Normen
BauO Tir 1978 §27 Abs1;
BauO Tir 1978 §55;
BauO Tir 1978 §9 Abs1;
BauO Tir 1978 §9 Abs3;
BauO Tir 1978 §9 Abs4;
LAO Tir 1984 §3 Abs1;
VwRallg;
BauO Tir 1978 §27 Abs1;
BauO Tir 1978 §55;
BauO Tir 1978 §9 Abs1;
BauO Tir 1978 §9 Abs3;
BauO Tir 1978 §9 Abs4;
LAO Tir 1984 §3 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadtgemeinde Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 2.970,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Aus den vorgelegten Akten sowie aus dem beiderseits unwidersprochenen Vorbringen beider Streitteile ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist zu 2518/45035 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ. 1562 KG. X. L. war Mieter eines mit dem oben genannten Miteigentumsanteil im Wohnungseigentum verbundenen Geschäftslokales im Hause A.
Mit Spruchpunkt I. des Bescheides des Stadtmagistrates Innsbruck vom 8. Juni 1983 wurde L. gemäß § 31 Abs. 9 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978 in der hier anzuwendenden Fassung vor der 3. Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 10/1989 (TBO), die beantragte Baubewilligung zur "Umwidmung" (richtig: Änderung des Verwendungszwecks) von Räumen im Hause A ("Umwidmung" der Räume einer ehemaligen Parfumerie in einen erdgeschoßigen Spielsalon und Einrichtung eines Jazzklubs im Keller) erteilt. In Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde gemäß § 9 Abs. 3 TBO eine Befreiung von der Verpflichtung zur Schaffung von vier zusätzlich erforderlichen unterirdischen Abstellplätzen ausgesprochen. Dieser Bescheid erwuchs nach der Aktenlage gegenüber L. in Rechtskraft.
Nach erfolgter Ausnützung der vorerwähnten Baugenehmigung wurde das Mietverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und L. durch eine mit 18. Oktober 1984 rechtskräftig gewordene Kündigung aufgelöst.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 1987 setzte der Stadtmagistrat Innsbruck gegenüber der "N-reg.Gen.mbH. u. Miteigentümer", welche die Bewilligung zur "Umwidmung" von Räumen im Hause A erhalten hätten, die gemäß Punkt II. des Bescheides vom 8. Juni 1983 zu entrichtende Ausgleichsabgabe auf Grund der Bestimmungen des § 9 Abs. 4 und 5 TBO mit S 211.200,-- fest.
Dagegen erhoben die "Wohnungseigentumsgemeinschaft B (EZ. 1562 Grundbuch X), vertreten durch N-reg.Gen.m.b.H." sowie die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die gemäß § 51 Abs. 2 TBO idF. VOR der mit 1. März 1989 in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 10/1989 zuständige, bei der Stadtgemeinde Innsbruck eingerichtete Berufungskommission in Bausachen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1983, Zl. 83/17/0024) die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab, gab jedoch jener der übrigen Berufungswerber bei gleichzeitiger Aufhebung des angefochtenen Bescheides, soweit derselbe gegen die Letztgenannten gerichtet sei, Folge. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, entscheidend für die Entstehung eines Ausgleichsabgabeanspruches nach § 9 Abs. 4 TBO sei ausschließlich, daß eine Befreiung von der Verpflichtung zur Schaffung von Abstellmöglichkeiten erteilt worden sei. Dadurch, daß nach Punkt II. des Baubescheides vom 8. Juni 1983 die Befreiung von der Verpflichtung zur Schaffung von vier zusätzlich erforderlichen, unterirdischen Abstellplätzen ausgesprochen und das mit dem vorerwähnten Baubescheid genehmigte Bauvorhaben laut Mitteilung der Baupolizei vom 8. April 1987 auch ausgeführt worden sei, müsse der Abgabentatbestand des § 9 Abs. 4 TBO als verwirklicht angesehen werden. Ob der maßgebende Befreiungsbescheid (Baubescheid) mit der Rechtslage übereinstimme, habe die Abgabenbehörde nicht zu prüfen. Unabhängig davon ergebe sich aus der bereits vorgenommenen Durchführung des Bauvorhabens, daß der Bescheid vom 8. Juni 1983 in Rechtskraft erwachsen sein müsse. Daran könne auch die Tatsache, daß die durch das gegenständliche Bauvorhaben betroffenen Grundeigentümer im Bauverfahren nicht gehört worden seien, nichts zu ändern, weil § 27 Abs. 2 TBO dies nur bei der Bewilligung eines Neu-, Zu- oder Umbaues von Gebäuden vorsehe. Wenn das von L. (Bauwerber) abgeschlossene Bestandverhältnis zwischenzeitlich auch wiederum aufgelöst worden sei, so habe dieser Sachverhalt jedoch zu keiner Änderung (Aufhebung) des maßgebenden Befreiungsbescheides und der Grundlage der angefochtenen Abgabenvorschreibung geführt. Es dürfe auch nicht übersehen werden, daß die bezügliche Baugenehmigung jedenfalls konsumiert worden sei. § 9 Abs. 3 TBO sehe die Befreiung von der Verpflichtung zur Schaffung von Abstellmöglichkeiten bei jeder Art einer Baugenehmigung vor. Durch die Textierung in § 9 Abs. 4 TBO ("Bauwerber bzw. seinem Rechtsnachfolger") treffe bei einer Befreiung nach § 9 Abs. 3 TBO die Abgabepflicht nicht schlechthin den Bauwerber. Letzterer sei nur für den Fall, daß keine Rechtsnachfolge eingetreten sei, abgabepflichtig; liege jedoch eine Rechtsnachfolge vor, so verpflichte § 9 Abs. 4 TBO nur den Rechtsnachfolger zur Entrichtung einer Ausgleichsabgabe. Eine Rechtsnachfolge im Sinne des § 9 Abs. 4 TBO müsse dann als eingetreten angesehen werden, wenn dem seinerzeitigen Bauwerber bei der Vorschreibung der Ausgleichsabgabe die ihm im Zeitpunkt der Erteilung der die Befreiung enthaltenen Baugenehmigung an dem in Betracht kommenden Bauplatz zugestandene Nutzungsberechtigung verlorengegangen sei. Rechtsnachfolger sei diejenige Person, für welche sich aus der vorliegenden Baugenehmigung Rechte und Pflichte ergäben; dies sei auf Grund der dinglichen Wirkung der Baubescheide der Grundeigentümer im Rahmen des ihm zustehenden Eigentumsrechtes. Da das Bestandverhältnis mit L. im Zeitpunkt der Vorschreibung der Ausgleichsabgabe schon erloschen gewesen sei, fehle die Voraussetzung für die Geltendmachung der Ausgleichsabgabe an den Letztgenannten als Bauwerber. Ausgehend davon, daß sich die der Abgabenvorschreibung zugrundeliegende Baugenehmigung nur auf Räume, an welche der Beschwerdeführerin Wohnungseigentum zustehe, beziehe und nach § 13 Abs. 2 Z. 1 WEG 1975 für bauliche Maßnahmen der genehmigten Art nur der jeweilige Wohnungseigentümer hafte, sei die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin im Sinne des § 9 Abs. 4 TBO anzusehen und es treffe sie in dieser Eigenschaft auch die Abgabepflicht. Die übrigen Eigentümer seien jedoch deswegen nicht als Rechtsnachfolger anzusehen, weil sie nach den Bestimmungen des WEG 1975 zur Vornahme der der angefochtenen Abgabenvorschreibung zugrundeliegenden Widmungsänderung nicht berechtigt seien. Wenn § 9 Abs. 4 TBO im Falle einer Befreiung nach Abs. 3 den Bauwerber bzw. seinen Rechtsnachfolger zur Entrichtung der Ausgleichsabgabe verpflichte, so lasse sich daraus die Zulässigkeit der Vorschreibung an die Grundeigentümer auch für den Fall, daß die Vorschreibung an den ursprünglichen Bauwerber unzulässig geworden sei, ableiten. Die Rechte aus einem Baubescheid hafteten auf dem Grundstück und es könne daher auch nicht gesagt werden, daß der jeweilige Grundeigentümer von einer wenn auch einem Dritten erteilten Baugenehmigung, die sich auf seinen Grund beziehe, keinen Nutzen habe.
Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst mit Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 13. Juni 1989, B 175/89-5, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, daß ihr gegenüber keine Ausgleichsabgabe nach der Tiroler Bauordnung vorgeschrieben werde. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 25 lit. d TBO bedarf einer Bewilligung der Behörde unter anderem die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, sofern diese Änderung auf die Zulässigkeit des Gebäudes nach diesem Gesetz einen Einfluß haben kann.
Gemäß § 27 Abs. 2 zweiter Satz lit. b leg. cit. ist einem Ansuchen um die Erteilung der Bewilligung für Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden jedenfalls die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers bzw. Bauberechtigten anzuschließen, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 erster Satz TBO sind für eine bauliche Anlage für die zu erwartenden Kraftfahrzeuge der ständigen Benützer und Besucher dieser Anlage geeignete Abstellmöglichkeiten (Stellplätze oder Garagen) einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten in ausreichender Zahl und Größe vorzusehen. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde zulassen, daß keine oder eine geringere als die sich nach Abs. 1 ergebende Anzahl von Abstellmöglichkeiten geschaffen werden, wenn die Herstellung von entsprechenden Stellplätzen oder Garagen nicht oder nur mit einem wirtschaftlich nicht vertretbaren Aufwand möglich wäre. Im Bescheid, mit dem diese Nachsicht erteilt wird, ist ausdrücklich festzustellen, für welche Anzahl von Abstellmöglichkeiten die Befreiung erteilt wird.
Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle kann die Gemeinde durch Verordnung bestimmen, daß für jede Abstellmöglichkeit, für die eine Befreiung nach den Absätzen 1 oder 3 errichtet wurde, eine einmalige Ausgleichsabgabe zu leisten ist. Für die Bemessung dieser Ausgleichsabgabe ist der Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Befreiungsbescheides maßgebend. Im Falle der Befreiung nach Abs. 3 ist die Ausgleichsabgabe dem Bauwerber bzw. seinem Rechtsnachfolger frühestens einen Monat nach Baubeginn vorzuschreiben.
Gemäß § 55 TBO haften die sich aus Bescheiden nach diesem Gesetz - ausgenommen Bescheide nach § 53 - ergebenden Rechte und Pflichten auf dem Grundstück und gehen auf den Rechtsnachfolger im Grundeigentum über.
Von der in § 9 Abs. 4 TBO eingeräumten Ermächtigung hat die Stadtgemeinde Innsbruck mit Gemeinderatsbeschluß vom 25. Oktober 1978 Gebrauch gemacht.
Vorauszuschicken ist, daß der Abgabenbescheid erster Instanz vom 22. Oktober 1987 insofern verfehlt war, als er in aktenwidriger Weise davon ausging, die MITEIGENTÜMER DER GEGENSTÄNDLICHEN LIEGENSCHAFT hätten mit Bescheid des Stadtbauamtes vom 8. Juni 1983 die Bewilligung zur Umwidmung von Räumen erhalten. Tatsächlich traf dies, wie oben dargestellt, nicht zu. Durch diesen Umstand wurde die Beschwerdeführerin jedoch in ihren Rechten - etwa wegen allfälliger Auswechslung der "Sache" im Sinne des § 213 TLAO - nicht verletzt, weil auch Sache des Verfahrens erster Instanz die (unter anderem) an die Beschwerdeführerin gerichtete Geltendmachung des gegenständlichen Abgabenanspruches war und die Behörde 2. Instanz nach Abs. 2 der zuletzt genannten Gesetzesstelle ihre Anschauung (Heranziehung zur Abgabenentrichtung als "Rechtsnachfolgerin" statt als "Bauwerberin") an die Stelle jener der ersten Instanz setzen durfte (vgl. die Erkenntnisse vom 13. Februar 1969, Zl. 1813/67, vom 10. November 1980, Zl. 761/79, und vom 3. Juni 1982, Zl. 81/16/0059).
Zutreffend bringt jedoch die Beschwerdeführerin vor, daß sie entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht als Rechtsnachfolgerin des L. im Sinne des § 9 Abs. 4 TBO zur Abgabenentrichtung herangezogen werden kann.
Gemäß § 3 Abs. 1 TLAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Dieser Tatbestand ist nach dem anzuwendenden Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 4 zweiter Satz TBO durch den Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft des Befreiungsbescheides nach den Abs. 1 oder 3 umschrieben (hg. Erkenntnis vom 6. Juli 1983, Zlen. 83/17/0112, 0113). Damit ist aber auch die Person des Abgabenschuldners eindeutig umschrieben: Grundsätzlich ist jener, an den der Befreiungsbescheid nach § 9 Abs. 3 TBO ergeht, als Abgabenschuldner anzusehen.
Dies wird in der Regel der Bauwerber sein, das ist jene Person, die gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. das Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung stellt und Träger der aus der Baubewilligung erfließenden Rechte und Pflichten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. April 1992, Zl. 89/17/0105). Denn aus dem normativen Zusammenhang der Abs. 1 und 3 des § 9 leg. cit., wobei die Befreiung von der Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen oder Garagen nur das Spiegelbild der nach Abs. 1 erster Satz dieser Gesetzesstelle in der Regel auszusprechenden diesbezüglichen Verpflichtung darstellt, ergibt sich, daß Bewilligung und allfällige Befreiung im Normalfall wohl uno actu, das heißt in EINEM Bescheid erteilt werden. Noch klarer spricht diesen Gedanken die novellierte Fassung des § 9 Abs. 3 (LGBl. Nr. 10/1989) aus, wenn es dort heißt, die Behörde habe DEN BAUWERBER auf seinen Antrag von der Verpflichtung nach Abs. 1 ganz oder teilweise zu befreien ...
Dennoch ist nicht zu übersehen, daß das Gesetz (und zwar auch in der novellierten Fassung) einen solchen Zusammenhang NICHT zwingend normiert. Es ist vielmehr auch der Fall denkbar, daß die Befreiung nach § 9 Abs. 3 TBO erst dem "Rechtsnachfolger" des Bauwerbers, das ist jener, der im Sinne des § 55 leg. cit. in das zwischen der Baubehörde und dem Bauwerber bestehende Rechtsverhältnis eintritt (vgl. auch hiezu das zuletzt zitierte Erkenntnis vom 29. April 1992), erteilt wird; so etwa dann, wenn in der Baubewilligung zunächst eine diesbezügliche Verpflichtung festgesetzt worden war.
Der Verwaltungsgerichtshof gelangt in Weiterentwicklung der im zuletzt genannten Erkenntnis dargelegten Rechtsmeinung zur Auffassung, daß die Worte "bzw. seinem Rechtsnachfolger" in § 9 Abs. 4 letzter Satz TBO überhaupt NUR in dem zuletzt genannten Fall Anwendung finden können, in dem der BEFREIUNGSBESCHEID an den Rechtsnachfolger des Bauwerbers ergeht. Wurde hingegen der Befreiungsbescheid gegenüber dem Bauwerber erlassen oder ist der Ausspruch über die Befreiung nach § 9 Abs. 3 TBO schon im Baubewilligungsbescheid enthalten, dann kommt als Abgabenschuldner AUSSCHLIEßLICH der Bauwerber in Betracht. Keinesfalls könnte, wie die belangte Behörde anzunehmen scheint, die Person des Abgabenschuldners vom zufällig gewählten Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung abhängig sein. Ebenso verfehlt wäre es, wollte man mit der belangten Behörde annehmen, durch Zuwarten mit der Abgabenfestsetzung könnte die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe gegenüber dem Abgabenschuldner "unzulässig" werden.
In diesem Zusammenhang kann der belangten Behörde auch nicht gefolgt werden, wenn sie meint, das Wort "bzw." in der zuletzt genannten Gesetzesstelle bedeute nicht etwa "oder", sondern "vielmehr" oder "besser gesagt". Das Wort "bzw." wird in dreierlei Bedeutung verwendet, und zwar im Sinne von
- 1. "oder", "oder auch"
- 2. "oder vielmehr", "besser gesagt"
- 3. "im anderen Fall", "und" (vgl. Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden, I, 674; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, I, 384). Nun wird bei der Auslegung von Gesetzestexten in der Regel gerade die zweitgenannte Bedeutung ausscheiden, weil sie nämlich bedeuten würde, der Gesetzgeber habe mit dem vor dem Wort "bzw." liegenden Satz oder Satzteil das von ihm Gewünschte (noch) nicht optimal zum Ausdruck gebracht. Dies kann jedoch dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Vielmehr werden die beiden anderen Bedeutungen heranzuziehen sein, wobei im vorliegenden Fall der Bedeutung "im anderen Fall" der Vorzug zu geben ist.
In den Worten "bzw. seinem Rechtsnachfolger" kann aber auch nicht etwa eine Haftungsbestimmung erblickt werden, weil es an jeglicher Festlegung konkreter Voraussetzungen für eine solche Inanspruchnahme fehlt. Eine allenfalls auf § 55 TBO zu stützende Rechtsnachfolge der Beschwerdeführerin in die Position des Abgabenschuldners kam jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil § 55 die dingliche Wirkung von BESCHEIDEN behandelt, gegenüber L. jedoch kein Abgabenbescheid ergangen ist.
Unzutreffend ist freilich das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die belangte Behörde es unterlassen hätte zu prüfen, ob anläßlich der Erlassung des Baubescheides an L. die Notwendigkeit bestanden habe, eine Befreiung von der Verpflichtung zur Schaffung von Abstellplätzen auszusprechen. Die Verwirklichung des Abgabentatbestandes, was den Umfang der Schaffung von Abstellmöglichkeiten anlangt, ist ausschließlich vom korrespondierenden, rechtskräftig gewordenen Befreiungsbescheid abhängig gemacht. Ob der in Rechtskraft erwachsene Befreiungsbescheid mit der Rechtslage übereinstimmte, hat die Abgabenbehörde nicht zu prüfen. Es ist vielmehr bei Festsetzung der Ausgleichsabgabe vom Inhalt des Befreiungsbescheides auszugehen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 6. Juli 1983, Zlen. 83/17/0112, 0113, und das Erkenntnis vom 27. September 1985, Zl. 85/17/0070).
Da jedoch die belangte Behörde die Rechtslage im oben aufgezeigten Sinn verkannte, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Im Falle der Abtretung einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG gebührt dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer kein Ersatz der Stempelgebühren, die er im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichten mußte (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 681).
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