Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BSVG §106 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
BSVG §106 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1987 stellte der im Jahre 1930 geborene Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den Antrag auf nachträgliche Anerkennung nicht (gemeint: verspätet) entrichteter Beiträge gemäß § 106 Abs. 3 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG). Zur Begründung verwies er dabei im wesentlichen auf die in der Vergangenheit bestandene schwierige finanzielle Situation seiner Mutter und die vielen Schicksalsschläge, die ihn und seine Familie getroffen hätten.
Die belangte Behörde ersuchte daraufhin die Niederösterreichische Landesregierung um Erhebung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers. Diese teilte mit Schreiben vom 24. Februar 1988 mit, daß der Beschwerdeführer ledig sei und einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einem Einheitswert von S 166.000,-- bewirtschafte. An Vermögen seien ein Eigenheim mit einem Schätzwert von S 173.600,-- und landwirtschaftliche Grundstücke im Ausmaß von ca. 13 ha vorhanden. Sorgepflichten bestünden nicht, der Beschwerdeführer sei aber verpflichtet, die Beitragsschulden seiner verstorbenen Mutter in der Höhe von S 241.303,30 zu begleichen.
Die belangte Behörde ersuchte ferner die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt um Darstellung des Versicherungsverlaufes des Beschwerdeführers. Mit Schriftsatz vom 1. März 1989 berichtete diese, daß der Beschwerdeführer zum angenommenen Stichtag "1. Jänner 1989" 256 für die Wartezeit und 184 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate erworben habe. Die Angehörigenbeiträge für die Zeit vom 1. Jänner 1958 bis 30. September 1979 seien vom Beschwerdeführer freiwillig (aber verspätet und daher unwirksam) entrichtet worden. Die Wartezeit für eine Erwerbsunfähigkeitspension zum Stichtag 1. Jänner 1989 sei erfüllt, ein Pensionsantrag sei bisher aber nicht gestellt worden. Unter der Annahme einer wirksamen Entrichtung der Pflichtbeiträge ab Jänner 1989 könne der Beschwerdeführer die Wartezeit für die Alterspension zum Stichtag 1. Dezember 1995 nach den Bestimmungen über die ewige Anwartschaft ebenfalls erfüllen.
Der Beschwerdeführer erhielt im Rahmen des Parteiengehörs vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich Kenntnis, unterließ es jedoch, dazu Stellung zu nehmen.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung der Wirksamkeit von zur bäuerlichen Pensionsversicherung verspätet entrichteten Beiträgen gemäß § 106 Abs. 3 BSVG keine Folge gegeben.
In der Begründung vertrat die belangte Behörde nach Wiedergabe der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und der angewendeten gesetzlichen Bestimmung die Auffassung, daß der Beschwerdeführer auch ohne die beantragte Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Beiträge die Wartezeit für eine Leistung aus der Pensionsversicherung erfülle, weshalb von einem Fall besonderer Härte im Sinne des § 106 Abs. 3 BSVG nicht gesprochen werden könne. Aus diesem Grund sehe sich die belangte Behörde nicht veranlaßt, von dem ihr nach der zitierten Gesetzesstelle eingeräumten Ermessen antragsgemäß Gebrauch zu machen.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - eine Gegenschrift erstattet.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die Bestimmung des § 106 Abs. 3 BSVG in der Fassung der 3. Novelle, BGBl. 1980/587, lautet:
"In Fällen besonderer Härte kann der Bundesminister für soziale Verwaltung auch Beiträge als wirksam entrichtet anerkennen, die für Zeiten gemäß Abs. 1 Z. 1 oder 2 nach Ablauf des dort bezeichneten Zeitraumes entrichtet werden. Ein Fall besonderer Härte ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Versicherten ansonst ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist und der Versicherte seine Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich unterlassen bzw. die Unterlassung der Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich herbeigeführt hat, oder wenn die rechtzeitige Beitragsentrichtung infolge unverschuldet eingetretener ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Versicherten (Betriebsführers) unterblieben ist."
Nach § 106 Abs. 1 BSVG sind als Beitragszeiten anzusehen:
1. Zeiten einer die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem BSVG oder dem Bauern-Pensionsversicherungsgesetz begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung, wenn die Beiträge innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Kalendermonates, für den sie gelten sollen, wirksam entrichtet worden sind;
2. Zeiten einer die Pflichtversicherung nach dem Landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherungsgesetz begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit oder Beschäftigung, wenn die Beiträge innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie gelten sollen, wirksam entrichtet worden sind.
2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur zu den vergleichbaren Bestimmungen der §§ 225 Abs. 3 und 226 Abs. 3 ASVG ausgeführt hat, wird der Behörde durch diese Bestimmungen freies Ermessen in der Richtung eingeräumt, daß sie selbst bei Vorliegen eines Falles besonderer Härte nicht verpflichtet ist, die Nachentrichtung von Beiträgen als wirksam anzuerkennen, und der Verwaltungsgerichtshof im Sinne der Bestimmungen des Art. 130 Abs. 2 B-VG eine in Ausübung des freien Ermessens auf Grund der angeführten Vorschriften des ASVG getroffene Entscheidung nur daraufhin überprüfen darf, ob die Behörde von ihrem freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht habe (vgl. das Erkenntnis vom 28. Februar 1964, Zl. 2167/63). Das zu den §§ 225 Abs. 3 und 226 Abs. 3 ASVG Gesagte gilt nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes auch für § 106 Abs. 3 BSVG (vgl. das Erkenntnis vom 30. Jänner 1986, Zl. 84/08/0148, VwSlg. 12009/A).
Die Regelung des § 106 Abs. 3 BSVG dient auch nur dazu, Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen, nicht aber dazu, die Bestimmungen über die Wartezeit und die Deckung schlechthin illusorisch zu machen. Dies widerspräche dem im Bereich der Sozialversicherung bestehenden Versicherungsprinzip (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Juni 1989, Zl. 88/08/0153). Die Anerkennung der Wirksamkeit der verspäteten Beitragsentrichtung kann weder zur Erlangung einer höheren Leistung aus der Pensionsversicherung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Jänner 1988, Zl. 86/08/0200) noch zur Erlangung einer vorzeitigen Alterspension wegen langer Versicherungsdauer (vgl. dazu das zu der im wesentlichen Inhalt übereinstimmenden Vorschrift des § 115 Abs. 3 GSVG ergangene Erkenntnis vom 20. Dezember 1984, Zl. 84/08/0196) herangezogen werden.
Ein Antrag auf Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Beiträge nach § 106 Abs. 3 BSVG kann auch gestellt werden, wenn kein konkreter Leistungsantrag bei der Sozialversicherungsanstalt gestellt wurde, jedoch ein Antrag auf Feststellung von Versicherungszeiten nach § 108 a BSVG (vgl. das Erkenntnis vom 30. Jänner 1986, Zl. 84/08/0148, VwSlg. 12009/A).
2.3. Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Dezember 1987 lag nach der Aktenlage weder ein konkreter Leistungsantrag bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt noch ein Antrag auf Feststellung von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung nach § 108 a BSVG zugrunde. Daß dies der Fall wäre, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde vielmehr von amtswegen bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt den Versicherungsverlauf zum (fiktiven) Stichtag 1. Jänner 1989 erhoben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch ein konkreter Leistungsantrag oder zumindest ein Antrag nach § 108 a BSVG Voraussetzung dafür, daß über einen Antrag auf Anerkennung der Wirksamkeit von zur bäuerlichen Pensionsversicherung verspätet entrichteten Beiträgen gemäß § 106 Abs. 3 leg. cit. entschieden werden kann. Der Behörde ist es nämlich nur in diesen Fällen möglich, den konkreten Versicherungsverlauf verläßlich und umfassend zu beurteilen, insbesondere im Hinblick auf das Vorhandensein von Lücken und der Relation dieses Zeitraumes zu den übrigen Zeiten (Warte-, Deckungszeiten).
Da der Beschwerdeführer weder einen konkreten Leistungsantrag noch einen Antrag auf Feststellung von Versicherungszeiten gemäß § 108 a BVSG gestellt hat, handelte die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie seinen Antrag auf Anerkennung der Wirksamkeit von zur bäuerlichen Pensionsversicherung verspätet enrichteten Beiträgen gemäß § 106 Abs. 3 BSVG - wenn auch mit einer anderen Begründung - keine Folge gegeben hat. Allein maßgebend ist nur der Spruch eines Bescheides, da nur diesem und nicht auch der Begründung Rechtskraft zukommen kann (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 1950, Zlen. 1055 und 1056/49, VwSlg. 1400/A).
2.4. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß nach einem konkreten Leistungsantrag des Beschwerdeführers oder einem Antrag gemäß § 108 a BSVG die Rechtskraft des vorliegenden Bescheides einer neuerlichen Entscheidung gemäß § 106 Abs. 3 BSVG nicht im Wege steht. Nach der unter Punkt 2.2. wiedergegebenen Rechtsprechung können aber selbst bei Vorliegen eines Falles besonderer Härte nur Lücken im Versicherungsverlauf, also das Fehlen einer ganz geringen Versicherungszeit, geschlossen werden (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 22. Mai 1981, Zl. 81/08/0033).
2.5. Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 1991/104, die gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwenden war.
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