VwGH 90/10/0009

VwGH90/10/000927.2.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 21. November 1989, Zl. II/3-1129/10, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG NÖ 1977 §6 Abs4 Z2;
NatSchG NÖ 1977 §6 Abs4 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. November 1989 wies die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 25. März 1987 um naturschutzbehördliche Bewilligung für den Wiederaufbau des Zechenhauses in H gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 i.V.m. Abs. 4 Z. 1 und 2 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes LGBl. 5500-3 (NÖ NSchG) ab.

In der Begründung wird ausgeführt, die belangte Behörde habe zu der Frage, ob durch den Wiederaufbau des Zechenhauses das Landschaftsbild und die Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart dauernd und maßgeblich beeinträchtigt würden, ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt. Dieser habe ausgeführt, anstelle des durch einen Brand weitgehenden zerstörten, im Gründlan im Landschaftsschutzgebiet Enzesfeld-Lindabrunn-Hernstein gelegenen Zechenhauses solle an derselben Stelle ein Neubau im Grundrißausmaß von rund 21 m x 21 m errichtet werden mit Keller, Erdgeschoß, erstem Stock und Dachgeschoß. Die Gebäudehöhe solle im Durchschnitt 8 m betragen, die Firsthöhe sei mit ca. 13 m anzunehmen. Das betroffene Grundstück liege am Ostrand der sogenannten Grillenbergersenke, deren Mittelpunkt der Ort Grillenberg bilde. Das Landschaftsbild der in bezug auf das gegenständliche Grundstück weiteren Umgebung werde von Natur aus durch folgende Elemente geprägt:

Als grobe Gliederung trete zunächst die schüsselförmige Vertiefung in Erscheinung, deren Rand von bewaldeten Hügelketten gesäumt werde. Im Detail werde die Landschaft so gestaltet, daß die tiefsten Stellen der Senke mit feuchten Wiesen eingenommen würden. Die Ortschaften lägen gegenüber diesem Wiesenbereich geringfügig erhöht, wobei sich die Häuser dicht an die wenigen Straßen, die die Senke durchzögen, anschmiegten. Die oberhalb der Ortschaften bis zum Waldrand reichenden sanft geneigten Hänge wiesen eine kleinräumige Verzahnung von Ackerflächen unterschiedlicher Nutzung und Wiesen auf. Als besonders charakteristisch sei die Vielzahl der Strukturen aus einzelnen Hecken, Remisen, Einzelbäumen und Gebüschen anzusehen, die diese Hangbereiche zu einem Mosaik unterschiedlicher Kleinelemente werden ließen, die der Landschaft ihr besonderes Gepräge gäben. Der anschließende Waldrand sei frei von Bebauung. Der Wald der die Senke umgebenden Hügelkette setze sich in erster Linie aus Schwarzkiefern zusammen und zeige demzufolge sommers wie winters eine dunkelgrüne Färbung. Bei Betrachtung der engeren Umgebung der für den Neubau des Zechenhauses vorgesehenen Fläche sei festzustellen, daß dieselbe auf einem Westhang situiert sei, und zwar unmittelbar am Waldrand und somit am höchsten nach allen Seiten einsehbaren Punkt des freien Hangbereiches. Auf diesem von der Landesstraße 4020 sanft ansteigenden Hang sei das vorweg beschriebene Charakteristikum des Mosaiks aus Ackerflächen, Wiesen, Hecken, Büschen und Einzelbäumen besonders deutlich ausgeprägt. Diese Elemente bedingten ein außergewöhnlich abwechslungsreiches Bild des Hangbereiches und bildeten einen starken Kontrast zum anschließenden homogenen Waldbereich. Diese Gegensätze bestimmten maßgeblich das Bild der Landschaft im engeren Umfeld des Zechenhauses, wobei dem Waldrand als Grenze zwischen den beiden Bereichen eine übergeordnete Funktion zukomme. Durch die erhöhte Lage sei die Ruine des Zechenhauses nahezu von jedem Punkt der Senke aus sichtbar.

Die Schönheit und Eigenart der Grillenberger Senke liege im Wechsel folgender Elemente: Feuchtwiesen (am tiefsten Punkt der Senke inklusive Ortschaften, wobei die Häuser unmittlbar an den Straßen stünden) - Hangbereiche (Mosaik aus Äckern, Wiesen, Hecken, Gebüschen, Einzelbäumen ...) - Wald (homogener dunkel gefärbter Nadelwald auf der die Senke umgebenden Hügelkette).

Die markantesten und auffälligsten Elemente stellten hierbei die Hangbereiche mit ihren vielfältigen Strukturen und der mehr oder weniger abrupte Übergang zum Wald dar. Der Waldrandeffekt werde durch den starken Kontrast der Farbgebung zwischen den relativ hellen Hangbereichen und ihrem abwechslungsreichen vielfarbigen und je nach Jahreszeit verschiedenen Bild und den dunklen homogenen Waldflächen besonders auffällig betont. Gerade diese linienförmige Struktur des Waldrandes, die eine wesentliche Gliederung des Landschaftsbildes vornehme, ziehe den Blick des Menschen besonders stark an und müsse daher unbedingt vor einer Beeinträchtigung bewahrt werden. Eine Verbauung des Waldsaumes würde nicht nur das Bild der Landschaft durch den Verlust der durchgehenden Linienführung völlig verändern und daher dauernd und maßgeblich beeinträchtigen, auch die Schönheit und Eigenart der Landschaft werde durch die für diese Landschaft untypische Art der Verbauung (charakteristisch seien Ortschaften in der Senke bzw. Gebäude entlang der Straßenzüge) schwer in Mitleidenschaft gezogen. Diese Beeinträchtigung wäre nicht nur für die unmittelbar Umgebung des Zechenhauses maßgeblich, sondern auch durch die exponierte Lage nahezu für den gesamten Bereich der Grillenberger Senke.

Die dauernde und maßgebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Schönheit und der Eigenart der Landschaft könne auch nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden, da, bedingt durch die Größe des geplanten Gebäudes (13 m Firsthöhe) auch eine allfällige Bepflanzung keinen ausreichenden Sichtschutz gewährleisten würde.

In seiner Stellungnahme zu diesem Gutachten habe der Beschwerdeführer im wesentlichen vorgebracht, das Gutachten stelle keine ausreichende Grundlage für eine rechtlich zutreffende behördliche Erledigung dar, da das Gebäude der tierärztlichen Hochschule darin keine Erwähnung finde.

Im Hinblick auf dieses Vorbringen sei der Amtssachverständige ersucht worden, sein Gutachten entsprechend zu ergänzen.

Im ergänzten Gutachten habe der Amtssachverständige für Naturschutz festgestellt, das Gebäude der tierärztlichen Hochschule sei vom Zechenhaus 4 km (Luftlinie) entfernt. Zwischen den beiden Gebäuden liege das Stadtgebiet von Berndorf, das nördlich an den Bereich der Grillenberger Senke anschließe. Das Gebäude der tierärztlichen Hochschule befinde sich daher weit abseits vom geographischen Raum der Grillenberger Senke, weshalb nach Ansicht des Sachverständigen dieses Gebäude nicht zu der weiteren Umgebung des Zechenhauses zu rechnen sei. Es sei daher dieses Gebäude nicht für die Beurteilung der Auswirkungen (ästhetisch nachteilige Veränderungen) bei Verwirklichung des geplanten Projektes (Zechenhaus) heranzuziehen.

Der Beschwerdeführer habe dazu in seiner abschließenden Stellungnahme im wesentlichen vorgebracht, es gehe nicht an, bei der Beurteilung der Rechtsfrage den zur vergleichenden Beurteilung heranzuziehenden Bereich auf den geographischen Raum der Grillenberger Senke zu beschränken.

Unter Berücksichtigung der fachlich fundierten, von Widersprüchen freien und somit schlüssigen Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz gelange die belangte Behörde zur Ansicht, daß durch das geplante Projekt das Landschaftsbild und die Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart dauernd und maßgeblich beeinträchtigt würden und diese Beeinträchtigung durch Vorschreibung von Vorkehrungen nicht weitgehend ausgeschlossen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für den Wiederaufbau des Zechenhauses in H verletzt (Beschwerdepunkt).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 6 Abs. 2 Z. 3 NöNSchG bedürfen in Landschaftsschutzgebieten Maßnahmen gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 außerhalb des Geltungsbereiches von Bebauungsplänen einer Bewilligung durch die Behörde.

Bei Maßnahmen gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 NöNSchG handelt es sich um die Errichtung von Baulichkeiten sowie die Vornahme von Zu- und Umbauten.

Nach § 6 Abs. 4 leg. cit. ist die Bewilligung zu versagen, wenn durch Maßnahmen oder Vorhaben gemäß Abs. 2

  1. 1. das Landschaftsbild,
  2. 2. die Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart oder
  3. 3. der Erholungswert der Landschaft für die Bevölkerung und den Fremdenverkehr

    dauernd und maßgeblich beeinträchtigt wird und nicht durch Vorschreibungen von Vorkehrungen die Beeinträchtigung weitgehend ausgeschlossen werden kann.

    Die belangte Behörde hat dem Bauvorhaben des Beschwerdeführers die naturschutzbehördliche Bewilligung versagt, weil sie zu der Auffassung gelangt ist, daß durch dieses Bauvorhaben das Landschaftsbild sowie die Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart dauernd und maßgeblich beeinträchtigt wird und nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen die Beeinträchtigung weitgehend ausgeschlossen werden kann. Sie konnte sich dabei auf ein Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz stützen.

    Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe unzulässigerweise Rechtsfragen durch den Sachverständigen lösen lassen, weil sie seine Definitionen von verba legalia übernommen habe, trifft nicht zu; vielmehr wurden dem Amtssachverständigen von der belangten Behörde genaue Vorgaben bezüglich des Beweisthemas gemacht.

    Die belangte Behörde hat - gestützt auf die Ausführungen des Amtssachverständigen - dargelegt, worin die Schönheit und Eigenart der Landschaft besteht, in der das Bauvorhaben verwirklicht werden soll, und daß die Verwirklichung des Bauvorhabens das Landschaftsbild sowie die Landschaft in ihrer Schönheit und Eigenart dauernd und maßgeblich beeinträchtigen würde. Die im Akt erliegenden Fotos bestätigen die Ausführungen des Amtssachverständigen. Das Gutachten ist schlüssig und wurde vom Beschwerdeführer nicht widerlegt. Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es nicht.

    Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Beschreibung der Eigenart der Landschaft vermöge kein ausreichendes Bild zu liefern, ist unzutreffend. Daß auch andere Landschaften Merkmale wie die in Rede stehende aufweisen, hindert nicht, daß es sich bei diesen Merkmalen um solche handelt, die die Schönheit und Eigenart der Landschaft begründen, da § 6 Abs. 4 Z. 2 NöNschG nicht verlangt, daß es sich um eine Landschaft von einzigartiger Schönheit und Eigenart handelt.

    Die belangte Behörde hat sich auch mit dem Einwand des Beschwerdeführers, durch ein Gebäude der tierärztlichen Hochschule werde das Landschaftsbild negativ geprägt, auseinandergesetzt und hat dargelegt, daß dieses Gebäude wegen seiner Lage und seiner Entfernung nicht mehr in die Betrachtung einzubeziehen ist. Die diesbezüglichen, auf das ergänzende Gutachten des Amtssachverständigen gestützten Ausführungen der belangten Behörde sind nicht als unschlüssig zu erkennen und es begründet auch der Beschwerdeführer nicht in nachvollziehbarer Weise seine gegenteilige Behauptung.

    Der Amtssachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, die von einer Verwirklichung des Bauvorhabens ausgehende dauernde und maßgebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Schönheit und Eigenart der Landschaft könne auch nicht duch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden, da bedingt durch die Größe des geplanten Gebäudes auch eine allfällige Bepflanzung keinen ausreichenden Sichtschutz gewährleisten würde. Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, darzulegen, welche Vorkehrungen entgegen diesen Ausführungen des Amtssachverständigen den vom Gesetz geforderten Schutz der Landschaft bzw. des Landschaftsbildes vor dauernden und maßgeblichen Beeinträchtigungen gewährleisten könnten. Dies hat der Beschwerdeführer nicht getan. Seine in der Beschwerde vorgebrachte Behauptung, der Sachverständige habe sich mit der Frage der Vorschreibung von Vorkehrungen nicht ausreichend auseinandergesetzt, weil auch andere Vorkehrungen als eine Bepflanzung in Betracht kämen, vermag daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

    Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

    Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

    BGBl. Nr. 416/1994.

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