VwGH 90/13/0056

VwGH90/13/00565.12.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der X-GmbH in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 10.1.1990, GZ. 6/2-2199/87-08, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1984 und 1985, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §914;
EStG 1972 §18 Abs1 Z1;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
KStG 1966 §8 Abs1;
VwRallg;
ABGB §914;
EStG 1972 §18 Abs1 Z1;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
KStG 1966 §8 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegenstand des Unternehmens der beschwerdeführenden GmbH ist Datenverarbeitung, Buchprüfung und Steuerberatung. Mit Abtretungsverträgen vom 29. Juni 1981 übertrug der damalige Alleingesellschafter und Geschäftsführer, Dkfm. N. B., seine Anteile am Stammkapital im Nominale von S 100.000,-- an I. W. im Ausmaß eines Nominales von S 49.000,-- um den Abtretungspreis von S 2.450,--, an Dkfm. L. W. im Ausmaß eines Nominales von S 25.000,-- um den Abtretungspreis von S 1.250,-- und an Dr. R. L. im Ausmaß eines Nominales von S 26.000,-- um den Abtretungspreis von S 1.300,--. Im Zeitpunkt der Abtretung der Geschäftsanteile war Dkfm. N. B. 69 Jahre alt. Nach einem Gesellschafterbeschluß vom 29. Juni bzw. 9. Juli 1981 endete die Geschäftsführerfunktion des Dkfm. N. B. am 31. Dezember 1981. Wegen der großen Verdienste um die Gesellschaft seit ihrer Gründung im Jahre 1969 verpflichtete sich die Gesellschaft zur Bezahlung einer Versorgungsrente an Dkfm. N. B. bzw. an dessen Witwe ab 1982 für die Dauer von längstens zehn Jahren. Die Rente sollte jeweils 7,5 % des Umsatzes des Vorjahres der per 1. Juli 1981 vorhandenen Klienten, mindestens jedoch S 72.000,-- p.a. betragen und jeweils am Monatsende in 12 gleich hohen Monatsteilbeträgen ausgezahlt werden.

Bei der Festsetzung der Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1984 und 1985 versagte das Finanzamt den Rentenzahlungen - für 1984 S 126.065,25 und für 1985 S 125.364,-- - die steuerliche Abzugsfähigkeit, wobei das Finanzamt einen Zusammenhang dieser Leistungen mit der Abtretung der Geschäftsanteile erblickte.

In der Berufung gegen die Abgabenbescheide wurde ausgeführt, der Aufbau der 1969 gegründeten Gesellschaft und der dabei erreichte Klientenstock sei in einem sehr hohen Ausmaß auf die Geschäftsführertätigkeit des Rentenempfängers zurückzuführen gewesen. Wegen der angespannten Ertragslage habe die Gesellschaft keine Pensionszusage ausgesprochen. Die Leistung einer Rente an ehemalige leitende Angestellte einer Wirtschaftstreuhand-Gesellschaft sei branchenüblich. Die Bildung einer Rückstellung während der aktiven Dienstzeit sei nur deshalb unterblieben, weil eine verpflichtende Zusage nicht vorhanden gewesen sei. Ein Zusammenhang zwischen den Rentenzahlungen und den Eigentümern der GmbH-Anteile bestehe nicht. Zwischenzeitlich seien weitere Übertragungen von Geschäftsanteilen erfolgt. Bei diesen Übertragungen sei ausschließlich auf den inneren Wert der Anteile, der sich aus Vermögenswerten und Ausschüttungschancen ergibt, abgestellt worden. Für den Gesellschafter sei primär eine zukünftige Ausschüttungswahrscheinlichkeit von Interesse.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Unter Hinweis auf eine Auskunft, die in dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1980, 2676/78, zugrunde liegenden Verfahren durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Landesstelle Salzburg, erteilt worden war, ging die belangte Behörde davon aus, daß der Firmenwert der Beschwerdeführerin 70 v. H. des Durchschnittes der Umsätze der letzten drei Geschäftsjahre betragen habe (S 1,100.407,11). Tatsächlich sei das Unternehmen um einen Gesamtkaufpreis von S 5.000,-- veräußert worden. Bei Gegenüberstellung des Mindestbetrages an Rentenzahlungen (S 720.000,-- auf zehn Jahre) sei abzuleiten, daß die Rentenzahlungen in Wahrheit einen Teil des Kaufpreises für die Gesellschaftsanteile darstellten. Die Beschwerdeführerin habe Aufwendungen, die ihre Anteilsinhaber betrafen, für diese übernommen. Überdies sei es nicht einzusehen, weshalb eine Gesellschaft für ihren eigenen Klientenstock eine Zahlung leisten sollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1966 sind bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens auch verdeckte Gewinnausschüttungen zu berücksichtigen. Derartige verdeckte Gewinnausschüttungen sind nach herrschender Auffassung alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen (Vorteilsgewährungen) einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1990, 89/14/0133, 0134).

Getrennt abgeschlossene Verträge und sonstige Rechtsvorgänge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer (in einer oder mehreren Urkunden enthaltener) getrennter Vereinbarungen eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Vorgängen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1991, 89/13/0098). Demzufolge war die belangte Behörde im Recht, wenn sie die Abtretungsverträge einerseits und den Gesellschafterbeschluß über die Abberufung des Übergebers der Gesellschaftsanteile sowie die Leistung einer Zeitrente an diesen andererseits, die beide auf denselben Tag fielen, als einen einheitlich zu betrachtenden Vorgang angesehen hat.

Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei Jahresumsätzen einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft von S 1,408.129,79 (1978), S 1,730.282,22 (1979) und S 1,577.555,47 (1980) zur Auffassung gelangte, daß das in den Abtretungsverträgen vereinbarte Entgelt von insgesamt S 5.000,-- unangemessen niedrig war, und daraus weiters folgerte, daß die Leistung einer Zeitrente im Werte von mindestens S 720.000,-- in Wahrheit einen Teil des Kaufpreises der Gesellschaftsanteile darstellte. War aber diese Rentenleistung als Teil des Preises für die Abtretung der Gesellschaftsanteile anzusehen, so hat die Beschwerdeführerin mit den Rentenzahlungen Aufwendungen getragen, die die Anteilsinhaber getroffen haben.

Die Beschwerdeführerin wendet sich im gegebenen Zusammenhang insbesondere gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Ermittlung eines Firmenwertes im Ausmaß von 70 v. H. des durchschnittlichen Jahresumsatzes. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Behörde damit lediglich die Unangemessenheit der in den Abtretungsverträgen ausgewiesenen Abtretungspreise dargelegt hat. Die vergleichsweise Heranziehung eines aus den Umsätzen ermittelten Firmenwertes stellt sich damit durchaus als geeignete Methode der Bestimmung der Angemessenheit der Abtretungsentgelte dar. Damit gehen aber die Einwendungen gegen die Höhe des Firmenwertes - dessen Betrag für die Entscheidung nicht weiter maßgebend war - ins Leere. Soweit die Beschwerdeführerin dabei Einwendungen gegen die auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1980, 2676/78, gestützte Ermittlung des Firmenwertes erhebt, ist jedoch auf Folgendes hinzuweisen: Nach diesem Erkenntnis hatte die belangte Behörde aus den Bestimmungen der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung darauf schließen können, daß sich eine feste und allgemeine Verkehrsauffassung über das Bestehen eines Firmenwertes bei Steuerberatungskanzleien gebildet hat, die sogar bereits in der Rechtsordnung (vgl. §§ 45 f WTBO) ihren Niederschlag gefunden habe. Für diese Aussage war es aber nicht von Bedeutung, daß im damaligen Beschwerdeverfahren die Ermittlung von Erbschaftssteuer strittig gewesen ist.

Das Beschwerdevorbringen, wonach die Umsätze der Jahre 1978 bis 1980 auf die erfolgreiche Tätigkeit des Dkfm. N. B. zurückzuführen waren, spricht - im Verein mit der Ermittlung der Zeitrente vom Umsatz aus dem am 1. Juli 1981 bestehenden Klientenstock - nicht für, sondern gegen die Beschwerdeführerin: Eben daraus, daß Dkfm. N. B. als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft auf Grund seiner - in den Umsatzzahlen dokumentierten - Tätigkeit einen entsprechenden Wert des Unternehmens erwirtschaftet hat, ergibt sich mit großer Deutlichkeit, daß die Vereinbarung der Abtretungsentgelte von zusammen S 5.000,-- letztlich für das gesamte Unternehmen nicht dem tatsächlichen Willen der Vertragspartner entsprochen hat.

Auch der Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1989, 85/13/0074, 0075, geht schon deswegen ins Leere, weil dem nunmehrigen Beschwerdefall nicht die Leistung von Pensionsbezügen an den ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern die Übernahme von Leistungen, die im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb von den nunmehrigen Anteilseignern zu erbringen sind, durch die Gesellschaft zugrunde liegt.

Dadurch, daß sich die belangte Behörde - und zwar nicht bei der Ermittlung des Sachverhaltes, sondern bei der Beurteilung eines ihr maßgeblich erschienenen Umstandes - auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1980, 2676/78, gestützt hat, konnte eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht erfolgen. Auch ansonsten sind keine Verfahrensmängel ersichtlich, bei deren Vermeidung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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