VwGH 89/17/0036

VwGH89/17/003617.1.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der T-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 18. Jänner 1989, Zl. MDR-T 7/88, betreffend Anzeigenabgaben und Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Normen

AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs1 idF 1984/029;
MedienG §1 Abs1 Z3;
MedienG §1 Abs1 Z4;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs1 idF 1984/029;
MedienG §1 Abs1 Z3;
MedienG §1 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 27. April 1988 wurde der Beschwerdeführerin "gemäß § 149 Abs. 2 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 1 und 3 bis 5 und 7 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. für Wien Nr. 19/1983, in der derzeit geltenden Fassung" für den Zeitraum von Jänner 1984 bis Jänner 1988 eine Anzeigenabgabe für die anläßlich der Vornahme und Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte in Höhe von S 381.753,-- (d.s. 10 v.H. der Bemessungsgrundlage von S 3,817.530,--) zur Zahlung vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde von dem nicht selbst bemessenen Teil dieser Abgabenschuldigkeit ein 2 %iger Säumniszuschlag in Höhe von S 3.262,-- vorgeschrieben. Die sich daraus ergebende Anzeigenabgabennachforderung betrifft unter anderem die Verbreitung der Druckwerke "M" und "D", von welchem jedenfalls der größte Teil im Ausland verbreitet worden ist. In der Begründung dieses Bescheides wird auf eine amtliche Niederschrift vom 28. Jänner 1988 über eine der Sachverhaltsfeststellung dienende Besprechung mit einem Vertreter der Beschwerdeführerin Bezug genommen; die maßgebenden Teile dieser Niederschrift lauten wie folgt:

"BETRIFFT DAS DRUCKWERK "D" (E)

Das o.g. Druckwerk wurde von der Fa. T GmbH gedruckt, paketiert und in Lkw"s an die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft geliefert. Der genaue Verbreitungsmodus der Bundeskammer ist der Fa. T nicht bekannt.

Die Auflagenhöhe des o.g. Druckwerkes betrug 4000 Stück, die zum größten Teil im Ausland verbreitet wurden. Im Inland gelangten nur Belegexemplare der inserierenden Firmen an die Auftraggeber (37 Stück = 0,9 % Verteiler ist o.g. Firma)

Die Anzeigenabgabe wurde generell in Rechnung gestellt und vereinnahmt (= S 45.429,-- AZA)

BETRIFFT DAS DRUCKWERK "M" (6xj)

Das Druckwerk "M" wird von der Fa. T GmbH gedruckt, für das jeweilige ausländische Zielgebiet paketiert und mit Lkw"s an die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft geliefert. Die weitere Verbreitung erfolgt durch die Bundeskammer und muß dort erhoben werden.

Das Druckwerk erscheint ca. 6 x jährlich in einer Auflagenhöhe von 1600 bis 2500 Stück und wird größten Teils im Ausland verbreitet.

Von der Fa. T GmbH werden nur 30 Stück an Abonnenten (Messeaussteller auf Messen im arabischen Raum) im Inland (siehe beiliegende Abonnentenliste) verschickt.

Die Anzeigenabgabe wurde ab 1986 nicht mehr in Rechnung gestellt."

Zwei weitere amtliche Niederschriften über die Einvernahme eines Organes der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft lauten wie folgt:

"Betrifft: DRUCKWERK "M"

Das Druckwerk "M" liefert die Firma Dr. T an die Bundeswirtschaftskammer, und zwar vorpaketiert für den jeweiligen österreichischen Handelsdelegierten im arabischen Raum (Stückelung siehe Anlagen); in der Folge wird das Druckwerk durch das Expedit der Bundeswirtschaftskammer per Diplomatenkurier bzw. im normalen Postwege in das Ausland zum Versand gebracht. Belegexemplare ergehen an mit der Außenhandelsförderung befaßte Kammerdienststellen im Inland als Arbeitsbehelf (Verteiler siehe Anlage)."

"Betrifft: DRUCKWERK "D"

Die Firma Dr. T liefert das im Betreff genannte Druckwerk mit LKw an die Bundeswirtschaftskammer, von welcher der Versand in das Ausland (90 österreichische Handelsdelegationen in aller Welt) per Diplomatenkurier oder normalem Postweg durchgeführt wird. Im Inland werden nur Belegexemplare an die mit der Außenhandelsförderung befaßten Kammerdienststellen als Arbeitsbehelf verteilt. (ca. 20 Stück)."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Rechtsansicht, die Anzeigenabgabenpflicht sei hinsichtlich der genannten Druckwerke wegen ausschließlicher Verbreitung derselben im Ausland nicht gegeben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Säumniszuschlagsfestsetzung von S 3.262,-- auf S 3.261,-- herabgesetzt, im übrigen aber die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, es stehe fest, daß "Exemplare der beiden Druckwerke auch in Österreich verbreitet" worden seien. Wenn der Umfang dieser Verbreitung auch nicht erheblich sei, so könne dennoch nicht davon gesprochen werden, daß es sich hiebei um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung handle. Überdies sei die Verbreitung der beiden Druckwerke (je für sich) ein einheitlicher Vorgang, der nicht in zwei Teile (Verbreitung im Inland und im Ausland) aufgespaltet werden dürfe, wobei jeweils das Kritierium "Zugänglichmachung an einen größeren Personenkreis" erfüllt sein müsse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, daß ihr gegenüber für die Druckwerke "M" und "D" Anzeigenabgabe nicht festgesetzt werde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 22, idF LGBl. Nr. 40/1983 (AAG), lautet wie folgt:

"(1) Anzeigen, die in die in Wien erscheinenden Druckwerke (§ 1 Abs. 1 Z. 4 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981) gegen Entgelt aufgenommen oder mit solchen ausgesendet oder verbreitet werden, unterliegen, sofern die Verbreitung nicht ausschließlich im Ausland erfolgt, einer Abgabe nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes".

Durch die Novelle LGBl. für Wien Nr. 29/1984 wurde das im § 1 Abs. 1 AAG enthaltene Wort "Druckwerke" unter gleichzeitiger Änderung der Ziffernbezeichnung im Klammerausdruck von 4 auf 3 durch das Wort "Medienwerke" ersetzt.

In Z. 3 des § 1 Abs. 1 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, wird der Begriff "Medienwerk" als ein zur Verbreitung an einen größeren Personenkreis bestimmter, in einem Massenherstellungsverfahren in Medienstücken vervielfältigter Träger von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt definiert; Druckwerk im Sinne der Z. 4 dieser Gesetzesstelle ist ein Medienwerk, durch das Mitteilungen oder Darbietungen ausschließlich in Schrift oder in Standbildern verbreitet werden.

Auf der Grundlage der zitierten Rechtsvorschriften steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Streit, ob die Verbreitung der Druckwerke "M" und "D" im Streitzeitraum AUSSCHLIESZLICH IM AUSLAND erfolgt ist oder nicht.

Hiezu ist zunächst festzustellen, daß die belangte Behörde den maßgebenden Sachverhalt im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt und damit gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Der angefochtene Bescheid läßt aber aus folgenden Gründen auch eine unrichtige Rechtsansicht der belangten Behörde erkennen:

Nach der Aktenlage stellte sich im Abgabenverfahren die Frage einer teilweisen Verbreitung der Druckwerke "D" und "M" im Inland deswegen, weil beim erstgenannten Druckwerk Belegexemplare an die (inländischen) Auftraggeber der Anzeigen und an die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und beim zweitgenannten Druckwerk ebenfalls Belegexemplare an die die Verbreitung ins Ausland bewirkende Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und überdies eine gewisse Anzahl von Exemplaren an Abonnenten der Beschwerdeführerin im Inland (überwiegend Messeaussteller auf Messen im arabischen Raum) gelangt sind.

Die belangte Behörde vertritt hiezu im angefochtenen Bescheid die Rechtsansicht, es sei bei beiden in Rede stehenden Druckwerken eine Verbreitung auch im Inland gegeben gewesen.

Diese rechtliche Würdigung wird jedoch dem geschilderten Sachverhalt bei richtiger Auslegung des Begriffes "Verbreitung" und bei der gebotenen Betrachtung jedes Druckwerkes für sich beim Druckwerk "D" nicht gerecht. Denn von einer "Verbreitung" eines Druckwerkes kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls insoweit nicht gesprochen werden, als Exemplare des Druckwerkes nur als Beleg für Personen dienen, die wie der Medieninhaber, der Auftraggeber des ganzen oder von Teilen des Druckwerkes sowie der Drucker an der Herstellung des Druckwerkes beteiligt waren.

Hingegen könnte beim Druckwerk "M" bei dem geschilderten Sachverhalt zu Recht davon gesprochen werden, daß eine Verbreitung im Inland auch dann erfolgte, wenn die Absicht der inländischen Abnehmer in allen Fällen gewesen sein sollte, die erworbenen Exemplare des Druckwerkes in der Folge ausschließlich im Ausland zu verwenden. Auch eine geringe Verbreitung eines Druckwerkes im Inland schlösse die Annahme aus, das Druckwerk sei ausschließlich im Ausland verbreitet worden. Das nach dem Mediengesetz erforderliche Merkmal der Verbreitung "an einen größeren Personenkreis" ist hiebei mangels eines Anhaltspunktes im Gesetz für eine getrennt nach In- und Ausland vorzunehmende Beurteilung nach der Verbreitung insgesamt zu prüfen.

Der angefochtene, eine einheitliche Abgabenfestsetzung u.a. für die beiden in Rede stehenden Druckwerke enthaltende Bescheid erweist sich sohin selbst dann als inhaltlich rechtswidrig, wenn beim Druckwerk "M" zu Recht davon gesprochen werden könnte, daß die Verbreitung auch im Inland erfolgt ist.

Aus diesen Erwägungen mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Die Umsatzsteuer ist in den pauschalierten Sätzen dieser Verordnung bereits enthalten.

Stempelgebührenersatz war nur hinsichtlich der zur Beschwerdeführung erforderlichen Urkunden zuzusprechen.

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