VwGH 90/16/0089

VwGH90/16/008911.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerden

1. der MA, 2. der AH, 3. des JW und 4. der AW gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Tirol je vom 29. März 1990, je Zl. 60.939-6/88 (hg. Zlen. 1. 90/16/0089, 2. 90/16/0090, 3. 90/16/0091 und 4. 90/16/0092), je betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §2;
GrEStG 1955 §2 Abs1;
GrEStG 1955 §7 Abs1;
BewG 1955 §2;
GrEStG 1955 §2 Abs1;
GrEStG 1955 §7 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund folgende Aufwendungen je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen, und zwar die Erstbeschwerdeführerin S 3.035,-- und die Zweitbeschwerdeführerin sowie der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin je S 2.530,--.

Das die Zweitbeschwerdeführerin, den Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin betreffende Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Die Viertbeschwerdeführerin (zu 7/16) und ihre Kinder (die Beschwerdeführer 1. bis 3. je zu 3/16) waren (Mit)Eigentümer sowohl der Liegenschaft EZ. 322 II des Grundbuches der KG. W. (in der Folge Liegenschaft A) als auch der Liegenschaft EZ. 373 II desselben Grundbuches (in der Folge: Liegenschaft B) und der Liegenschaft EZ. 549 II desselben Grundbuches (in der Folge: Liegenschaft C).

Die Liegenschaft A bestand aus einem Grundstück (Wiese) im Ausmaß von 4077 m2 samt dem auf einem Teil davon errichteten Hotel. Die Liegenschaft B bestand aus einem Grundstück (Weide) im Ausmaß von 1045 m2 samt der auf einem Teil davon errichteten Fremdenpension. Beiden Fremdenverkehrsbetriebe (Hotel und Fremdenpension) wurden von den vier Beschwerdeführern als gemeinschaftliches Unternehmen in der Form einer Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht im Sinn der §§ 1175 ff ABGB (das Bundesgesetz vom 25. April 1990, BGBl. Nr. 257, kam hier schon rein zeitlich nicht in Betracht) geführt. Die Liegenschaft C bestand aus einem Grundstück (Wiese) im Ausmaß von 1538 m2.

Auf Grund des von den Beschwerdeführern am 13. November 1984 unterfertigten - als "Realteilungsvertrag" bezeichneten - Vertrages übergaben die Erstbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin JE MIT WIRKUNG ZUM 1. JÄNNER 1986 ihre Miteigentumsanteile an der Liegenschaft B an die - dadurch Alleineigentümerin dieser Liegenschaft werdende - Zweitbeschwerdeführerin. Diese verpflichtete sich als Gegenleistung GLEICHZEITIG u.a. zur Übergabe ihrer je 3/16 betragenden Miteigentumsanteile an den Liegenschaften A und C zu je 7/13 an die - dadurch je zu Miteigentümern mit 7/13 werdende Viertbeschwerdeführerin und je zu 3/13 an die - dadurch je zu Miteigentümern mit 3/13 werdenden - Erstbeschwerdeführerin und Drittbeschwerdeführer.

Das zuständige Lagefinanzamt setzte mit gesondert ausgefertigten Bescheiden je vom 5. Juni 1985 je ab 1. Jänner 1985 sowohl für die als Geschäftsgrundstück bewertete Liegenschaft B als auch für die gleichfalls als Geschäftsgrundstück bewertete Liegenschaft A (und C) - also für zwei wirtschaftliche Einheiten - je verschiedene Einheitswerte fest.

Das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern setzte im Zusammenhang mit dem dargestellten "Realteilungsvertrag" mit vier gesondert ausgefertigten Bescheiden je vom 30. Mai 1988 gegenüber den Beschwerdeführern erstmals Grunderwerbsteuer fest.

In den vorliegenden - vom Verwaltungsgerichtshof wegen ihres engen persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist (abgesehen von der noch zu behandelnden Frage der von den Beschwerdeführern gewünschten ausdehnenden Auslegung des Begriffes "Anlaßfall" im Sinn des Art. 140 Abs. 7 B-VG) die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (wie die Beschwerdeführer vermeinen) auf die dargestellten Erwerbsvorgänge § 7 Abs. 1 GrEStG 1955 (in der Folge: GrEStG) anzuwenden ist oder (im Sinn der belangten Behörde) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG ist jedes Erkenntnis zu begründen. Soweit die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist, genügt es, diese anzuführen.

Schon auf Grund des Datums der angeführten erstinstanzlichen Bescheide (30. Mai 1988) ist auch in den Fällen der Beschwerdeführer - entgegen der von ihnen vertretenen Auffassung - davon auszugehen, daß hier mangels einer spätestens am 22. November 1986 eingebracht gewesenen Berufung kein Anlaßfall im Sinn des Art. 140 Abs. 7 B-VG auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1986, G 167/86 u.a., Slg. Nr. 11190, vorliegt (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1989, Zl. 89/16/0190, mit weiterem Hinweis).

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grund sogenannter Bescheidbeschwerden nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nicht die Untätigkeit einer - überdies erstinstanzlichen - Behörde zu beurteilen (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1988, Zl. 88/16/0077, mit weiterem Hinweis).

Wird ein Grundstück, das mehreren Miteigentümern gehört, von diesen DER FLÄCHE NACH geteilt, so wird die Steuer gemäß § 7 Abs. 1 GrEStG nicht erhoben, soweit der Wert des Teilgrundstückes, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruchteil entspricht, mit dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt ist.

Die Begünstigung nach dieser Rechtsvorschrift setzt eine flächenmäßige Aufteilung (körperliche TeilungÜ) von Grundstücken voraus (siehe z.B. das - in diesem Zusammenhang weder in der Slg. Nr. 4720/F noch in der ÖStZB 4/1975, S. 34, veröffentlichte - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. September 1974, Zlen. 1882-1884/73).

Zu einer solchen körperlichen Teilung ist es aber in den vorliegenden Beschwerdefällen nicht gekommen, weil lediglich ideelle Miteigentumsanteile übertragen wurden und auch die Tatsache, daß dabei die Zweitbeschwerdeführerin Alleineigentümerin der Liegenschaft B wurde, nicht einer Teilung DER FLÄCHE NACH gleichgesetzt werden kann.

Schon auf Grund vorstehender Ausführungen ist das Schicksal der Beschwerden entschieden.

Der Vollständigkeit halber ist jedoch noch folgendes zu bemerken:

Entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Auffassung kann die Begünstigungsvorschrift des § 7 Abs. 1 GrEStG selbst auf die körperliche Teilung eines Grundkomplexes, der - wie in den vorliegenden Beschwerdefällen - nach dem Bewertungsrecht in zwei oder mehrere wirtschaftliche Einheiten zerfällt, nicht angewendet werden, und zwar auch dann nicht, wenn die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten räumlich in unmittelbarer Verbindung stünden. Über die Frage, ob ein Grundstück eine einzige wirtschaftliche Einheit darstellt oder nicht, ist vom jeweiligen Lagefinanzamt IN einer auch FÜR ZWECKE DER ERHEBUNG DER GRUNDERWERBSTEUER BINDENDEN WEISE nach den Vorschriften des BewG abzusprechen (siehe z.B. die Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 1980, Zl. 98/79, ÖStZB 4/1981, S. 38, vom 18. November 1977, Zl. 2369/77, ÖStZB 9/1978, S. 119, vom 18. März 1971, Zlen. 1599, 1600/70, Slg. Nr. 4202/F, und das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 25. Juni 1964, Zlen. 680, 681/63, Slg. Nr. 3108/F).

Die vorliegenden Beschwerden sind auf Grund der dargestellten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das jeweilige Mehrbegehren ist abzuweisen, weil die Vorlage der von Anfang an gemeinsam geführten Verwaltungsakten nur einmal, und zwar in dem die Erstbeschwerdeführerin betreffenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren, erfolgte.

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