Normen
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
AVG §58 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §57 Abs1;
AVG §57 Abs2;
AVG §58 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit ausdrücklich auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestütztem Bescheid vom 30. November 1989 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 die Beschwerdeführerin zur Vornahme von Grundwassersondierungen im Bereich grundwasserstromabwärts ihrer Betriebsanlage in X sowie zur Entnahme von Wasserproben und Untersuchung derselben auf eine Reihe von näher bezeichneten Parametern. Gleichzeitig wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Kosten der angeordneten Grundwassersondierungen zu tragen. Zur Begründung führte die Behörde insbesondere aus, bei den der Beschwerdeführerin erteilten Aufträgen handle es sich im Hinblick auf festgestellte Grundwasserverunreinigungen um unaufschiebbare Maßnahmen, weshalb ohne weiteres Ermittlungsverfahren habe entschieden werden müssen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie die Rechtmäßigkeit der ihr auferlegten Aufträge bestritt und Verfahrensmängel geltend machte.
Mit Erledigung vom 19. Dezember 1989 teilte die Bezirkshauptmannschaft der Beschwerdeführerin mit, es sei im Hinblick darauf, daß der Bescheid vom 30. November 1989 eindeutig als Mandatsbescheid im Sinne des § 57 AVG 1950 erkennbar sei, nicht klar, ob das von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Rechtsmittel "tatsächlich als Berufung, welche der Berufungsbehörde vorzulegen wäre, oder als Vorstellung, welche die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha zur Durchführung des ordentlichen Ermittlungsverfahrens verhält", zu werten sei. Mit Eingabe vom 27. Dezember 1989 teilte die Beschwerdeführerin der Bezirkshauptmannschaft mit, daß sie sich deswegen zur Einbringung einer Berufung entschlossen habe, weil die Vorstellung gemäß § 57 Abs. 2 AVG 1950 im vorliegenden Fall keine aufschiebende Wirkung gehabt hätte, der Berufung eine solche jedoch zukomme.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Mai 1990 wies die belangte Behörde gemäß den §§ 57 Abs. 2 und 66 Abs. 4 AVG 1950 die Berufung als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde aus, auf Grund der über Anfrage der Bezirkshauptmannschaft abgegebenen Erklärung, daß die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel als Berufung gewertet wissen wolle, könne ausgeschlossen werden, daß sich die Beschwerdeführerin lediglich im Ausdruck vergriffen habe. Das Rechtsmittel sei daher als Berufung zu werten. Da einer Partei zur Anfechtung eines auf § 57 AVG 1950 gestützten Mandatsbescheides lediglich das Rechtsmittel der Vorstellung und nicht das der Berufung zustehe, sei die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Anwendung der §§ 63 ff sowie des § 57 AVG 1950 verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG 1950 ist die Behörde berechtigt, wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen kann gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.
Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst die Auffassung, der erstinstanzliche Bescheid sei materiell nicht als Mandatsbescheid zu werten, weil ihm ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß es sich bei auf der Rechtsgrundlage des § 57 Abs. 1 zweiter Fall AVG 1950 erlassenen Bescheiden um solche handelt, die bei Gefahr im Verzug unaufschiebbare Maßnahmen zum Gegenstand haben. Die "Unaufschiebbarkeit" ist im Verhältnis zu der notwendigen Dauer des Ermittlungsverfahrens zu sehen. Daher kann sich das Erfordernis eines Mandates auch erst im Zuge eines (nicht mehr rechtzeitig zu beendenden) Ermittlungsverfahrens herausstellen (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 4. Aufl., Rz 570). Die (teilweise) Durchführung eines Ermittlungsverfahrens steht sohin der Erlassung eines Mandatsbescheides nicht entgegen.
Für die Beurteilung der Frage, ob ein Mandatsbescheid vorliegt und ob daher gegen diesen die Erhebung einer Vorstellung zulässig ist, ist es ausschlaggebend, ob die Behörde sich auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1984, Zl. 84/07/0188). Im Beschwerdefall bezeichnet der erstinstanzliche Bescheid ausdrücklich § 57 Abs. 1 AVG 1950 als seine Rechtsgrundlage. Auch wird in der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, den Bescheid durch Vorstellung zu bekämpfen. Es kann sohin im Beschwerdefall keinem Zweifel unterliegen, daß es sich bei dem erstinstanzlichen Bescheid um ein auf § 57 Abs. 1 AVG 1950 gestütztes Mandat handelt. Demgemäß war zu seiner Bekämpfung lediglich die Einbringung einer Vorstellung, nicht aber auch einer Berufung zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1984, Slg. N. F. Nr. 11.335/A).
Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid ein als "Berufung" bezeichnetes Rechtsmittel eingebracht. Im Zweifelsfall ist es für die Frage, ob es sich bei einem eingebrachten Rechtsmittel gegen einen Mandatsbescheid um eine Vorstellung oder um eine Berufung handelt, ausschlaggebend, ob damit eine Entscheidung der den bekämpften Bescheid erlassenden Behörde oder der übergeordneten Berufungsbehörde beantragt wird. Der als Berufung bezeichnete Schriftsatz der Beschwerdeführerin enthält keine diesbezüglichen Ausführungen. Die belangte Behörde hat daher mit ihrem Schreiben vom 19. Dezember 1989 die Beschwerdeführerin zu einer diesbezüglichen Klarstellung aufgefordert. Hiebei hat sie ausdrücklich darauf hingewiesen, daß, falls die Beschwerdeführerin ihr Rechtsmittel als Berufung verstanden wissen wolle, dieses der Berufungsbehörde vorzulegen wäre. In der Folge hat die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 27. Dezember 1989 ausdrücklich erklärt, sie habe sich "zur Einbringung einer Berufung entschlossen". Daraus folgt, daß die belangte Behörde zu Recht das von der Beschwerdeführerin erhobene Rechtsmittel als Berufung gewertet hat. Wurde gegen einen Mandatsbescheid nicht eine Vorstellung, sondern eine Berufung erhoben, so ist diese als falsches Rechtsmittel zurückzuweisen (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1984, Slg. N. F. Nr. 11.335/A). Die belangte Behörde hat daher die Berufung der Beschwerdeführerin zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
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