VwGH 91/03/0041

VwGH91/03/004125.3.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Jänner 1991, Zl. IIb2-V-8183/6-91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §5 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs5;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 26. März 1989 um 01.30 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf dem öffentlichen Parkplatz von der Drogerie "Hübl" in Kössen, Dorf Nr. 40, gelenkt und sei mit der Front des Pkws gegen die westseitige Hausmauer des Hauses Kössen, Dorf Nr. 40, gestoßen, wodurch Sachschaden entstanden sei, und es nach diesem Unfall unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Unfall zu verständigen. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde nicht innerhalb der Frist des § 51 Abs. 5 VStG ihre Entscheidung erlassen habe.

Diesem Einwand kommt keine Berechtigung zu. Gemäß § 51 Abs. 5 VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 358/1990 gilt der angefochtene Bescheid, wenn eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb eines Jahres ab Einbringung der Berufung erlassen wird, als aufgehoben und ist das Verfahren einzustellen.

Die Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis langte bei der Erstbehörde am 31. Jänner 1990 ein. Der Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer laut Zustellschein und seiner eigenen Angabe zufolge am 30. Jänner 1991 zugestellt und gilt sohin mit diesem Tage als erlassen. Die Frist des § 51 Abs. 5 VStG ist somit gewahrt.

Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort einen Pkw lenkte. Die belangte Behörde nahm gleich der Vorinstanz an, daß der Beschwerdeführer dabei mit der Front des Pkws gegen eine Hausmauer stieß und die Mauer beschädigte (Eindellung der Wärmeschutzisolierung). Gegen diese Annahme bestehen auf Grund der Aktenlage, insbesondere in Hinsicht auf die Aussage des Zeugen J, keine Bedenken. Daß und aus welchen Gründen der vom Beschwerdeführer beantragte, von der belangten Behörde aber nicht durchgeführte Ortsaugenschein zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wird vom Beschwerdeführer außer mit der Behauptung, der Ortsaugenschein hätte ergeben, daß die Eindellung nicht von seinem Fahrzeug stammen könne, nicht näher dargelegt und vermag auch der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, zumal der Schaden an der Hausmauer bereits im Frühjahr 1989 behoben wurde. Daß der Malermeister, der diesen Schaden behob und der anläßlich der mit ihm vor dem Gendarmerieposten Kössen aufgenommenen Niederschrift angab, es sei "im Vollwärmeschutz eine Eindellung von einer Stoßstange" vorhanden gewesen, nicht förmlich von der Behörde als Zeugen vernommen wurde, stellt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keinen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel dar, weil diese Person - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend darlegte - nicht unmittelbar Tatzeuge war und es nicht darauf ankam, ob die Beschädigung der Hausmauer durch die Stoßstange oder einen anderen Teil des Fahrzeuges erfolgte. Dem Beschwerdeführer wurde im übrigen nie angelastet, es sei die Beschädigung der Hausmauer durch die am Fahrzeug des Beschwerdeführers angebrachte Stoßstange herbeigeführt worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zur Begründung der im § 4 Abs. 1 und 5 StVO genannten Pflichten nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt - da der Anwendungsbereich des § 4 in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist -, wenn die Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätten erkennen können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1991, Zl. 90/03/0051). In der Frage, ob der Beschwerdeführer den Verkehrsunfall mit Sachschaden bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte wahrnehmen müssen, konnte sich die belangte Behörde - ohne daß ihr eine Rechtswidrigkeit anzulasten ist - auf das von ihr eingeholte schlüssige Gutachten eines Kfz-Sachverständigen stützen. Nach Lage der Akten besteht kein Zweifel, daß es sich bei diesem Sachverständigen um einen Amtssachverständigen im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG handelt, auch wenn er sein Gutachten nicht auf einem Papier des Amtes der Tiroler Landesregierung abgab. Die aus diesem Grunde gegen diesen Sachverständigen in der Beschwerde vorgetragenen Einwendungen entbehren sohin der Grundlage.

Aber auch die Verfahrensrüge, daß die belangte Behörde seinem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Abgabe einer Äußerung zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht stattgegeben habe bzw. darauf überhaupt nicht eingegangen sei, vermag nicht durchzuschlagen. Der Beschwerdeführer begründete den Antrag auf Fristverlängerung damit, daß er seinen Wohnsitz von F verlegt habe, weshalb es seinem Vertreter nicht möglich gewesen sei, innerhalb der Äußerungsfrist mit ihm Kontakt aufzunehmen. Wenn der Beschwerdeführer trotz Kenntnis der Anhängigkeit eines gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahrens seinem Vertreter die Wohnsitzänderung nicht bekanntgab, dann hat er diesen Umstand selbst zu vertreten. Doch abgesehen davon ist nicht ersichtlich, daß es dem Vertreter des Beschwerdeführers mangels Kontaktnahme mit seinem Mandanten nicht möglich gewesen wäre, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme innerhalb der gesetzten Frist zu äußern. Tatsächlich wurde vom Vertreter des Beschwerdeführers zum Ergebnis der Beweisaufnahme fristgerecht eine Stellungnahme abgegeben, die jedoch kein Vorbringen enthält, das eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Äußerung gerechtfertigt und erfordert hätte, etwa zur Beibringung eines Gegengutachtens zum Gutachten des Amtssachverständigen. Auch der vorliegenden Beschwerde ist nicht zu entnehmen, was der Beschwerdeführer zusätzlich vorgebracht hätte, wenn ihm die Frist zur Stellungnahme verlängert worden wäre, weshalb der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen vermag, daß der Beschwerdeführer dadurch, daß sein Antrag unberücksichtigt blieb, in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt wurde.

Schließlich trifft die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe bei der Strafbemessung nicht beachtet, daß er ohne Vermögen und Besitz sei und für ein Kind zu sorgen habe, nicht zu, da die belangte Behörde auf diesen Umstand, wie der von ihr zur Strafbemessung gegebenen Begründung zu entnehmen ist, ausdrücklich Bedacht nahm.

Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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