Normen
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
StGG Art12;
VereinsG 1951;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
StGG Art12;
VereinsG 1951;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 1.011,70 (insgesamt S 3.035,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17. Mai 1989 wurde gemäß § 24 Vereinsgesetz der Verein "S" (der Erstbeschwerdeführer) mit dem Sitz in E aufgelöst. Dieser Bescheid wurde am 22. Mai 1989 dem Obmann des genannten Vereines (dem Drittbeschwerdeführer) zugestellt.
Mit Eingabe vom 15. Juni 1989 stellte der erstbeschwerdeführende Verein den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, begehrte diesem Antrag aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und erhob gleichzeitig Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 17. Mai 1989. Den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründete der beschwerdeführende Verein im wesentlichen damit, daß der Drittbeschwerdeführer im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom 17. Mai 1989 nicht mehr Obmann gewesen sei, sondern die Zweitbeschwerdeführerin als Obmannstellvertreterin. Über diesen Umstand habe die Zweitbeschwerdeführerin das Gendarmeriepostenkommando L am 2. Mai 1989 informiert, welches darüber am selben Tage die Bezirkshauptmannschaft R benachrichtigt habe.
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. Dezember 1989 wurde folgendes ausgesprochen:
"I. Gemäß § 71 Abs. 1 lit. a AVG wird der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.
II. Gemäß § 71 Abs. 6 AVG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung nicht beigelegt."
Gegen diesen Bescheid erhob der beschwerdeführende Verein Berufung.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Jänner 1991 wurde folgendes ausgesprochen:
"1. Die Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14. Dezember 1989, Zahl Vr-709/14/88, mit dem die Anträge vom 15.6.1989 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Auflösungsbescheid der Sicherheitsdirektion vom 17.5.1989, Zahl Vr-709/6/88, und auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen wurden, wird gem. § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 und § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen.
2. Der Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 14.12.1989, Zahl Vr-709/14/88, wird gem. § 68 Abs. 2 AVG 1950 von Amts wegen insoferne abgeändert, als dessen Spruch nunmehr zu lauten hat:
"Die Anträge vom 15.6.1989 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Auflösungsbescheid vom 17.5.1989, Zahl Vr-709/6/88, und auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, werden gem. § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen."
3. Die Berufung vom 15.6.1989 gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 17.5.1989, Zahl Vr-709/6/88, mit dem der Verein "S" aufgelöst wurde, wird gem. § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 und § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen."
In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, der Drittbeschwerdeführer habe bei seiner Zeugeneinvernahme am 21. Juni 1989 angegeben, daß er gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin einen ausdrücklichen Rücktritt als Obmann nicht erklärt habe. Durch ihren telefonischen Anruf habe er sich an den von ihm übernommenen Auflösungsbescheid erst wieder erinnert; er habe den Bescheid daraufhin am 19. oder 20. Juni 1989 dem Rechtsanwalt übermittelt. Die von Ulrike W. angekündigte schriftliche Anzeige über den Rücktritt des Vereinsobmannes Michael N. sei nie erstattet worden. Gemäß § 12 Abs. 1 Vereinsgesetz 1951 habe das Leitungsorgan eines Vereins seine Mitglieder unter Angabe ihrer statutenmäßigen Funktion, ihres Namens und ihrer Wohnanschrift binnen vier Wochen nach ihrer Bestellung der nach dem Vereinssitz zuständigen Bezirks- bzw. Bundespolizeibehörde anzuzeigen. Auf Grund der Vereinsstatuten und der so erstatteten Anzeigen hätte die Behörde gemäß § 12 Abs. 2 und 3 Vereinsgesetz Auskünfte und Bestätigungen darüber zu erteilen bzw. aufzustellen, wer danach zur Vertretung des Vereins nach außen befugt sei. Mit Rücksicht auf Sinn und Zweck dieser Bestimmungen sei daraus abzuleiten, daß grundsätzlich jede Änderung in der Besetzung des Leitungsorganes und jede Wohnungsänderung eines seiner Mitglieder der Behörde in gleicher Weise zu melden sei. Dies müsse wohl bei einem Wechsel in der Person des für den Verein Vertretungsbefugten umsomehr Geltung haben. Das Vereinsgesetz selbst regle nicht, wer das Risiko des Bekanntwerdens geänderter Vertretungsverhältnisse trage. Mangels anderslautender spezieller Bestimmungen sei § 1026 ABGB heranzuziehen, aus dem sich ergebe, daß dieses Risiko der Vertretene trage. Es seien daher jene Personen Dritten und auch der Behörde gegenüber für den Verein als vertretungsbefugt anzusehen, die der Vereinsbehörde mit Wahlanzeige gemeldet worden seien. Dies auch dann, wenn sie inzwischen abgewählt worden seien oder ihrer Funktion sonst verlustig gegangen seien und dies der Vereinsbehörde nicht in der oben angeführten Weise angezeigt worden sei. Im vorliegenden Fall sei der Bezirkshauptmannschaft R die am 15. Oktober 1988 für zwei Jahre erfolgte Wahl des Michael N. zum gemäß § 13 der Statuten zur Vertretung des Vereines berufenen Obmann angezeigt worden. Da eine dem § 12 Abs. 1 Vereinsgesetz 1951 iVm § 13 Abs. 1 AVG entsprechende Anzeige einer diesbezüglichen Änderung entgegen der Ankündigung durch Ulrike W. nicht erstattet worden sei, sei unter Bedachtnahme auf § 1026 ABGB an der Zustellung des Auflösungsbescheides an den Genannten nichts auszusetzen. Es sei daher von einem am 22. Mai 1989 rechtswirksam zugestellten und infolge ungenützten Verstreichens der Berufungsfrist in Rechtskraft erwachsenen Bescheid auszugehen.
Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verliere ein Verein mit Eintritt der formellen Rechtskraft eines ihn betreffenden Auflösungsbescheides seine rechtliche Existenz. Ein rechtskräftig aufgelöster Verein habe daher als solcher keine rechtlichen Möglichkeiten mehr, gegen den Auflösungsbescheid anzukämpfen, weil er keine Rechtspersönlichkeit mehr besitze und daher auch keine Organe mehr habe, die für ihn ein Rechtsmittel einbringen könnten. Ein außerordentliches Rechtsmittel könnte also nicht mehr vom Verein selbst, sondern nur noch von seinen ehemaligen Mitgliedern eingebracht werden.
Auf den vorliegenden Fall übertragen, bedeutet dies, daß der Erstbeschwerdeführer mit Ablauf des 5. Juni 1989 zu bestehen aufgehört habe. Ab diesem Zeitpunkt hätten nur noch seine ehemaligen Mitglieder einen Wiedereinsetzungsantrag und gleichzeitig eine Berufung einbringen können. Die Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen den Bescheid vom 14. Dezember 1989 sei daher mangels rechtlicher Existenz des Berufungswerbers als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Da schon die Anträge vom 15. Juni 1989 auf Wiedereinsetzung und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mangels rechtlicher Existenz des Einschreiters als unzulässig zurückzuweisen gewesen wären, sei ferner der abweisende Bescheid der Sicherheitsdirektion für 14. Dezember 1989 - aus dem niemanden ein Recht erwachsen sei - entsprechend abzuändern gewesen.
Schließlich sei aus demselben Grunde die Berufung vom 15. Juni 1989 gegen den Auflösungsbescheid vom 17. Mai 1989 unter einem als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei. Es erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der im Wiedereinsetzungsantrag und in der Berufung gegen den Bescheid vom 14. Dezember 1989 aufgeworfenen Frage einer rechtsunwirksamen Zustellung an den Drittbeschwerdeführer, ob überhaupt bzw. mit welchem Tag eine Erlassung des Auflösungsbescheides angenommen werden könnte, da weder eine bloße Kenntnis der Obmannstellvertreterin von der Existenz dieses Bescheides noch dessen Übermittlung an den Anwalt allein einer Zustellung an den Verein gleichzuhalten wäre.
Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt, daß ohne Erlassung des Bescheides die Frist für die Erhebung einer Berufung dagegen nie zu laufen begonnen hätte und somit eine Wiedereinsetzung gegen ihre Versäumung nicht denkbar wäre, während im Falle einer späteren rechtswirksamen Zustellung des Bescheides etwa an Ulrike W. als Obmannstellvertreterin die Berufungsfrist erst damit begonnen hätte und ebenfalls nicht mit Antrag auf Wiedereinsetzung, sondern gleich mit Berufung vorzugehen gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid, mit dem die Berufung vom 29. Dezember 1989 als unzulässig zurückgewiesen worden ist, in ihrem Recht auf "eine Sachentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG" verletzt. Die weitere Rechtsverletzung bestehe darin, daß "die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederherstellung des Vereins verletzt" worden seien. Auch durch die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 68 Abs. 2 AVG seien "die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Sachentscheidung über ihre Berufung nach von der ersten Instanz festgestellter Parteistellung verletzt" worden. Schließlich seien die Beschwerdeführer auch "durch Punkt 3 des angefochtenen Bescheides in ihrem Recht auf Bekämpfung einer gesetzwidrigen Vereinsauflösung verletzt" worden, "weil der Auflösungsbescheid vom 17. Mai 1989 ohne inhaltliche und formelle Behandlung ihrer Berufung, vor rechtskräftiger Entscheidung des Wiedereinsetzungsverfahrens, bestätigt" worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie sich aus dem dargestellten Sachverhalt ergibt, haben die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer als Mitglieder des erstbeschwerdeführenden Vereines weder einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt noch Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 17. Mai 1989 und den Bescheid vom 14. Dezember 1989 erhoben; sie hatten daher im Berufungsverfahren keine Parteistellung. Zur Beschwerdeerhebung gegen eine Berufungsentscheidung ist aber nur derjenige berechtigt, der im Berufungsverfahren Parteistellung hatte (Verwaltungsgerichtshof-Beschlüsse vom 10. November 1948, Slg. Nr. 126/A, und vom 22. Februar 1983, Zl. 83/11/0023, u.a.m.). Ihre Beschwerden waren daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung zurückzuweisen.
Zur Beschwerde des erstbeschwerdeführenden Vereines ist folgendes zu sagen:
Gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG sind von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes Angelegenheiten ausgeschlossen, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören. Es erhebt sich im vorliegenden Fall die Frage, ob die vom Erstbeschwerdeführer zum Gegenstand seiner Beschwerde gemachte Angelegenheit zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß der soeben zitierten Verfassungsvorschrift gehört. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, daß sowohl Beschwerden, in denen ein materieller Verstoß gegen die die freie Vereinsbildung, -betätigung oder -auflösung regelnden gesetzlichen Vorschriften behauptet wird, als auch solche, bei denen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und dem Eingriff in das durch Art. 12 Staatsgrundgesetz verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf freie Vereinsbildung besteht oder behauptet wird, gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in die Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes gehören und demgemäß nach Art. 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind (siehe z.B. VwGH-Slg. Nr. 7096/A, 7194/A, VfGH-Slg. Nr. 4816). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich im vorliegenden Fall, in welchem letzten Endes die Frage der Existenz des Vereines Gegenstand ist, um eine Beschwerde, bei der ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und dem Eingriff in das durch Art. 12 Staatsgrundgesetz gewährleistete Recht vorliegt.
Aus diesem Grunde mußte auch die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG iVm der Verordnung vom 5. März 1991, BGBl. Nr. 104.
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