Normen
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs4;
UStG 1972 §2 Abs5 Z2;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs5;
VwRallg;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs4;
UStG 1972 §2 Abs5 Z2;
UStG 1972 §3 Abs9;
UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs5;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Umsatzsteuer für die Jahre 1984 und 1985 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.750,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt einen Spielautomatenverleih. Die Gewinnermittlung erfolgt durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG 1972. Bei einer die Streitjahre 1983-1985 umfassenden Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß Aufzeichnungen über Freispiele an den aufgestellten Geldspielautomaten fehlen. Der Prüfer schätzte daher die Umsätze aus Freispielen mit der Hälfte der - im Ausmaß von 2/3 der gesamten Einspielerlöse angenommenen - Einnahmen aus Geldspielautomaten. Die sich daraus ergebenden Nachforderungen an Umsatzsteuer wurden vom Prüfer bei der Gewinnermittlung berücksichtigt. Nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung betrugen die - durch positive Einkünfte aus Kapitalvermögen zwischen S 10.000,-- und S 43.000,-- nicht ausgeglichenen - Verluste aus Gewerbebetrieb für 1983 S 468.589,--, für 1984 S 661.547 und für 1985 S 371.769,--.
In der Berufung gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide wandte sich der Beschwerdeführer zunächst gegen die Anwendung eines Faktors von 1,5 für Freispiele bei der Umsatzermittlung. Unter Hinweis auf verschiedene Literaturmeinungen vertrat der Beschwerdeführer dazu die Auffassung, der Begriff "einzelner Spielabschluß" im Sinne des § 4 Abs. 5 UStG 1972 sei nicht so zu verstehen, daß der Spieler mit jedem Knopfdruck ein neues, umsatzsteuerlich einzeln zu behandelndes Spiel auslöst. Vielmehr stelle nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung ein ununterbrochener Spielablauf einen in sich geschlossenen einheitlichen Leistungsaustausch dar. Weiters war der Beschwerdeführer der Meinung, daß es sich bei dem gegenständlichen Betrieb um einen Voluptuarbetrieb handle. Das Unternehmen sei seit dem Jahre 1983 nicht mehr in der Lage, positive Ergebnisse zu erwirtschaften. Es stehe dies im wesentlichen mit der tendenziell fallenden Umsatzentwicklung, den dagegen sich erhöhenden Betriebskosten und insbesondere mit der außerordentlich hohen Vergnügungssteuer im Zusammenhang.
In einer die Berufung ergänzenden Eingabe wurde ausgeführt, es sei versucht worden, durch "Einsatz bzw. Nichteinsatz" von Geräten das Angebot an den Markt anzupassen. Für die zukünftige Entwicklung sei die Existenzfähigkeit privater Spielbetriebsunternehmen gegenüber dem staatlichen Glücksspielmonopol in Frage zu stellen. Dazu komme ein Verlust an Aufstellplätzen durch den direkten "Selbstbetrieb" der Gerätevermieter. Die Bilanzierung der Jahresergebnisse sei ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuerbelastung "infolge Faktorberechnung" erfolgt. Es seien daher die Umsatzsteuermehrbelastungen zusätzlich als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Nach angeschlossenen "Erfolgsrechnungen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen" hat das Betriebsergebnis für 1986 - S 983.104,90, für 1987 - S 508.293,63, für 1988 + S 71.501,05 und für 1989 (bis 31. Juli) + S 26.003,92 betragen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des Berufungsbegehrens, den gegenständlichen Betrieb als Voluptuarbetrieb zu qualifizieren, ging die belangte Behörde davon aus, daß in den Jahren 1980 bis 1982 (noch) Gewinne erzielt worden seien. Die Behörde verwies auf eine die Vorauszahlungen des Jahres 1983 betreffende Eingabe, wonach "eine Ertragsverbesserung erreicht werden" könne. Weiters zitierte die belangte Behörde ein Zahlungserleichterungsansuchen vom 10. Mai 1983, dem zufolge sich durch die neuerliche Erhöhung der Vergnügungssteuer die Notwendigkeit ergeben habe, eine Anzahl von Geräten stillzulegen. Es bestehe die Absicht, diese Geräte durch solche, die der Vergnügungssteuer nicht unterliegen, zu ersetzen. Weiters wurde im angefochtenen Bescheid auf ein Zahlungserleichterungsansuchen vom 26. September 1983 hingewiesen, wonach die Modernisierung des Gerätebestandes zu einer Steigerung der Umsätze und einem Absinken der Wartungs- und Servicekosten geführt habe, sodaß das Unternehmen monatliche "Bargeldmittelüberschüsse" erzielen könne, die ausreichen, die beantragten Ratenbeträge (von monatlich S 38.000,--) zu bezahlen. In einem im angefochtenen Bescheid in Auszügen wörtlich wiedergegebenen Ansuchen vom 13. September 1984, wurde von der Notwendigkeit der Anschaffung neuer teuerer Geräte gesprochen. Erschwerend sei der saisonbedingt schlechte Geschäftsgang während der Sommermonate. Nach der - voraussichtlich ein Jahr dauernden - Umstellungsphase könne dieser Eingabe zufolge mit einer besseren Ertragslage gerechnet werden, sofern "nicht weitere verschärfende Maßnahmen seitens der Kommunalpolitik" gesetzt werden.
Ferner verwies die belangte Behörde auf einen Antrag um Zahlungserleichterung vom 9. Juni 1987, worin der Beschwerdeführer seinen Antrag mit einem unerwartet schlechten Geschäftsgang begründete, sowie auf das die Berufung ergänzende Schreiben vom 11. September 1989. Den darin enthaltenen Angaben über sinkende Umsätze hielt die belangte Behörde entgegen, daß die Umsätze 1986 und 1987 wiederum gestiegen seien und nach den vorgelegten Erfolgsrechnungen für 1988 und die Monate Jänner bis Juli 1989 Gewinne erzielt wurden. "Aus all diesen Ausführungen" ging nach Meinung der belangten Behörde hervor, daß es sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Automatenverleiher nicht um einen Voluptuarbetrieb handle.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Umsätze aus Spielen an Geldautomaten
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zur Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung der Einspielergebnisse aus Spielautomaten im zeitlichen Geltungsbereich der Vorschrift des § 4 Abs. 5 UStG 1972 in der Fassung des zweiten Abgabenänderungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 645, in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß jedes Entgelt für jedes einzelne Spiel zur Bemessungsgrundlage zählt. Gewinnt ein Spieler und kann er mit dem Gewinn am Automaten ein neues Spiel ("Freispiel") tätigen, so wird auf Grund der neuerlichen Inbetriebnahme des Geldspielautomaten ein neuer Umsatz ausgeführt; der geldwerte, auch in anderer Weise (zur Konsumation) verwendbare Gewinnanspruch des Spielers bildet das Entgelt für diesen Umsatz. Daraus folgt, daß zur Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer sowohl sämtliche in den Automaten eingeworfenen Bargeldbeträge ("Bargeldeinwurf") ungeachtet einer allfälligen Auszahlung von Gewinnen als auch die Freispielumsätze zählen (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 1992, 90/13/0164, mit weiteren Hinweisen). Die Beschwerde, in der zur steuerlichen Behandlung der in Rede stehenden Umsätze keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt werden, erweist sich somit diesbezüglich als unbegründet.
2. Liebhaberei
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1972 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den in Abs. 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben. Aus der Umschreibung der Begriffe "Einkommen" und "Einkünfte" (in § 2 Abs. 4 EStG 1972) haben Schrifttum und Rechtsprechung abgeleitet, daß nur die Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinne erwarten lassen, als Einkunftsquelle in Betracht kommen und mit ihrem Ergebnis bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. August 1992, 88/14/0018).
Nach der bis 31. Dezember 1983 anzuwendenden Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1972 in der Fassung des 2. Abgabenänderungsgesetzes 1977 (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1983, G 123/81 ua.) galten Lieferungen oder sonstige Leistungen nicht als für das Unternehmen ausgeführt - und waren demzufolge vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen -, die im Zusammenhang mit einer Tätigkeit stehen, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei). Nach der ab dem 1. Jänner 1984 anzuwendenden Fassung des § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG 1972 gilt nicht als eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit - im Sinne des § 2 Abs. 1 erster Satz UStG 1972 - eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (Liebhaberei).
Die Beantwortung der Frage, ob eine steuerrechtlich relevante Tätigkeit oder Liebhaberei vorliegt, ist von der Feststellung abhängig, ob mit der Deckung der Ausgaben und - da bloße Kostendeckung nicht genügt - mit einem wenn auch nur bescheidenen Nutzen ernstlich gerechnet werden kann, mag sich dieser Nutzen auch erst in späterer Zeit, nach Ablauf einer angemessenen Anlaufphase, einstellen. Dabei ist zunächst ein objektiver Maßstab anzulegen und festzustellen, ob die zu beurteilende Tätigkeit überhaupt Aussicht hat, sich jemals lohnend zu gestalten. Ist diese Frage zu verneinen, kommt es auf die persönliche Auffassung des Steuerpflichtigen nicht mehr an, seiner subjektiven Einstellung kann nur mehr in Grenzfällen Bedeutung beigemessen werden.
Der Beschwerdeführer hat in der Berufung und in einer diese ergänzenden Eingabe unter Hinweis auf die konkreten Betriebsergebnisse und einzelne, diese beeinflussende Umstände - Steuerbelastung, Veränderungen der Konkurrenzsituation - die Auffassung vertreten, daß es sich bei dem in Rede stehenden Betrieb um Liebhaberei handelt. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen nicht ausreichend auseinandergesetzt. Die wörtliche Wiedergabe von Ansuchen um Herabsetzung von Vorauszahlungen und um Gewährung von Zahlungserleichterungen kann eine solche substantielle Würdigung des Sachverhaltes nicht ersetzen. Aus diesen von der Behörde zitierten Eingaben kann lediglich entnommen werden, daß der Beschwerdeführer zwar die Hoffnung auf eine Verbesserung seiner Ertragslage hatte, diese Hoffnung sich aber nicht erfüllte. Diese Eingaben sind für die Entscheidung über die Streitfrage schon deswegen nicht maßgeblich, weil aus ihnen allenfalls die subjektive Einstellung des Beschwerdeführers entnommen werden kann, welcher aber, wie ausgeführt, nur untergeordnete Bedeutung beizumessen ist.
Abgesehen von der Wiedergabe der genannten Eingaben hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hingewiesen, daß die Umsätze der Jahre 1986 und 1987 wieder angestiegen seien. Ein solches Ansteigen der Umsätze stellt aber für sich betrachtet noch keinen Umstand dar, der für oder gegen das Vorliegen von Liebhaberei spricht.
Schließlich hat sich die belangte Behörde darauf gestützt, daß in den vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegten "Erfolgsrechnungen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen" für 1988 und die ersten sieben Monate 1989 Gewinne ausgewiesen wurden. Dabei ist die belangte Behörde darüber hinweggegangen, daß die ausgewiesenen Gewinne im Verhältnis zu dem seit 1983 erlittenen Gesamtverlust so gering waren, daß von einem Eintritt eines Nutzens im vorliegenden Beobachtungszeitraum nicht gesprochen werden kann.
Wenn die belangte Behörde unter Vermeidung einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen insbesondere über die hohe Steuerbelastung und die Veränderungen der Konkurrenzsituation auf Grund der zuletzt angeführten Umstände zur Annahme einer Einkunftsquelle gelangt ist, so erscheint diese Folgerung nicht schlüssig. Die belangte Behörde hat damit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG). Der Beschwerdeführer konnte jedoch durch den angefochtenen Bescheid insoweit nicht in seinen Rechten verletzt sein, als darin über Umsatzsteuer 1983 (vgl. die oben dargestellte Rechtslage, wonach die Beurteilung einer Tätigkeit als Liebhaberei allein den Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach sich gezogen hatte) sowie (mit Verlustfeststellungen) über Einkommen- und Gewerbesteuer abgesprochen worden ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die der Beschwerde angeschlossene Ausfertigung des angefochtenen Bescheides umfaßt nur fünf Bögen, sodaß die Beilagengebühr S 150,-- beträgt. Zuviel entrichtete Stempelmarken können aber nicht zum Ersatz angesprochen werden.
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