu welchem Zeitpunkt dieses Beschäftigungsverhältnis (auf welcher Rechtsgrundlage auch immer basierend) aufgelöst wurde. Aus der dem Antrag vom 6. März 1989 beigelegten Arbeitsbescheinigung geht hervor, daß das Dienstverhältnis durch vorzeitigen AUSTRITT kraft § 25 (offenbar gemeint KO) beendet worden sei. Demgegenüber ist der Abmeldung des Beschwerdeführers bei der Wiener Gebietskrankenkasse durch den bestellten Masseverwalter zu entnehmen, DASZ DIESER dem Beschwerdeführer nach § 25 KO am 19. Februar 1989 gekündigt habe, wobei das Ende des Beschäftigungsverhältnisses mit 19. Juni 1989 (offenbar Ende der Kündigungsfrist) angegeben ist. In der Beschwerde wird dazu erstmals das Austrittsschreiben des Beschwerdeführers vom 20. Februar 1989 vorgelegt, wonach ER sein Angestelltenverhältnis gemäß § 25 KO mit Ablauf des 19. Februar 1989 vorzeitig gelöst wissen wollte. Hier ist grundsätzlich zwischen dem Anstellungsvertrag zur Begründung der schuldrechtlichen Beziehung zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft einerseits und dem körperschaftsrechtlichen Bestellungsvertrag, der nur die vertragliche Eingliederung des Geschäftsführers in das Unternehmen der Gesellschaft zum Gegenstand hat, andererseits zu unterscheiden, da durch die Bestellung zum Geschäftsführer nicht immer zwingend auch ein Dienstvertrag im Sinn des § 1151 ABGB begründet wird (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. November 1956, Slg. Nr. 4189/A; Torggler in GesRZ 1974, Seite 8 f; Mayer in Festschrift Floretta 1983, Seite 766). Daß im vorliegenden Fall dem Beschwerdeführer Dienstnehmereigenschaft zukommt, ist unbestritten.
Gemäß § 25 KO kann der Dienstnehmer im Falle des Konkurses des Dienstgebers das Dienstverhältnis durch vorzeitigen Austritt beenden; nach derselben Gesetzesbestimmung kann aber auch der Masseverwalter, in diesem Falle allerdings unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen, den Dienstnehmer kündigen. Während also der Dienstnehmer seinen Austritt mit SOFORTIGER Wirkung erklären kann, ist der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dienstgebers bzw. der Dienstgeberfirma verpflichtet, die Kündigungsfrist einzuhalten, was bedeutet, daß das Beschäftigungsverhältnis erst nach Ablauf dieser Frist als beendet anzusehen ist.
Die belangte Behörde wird daher in diesem Sinne ergänzende Erhebungen, zweckmäßigerweise insbesondere durch Befragung des Masseverwalters Dr. Z, zu pflegen haben, um diesen sich aus dem Akteninhalt ergebenden für die Entscheidung wesentlichen Widerspruch aufzuklären.
Da der angefochtene Bescheid aus den dargelegten Gründen mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet ist, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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