Normen
BAO §160 Abs1;
BAO §20;
BAO §209 Abs1;
BAO §210 Abs1;
BAO §4 Abs4;
BAO §92 Abs1;
GrEStG 1955 §17 Z4;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z1 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 litb;
WEG 1975 §1;
BAO §160 Abs1;
BAO §20;
BAO §209 Abs1;
BAO §210 Abs1;
BAO §4 Abs4;
BAO §92 Abs1;
GrEStG 1955 §17 Z4;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z1 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 lita;
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z3 litb;
WEG 1975 §1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 25. Jänner 1985 veräußerte die Beschwerdeführerin an die X Gesellschaft m.b.H. je 17/25 Anteile der Liegenschaften EZ 82, 83 und 84, sämtliche des Grundbuches über die Kat. Gem. Z. In der hierüber erstatteten Abgabenerklärung wurde Grunderwerbsteuerbefreiung "wegen § 4 Abs. 2 lit. a, und § 4 Abs. 3 GrEStGes." geltend gemacht. Der Erwerbsvorgang blieb zunächst unversteuert.
Gleichfalls am 25. Jänner 1985 hatte die X Gesellschaft m. b.H. an R ein Anbot zum Abschluß eines Kaufvertrages über die Weiterveräußerung der oben genannten Grundstücksanteile an ihn gerichtet, das R am 5. September 1985 annahm. In der hierüber erstatteten Abgabenerklärung wurde Grunderwerbsteuerbefreiung wegen "Schaffung v. Arbeiterwohnstätten § 4 (1) Z. 2 lit. a GEStG" beantragt. Mit Schreiben vom 29. November 1985 teilte der Rechtsfreund der X Gesellschaft m.b.H. dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit, daß "die kaufgegenständlichen Liegenschaften veräußert wurden und der begünstigte Zweck damit aufgegeben worden ist". Dessen ungeachtet erfolgte hinsichtlich des Kaufvertrages vom 25. Jänner 1985 zunächst keine Grunderwerbsteuerfestsetzung.
Mit weiterem Kaufvertrag vom 25. Jänner 1985 hatte die Beschwerdeführerin (unmittelbar) an R die restlichen 8/25 Anteile der drei oben genannten Liegenschaft veräußert.
Mit Schreiben vom 5. Juni 1987 teilte R dem Finanzamt mit, sämtliche mit "Kaufvertrag vom 5.9.1985" erworbenen Liegenschaften seien noch in seinem Besitz. Die mit Kaufvertrag vom 25. Jänner 1985 erworbenen Liegenschaftsanteile beinhalteten nur Geschäftslokale und es sei die Grunderwerbsteuer auch bei Vertragsabschluß entrichtet worden. Die mit Kaufvertrag vom 5. September 1985 erworbenen Liegenschaftsanteile beinhalteten 1.137,15 m2 Arbeiterwohnstätten und 1.212,14 m2 sonstige Mietobjekte.
Mit Bescheid vom 25. Mai 1988 setzte sodann das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern gegenüber der Beschwerdeführerin, nachdem zuvor schon ein gleichlautender Bescheid gegenüber der X Gesellschaft m.b.H. ergangen war, für den Kaufvertrag vom 25. Jänner 1985 Grunderwerbsteuer fest. Die gegenständliche Grunderwerbsteuerfestsetzung gegenüber dem Verkäufer ergehe, weil beim Käufer wegen Konkurses Uneinbringlichkeit gegeben scheine.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie begründete dies im wesentlichen damit, der X Gesellschaft m. b.H. sei die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt worden, obwohl sie Grunderwerbsteuer nicht bezahlt habe. Durch den Weiterverkauf der Liegenschaftsanteile laut Anbot vom 25. Jänner und Annahmeerklärung vom 5. September 1985 sei der begünstigte Zweck zwar innerhalb von acht Jahren aufgegeben worden; dieser Umstand könne jedoch einerseits gegenüber der Beschwerdeführerin als Verkäuferin die nachträglich eintretende Steuerpflicht nicht begründen und habe anderseits dadurch seine Relevanz verloren, daß der Erwerber, R, den begünstigten Zweck inzwischen fristgerecht verwirklicht habe. Zum Nachweis für den zuletzt genannten Umstand berief sich die Beschwerdeführerin in ihrem nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung erstatteten Vorlageantrag auf die Beischaffung des bezughabenden Bauaktes und die Vernehmung des R. Weiters brachte die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 3. Mai 1989 auf Grund eines Vorhaltes der belangten Behörde vor, der dem Finanzamt durch die "Hausinhabung R" mit Schreiben vom 5. Juni 1987 mitgeteilte Aufteilungsschlüssel zwischen Arbeiterwohnstätten und "anders genutzten Objekten" sei unzutreffend. Die Ordination top 5/Stiege 4 mit 85,47 m2 sei kein "anders genutztes Objekt", sondern eine Arbeiterwohnstätte, möge sie auch vorerst nur als Ordination genutzt werden. Darüber hinaus sei auch das Objekt top 6/Stiege 1 (Firma S) konsensmäßig keine Geschäftsräumlichkeit, sondern eine Wohnung und werde nur als Büro verwendet. Entgegen dem rechtsirrigen Inhalt des Schreibens vom 5. Juni 1987 überwögen daher die Arbeiterwohnstätten und nicht die Geschäftsräume.
In einer weiteren Äußerung vom 14. Juni 1989 brachte die Beschwerdeführerin zu dem ihr zur Kenntnis gebrachten Erhebungsbericht der Bemessungsabteilung vom 24. Mai 1989 vor, bei dem "Büro" der Firma S mit einer Nutzfläche von 95,62 m2 und bei der erwähnten Ordination handle es sich konsensmäßig, d. h. der tatsächlichen baulichen Gestaltung gemäß, unbezweifelbar um eine Arbeiterwohnstätte. Die Ausstellung der Unbedenklichkeitsbestätigung vom 17. Mai 1985 sei fahrlässig erfolgt. Es hätte vor Herausgabe derselben vom Finanzamt eine Sicherstellung seitens der X Gesellschaft m.b.H. verlangt werden müssen. Der "negative Steuerleumund" dieser Gesellschaft und auch ihres damaligen Geschäftsführers seien dem Finanzamt bekannt gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Berufung als unbegründet ab. Sie führte hiezu im wesentlichen aus, das Finanzamt habe (erst) durch das Schreiben der "Hausinhabung R" vom 5. Juni 1987 Kenntnis davon erlangt, daß auf den erworbenen Grundstücken überwiegend Geschäftsräume und nicht Arbeiterwohnstätten errichtet worden seien. Im Hinblick darauf, daß die Geschäftsräume überwögen, sei es auch unerheblich, ob die vorhandenen Arbeiterwohnstätten überhaupt im Wohnungseigentum errichtet worden seien oder nicht. Da die Steuerpflicht bzw. Steuerfreiheit vom Überwiegen der steuerpflichtigen bzw. steuerfreien Bestandteile abhänge, habe das Finanzamt die Grunderwerbsteuer zu Recht festgesetzt. Die Steuer dürfe trotz Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nachträglich vorgeschrieben werden, da diese kein Steuerbescheid sei. Gemäß § 17 Z. 4 GrEStG 1955 seien die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen Steuerschuldner. Beim Bestehen dieses Gesamtschuldverhältnisses stehe es grundsätzlich im Ermessen des Gläubigers, von welchem Schuldner er die Leistung verlange. Dies sei jedoch nicht mehr der Fall, wenn die Schuld bei dem vertraglich verpflichteten Teil uneinbringlich sei; dies treffe im vorliegenden Fall wegen Konkurseröffnung über die Käuferin zu. Der Verkäufer bleibe jedenfalls auch dann Steuerschuldner, wenn für einen Erwerbsvorgang eine gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG 1955 bedingte Steuerbefreiung gewährt worden sei. Auf Grund der Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 3. Mai 1989 sei hinsichtlich der Ordination top 5/Stiege 4 und hinsichtlich der Geschäftsräumlichkeit top 6/Stiege 1 ein Lokalaugenschein durchgeführt worden. Hiebei sei festgestellt worden, daß es sich bei den fraglichen Räumlichkeiten ausschließlich um Ordinations- bzw. Büroräume handle. Weder in der Ordination noch im Büro seien Wohnräume, in der Ordination auch kein Bad vorhanden. Es handle sich in beiden Fällen nicht um Arbeiterwohnstätten, womit weiterhin die anders genutzten Objekte flächenmäßig überwögen.
Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 28. November 1989, B 1128/89-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich die Beschwerdeführerin nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung von Grunderwerbsteuer verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a des im Beschwerdefall noch anzuwendenden Grunderwerbsteuergesetzes 1955 ist unter anderem der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten von der Besteuerung ausgenommen.
Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. idF. BGBl. Nr. 557/1985, unterliegen unter anderem die im Absatz 1 Z. 2 lit. a bezeichneten Erwerbsvorgänge mit dem Ablauf von acht Jahren der Steuer, wenn das Grundstück vom Erwerber nicht innerhalb dieses Zeitraumes zu dem begünstigten Zweck verwendet worden ist. Ein Grundstück gilt auch dann von einem gemeinnützigen Bauträger zu dem Zweck des Absatz 1 Z. 1 lit. a oder von einer Vereinigung mit der statutenmäßigen Aufgabe der Schaffung von Wohnungseigentum zu dem Zweck des Absatz 1 Z. 2 lit. a als verwendet, wenn es vom Bauträger oder von der Vereinigung vor Ablauf von acht Jahren veräußert wurde und noch innerhalb dieses Zeitraumes auf dem Grundstück Kleinwohnungen oder Arbeiterwohnstätten im Wohnungseigentum errichtet werden. Die im Absatz 1 Z. 1 bis 4 und Z. 7 bezeichneten Erwerbsvorgänge unterliegen der Steuer, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von acht Jahren aufgegeben wird ...
Dazu ist zunächst zu bemerken, daß durch den mit der GrEStG-Novelle 1962 eingefügten zweiten Satz des § 4 Abs. 2 klargestellt ist, daß die Veräußerung des Grundstückes durch einen Bauträger oder eine Vereinigung im genannten Sinne nicht als Aufgabe des begünstigten Zweckes im Sinne des (nunmehrigen) dritten Satzes des § 4 Abs. 2 leg. cit. anzusehen ist, wenn die Voruassetzungen des zweiten Satzes vorliegen.
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lassen jedoch außer acht, daß letzteres schon aus folgenden Gründen im Beschwerdefall nicht zutrifft:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einem Mehrwohnungshaus das flächenmäßige Überwiegen der Arbeiterwohnstätten Voraussetzung für die besondere Ausnahme von der Besteuerung nach § 4 Abs. 1 Z.2 lit. a GrEStG 1955 (vgl. hiezu unter anderem die Erkenntnisse vom 11. Februar 1982, Slg. Nr. 5655/F, vom 18. November 1982, Zlen. 16/1149 und 1150/80, vom 20. April 1989,
Zlen. 88/16/0218, 0224, und vom 17. Mai 1990, Zl. 89/16/0210, sowie die dort jeweils angeführte weitere Rechtsprechung). Auch in anderem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargetan, daß es zur Anwendung der Befreiungsbestimmungen etwa des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a oder des § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b leg. cit. darauf ankommt, ob in dem in Rede stehenden Gebäude die Wohnungen oder die sonstigen Räumlichkeiten - flächenmäßig - überwiegen (Erkenntnis vom 26. Juni 1986, Zl. 86/16/0066, mit weiteren Nachweisen). Ebenso ist bei Errichtung mehrerer Gebäude auf jener Liegenschaft, auf die sich etwa das Wohnungseigentum bezieht, die überwiegende Nutzung im Sinn objektiver Widmung dafür ausschlaggebend, ob auf dem Grundstück gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3 lit. b leg. cit. eine Wohn- und nicht etwa eine Geschäftshausanlage geschaffen wurde (Erkenntnisse vom 27. Oktober 1983, Zl. 81/16/0177, und vom 18. Oktober 1984, Zlen. 82/16/0034, 0035).
Nichts anders kann auch bei Anwendung des § 4 Abs. 2 zweiter Satz GrEStG 1955 gelten. Auch hier hängt die Aufrechterhaltung der Steuerbefreiung davon ab, ob bei einem innerhalb der Achtjahresfrist vom Zweiterwerber errichteten Mehrwohnungshaus die Arbeiterwohnstätten flächenmäßig überwiegen oder nicht.
Von dieser Rechtsauffassung gehen zutreffenderweise auch die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aus, übersehen jedoch, daß die von R mit Kaufvertrag (Annahmeerklärung) vom 5. September 1985 erworbenen 17/25 Anteile der gegenständlichen Liegenschaften nicht isoliert betrachtet werden können. Vielmehr hatte R bereits mit Kaufvertrag vom 25. Jänner 1985 die restlichen 8/25 Anteile der Liegenschaften erworben; eine Zuordnung der auf den gegenständlichen Liegenschaften errichteten Geschäftslokale zu diesen 8/25 Anteilen, wie sie R in seinem Schreiben vom 5. Juni 1987 vornehmen zu können glaubt, ist angesichts des rechtlichen Charakters von ideellen Miteigentumsanteilen unmöglich. Vielmehr kommt es darauf an, ob das auf den drei gegenständlichen Grundstücken errichtete Gebäude insgesamt den oben genannten Voraussetzungen entspricht.
Weiters ist darauf zu verweisen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a GrEStG dann, wenn mit mehreren Rechtsvorgängen ein einheitlicher Zweck verfolgt wird, bei jedem einzelnen Rechtsvorgang die Beurteilung auf den Gesamtzweck abzustellen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. September 1977, Slg. Nr. 5167/F, sowie das Erkenntnis vom 25. Jänner 1990, Zl. 89/16/0142). Obwohl es bei Anwendung des § 4 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. nicht primär auf den seinerzeit verfolgten Zweck ankommt, sondern darauf, ob das Geschaffene als Erfüllung des im § 4 Abs. 2 zweiter Satz genannten begünstigten Zweckes anzusehen ist, kann dieser Gedanke jedoch auch hierher übertragen werden. Die beiden Kaufverträge vom 25. Jänner und vom 5. September 1985 verfolgten jedoch in ihrem Zusammenhang den Zweck des Erwerbes der Gesamtliegenschaft durch R.
Nun geht aus dem im angeschlossenen Bauakt Teil I erliegenden Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 16. März 1989 betreffend Bewilligung zur Abweichung von bewilligten Bauvorhaben und Benützungsbewilligung hervor, daß in der gesamten Anlage nunmehr unter anderem 8 Geschäftslokale angeordnet sind. Laut dem im Bauakt Teil IV erliegenden Bestandsplan betreffend das Erdgeschoß (BlZl. 175) geht weiters hervor, daß diese Geschäftslokale folgende Flächenausmaße aufweisen:
62,58 m2
38,23 m2
118,27 m2
96,65 m2
38,38 m2
64,01 m2
37,07 m2
65,51 m
zusammen 520,70 m2
Selbst wenn man also die strittigen Nutzflächen des Büros top 6/Stiege 1 von 95,62 m2 und der Ordination top 5/Stiege 4 von 85,47 m2 den Flächen der Arbeiterwohnstätten von 1.137,15 m2 hinzurechnen würde, ergäbe sich eine Nutzfläche von 1.318,24 m2. Dem stünde eine um die genannten strittigen Objekte verminderte Nutzfläche der andersgenutzten
Objekte von 1.031,05 m2
zuzüglich der Fläche der Geschäftslokale von 520,70 m 2
zusammen 1.551,75 m2
gegenüber.
Daraus geht hervor, daß in der errichteten Anlage jedenfalls die Arbeiterwohnstätten flächenmäßig nicht überwiegen und die beantragte Grunderwerbsteuerbefreiung schon aus diesem Grunde zutreffend versagt wurde.
Auch was die Beschwerdeführerin weiters dagegen einwendet, schlägt nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Unbedenklichkeitsbescheinigung zwar eine öffentliche Urkunde, aber kein Bescheid. Der Ausfolgung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung kommt daher nicht die Wirkung einer bescheidmäßigen Feststellung der Befreiung von der Grunderwerbsteuer zu. Stellt also die Abgabenbehörde zunächst eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus, so ist sie dennoch berechtigt, nachträglich Grunderwerbsteuer vorzuschreiben (vgl. die Erkenntnisse vom 24. September 1981, Zl. 16/1245/80, und vom 28. März 1985, Slg. Nr. 5984/F).
Es trifft auch nicht zu, daß in einem Fall wie dem vorliegenden die Steuer nur der Erwerberin vorgeschrieben werden könnte, weil diese allein es in der Hand habe, die Arbeiterwohnstätte fristgerecht zu errichten. Nach der zwingenden Anordnung des § 17 Z. 4 GrEStG 1955 sind bei einem Kauf die (d.h. alle) am Erwerbsvorgang beteiligten Personen Steuerschuldner. Hiebei liegt es im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde, ob sie das Leistungsgebot nur an einen, an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will. Die Behörde wird sich dabei im Rahmen der das Ermessen betreffenden Erwägungen von Billigkeit und Zweckmäßigkeit nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten dürfen, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen sollte; die andernfalls eintretende Gefährdung der Einbringlichkeit wird dies jedoch nahelegen. Da jedoch im Beschwerdefall die X Gesellschaft m.b.H. durch die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen aufgelöst wurde, lag ein Ermessensspielraum für die Behörde nicht mehr vor (vgl. hiezu zuletzt etwa das Erkenntnis vom 14. Februar 1991, Zl. 89/16/0218, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
Nach dem Obgesagten kommt es auch nicht mehr darauf an, ob das mehrfach erwähnte Büro bzw. die mehrfach erwähnte Ordination als Arbeiterwohnstätte anzusehen sind oder nicht.
Die Beschwerdeführerin meint weiters, das Finanzamt habe den "schlechten Steuerleumund" der Erwerberin und ihres damaligen Geschäftsführers gekannt; es wäre ihm daher ein Leichtes gewesen, die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung hinsichtlich des Kaufvertrages vom 25. Jänner 1985 nur gegen volle Sicherstellung des Betrages zu erteilen.
Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zufolge der beantragten Grunderwerbsteuerbefreiung eine Steuerschuld noch nicht entstanden war. Ist nämlich für einen Erwerbsvorgang die Steuerfreiheit nach § 4 Abs. 1 Z.2 lit. a GrEStG 1955 in Anspruch genommen worden und steht nicht von vornherein fest, daß die Erfüllung des begünstigten Zweckes nicht beabsichtigt war, dann entsteht die Steuerschuld für diesen Erwerbsvorgang erst dann, wenn der begünstigte Zweck aufgegeben wird oder wenn seit dem Erwerbsvorgang acht Jahre verstrichen sind, ohne daß das Grundstück für den begünstigten Zweck verwendet worden ist (vgl. unter anderem das Erkenntnis vom 30. April 1981, Zl. 16/1120/80, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde einen Sicherstellungsauftrag jedoch erst dann erlassen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen.
Keineswegs kommt es darauf an, daß der Begünstigungszweck "wenigstens nahezu" erreicht gewesen sei oder schon mehr als drei Jahre seit dem Abschluß des Kaufvertrages vergangen seien. Innerhalb offener Verjährungsfrist steht der Abgabenbehörde nämlich die Wahl des Zeitpunktes der Abgabenfestsetzung grundsätzlich frei; eine Rechtswidrigkeit derselben kann nicht schon darin erblickt werden, daß sie allenfalls früher möglich gewesen wäre (vgl. auch hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 14. Februar 1991, Zl. 89/16/0218, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung).
In ihrer Verfahrensrüge bemängelt die Beschwerdeführerin, daß die von ihr beantragte Vernehmung des R unterblieben sei. Wäre er als Zeuge vernommen worden, hätte er bestätigen müssen, daß die Objekte Top Nr. 6/Stiege 6 (richtig: 1) und Top Nr. 5/Stiege 4 als Arbeiterwohnstätten errichtet worden seien. Hiezu genügt es, abermals darauf hinzuweisen, daß es auf diese Frage nicht ankommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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