VwGH 91/01/0048

VwGH91/01/004818.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Tarek M in K, vertreten durch Mag. Dr. J, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 21. Februar 1991, Zl. 1W-717/3/91, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der vom Beschwerdeführer, geboren 1966 in Salzburg, nach seinem Vater einem jordanischen Staatsangehörigen - seine Mutter ist österreichische Staatsbürgerin - am 26. September 1990 gestellte Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) 1985, BGBl. Nr. 311, abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergebe sich, daß der Beschwerdeführer bereits im Jahre 1979 erstmals polizeilich in Erscheinung getreten sei. Die von der Bundespolizeidirektion Salzburg insbesondere wegen verschiedener Diebstahlsdelikte erhobenen Anzeigen hätten jedoch wegen Strafunmündigkeit zu keiner Verurteilung geführt. Der Beschwerdeführer sei jedoch auch in der Folge wiederholt straf- bzw. verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung getreten. Seitens der angehörten Sicherheitsbehörden sei übereinstimmend die Ansicht vertreten worden, daß das Verhalten des Beschwerdeführers keine Gewähr dafür biete, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bilde. Es stehe fest, daß gegen den Beschwerdeführer sechs rechtskräftige Gerichtsstrafen sowie verschiedene Verwaltungsstrafen, insbesondere wegen Übertretung des Paß-, Melde- und Fremdenpolizeigesetzes sowie des Art. IX EGVG verhängt worden seien. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StBG vorliegen, müsse nach ständiger Judikatur das Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers berücksichtigt werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Person mit Rücksicht auf von ihr begangenen strafbaren Handlungen eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. bilde, spiele es demnach keine Rolle, ob sie Bundes- oder Landesgesetze übertreten habe, ob die Verstöße von Gerichten oder Verwaltungsbehörde zu ahnden gewesen seien und ob es sich im einzelnen Fall um eine Angelegenheit handle, die der allgemeinen Sicherheitspolizei oder einer speziellen Verwaltungspolizei zuzuordnen sei. Wesentlich sei lediglich, daß es sich um einen Rechtsbruch handle, der den Schluß rechtfertige, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche zur Abwehr und Unterdrückung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten. Es stehe fest, daß der Beschwerdeführer seit 1984 sechsmal, darunter mit rechtskräftigen Urteilen vom 19. Juni 1987 und vom 20. Oktober 1988 zu je sechs Monaten Freiheitsstrafe bedingt gerichtlich verurteilt worden sei. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer wiederholt wegen verschiedener Verstöße gegen verwaltungsstrafrechtliche Bestimmungen bestraft worden. In Anbetracht dieser zum Teil schwerwiegender Verstöße gegen strafrechtliche Bestimmungen sei die belangte Behörde im Zusammenhang mit dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch in Anbetracht der Stellungnahme der Sicherheitsbehörden zur Ansicht gelangt, daß das Verhalten des Beschwerdeführers keine Gewähr dafür biete, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bilde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevorbringen in seinem Recht auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im § 10 Abs. 1 Z. 1 bis 8 StbG 1985 sind die Voraussetzungen angeführt, unter denen einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden kann. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. kann die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, muß bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vorliegen, das Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers berücksichtigt werden. Dieses Gesamtverhalten wird wesentlich durch das sich aus vom Einbürgerungswerber begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt. Bei der Beurteilung, ob eine Person mit Rücksicht auf von ihr begangene strafbare Handlungen eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. bildet, kommt es lediglich - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 26. Juni 1979, Zl. 311/79, und vom 9. April 1986, Zl. 84/01/0103, ausgesprochen hat - darauf an, ob es sich um einen Rechtsbruch handelt, der den Schluß gerechtfertigt erscheinen läßt, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche zur Abwehr und Unterdrückung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten.

Es steht unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer seit 1984 rechtskräftig viermal gemäß § 127 StGB, einmal gemäß § 83 Abs. 1 StGB und zweimal nach § 16 Suchtgiftgesetz rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlangt § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz eine materielle Prüfung der Persönlichkeit des Einbürgerungswerbers daraufhin, ob er nach seinem bisherigen Verhalten für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit unbedenklich erscheint, wobei der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte abstellt. Es ist daher unerheblich, daß die verhängten Strafen nur bedingt ausgesprochen worden sind und die Probezeit der verhängten Strafen zum Teil abgelaufen ist, zum Teil kurz vor dem Ablauf stehen. Bei dieser Sachlage kann der belangten Behörde nicht begründet entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Schluß gekommen ist, das Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhalt insbesondere mit den auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden und auch nicht getilgten Straftaten biete keine Gewähr dafür, er bilde keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit. Ein Bewerber um die österreichische Staatsbürgerschaft, der das Gastrecht des ihn beherbergenden Landes wiederholt und gröblich durch Verstöße gegen strafrechtliche Bestimmungen verletzt hat, bietet, auch wenn er sich zwischenzeitlich durch etwas mehr als zwei Jahre wohlverhalten hat, keine ausreichende Gewähr dafür, daß er auch im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz in Zukunft keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstellen wird.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte