Normen
AVG §69 Abs1 Z2;
BAO §303 Abs1 litb;
FinStrG §115;
FinStrG §165 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2;
BAO §303 Abs1 litb;
FinStrG §115;
FinStrG §165 Abs1 litb;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz (Spruchsenat) vom 26. Februar 1988 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der G-GmbH der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung für schuldig befunden.
Dem Schuldspruch lag das Ergebnis einer bei der G-GmbH vorgenommenen abgabenbehördlichen Prüfung der Jahre 1982 bis 1984 zugrunde. Dabei waren neben gravierenden Buchführungsmängeln auch Einlagen des Gesellschafter-Geschäftsführers (=Beschwerdeführer), deren Herkunft dieser nicht erhellen konnte, festgestellt worden. Der Prüfer kam daher zur Ansicht, durch vorgetäuschte Gesellschaftereinlagen sollten Schwarzgeschäfte verdeckt werden und erhöhte die Besteuerungsgrundlagen im Ausmaß der ungeklärten Einlagen (zuzüglich Sicherheitszuschlägen). Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu der der Beschuldigte nicht erschienen war, nahm der Spruchsenat als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer die Umsätze der Gesellschaft vorsätzlich unvollständig erklärt hatte.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde als verspätet zurückgewiesen; einem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge gegeben.
Mit Eingabe vom 29. Juni 1988 stellte der Beschwerdeführer u. a. (erstmals) den Antrag auf Wiederaufnahme des Finanzstrafverfahrens, welchen er wie folgt begründete:
"Gemäß dem § 165 Abs. 1 lit. b Finanzstrafgesetz bringe ich vor, daß der Zeuge bereits im abgeschlossenen erstinstanzlichen Verfahren existent war, mir doch unverschuldet unbekannt geblieben ist (causa reperta).
Dieser Zeuge wird nunmehr von mir beantragt zum Beweis dafür, daß entgegen den Annahmen der Erstbehörde ich sämtliche Beträge, die ich aufgrund meiner persönlichen Haftungen von Kreditinstituten erhielt, unmittelbar der Firma G-GmbH als Betriebsmittel zuführte, sodaß bei Berücksichtigung dieses Beweisergebnisses die Erstbehörde zur Einstellung des Verfahrens gelangt wäre."
Weiters gab der Beschwerdeführer an, von diesem (ungenannt gebliebenen) Zeugen erst vor etwa 14 Tagen erfahren zu haben.
Die Finanzstrafbehörde wies den Antrag ab. Der Beschwerdeführer legte gegen diesen Bescheid Beschwerde ein und stellte zugleich mit Eingabe vom 28. November 1988 einen neuerlichen Wiederaufnahmeantrag. Darin machte er nunmehr den emeritierten Rechtsanwalt Dr. P und seinen Schwager K als Zeugen dafür namhaft, daß er private Einlagen in Millionenhöhe getätigt und diese Mittel aufgrund seiner persönlichen Haftungen von Kreditinstituten erhalten und der G-GmbH als Betriebsmittel zugeführt habe. Die Zeugen seien ihm am 19. November 1988 bekannt geworden.
Als Zeugen befragt gaben Dr. P und K an, dem Beschwerdeführer Darlehen gewährt zu haben, und zwar Dr. P in den Jahren 1982 und 1983 jeweils S 150.000,-- und K 1984 S 100.000,--. Der Geldbedarf sei vom Beschwerdeführer in allen Fällen mit finanziellen Schwierigkeiten der G-GmbH begründet worden.
Die Finanzstrafbehörde erster Instanz wies auch den zweiten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Die Aussagen der beiden Zeugen seien nicht geeignet, eine im Spruch anderslautende Entscheidung herbeizuführen. Dr. P habe das Geld nicht der GmbH, sondern dem Beschwerdeführer persönlich zur Verfügung gestellt. Wofür der Beschwerdeführer diese Gelder verwendet habe, sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere schienen in dem vom Beschwerdeführer selbst geführten Kassabuch der G-GmbH keine zu den privaten Geldaufnahmen korrespondierenden Einlagen auf. Überdies habe der Beschwerdeführer nach den Angaben des Dr. P die Darlehen persönlich (teilweise) getilgt. Davon abgesehen beliefen sich die in den Jahren 1982 und 1983 nicht erklärten Umsätze auf S 901.482,-- bzw. S 533.050,--, sodaß es - selbst wenn man zugunsten des Beschwerdeführers entsprechende Einlagen in die GmbH annehmen wollte - nur zu einer geringfügigen Herabsetzung des strafbestimmenden Wertbetrages kommen könnte. Auch was das Jahr 1984 anlange, fiele ein allenfalls aufgeklärter Betrag von S 100.000,-- angesichts nicht erklärter Umsätze in Höhe von S 313.296,-- bei Berechnung des Strafausmaßes nicht ins Gewicht.
In der dagegen erhobenen Administrativbeschwerde rügte der Beschwerdeführer, die beiden Zeugen seien über wichtige Umstände nicht befragt worden. Dr. P und K müßten dazu vernommen werden, welche Bemühungen der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum unternommen habe, um für die G-GmbH Kredite in Millionenhöhe zu erwirken. Dem Zeugen Dr. P solle die Frage gestellt werden, in welcher Eigenschaft - ad personam oder als Geschäftsführer der G-GmbH - der Beschwerdeführer ihn kontaktiert habe. In diesem Zusammenhang wies der Beschwerdeführer weiters darauf hin, sein Lebensunterhalt sei von seiner Familie gedeckt worden, sodaß es nicht sinnvoll gewesen wäre, wenn er "als hoch zuckerkranker und schwer kriegsinvalider österreichischer Staatsbürger" Fremdmittel für den eigenen Bedarf aufgenommen hätte. Auch käme bei der Strafbemessung der Aufklärung eines Betrages von insgesamt S 400.000,-- sehr wohl Bedeutung zu.
Die belangte Behörde gab dem Rechtsmittel keine Folge. Sie verwies auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides und meinte ergänzend, die im Wiederaufnahmeantrag geltend gemachten Beweismittel seien für den Beschuldigten infolge seines Kontaktes mit diesen Personen nicht neu hervorgekommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 165 Abs. 1 lit. b FinStrG sieht die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens vor, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht werden konnten, sofern deren Kenntnis allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine im Spruch anders lautende Entscheidung herbeigeführt hätte.
Als neu hervorgekommenes Beweismittel im Sinne der angeführten Gesetzesstelle ist nicht nur eine bereits vorliegende Zeugenaussage anzusehen, sondern auch die Namhaftmachung eines Zeugen, der in der Lage ist, über ein entscheidungsrelevantes Beweisthema eine Aussage zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1979, 880/77).
Die erstmalige Nennung einer Person als Zeuge stellt allerdings nur dann einen Wiederaufnahmsgrund dar, wenn ihre Einvernahme nicht bereits im abgeschlossenen Verfahren beantragt werden konnte. Der Wiederaufnahmewerber muß daher entweder von der Person des Zeugen oder von dem Umstand, daß der Zeuge zweckdienliche Aussagen hätte machen können, erst nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides erfahren. Beides ist im vorligenden Fall nicht zu erkennen.
Der Beschwerdeführer begehrte die Einvernahme zweier Personen, die ihm im fraglichen Zeitraum Geld geliehen hatten. Dabei handelte es sich um seinen Schwager und um einen emeritierten Rechtsanwalt, dessen Klient der Beschwerdeführer gewesen war. Schon im Abgabenverfahren wurden sie als Darlehensgeber bezeichnet, die behaupteten Darlehensgeschäfte allerdings mangels Nachweises nicht anerkannt.
Bei der dargestellten Sachlage ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer diese Personen schon im abgeschlossenen Verfahren als Zeugen hätte namhaft machen können. Anderenfalls wäre es an dem Beschwerdeführer gelegen gewesen, in seinem Wiederaufnahmeantrag einen dem gewöhnlichen Lauf der Dinge völlig widersprechenden Sachverhalt schlüssig vorzutragen. Dies ist nicht geschehen. Der Beschwerdeführer hat sich vielmehr auf das Vorbringen beschränkt, daß ihm "nunmehr erst, und zwar mit 19.11.1988, als Zeugen die unten genannten Personen bekannt wurden, wiewohl sie bereits im abgeschlossenen erstinstanzlichen Verfahren existent waren", ihm jedoch "unverschuldeterweise unbekannt geblieben sind".
Er hat keine Erklärung dafür gegeben, wieso ihm Personen unbekannt geblieben sein sollen, die ihm nach eigenem Vorbringen Darlehen gewährt haben, zu deren Rückzahlung er sich verpflichtet hatte. Sein Vorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob zwischen ihm und seinen Darlehensgebern "ein Kontakt bestand", ist unberechtigt, weil bereits die behauptete Darlehensgewährung für das Bestehen eines "Kontaktes" sprach. Abgesehen davon war es Sache des Beschwerdeführers, das Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen darzutun. Wenn er sich der Zeugen weder im Zuge der Betriebsprüfung noch in dem anschließenden Rechtsmittel- und Finanzstrafverfahren bedient hat, kann dieses Versäumnis nicht mit Hilfe eines Wiederaufnahmeantrages nachgeholt werden. Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient nämlich keineswegs dazu, Beweisanträge zu stellen, welche man im abgeschlossenen Verfahren unterlassen hat, obwohl die Möglichkeit hiezu bestand.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf seinen schlechten Gesundheitszustand hinweist und meint, daß ihm "allfällig bekannte Umstände im fraglichen Zeitraum natürlich unter Beachtung der Einmonatsfrist zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages ohne Zweifel aus der Erinnerung gefallen sind", ist ihm folgendes zu entgegnen:
Das Finanzstrafverfahren wurde mit Verfügung vom 28. Mai 1986 eingeleitet. Im Verlaufe des fast zwei Jahre dauernden Verfahrens hat der Beschwerdeführer wiederholt seine Invalidität, verbunden mit Diabetes und Bluthochdruck hervorgehoben, niemals jedoch sein uneingeschränktes Erinnerungsvermögen in Abrede gestellt. Die geltend gemachte körperliche Beeinträchtigung hat den Beschwerdeführer nicht daran gehindert, sich schriftlich zu rechtfertigen und persönlich zur Beschuldigtenvernehmung bei der Behörde zu erscheinen. Es ist daher auch unter Bedachtnahme auf den Leidenszustand des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, warum er die beiden Zeugen nicht bereits im abgeschlossenen Finanzstrafverfahren namhaft machen konnte.
Dem Antragsteller ist es somit nicht gelungen, einen Wiederaufnahmsgrund im Sinne des § 165 Abs. 1 lit. b FinStrG zur Darstellung zu bringen. Dadurch, daß die belangte Behörde dessenungeachtet die beiden Zeugen einvernommen hat, kann der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt sein. Alle diesbezüglichen Vorwürfe, insbesondere der des mangelnden Parteiengehörs zu den Verfahrensergebnissen, gehen daher von vornherein ins Leere. Die Verweigerung der Wiederaufnahme ist folglich selbst dann nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Frage, ob die Zeugenaussagen, wären sie schon im abgeschlossenen Verfahren gemacht worden, voraussichtlich eine im Spruch anderslautende Entscheidung herbeigeführt hätten, falsch gelöst haben sollte.
Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
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