Normen
AVG §8;
GewO 1973 §360 Abs1;
GewO 1973 §360 Abs2;
AVG §8;
GewO 1973 §360 Abs1;
GewO 1973 §360 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 28. November 1989 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 31. August 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 356 Abs. 3 GewO 1973 als unbegründet abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 31. August 1981 sei gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 die teilweise Schließung der Gastgewerbebetriebsanlage der mitbeteiligten Partei (Verbot der Speisenzubereitung und des Darbietens von Musik im Hofbereich, Einschränkung der Ausübung des Gastgewerbes auf geschlossene Räumlichkeiten ab 22.00 Uhr) verfügt worden. Dagegen habe die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung erhoben, in der im wesentlichen ausgeführt worden sei, daß "sich das gegenständliche Rechtsmittel nicht gegen die Erteilung der Auflagen richtet, sondern dagegen, daß nicht mehr Maßnahmen gegen das geplante Objekt gesetzt werden". Im Zuge des Verfahrens gemäß § 77 GewO 1973 sei auf Grund einer amtsärztlichen Stellungnahme vom 16. August 1989 festgestellt worden, daß durch den Betrieb des Kaffee-Restaurants mit Anrainerbelästigungen insbesondere durch Lärm und Geruch aus dem Gastgarten zu rechnen sei. Mit Bescheid vom 31. August 1989 sei schließlich die teilweise Schließung des Betriebes wie folgt verfügt worden:
"1. Im Hofbereich ist die Speisenzubereitung (Grillen etc.) und das Darbieten von Musik verboten.
2. Für den Hofbereich wird die Sperrstunde" (Anmerkung: gemeint sei hier eine Betriebszeiteneinschränkung) "mit 22.00 Uhr festgesetzt.
3. Das gegenständliche Gastgewerbe darf ab 22.00 Uhr nur in geschlossenen Räumen betrieben werden (zumutbare Lautstärke musikalischer Darbietungen im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO 1973)."
Da in der eingebrachten Berufung ausdrücklich ausgeführt werde, daß sie sich nicht gegen die Erteilung der Auflagen, d. h. gegen die teilweise Schließung des Betriebes, richte, sei es der angerufenen Behörde verwehrt gewesen, auf die Rechtmäßigkeit der getroffenen Betriebsschließung einzugehen. Im übrigen sei es aber der Berufungsbehörde in einem Verfahren gemäß § 360 GewO 1973 verwehrt, eine über den Umfang der angefochtenen Entscheidung hinausgehende zusätzliche Anordnung zu treffen, und zwar sogar dann, wenn im Berufungsverfahren ein anderer oder weiterer Umstand einer drohenden Gefahr festgestellt werde. Ein neuer Tatbestand wäre von der Berufungsbehörde der gemäß § 360 zuständigen Behörde erster Instanz (da § 360 hinsichtlich der Zuständigkeit der Behörde zu einstweiligen Zwangs- und Sicherheitmaßnahmen keine Sonderregelung treffe, sei im Hinblick auf § 333 immer die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig) zur weiteren Veranlassung bekanntzugeben. Derartige neue Gesichtspunkte hätten sich im gegenständlichen Fall jedoch nicht ergeben. Auf die Handhabung der nach § 360 Abs. 1 und 2 der Behörde zustehenden Zwangsgewalt zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes habe jedoch niemand einen Rechtsanspruch, der mit den Mitteln des öffentlichen Rechtes verfolgbar wäre. Ein solcher Anspruch stehe insbesondere auch den Nachbarn einer gewerblichen Betriebsanlage nicht zu, und zwar selbst dann nicht, wenn die Genehmigungspflicht dieser Anlage feststehe. Da der Beschwerdeführerin somit kein Rechtsanspruch auf Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zustehe und es überdies der Berufungsbehörde in einem Verfahren gemäß § 360 GewO 1973 verwehrt sei, eine über den Umfang der angefochtenen Entscheidung hinausgehende zusätzliche Anordnung zu treffen, sei die vorliegende Berufung zufolge § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 360 Abs. 2 GewO 1973 als unbegründet abzuweisen gewesen, da die Berufungsbehörde zufolge § 66 Abs. 4 AVG 1950, außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden habe.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Nach dem Beschwerdevorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Nachbarrechten verletzt. Sie trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, aus ihrer Berufung sei klar hervorgegangen, daß durch die geplante Betriebsanlage aus mehreren Gründen eine derartige Anrainerbelästigung zu erwarten sei, daß eine Genehmigung nicht zu erteilen sei. Wie selbst im angefochtenen Bescheid ausgeführt, sei tatsächlich mit Anrainerbelästigungen insbesondere durch Lärm und Geruch aus dem Gastgarten zu rechnen. Bereits aus der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Berufung gehe hervor, daß auf Grund der Erhebungen der Behörde, insbesondere der amtsärztlichen Stellungnahme, mit wesentlich mehr Belästigungen der Anrainer dieses Kurortes zu rechnen sei. Die von der Erstbehörde verhängten Maßnahmen, nämlich die teilweise Schließung der Betriebsanlage im Hinblick auf den Hofbereich, erschienen daher eindeutig als nicht ausreichend. Der angefochtene Bescheid behandle ausschließlich die Frage, inwieweit die belangte Behörde berechtigt sei, einem derartigen Ansinnen zu folgen, indem entweder selbst weitere Maßnahmen verhängt werden oder die Sache an die Erstbehörde rückverwiesen wird, oder ob es der belangten Behörde verwehrt sei, eine über den Umfang der mit dem Erstbescheid getroffenen Entscheidung hinausgehende zusätzliche Anordnung zu treffen. Um diese Frage zu beurteilen, "betrachtet die belangte Behörde § 360 GewO 1973 in Verbindung mit § 66 AVG 1950". Hiebei weise sie darauf hin, daß die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden habe. Andererseits werde ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin als Berufungswerberin keinen Rechtsanspruch auf Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes habe. Die letztere Frage behandle offenbar den materiellen Gehalt des Problems, wobei bereits seitens der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen worden sei, daß das österreichische Recht den Anrainerschutz durchaus kenne und die Nachbarrechte bereits seit traditionellen Zeiten einen festen Bestand der österreichischen Rechtsordnung bildeten. Diese Rechte seien im einzelnen lediglich demonstrativ aufgezählt und daher im einzelnen auf die konkreten Umstände, aber auch die Erfordernisse der Zeit abzustellen. Gerade im derzeitigen Zeitgeschehen sei es angesichts der immer größer werdenden Ballungszentren, des sich progressiv ausdehnenden Verkehrs und der enormen Umweltbelastung immer wichtiger, die Nachbar- und Anrainerechte auch im Lichte dieser Problematik zu sehen. Das Zurückziehen der für diese Frage mitverantwortlichen Behörden auf einen Formalstandpunkt, dessen Grenzen durch unsere Gesetze gar nicht gesetzt würden, entspreche weder der Rechtsordnung noch der Rechtsprechung noch den Erfordernissen der Bürger unserer Rechtsordnung. Die andere Frage betreffe offenbar das formelle Problem, inwieweit eine Berufungsbehörde Maßnahmen - im konkreten Fall Schließungsmaßnahmen - treffen könne, welche über die Verfügungen der Erstinstanz hinausgingen. Im angefochtenen Bescheid selbst werde darauf verwiesen, daß, so eine Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen sei, die Berufungsbehörde in der Sache selbst zu entscheiden habe. Wenn nun die Erstinstanz an sich Maßnahmen des § 360 GewO 1973 verhänge, so könne es der Zweitinstanz auf Grund dessen nicht verwehrt sein, weitere Maßnahmen des § 360 GewO 1973 zu verhängen.
Die vorliegende Beschwerde ist unzulässig.
Gemäß § 8 AVG 1950 sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Rechtsvorschriften. Hiefür kommen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsrechts, aber auch Vorschriften des speziellen Verwaltungsrechtes in Betracht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1983, Zl. 83/04/0151).
Die der Rechtssache im Beschwerdefall zugrunde liegende Norm ist die Gewerbeordnung 1973. Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde im Grunde des § 360 Abs. 2 GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, daß zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen zwei Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist. Nach der Anordnung des § 360 Abs. 3 GewO 1973 sind u.a. die Bescheide gemäß Abs. 2 sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Tage ihrer Rechtskraft an gerechnet, außer Wirksamkeit.
Die Bestimmung des § 360 Abs. 2 GewO 1973 berechtigt und verpflichtet die Behörde, bei Vorliegen der angeführten Tatbestände die jeweils notwendigen Maßnahmen von Amts wegen zu ergreifen. Sie hat - über die einstweiligen Verfügungen des § 8 VVG 1950 hinausgehend - einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen zum Gegenstand, die gemäß § 360 Abs. 3 leg.cit. mangels einer kürzeren Befristung mit Ablauf eines Jahres, vom Tage der Rechtskraft des sie verfügenden Bescheides an gerechnet, außer Wirksamkeit treten. Auf die Handhabung der nach dieser Bestimmung der Behörde zustehenden Zwangsgewalt zur Durchsetzung öffentlicher Interessen hat jedoch niemand einen Rechtsanspruch, der mit Mitteln des öffentlichen Rechtes verfolgbar wäre. Bei den Maßnahmen nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 handelt es sich um solche, die zu treffen vom Gesetzgeber der Behörde bei Vorliegen der angeführten Tatbestände aus öffentlichen Interessen aufgetragen wurde und deren Nichtergreifung eine Verletzung der Amtspflichten der Behörde darstellen würde. Diese Bestimmung soll der Behörde ein rasches Einschreiten und gegebenenfalls auch ein ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung des Bescheides notwendiges Eingreifen ermöglichen, weshalb diese Maßnahmen auch bloß vorübergehender Natur sind. Sohin ergibt sich aus dem Gesetz, daß dem Nachbar weder ein Antragsrecht zukommt, das Verfahren nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 einzuleiten, noch, daß ihm ein Anspruch auf Setzung eines behördlichen Verwaltungsaktes bestimmten Inhaltes eingeräumt wäre (vgl. zum entsprechenden normativen Gehalt, den bereits die frühere Fassung des § 360 Abs. 2 GewO 1973 hatte, das vorstehend angeführte hg. Erkenntnis vom 23. September 1983, Zl. 83/04/0151).
Im vorliegenden Fall wurde mit dem angefochtenen Bescheid die gegen eine nach § 360 Abs. 2 GewO 1973 getroffene Maßnahme erhobene Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und solcherart die erstbehördliche Maßnahme aufrechterhalten. Aus den dargelegten Gründen kann die Beschwerdeführerin unter Berufung auf ihre Stellung als Nachbar durch diesen Abspruch in keinem Recht verletzt worden sein.
Die vorliegende Beschwerde war daher wegen des ihr anhaftenden Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
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