Normen
GebG 1957 §6 Abs2;
GebG 1957 §6;
GebG 1957 §6 Abs2;
GebG 1957 §6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 7. Juni 1984 wurde von dem öffentlichen Notar Dr. Friedrich Albert in Wien unter der Geschäftszahl nnnn ein Notariatsakt errichtet, mit dem die Beschwerdeführerin einen Geschäftsanteil an einer Gesellschaft m.b.H. entsprechend einer Stammeinlage von S 1.000,-- um S 1.000,-- erwarb. Bei diesem Rechtsgeschäft wurde die Beschwerdeführerin von ihrem auch jetzt für sie einschreitenden Rechtsfreund vertreten, wobei der genannte Rechtsanwalt im einleitenden Text des Notariatsaktes ausdrücklich "als mittels der diesem Notariatsakt als Beilage A angeschlossenen Vollmacht ausgewiesener Machthaber" der Beschwerdeführerin bezeichnet wird.
Der Notariatsakt besteht aus drei Blättern. Auf dem ersten Blatt befindet sich eine S 20,-- und auf dem dritten Blatt eine S 120,-- Bundesstempelmarke. Die angeschlossene Vollmacht besteht aus zwei Blättern; hiefür wurde die Beilagengebühr von S 30,-- entrichtet.
Das Finanzamt forderte mit Bescheid gemäß § 6 Abs. 2 GebG 1957 Stempelgebühr von S 90,-- (= S 120,-- abzüglich der entrichteten S 30,--) und die Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. an.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab und vertrat im wesentlichen in Anlehnung an das hg. Erkenntnis vom 22. April 1985, Zl. 84/15/0168 Slg. N.F. 5995/F, die Rechtsauffassung, die strittige Vollmacht sei im vorliegenen Fall als weiterer Bogen des Notariatsaktes anzusehen. Die Bezeichnung der Vollmacht als Beilage könne nichts über ihre gebührenrechtliche Qualität aussagen. Beilagen gebe es gemäß § 14 TP 5 GebG 1957 nur zu Eingaben und Protokollen, nicht aber zu Urkunden über Rechtsgeschäfte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten verletzt, daß im vorliegenden Fall keine Bogengebühr anfällt und daher nicht vorgeschrieben werden darf, daß die Bogengebühr nicht höher sein darf als die Rechtsgeschäftsgebühr und schließlich darin, daß sie nicht mit einer Gebührenerhöhung belastet werden darf.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6 GebG 1957 lautet:
"(1) Bei den einer festen Gebühr unterliegenden Schriften sind der zweite und jeder weitere Bogen mit dem für den ersten Bogen vorgeschriebenen Stempel zu versehen; beträgt jedoch die feste Gebühr für den ersten Bogen mehr als S 120,--, so unterliegt jeder weitere Bogen der festen Gebühr von S 120,--.
(2) Bei Rechtsgeschäften, die einer Hundertsatzgebühr unterliegen, ist für den zweiten und jeden weiteren Bogen der bezüglichen Schrift (Urkunde) eine feste Gebühr von je 120,-- S in Stempelmarken zu entrichten. Ist diese Urkunde ein Annahmeschreiben, so sind für die Entrichtung der Bogengebühr die Anzahl der Bogen des Annahmeschreibens und eines bezüglichen Anbotschreibens maßgeblich; die Gebühr ist in diesem Falle zur Gänze auf dem ersten Bogen des Annahmeschreibens zu entrichten.
Gemäß § 14 TP 5 Abs. 1 leg. cit. sind Beilagen Schriften und Druckwerke aller Art, wenn sie einer gebührenpflichtigen Eingabe (einem Protokolle) beigelegt werden.
Strittig sind im vorliegenden Fall zwei Fragen: Zum einen die, ob die Vollmacht des (auch jetzt für die Beschwerdeführerin einschreitenden) Rechtsanwaltes zum Abschluß des in Form eines Notariatsaktes vorgenommenen Kaufes eines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft m.b.H. im Namen der Beschwerdeführerin als weiterer Bogen des Notariatsaktes im Sinne des § 6 Abs. 2 GebG 1957 anzusehen ist und zum anderen die Frage, ob die Bogengebühr gemäß § 6 Abs. 2 GebG 1957 höher sein darf, als die Hundertsatzgebühr.
Zur ersten Frage:
Durch die hg. Rechtsprechung (vgl. das schon von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom 22. April 1985, Zl. 84/15/0168, Slg. N.F. 5995/F, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) ist klargestellt, daß es drei Fälle gibt, in denen eine Bei- bzw. Anlage im Sinne des gewöhnlichen Sprachgebrauches als "weiterer Bogen" im Sinne des § 6 GebG 1957 angesehen wird, und zwar: 1. wenn die Bei- oder Anlage wesentlicher Bestandteil der Schrift ist (z.B. ihre Fortsetzung), 2. wenn ihr diese Eigenschaft auf Grund ausdrücklicher Erklärung zukommt (z.B. Inventarverzeichnis zu einem Bestandvertrag) und 3. wenn sie mit der Schrift (dem ersten Bogen) tatsächlich fest verbunden ist. Der vorliegende Fall entspricht nun dem gerade zweitgenannten Beispiel, weil auf Grund der ausdrücklichen Erklärung in der Einleitung des Notariatsaktes die beigelegte Vollmacht als dem Notariatsakt "angeschlossen" und damit als dessen wesentlicher Bestandteil anzusehen ist. Ist aber eine Vollmacht "auf sonstige Art" Bestandteil des Notariatsaktes, dann unterliegt sie selbständig der Bogengebühr (vgl. dazu insbesondere auch die hg. Erkenntnisse vom 11. Juli 1956, Zl. 1174/54, Slg. N.F. 1466/F, und vom 11. Juli 1961, Zl. 639/61, auf die ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, bieten auch die Beschwerdeausführungen keinen Anlaß, zumal insbesondere das hg. Erkenntnis Slg. 1466/F (welches auch Grundlage des hg. Erkenntnisses Slg. 5995/F war) einen gänzlich gleichgelagerten Sachverhalt (Vollmacht als Beilage zu einem in Form eines Notariatsaktes errichteten Vertrag) betraf. Damit ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin entkräftet, das hg. Erkenntnis Slg. 5995/F habe ein Generalversammlungsprotokoll (einer Gesellschaft m.b.H.) betroffen und sei daher auf den vorliegenden Fall eines Notariatsaktes, der weder eine Eingabe noch ein Protokoll darstelle, nicht anzuwenden. Darauf, ob es sich bei der Schrift im Sinne des § 6 GebG 1957, die entweder einer festen Gebühr oder einer Hundertsatzgebühr unterliegt, um eine Eingabe, ein Protokoll oder eine sonstige Urkunde (z.B. den jetzt beschwerdegegenständlichen Notariatsakt) handelt, kommt es für die Frage der Qualität der Beilage als "zweiter bzw. weiterer Bogen" nicht an, weil die Regelung § 6 GebG 1957 alle gebührenpflichtigen Schriften im Sinne des § 14 und alle Urkunden über gebührenpflichtige Rechtsgeschäfte im Sinne des § 33 leg. cit. betrifft (vgl. Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz B I zu § 6 leg. cit., Seite 1, sechste Lieferung Jänner 1988). Diese Frage ist vielmehr - wie oben dargelegt - allein danach zu beurteilen, ob zwischen der Schrift und ihrer Beilage der von der zitierten Rechtsprechung als maßgeblich angesehene Zusammenhang gegeben ist, was im vorliegenden Fall bejaht werden muß.
Zur zweiten Frage:
Hier vermeint die Beschwerdeführerin, eine Bogengebühr dürfe nicht höher sein als eine Hundertsatzgebühr. Sie übersieht dabei, daß sich die Absätze 1 und 2 des § 6 GebG 1957 gerade dadurch unterscheiden, daß im Bereich der Anwendung des Absatzes 1 bestimmte Relationen zwischen der für den ersten Bogen zu entrichtenden Gebühr und der Gebühr für die weiteren Bögen festgelegt sind, während im Anwendungsbereich des Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle dem Gesetz ein derartiger Konnex nicht zu entnehmen ist. Hätte der Gesetzgeber das gewollt, was die Beschwerdeführerin jetzt anstrebt, so wäre es ihm ein Leichtes gewesen, ähnlich wie im Abs. 1 auch im Abs. 2 des § 6 GebG 1957 auszusprechen, daß die Gebühr für den zweiten und jeden weiteren Bogen jedenfalls nach unten hin der für den ersten Bogen vorgeschriebenen Hundertsatzgebühr zu entsprechen hat. Da das Gesetz diesbezüglich aber keine Aussage enthält, beträgt die Gebühr für den Fall eines zweiten und jedes weiteren Bogens einer Schrift, der einer Hundertsatzgebühr unterliegt, S 120,--, und zwar unabhängig davon, wie hoch im Einzelfall die für den ersten Bogen zu entrichtende Hundertsatzgebühr ist; sie kann also geringer, gleich hoch oder höher sein (vgl. Gaier, Kommentar zum Gebührengesetz2 Rz 9 zu § 6 GebG).
Auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken (insbesondere auch betreffend den § 9 Abs. 1 GebG 1957) braucht mit Rücksicht darauf, daß der mit der Angelegenheit bereits befaßte Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat, nicht weiter eingegangen zu werden.
Da sich sohin erweist, daß die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht gegeben ist, war die Beschwerde (da die wesentlichen Rechtsfragen des Falles durch die bisherige Rechtsprechung bereits klargestellt sind) durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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