VwGH 90/11/0212

VwGH90/11/02128.3.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 8. November 1990, Zl. 22072/1111/91/90, betreffend Ladung im Stellungsverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §19 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §73 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z2;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
WehrG 1990 §24 Abs1;
AVG §19 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
AVG §73 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z2;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
WehrG 1990 §24 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1989, Zl. 89/11/0105, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde betreffend Feststellung der Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Dabei war maßgeblich, daß die belangte Behörde dem Begriff der Eignung zum Wehrdienst im Sinne des § 15 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1978 einen unzutreffenden Inhalt beigemessen und sich aus diesem Grund mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ausreichend auseinandergesetzt hat. Das Erkenntnis wurde der belangten Behörde am 30. Jänner 1990 zugestellt.

Die belangte Behörde hat in der Folge den Beschwerdeführer

mit (einfachen) Ladungen vom 3. Juli 1990 und vom 5. September 1990 sowie mit Ladungsbescheiden vom 9. Oktober 1990 und vom 8. November 1990 (letzteres für den 29. November 1990) zu einer "Kurzstellung" vorgeladen.

Gegen den zuletzt genannten Ladungsbescheid richtet sich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das vorliegende Verwaltungsgeschehen geht auf den Antrag des Beschwerdeführers vom 1. Juni 1988 auf neuerliche Stellung gemäß § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes 1978 zurück. Mit der Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1989 am 30. Jänner 1990 begann die Frist zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG 1950 neuerlich zu laufen (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 712/A/1949, dessen Aussage über die neuerliche Ingangsetzung dieser Frist durch die Zustellung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes in gleicher Weise für den Fall gilt, daß das Erkenntnis einen erst- und letztinstanzlichen Bescheid betrifft). Da der Beschwerdeführer mit Antrag vom 18. September 1990 gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 den Übergang der Entscheidungspflicht über seinen Antrag vom 1. Juni 1988 auf den Bundesminister für Landesverteidigung begehrte, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag vom 1. Juni 1988 auf den Bundesminister für Landesverteidigung über, da der (am 21. September 1990 bei der Oberbehörde eingelangte) Devolutionsantrag zeitgerecht gestellt worden ist. Die belangte Behörde hat mit diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit zur Entscheidung verloren. Damit war sie aber auch zur Setzung von Verfahrenschritten - wie etwa zur Erlassung von Ladungsbescheiden - unzuständig. Ein Anhaltspunkt dafür, daß die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides im Auftrag des Bundesministers für Landesverteidigung im Sinne des § 66 Abs. 1 AVG 1950 tätig geworden wäre, besteht nicht. Der Umstand, daß der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers nach Erlassung des angefochtenen Bescheides abgewiesen wurde (Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 28. Jänner 1991) und da damit die Zuständigkeit zur Durchführung des Stellungsverfahrens wieder an die belangte Behörde zurückfiel, ändert nichts an der Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides im Zeitpunkt seiner Erlassung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

2. Aus Gründen der Verfahrensökonomie sei im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen darauf hingewiesen, daß der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie vor Erlassung ihres Ersatzbescheides nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1989 die (neuerliche) persönliche Anwesenheit des Beschwerdeführers vor der Stellungskommission im selben Stellungsverfahren für erforderlich erachtet hat und die Auffassung vertrat, sie könne über die Eignung des Beschwerdeführers zum Wehrdienst nicht bereits auf Grund der Aktenlage (unter Einschluß der vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Bestätigungen) entscheiden. Bei Erlassung des vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Vorbescheides ging sie von einem unrichtigen Verständnis von der maßgeblichen Rechtslage aus. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG ist sie bei Erlassung des Ersatzbescheides an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebunden. Sie hat daher an die Eignung zum Wehrdienst einen anderen Maßstab als bei Erlassung des Vorbescheides anzulegen. Ob der Beschwerdeführer danach als "Tauglich", "Vorübergehend Untauglich" oder "Untauglich" zu qualifizieren ist, hängt von der Beurteilung der Fähigkeiten und der Verfassung des Beschwerdeführers unter Zugrundelegung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - also auch der vom Beschwerdeführer beigebrachten Unterlagen - im Zeitpunkt ihrer neuerlichen Entscheidung ab. Sie hat sich dazu einerseits ein aktuelles Bild von den maßgeblichen Eigenschaften des Beschwerdeführers zu machen und andererseits auf ein anderes Anforderungsprofil abzustellen, als sie es bei Erlassung des Vorbescheides getan hat. Es können dabei auch Umstände zum Tragen kommen, denen die belangte Behörde - von ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung ausgehend - im ersten Rechtsgang gar keine Beachtung geschenkt hat (abgesehen davon, daß sich auch nach Erlassung des Vorbescheides Änderungen im maßgeblichen Sachverhalt ergeben haben können). Das aber kann durchaus auch die persönliche Anwesenheit des Beschwerdeführers vor der Stellungskommission erforderlich erscheinen lassen, sodaß es dem Gesetz nicht widersprach, wenn die belangte Behörde sein Erscheinen vor der Behörde im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG für nötig hält.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im Rahmen des gestellten Kostenbegehrens.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte