VwGH 91/01/0095

VwGH91/01/009518.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde der Angela C in L, vertreten durch Dr. J Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. März 1991, Zl. 4.292.498/2-III/13/90, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, reiste am 19. Februar 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am gleichen Tag Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Befragung am 25. Februar 1990 gab die Beschwerdeführerin im wesentlichen an, sie habe keiner politischen Partei angehört. Auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit - sie sei Adventistin - habe sie bereits seit ihrer Schulzeit Probleme gehabt und deswegen eine "Betragensnote" erhalten. Sie habe deshalb keine Möglichkeit gehabt, einen Arbeitsplatz zu finden. Im April 1989 sei ihr Bruder aus Rumänien geflüchtet und sie sei in diesem Zusammenhang von der Miliz verhört worden. Am 1. September 1989 sei sie nach Jugoslawien geflüchtet, dort aber festgenommen und 20 Tage in Haft gehalten worden. Am 25. November 1989 sei sie nach Rumänien abgeschoben worden. Nach ihrer Rückstellung sei sie von den örtlichen Behörden beschimpft und auch geschlagen worden. In ihrer Heimatgemeinde habe sie sich zweimal wöchentlich bei der Miliz melden müssen und es sei ihr verboten worden, den Ort zu verlassen. Bei der Miliz sei sie jedesmal beschimpft worden; es seien auch Personen beauftragt worden, ihr nachzuspüren und Mitteilungen über sie an die Behörde weiterzugeben. Nach der Revolution habe sich die Situation nicht wesentlich geändert. Sie habe auch nachher keinen Reisepaß erhalten. Die Bevölkerung sei aufgefordert worden, in T gegen die ungarische Minderheit zu demonstrieren, die Beschwerdeführerin und andere Personen seien zu dieser Demonstration zwangsweise in Busse verfrachtet worden, um mitzumarschieren. Als sie die Bemerkung gemacht habe, daß sie nicht einsehe, warum sie gegen die Ungarn demonstrieren solle, die friedlich ihre Rechte forderten, während die Rumänen mit Stöcken und anderem bewaffnet gewesen seien, sei sie von einer Person in Zivil bedroht worden. Sie habe auch nach der Revolution das Land illegal verlassen müssen, weil sie keinen Reisepaß ausgestellt erhalten hätte. Sie sei in einem holländischen Lkw außer Landes geschmuggelt worden.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. Mai 1990 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling im Sinne der Konvention ist.

In der dagegen erhobenen Berufung wird im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe bis 1986 die Volkshochschule für Klavier besucht. Sie hätte noch zwei Jahre studieren müssen, um an der Musikschule unterrichten zu können. Da sie aber nicht bereit gewesen sei, der "UTC" beizutreten, sei sie von den Professoren immer schlechter benotet worden als ihre Studienkollegen, obwohl sie sicher nicht schlechter gespielt habe als die anderen. Zum Schluß habe sie sogar eine Betragensnote erhalten, was bedeute, daß sie auf Grund ihres "undisziplinären" Verhaltens von der Schule verwiesen worden sei. In den folgenden drei Jahren habe sie überall in der Umgebung eine Arbeitsstelle gesucht, aber keine erhalten, insbesondere deshalb weil sie adventistischen Glaubens sei. So habe sie als Taglöhnerin arbeiten müssen, um wenigstens der Familie nicht so sehr zur Last zu fallen. Nachdem ihr Bruder 1989 aus Rumänien geflüchtet sei, sei sie von der Behörde und den Nachbarn noch mehr diskriminiert worden, weil nur Verbrecher und Arbeitsunwillige Landesflucht begingen, anstatt sich in den Arbeitsprozeß einzugliedern. In der letzten Zeit vor ihrer Flucht habe sie sich kaum auf die Straße getraut und sei wie eine Aussätzige behandelt worden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie begründete ihren Bescheid substantiell damit, die Beschwerdeführerin habe im gesamten Verwaltungsverfahren keine Umstände glaubhaft gemacht, die objektiv die Annahme rechtfertigen könnten, daß sie sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes befinde und nicht gewillt sei, sich wieder unter dessen Schutz zu stellen. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Beeinträchtigungen erfüllten den Tatbestand einer Verfolgung nicht. Sie gingen nicht über das hinaus, was die Bewohner des Heimatlandes auf Grund des herrschenden Systems allgemein hinzunehmen hätten und stellten daher keine individuell gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention dar. Das Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei wegen illegalen Grenzübertrittes sanktioniert worden, könne nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft führen, da Sanktionen wegen eines Verstoßes gegen die den Grenzübertritt oder den Aufenthalt eines Staatsangehörigen im Ausland regelnden Vorschriften für sich allein noch keine Verfolgung aus den in der Konvention normierten Gründen darstellten. Das Recht auf Arbeit, Wohnung etc. ohne daß durch eine Verweigerung dessen die Lebensgrundlage entzogen werde, sei kein geschütztes Rechtsgut im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Eine wohlbegründete Furcht liege insbesondere dann nicht vor, wenn sich der Asylwerber in einem anderen Land bessere Verdienstmöglichkeiten erwarte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (AsylG), in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, wegen ihrer Flucht nach Jugoslawien im Jahre 1989 Benachteiligungen ausgesetzt gewesen zu sein, ist ihr entgegenzuhalten, daß Bestrafungen wegen Übertretung paß- und fremdenpolizeilicher oder sonstiger den Aufenthalt im Ausland regelnder Vorschriften keine in der Konvention begründeten Verfolgungshandlungen darstellen (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 19. März 1986, Slg. NF Nr. 12082 A). Ebensowenig können die Beschwerdeausführungen betreffend die religiöse Einstellung der Beschwerdeführerin und ihre Situation im Berufsleben als begründete Furcht vor Verfolgung aus in der Konvention genannten Gründen gewertet werden.

Die belangte Behörde ist auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren im angefochtenen Bescheid hinreichend eingegangen. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, daß ihr Vorbringen nicht entsprechend berücksichtigt worden sei, weil die belangte Behörde das ihr "zustehende Ermessen" rechtswidrig ausgeübt habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß im Asylverfahren der Behörde kein Ermessen eingeräumt ist.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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