VwGH 90/19/0557

VwGH90/19/05574.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsoberkommissär Dr. Kral, in der Beschwerdesache des N gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 4. September 1990, Zl. III 370-11826/88, betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes (Spruchteil I) sowie Abweisung eines Antrages auf Erteilung eines Vollstreckungsaufschubes (Spruchteil II),

a) zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §6 Abs2;
FrPolG 1954 §8;
VwGG §33 Abs1;
FrPolG 1954 §3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §6 Abs2;
FrPolG 1954 §8;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Spruchteil I richtet, als unbegründet abgewiesen.

b) beschlossen:

Soweit sich die Beschwerde gegen den Spruchteil II richtet, wird sie als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, besteht ein bis zum 28. Dezember 1993 befristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich (vgl. das ihn betreffende hg. Erkenntnis vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0136).

Mit Bescheid vom 4. September 1990 wies die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn unter Berufung auf § 8 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954, den Antrag des Beschwerdeführers vom 30. August 1990 auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes ab (Spruchteil I) und gab auch dem weiteren (in eventu gestellten) Antrag des Beschwerdeführers vom selben Tag auf Erteilung eines Vollstreckungsaufschubes in Hinsicht auf das Aufenthaltsverbot keine Folge (Spruchteil II).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 12. Oktober 1990, Zl. B 1101/90, die Behandlung derselben ablehnte und sie in der Folge dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

ZU SPRUCHTEIL I:

Gemäß § 8 Fremdenpolizeigesetz ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit § 3 leg. cit. (nunmehr idF der Novelle BGBl. Nr. 575/1987) gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen anderseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1990, Zl. 90/19/0158).

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Blickwinkel der Behauptung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und der Verfassungswidrigkeit der angewendeten Gesetzesbestimmungen sein bisheriges - an den Verfassungsgerichtshof gerichtetes - Vorbringen "aufrecht hält", ist zu bemerken, daß der Verfassungsgerichtshof dem offensichtlich nicht gefolgt ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zu keiner anderen Betrachtungsweise veranlaßt.

Im übrigen ist das Beschwerdevorbringen - soweit erkennbar - auf die Behauptung beschränkt, der Beschwerdeführer habe sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes "klaglos" verhalten. Damit vermag der Beschwerdeführer allerdings, selbst wenn dies der Fall wäre, eine Rechtswidrigkeit des Spruchteiles I des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, ist doch davon auszugehen, daß die belangte Behörde bei Erlassung des befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer dessen künftiges Wohlverhalten vorausgesetzt und in ihre damaligen Überlegungen miteinbezogen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1991, Zl. 90/19/0222). Sohin kann vom "Wegfall" eines Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes entsprechend der Vorschrift des § 8 Fremdenpolizeigesetz keine Rede sein.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung in Hinsicht auf Spruchteil I des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde insoweit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

ZU SPRUCHTEIL II:

Gemäß § 6 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz hat der Fremde, gegen den ein Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, das Gebiet, in dem ihm der Aufenthalt verboten ist, innerhalb einer Woche nach Rechtskraft des Bescheides zu verlassen. Er darf dieses Gebiet während der Dauer des Aufenthaltsverbotes ohne Bewilligung nicht wieder betreten. Nach § 6 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde die im Abs. 1 festgesetzte Frist bei Gefahr im Verzuge verkürzen oder aus Billigkeitsgründen verlängern. Ebenso kann sie die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes aus triftigen Gründen aufschieben. Der Aufschub kann an Bedingungen geknüpft oder mit Auflagen erteilt werden.

Im Beschwerdefall steht nunmehr fest, daß der Beschwerdeführer am 20. September 1990 - sohin nach Einbringung der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof - in die Türkei abgeschoben wurde. Diese Tatsache der Abschiebung ergibt sich aus einem an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Schreiben der belangten Behörde vom 28. September 1990, dessen Inhalt dem Beschwerdeführer im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit hg. Verfügung vom 3. Jänner 1991 vorgehalten wurde und dem der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist; sohin sind auch allfällige diesbezügliche Unklarheiten aufgrund von Widersprüchlichkeiten in der Beschwerdeergänzung vom 20. Dezember 1990 ausgeräumt.

Damit wurde ein dem gegen den Beschwerdeführer erlassenen, rechtskräftigen und vollstreckbaren Aufenthaltsverbot entsprechender Rechtszustand hergestellt; ab dem Zeitpunkt der Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers kommt ein Aufschub der Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes nicht mehr in Betracht (vgl. den hg. Beschluß vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0175). Die zum Zeitpunkt der Einbringung an den Verfassungsgerichtshof zulässige Beschwerde wurde somit infolge Wegfalles der Möglichkeit der Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid ab dem Zeitpunkt der Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers gegenstandslos. Das Beschwerdeverfahren war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen, wobei die Zuerkennung von Aufwandersatz nicht in Betracht kam (vgl. den Beschluß eines hg. verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10 092/A).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte